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Konzepte für eine effiziente Lagerhaltung im Versandhandel

Frau beim Ein- und Auslagern von Paketen

 

Konzepte für eine effiziente Lagerhaltung im Versandhandel – Bild: Zapp2Photo|Shutterstock.com

Einführung

Eine effiziente Lagerhaltung ist für Versandhändler längst zu einem erfolgskritischen Faktor geworden. Kein Wunder, dass die Unternehmen der Branche von daher ständig bemüht sind, ihre intralogistischen Prozesse weiter auf Effizienz zu trimmen. Die Art der Lagerhaltung spielt dabei eine besondere Rolle; ist sie doch mitausschlaggebend für die schnelle und präzise Kommissionierung der bestellten Waren. Bei den großen Anbietern hat sich hier neben dem Festplatzsystem die dynamische Lagerhaltung als bewährte Lösung etabliert. Im Folgenden wollen wir die Konzepte kurz vor- und einander gegenüberstellen.

Eine weitere Frage, die sich den Versandhändlern stellt, ist die Entscheidung zwischen der Errichtung zentraler oder dezentraler Vertriebszentren, in denen sie ihre Waren einlagern und für den Versand kommissionieren. Diese Problematik behandeln wir im zweiten Teil des Textes.

Doch egal wie sich ein Unternehmen letztendlich entscheidet, ob für ein Festplatzsystem oder die chaotische Lagerhaltung, ob für zentrale oder dezentrale Distributionszentren; immer wird es dazu zwischen den diversen, am Markt angebotenen Regallagersystemen zu wählen haben. Bei Firmen, in deren Lagern die Mitarbeiter die Waren mit Scannern und

Picklisten abholen, sind häufig einfache Regallösungen anzutreffen, die darüber hinaus nicht sonderlich hoch gebaut sind (Stichwort Griffhöhe), damit die Artikel für die Beschäftigten leicht ein- und auszulagern sind. Systeme dieser Art sind relativ unproblematisch und kostengünstig zu installieren, haben jedoch den Nachteil, dass sie aufgrund der beschränkten Lagerhöhe und damit -fläche je Quadratmeter einen hohen Platzbedarf haben. Für große Unternehmen wie Otto oder Amazon mag das ein marginales Problem sein, können sie es sich doch leisten, riesige Distributionszentren auf der grünen Wiese zu errichten. Bei kleineren Anbietern oder aber auch für Händler, die mehrere, dezentrale und nicht ganz so große Lager vorhalten, stellt sich natürlich die Frage, wie auf beschränktem Raum möglichst viele Waren effizient gelagert werden können.

Hier kommen moderne Hochregallager, Paternoster- und andere Liftsysteme ins Spiel, die es den Händlern ermöglichen, ihre Produkte auf kleinem Raum optimal lagern und kommissionieren zu können. Aufgrund der Vielzahl von Variationsmöglichkeiten hinsichtlich der Maße der automatischen Hochregale, ihrer Tablarhöhen und -tiefen und den vielfältigen Softwarelösungen ist es den Firmen bei diesen Geräten möglich, ein detailliert auf ihre räumlichen Gegebenheiten und Ansprüche zugeschnittenes Konzept zu entwickeln. Shuttle-Systeme der neuesten Generation können darüber hinaus ganze Paletten einladen, welche per integriertem Hebekran in die Tablare gestellt werden. So ist es nicht verwunderlich, dass inzwischen mehr und mehr Firmen aus dem Onlinehandel die Anschaffung derartiger Lagerlösungen erwägen, die zwar zuerst nicht unerhebliche Investitionen erfordern, diese aber rasch durch ihre hohe Effizienz bei Lagerung und Bereitstellung wieder wettmachen.

Chaotische Lagerhaltung vs. Festplatzlagerung

Im Gegensatz zu der Festplatzlagerung, bei der den Artikeln fixe und gleichzeitig langfristige Standorte zugewiesen werden, liegt der dynamisch gesteuerten Lagerplatzvergabe eine flexible Struktur zugrunde. Diese wird oft auch als chaotische Lagerung bezeichnet, und obwohl der Begriff der dynamischen Lagerplatzvergabe eine besser treffende Umschreibung für dieses System ist, hat sich der Ausdruck der chaotischen Lagerung in den meisten Köpfen festgesetzt. Von daher werden diese Lösung im Folgenden ebenfalls als so bezeichnen.

Auf den ersten Blick sieht es für den Betrachter in der Tat chaotisch aus, wenn die Waren in den Regalen wild durcheinander gelagert werden. Aber dahinter steckt ein ausgeklügeltes System. Ein System, welches für die Lagerverwaltungssoftware alles andere als chaotisch aussieht und gleichzeitig hilft, die Warenströme eines weitgefächerten Angebotsspektrums höchst effektiv zu steuern. Da im Onlinehandel häufig mit breiten Sortimentspaletten operiert wird und die Anzahl der jeweils vorgehaltenen Artikel oftmals nicht sehr hoch ist, ist die Form der chaotischen Lagerung für diese Branche besonders interessant. Wohl ein Grund, warum besonders Big Player wie Amazon oder Zalando in ihren Logistikzentren mit dieser Art der Lagerhaltung operieren.

Funktionsweise der chaotischen Lagerhaltung

Die chaotische Lagerhaltung soll zu einer optimierten Ausnutzung der Nutzflächen im Lager führen und stellt so das “intelligente“ Gegenstück zum Festplatzlagersystem dar. Während in einem konventionellen Lager jeder Artikel seinen festen Platz hat und jedes Mal nach erneuter Bestellung und Anlieferung an derselben Stelle eingelagert wird, fehlt der chaotischen Variante diese feste Zuordnung.

Werden neue Waren eingelagert, sucht ein Mitarbeiter im Lager den freien Regalplatz auf, der ihm von dem immer zur Hand befindlichen mobilen Datengerät vorgegeben wird. Wie jedes Produkt ist auch jeder einzelne Lagerplatz mit einem Barcode eindeutig gekennzeichnet. Mit dem mitgeführten Datenleser scannt der Lagerarbeiter diese Codes und teilt der Lagerverwaltungssoftware auf diese Weise mit, dass sich der entsprechende Artikel nun an der vorgesehenen Position im Regal befindet. Wird der Artikel später erneut angefragt, weil er von einem Kunden bestellt worden ist, wird diese Information aus dem ERP-System wieder abgerufen und automatisch einer Pickliste hinzugefügt, die den Mitarbeiter zwecks Kommissionierung zu dem Regalplatz schickt, an dem der betreffende Artikel laut Datenbank lagert. Wird das Produkt dem Regal entnommen, erfolgt ein erneuter Scan, der der Software mitteilt, dass an der Stelle wieder ein freier Platz entstanden ist.

Ausgangspunkt für die Wahl einer der beiden alternativen Lagerarten ist die Frage nach der höheren Effizienz, wobei die Entscheidung besonders für große Versandhändler mit ihren riesigen Lagermengen und dem breiten Produktspektrum fast schon existenzielle Bedeutung hat.

Ein Beispiel gefällig? Versandhändler X arbeitet mit dem Festplatzsystem und verkauft seinen Bestseller Produkt Y in derart hohen Stückzahlen, dass er mit den Nachbestellungen kaum hinterherkommt. Was aber passiert, wenn der Artikel ausverkauft ist? Ab da ist auch der ihm fest zugewiesene Lagerplatz leer, bis die nachgeorderte Ware eintrifft. Gleichzeitig befindet sich eine größere Anzahl von Produkt Z im Wareneingang, die nicht auf dem ihr angestammten Platz eingeordnet werden kann, da dieser bereits voll ist. Auf den freien Platz von Produkt Y kann sie allerdings nicht, da dieser für eben dieses Produkt Y reserviert ist. Der Wareneingang des Händlers quillt somit über, wo doch Teile des Lagers weiter leer stehen.

Und an eben diesem Punkt setzt die chaotische Lagerhaltung an. Dabei bedeutet chaotisch hier nicht, dass die Artikel wahllos und unsortiert herumliegen, sodass im Endeffekt kein Mensch mehr weiß, wo die Produkte gelagert sind. Es bedeutet vielmehr, dass nach einem ausgeklügelten System jedem freien und freiwerdenden Lagerplatz ein neuer, vielleicht ganz anderer Artikel zugewiesen wird. Die Steuerung dieser Vergabe übernimmt jedoch nicht mehr der Mensch, sondern eine Lagerverwaltungssoftware, die die Warenströme auf Effizienz trimmt. Genaugenommen liegt der chaotischen Lösung somit ein viel komplexeres System zugrunde, als der Festplatzlagerung.

Allerdings ist das System in großem Maße abhängig von der funktionierenden Software, werden doch sämtliche Lagerplätze in den Regalen und alle Artikel mit Barcodes versehen, damit sie von den Lagerarbeitern optimal eingelagert und später auch wiedergefunden werden können. Die Barcodes sind somit von existenzieller Wichtigkeit für ein funktionierendes System, halten sie doch sämtliche relevanten Informationen über den Artikel bzw. den Lagerort fest. Neben Informationen wie Artikelname, Artikelnummer etc. werden so zahllose Informationen über Größe, Volumen, Gewicht oder Haltbarkeit hinterlegt. Auf der Basis dieser Informationen wird dann die passende Lagerstrategie erstellt.

Über mobile Scangeräte der Mitarbeiter werden die Informationen eingelesen und abgerufen. So sind die Mitarbeiter mit Hilfe der Lagerverwaltungssoftware stets darüber informiert, welcher Artikel auf welchem Platz eingelagert wurde und welcher Lagerplatz gerade leer ist, also wieder befüllt werden kann. Will ein Mitarbeiter beispielsweise einen Artikel neu einlagern, schlägt die Software aufgrund der vorhandenen Informationen den optimalen Lagerplatz vor. Gegebenenfalls können Artikel darüber hinaus entsprechend Ihrer Wichtigkeit eingelagert werden. So werden besonders häufig abverkauften Artikeln leichter und schneller erreichbare Plätze zugeordnet als Artikeln, die sich seltener verkaufen und von den Arbeitern somit weniger häufig angesteuert werden.

Kein Wunder, dass der Lagerverwaltungssoftware bei der Steuerung und Überwachung der Warenströme eine entscheidende Bedeutung zukommt. Sie macht es überdies mittels der Vergabe von Chargen- und Seriennummernverwaltung möglich, den Weg jedes einzelnen Artikels vom Wareneingang und -ausgang und bis darüber hinaus zu verfolgen.

Anforderungen an die chaotische Lagerhaltung

Damit man bei der Zuordnung der Artikel zu Lagerplätzen nicht die Übersicht verliert, ist es erforderlich, dass

Die Artikel werden häufig anhand der sogenannten ABC-Klassifizierung eingeteilt: Oft abgerufene Artikel (sog. Schnelldreher, Gruppe A) werden an den Stellen positioniert, an denen sie am schnellsten erreichbar sind – meist nur auf Paletten nah an den Stellen, wo die Waren kommissioniert werden. Waren der B-Gruppe, die in geringerem Umfang abgerufen werden, kommen an zentrale Positionen im Lager, wo sie ebenfalls einfach abzuholen sind. Seltener bestellte Artikel (Gruppe C) werden letztendlich in einem hinteren Bereich des Lagers verstaut.

In der Praxis kann diese Art von Lagerhaltung ohne eine feste Zuordnung nur bei Artikeln von hoher Lagerdauer eingesetzt werden. Leicht verderbliche Waren (bspw. Lebensmittel in Kühlräumen) oder Produkte, die unter bestimmten Bedingungen gelagert werden müssen (bspw. elektronische Bauteile in Trockenschränken), müssen gesondert behandelt werden. In der Praxis gibt es von daher auch Mischkonzepte, bei denen ein Teil der Bestände auf freien Flächen chaotisch gelagert wird, während dem Rest feste Plätze im Lager zugeordnet sind.

Gegenüber dem starren Festplatzsystem hat die chaotische Lagerhaltung folgende Vorteile:

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die chaotische Lagerhaltung Versandhändlern effizientere Lagerlösungen anbietet und durch ihre digitale Steuerung eine bessere Kontrolle und Transparenz über die Warenströme innerhalb des Unternehmens gewährleistet. Obwohl ihr Name das Gegenteil vermuten lässt, ist die chaotische Lagerlösung in ihrer Form systematischer strukturiert als das Festplatzsystem.

Es wirkt eben nur für den Menschen chaotisch. Für den Computer hingegen ist es intelligent!

Zentrale vs. dezentrale Lagerzentren

Neben der Frage nach einer individuell stimmigen Lagerhaltung stehen Unternehmen aus dem e-Commerce-Bereich zudem vor der Problematik der geografischen Anordnung ihrer Lager- und Kommissionierungszentren. Hier prallen zwei gegensätzliche Tendenzen aufeinander: die zentrale oder die dezentrale Lagerung der Waren.

Zentrale Lagerung

Da sie für die Versorgung eines bedeutend größeren Einzugsbereichs zuständig sind und somit sehr viel mehr Waren bereitgehalten werden müssen, fallen zentrale Lagerlösungen vom Volumen her zumeist bedeutend größer aus, als die dezentralen Einheiten.

Vorteile

Nachteile

Dezentrale Lagerung

Neben der Flexibilität und verkürzten Lieferwegen stehen dem Konzept allerdings ebenfalls einige Nachteile entgegen. So kann aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse oftmals nicht das gesamte Artikelsortiment bereitgehalten werden. Auf der anderen Seite müssen bestimmte Artikel in gewisser Anzahl in sämtlichen Lagern vorhanden sein, was die Gesamtmenge der gelagerten Bestände unnötig erhöht. Auch ist die Lagerverwaltung bei mehreren dezentralen Einheiten schwieriger, als bei einem einzigen Lagerkomplex. Dazu ist bei der kleineren Lagergröße oftmals kein wirtschaftlicher Einsatz von Automatisierungstechniken möglich, was die Kommssionierungsleistung schwächt und gleichzeitig einen Mehraufwand an manueller Arbeit nach sich zieht.

Schließlich, wenn ein Artikel nicht vor Ort verfügbar sein sollte und extra aus einem der anderen Lager beschafft werden muss, führt dies zwangsläufig zu insgesamt längeren Lieferzeiten, als bei der zentralen Lösung.

Je nach Gewichtung der Prioritäten muss sich jede Firma individuell für die eine oder andere Variante entscheiden. Liegen die Schwerpunkte eher im Bereich ultrakurzer Lieferzeiten (Stichwort Same Day Delivery) oder werden entweder verderbliche oder aber eine überschaubare, schnelldrehende Anzahl von Waren angeboten, bietet sich die dezentrale Lagerung an. Wird hingegen mit einer großen Warentiefe operiert und mit Produkten gehandelt, die innerhalb von 24 bis 48 Stunden beim Kunden eintreffen sollen, sollte das Unternehmen aufgrund der Kostenvorteile die Lagerung in zentralen Distributionszentren in Betracht ziehen.

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