Autonomous Retail Systems – Autonome Systeme für den Einzelhandel (Smart & Walk-In Stores)
Veröffentlicht am: 21. September 2020 / Update vom: 7. August 2023 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Das Autonome Retail System (ARS) - Die Geburtsstunde des autonomen Einzelhandels
➡️Autonomous Retail Systems (ARS) – Dem Möglichen das Unmögliche zu erlauben, schafft eine neue Realität – Ausbau der Vertriebswege
Der philosophische Autonomiebegriff wurde maßgeblich vom deutschen Philosophen Immanuel Kant geprägt: Autonomie hängt von der Überwindung gegebener Formen der Abhängigkeit und Fremdbestimmung ab, auch wenn diese eine gewisse Sicherheit zu bieten scheinen. Mit Autonomie bezeichnet man also den Zustand der Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung oder Entscheidungs- bzw. Handlungsfreiheit.
Heute denken viele bei Autonomie oder Automatisierung in Bezug auf Einzelhandel und Logistik sofort an Arbeitsplatzvernichtung, Robotik, Zero Service, keine Menschen an den Kassen, Kälte und Trostlosigkeit.
Themen wie Urbanisierung macht einigen Menschen Angst. Man lebt darin und doch darf darüber nicht gesprochen werden. Selbst wenn es Möglichkeiten zum Besseren sind, sehnt man sich lieber nach der scheinbaren Sicherheit. Alles soll so bleiben wie es gerade ist. Aus Unsicherheit oder Bequemlichkeit. Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.
Für „faule“ Redakteure ist es ein sicheres Geschäft, will man es sich mit seinem Klientel nicht verscherzen. Das erklärt zum Teil die skeptischen Ansichten der Allgemeinheit. Der beiden Lager z.B. bei TESLA: Dessen Fans und Hater. Das Pro für Umweltschutz, aber die Benzinheizung muss bleiben. Die Kohle darf nicht sterben und noch vieles weitere mehr. Kaum jemand sieht die Chancen im Neuen, weil darüber nicht in dem Maße berichtet wird, wie die „faulen“ Redakteure hingebungsvoll ihre Themen immer wiederkehrend kredenzen. Oder noch viel einfacher: Weil sie davon keine Ahnung haben und deshalb darüber nicht berichten können. Aber das ist auch nur ein Teil der Wahrheit. Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen und das bringt viel Unwissen und eben viel Unsicherheit mit sich. Wie geht es weiter? Was passiert noch? Wie stark betrifft das einen selbst?
Vor allem: Was hat das alles für Auswirkungen auf bestehende, seit Jahrzehnten vertraute und sichere Prozesse? Und weil das so ist, wird man mit allerlei unüberschaubaren und verschiedentlichen Informationen geflutet. Dadurch aber wird das auch nicht besser.
Also fangen wir von vorne an, mit der Autonomie, mit dem ARS.
Bedingungen an ein ARS
Beim Einkaufen ist man aktuell an Zeit und Ort gebunden. Ebenso auch das wie. Wie man einkaufen kann, ist von den vorherrschenden Strategien und Systemen bestimmt. Sei es in der Stadt oder auf dem Land.
Wie kann man besser einkaufen? Effizienter für Anbieter und Abnehmer? Folgende Bedingungen sind daran geknüpft:
Home-Shopping
- Ware abholen
- Vor Ort Shopping fortsetzen
- Bring Service / Lieferdienst
Mobile-Shopping
- Ware abholen
- Vor Ort Shopping fortsetzen
Hub-Shopping
- Online Shopping in der Meeting-Area (z.b. in einem Cafe Hubspot)
- Reales Shopping Erlebnis
Bezahlsysteme
- Bargeldlos
- Kontaktloses Bezahlen
- Bezahlen an der nicht-autonomen Kasse (Anwesenheit von Kassierer/-innen)
Besonderheiten
- 24/7 Service – Rund um die Uhr Einkaufen und Ware erhalten
- 24/7 Meeting Area – Café, Snacks etc. rund um die Uhr
Automatisiertes Lager
Wir alle kennen das Problem. Keine Kondensmilch für den Kaffee da? Versehentlich vergessen rechtzeitig Getränke zu kaufen? Es ist Sonntag? So manche Fahrt zur Tankstelle rettete die Situation. Aber auch das ist leider ungenügend. Nicht alle Produkte sind an der Tankstelle zu finden und die Öffnungszeiten sind auch beschränkt.
Aber wo eine Tankstelle steht, würde sich da nicht auch ein Autonomes Retail System rentieren? Einzugsgebiet und Infrastruktur wären da.
Auf jeden Fall muss es ein automatisiertes Lager sein. Denn hier werden auf kleinsten Raum, intelligent die maximal möglichen Artikel optimal gelagert. Das Überwachen der Verfalldaten der Produkte, das richtige Lagern von trockenen bis kälte-sensitiven Produkten sind wesentliche Merkmale.
Dem Möglichen das Unmögliche zu erlauben, schafft eine neue Realität
Um all diese Faktoren bewerkstelligen zu können, hört bei vielen schon vorher die Fantasie auf: Nicht machbar, zu kompliziert oder klappt nicht sind die vorherrschenden Meinungen.
Smart E-Commerce Strategie aus Südkorea
E-Mart
E-Mart ist das größte Einzelhandelsunternehmen in Südkorea. Samsung, Hyundai, KIA oder LG sind bekannte Marken aus Südkorea. Dort leben 51 Mio. Menschen und ist flächenmäßig um das 3,5 fache kleiner als Deutschland. Mit 515 Einwohner pro km² gehört es zu den am dichtesten besiedelten Ländern der Erde.
E-Mart ist die älteste und größte Discounterkette in Südkorea mit einem Gesamtumsatz von mehr als 15,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018. Im Dezember 2016 gab es landesweit 160 Filialen. Das Unternehmen wurde am 12. November 1993 von der Unternehmensgruppe Shinsegae als erster Discounter in Südkorea gegründet. Mit Neueröffnungen und der Übernahme von Walmart Korea im Jahr 2006 hat E-Mart seine führende Position im Einzelhandel und im Discountgeschäft ausbauen können. E-Mart bietet alles von Lebensmitteln über Kleidung bis hin zu Hygieneartikeln und eine sehr große Auswahl an Waren. E-Mart verfügt auch über einen Onlineshop. Neben Südkorea hat das Unternehmen auch in der Volksrepublik China, Vietnam und der Mongolei Geschäfte.
Shinsegae
Shinsegae ist eine südkoreanische Unternehmensgruppe mit Sitz in Seoul, die unter anderem in Korea unter dem Namen Shinsegae Warenhäuser im gehobenen Segment sowie unter dem Namen E-Mart in Südkorea und China Kaufhäuser im unteren Preissegment betreibt. Der Name Shinsegae bedeutet Neue Welt.
2014 besaß das Unternehmen um die 15 gehobene Shinsegae-Kaufhäuser in Korea sowie 140 E-Mart-Discounter in Korea und sechs in China. Die Shinsegae-Kaufhäuser sind die zweitgrößte Kaufhauskette des Landes nach der Lotte-Kette. Die Umsatzerlöse betrugen 2006 4,7 Mrd. Euro; 2010 waren es 10,5 Mrd. Euro bei einem Reingewinn von mehr als einer 725 Mio. Euro. Direkte Wettbewerber in Korea sind Lotte Shopping und die Hyundai Department Store Group. Shinsegae beschäftigte im Dezember 2004 16.383 Mitarbeiter. 2010 zählte E-Mart 12.893 Beschäftigte.
Am 22. Mai 2006 teilte das Unternehmen mit, dass es die 16 koreanischen Wal-Mart-Märkte mit 3.300 Mitarbeitern für 882 Mio. US-Dollar (ca. 690 Mio. Euro) übernehmen und in E-Marts umwandeln werde. E-mart ist der größte Einzelhändler in Südkorea mit einem Marktanteil von etwa 30 Prozent.
Seit 2009 gilt das Shinsegae Centumcity Department Store Warenhaus in Busan auf 293.905 m² als das größte der Welt.
2015 existierten an die 15 Shinsegae-Warenhäuser in Korea, darunter eine Filiale am Flughafen Incheon und zwei kleinere Shinsegae Style Markets innerhalb von E-Marts (letztere werden auch von E-Mart verwaltet). 2011 wurde eine Trennung in die E-Mart Co., Ltd. (Discounter) und die Shinsegae Department Store Co., Ltd. (Edel-Warenhäuser) vollzogen. Seither sind beide Unternehmen Tochtergesellschaften der übergeordneten Shinsegae Group.
Ein Zahlenvergleich zu den Lebensmitteleinzelhändlern in Deutschland findet man hier:
Die E-Commerce Strategie von E-Mart
Im März 2019 startete die Shinsegae Group, Betreiber der größten südkoreanischen Discounterkette E-Mart, die Online-Shopping-Mall SSG.COM.
Es ist ein integriertes Unternehmen aus zwei Online-Einkaufsgeschäften – dem Shinsegae-Kaufhäuser Einkaufszentrum und dem E-Mart -Discounter Einkaufszentrum.
Durch die Integration von Online-Shopping-Vorgängen soll eine schnell wachsende Nachfrage nach E-Commerce-Angeboten unter der Marke SSG.COM effizient auf den Zukunftsmarkt ausgebaut werden.
Shinsegae strebt an, im Jahr 2019 einen Umsatz von 2,3 Milliarden Euro aus dem Online-Shopping-Geschäft zu erzielen, was einem Anstieg von 29 Prozent gegenüber 1,74 Mrd. Euro im Vorjahr entspricht.
Langfristig strebe die Gruppe an, bis 2023 einen Umsatz von 7,25 Mrd. Euro zu erzielen, was durch die steigende Nachfrage nach Lieferservices unterstützt werde.
Die Gruppe betreibt auch Shinsegae, die zweitgrößte Kaufhauskette des Landes nach der Lotte-Kette.
Das Online-Portal SSG.COM wird dabei vollständig von E-Mart kontrolliert.
Vor SSG.COM starteten bereits einige andere Online Shops erfolgreich in den E-Commerce Markt. Das erste Home Shopping Portal war CJ O Shopping. GS Home Shopping gehört auch zu den digitalen Pionieren für den Online Verkauf, es führte 1994 erstmalig das TV Shopping in Südkorea ein. 2001 stießen das Hyundai Home Shopping Network Cooperation, Lotte Home Shopping und NS Shopping hinzu.
Und dann 2010 SK Planet, eine Tochtergesellschaft von SK Telecom. SK Planet ist ein Internet-Plattform Entwicklungsunternehmen, das mit seinem Shopping Portal 11st sich auf E-Commerce, Online-zu-Offline Dienste und digitales Marketing konzentriert. Bereits 2016 wurde 11st die meistbesuchte E-Commerce Website Südkoreas. Sie ist auch die Nr. 1 unter den Mobile Shopping Apps.
2019 startete Shinsegae Gruppe, mit E-Mart und SSG.COM den Rückstand aufzuholen. Dabei setzen sie auf 4 Komponenten:
1. Online Shopping Plattform SSG.COM
2. Offline-Abholservice für Online-Bestellungen (Home- oder Mobile-Shopping)
PIXEL, eine Ableitung für Pick Cell, ein Pick-up Service (Abholservice) über den Smart Phone (Cell Phone). PIXEL ist ein Online Home- und/oder Mobile-Bestellsystem, mit dem die Ware vor Ort abgeholt werden kann.
Der erste O2O-Dienst (Online to Offline) in Korea.
3. Lieferservice
4. Automatisiertes Lagersystem in der physikalische Shopping Mall von E-Mart für eine 24/7 Warenbereitschaft
(Kaufhäuser haben in Südkorea von Mo-So zwischen 10:30 Uhr und 20 Uhr bzw. 20:30 Uhr geöffnet).
Also alles Grundvoraussetzungen für ein ARS.
Rund die Hälfte der 51,4 Mio. Südkoreaner lebt in der Hauptstadt Seoul oder in angrenzenden Satellitenstädten. Der Großraum Seoul ist somit das wichtigste Ballungszentrum. Daher betreibt E-Mart in Cheonggyecheon (Ein 10,9 Kilometer langer, moderner öffentlicher Erholungsraum in der Innenstadt der Hauptstadt Seoul) die aktuell wohl modernste Shopping Mall überhaupt.
Eine Besonderheit bei E-Mart: Der Meeting Point
Da nahezu jeder bereits ein Smartphone besitzt, erübrigt es sich, separate Internet-Terminals bereitzustellen. Hier im Meeting Point kann entspannt bei einem Cafe über SSG.COM die Ware geordert werden.
Faktor Mensch
In einem durchdachten System wird der Faktor Mensch nicht außer Acht gelassen. So großartig die technischen Möglichkeiten auch sind, so ist der soziologische Aspekt für das menschliche Zusammenleben mitberücksichtigt. Nicht die Maschine ist das Gesicht der Autonomie, sondern immer noch der Mensch.
So sind neben dem Infocenter (Service Station) noch Kassiererinnen und auch Mitarbeiter in den Gängen anzutreffen. Wenn auch nur zu den üblichen Öffnungszeiten, so ist das doch ein humanes Gesamtkonzept. Arbeitsplätze werden nicht abgeschafft und das Einkaufserlebnis nicht nivelliert, es wurde für Anbieter wie Abnehmer auf die Zukunft hin optimiert.
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