Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) agiert als “Do-Tank” – Das Erfolgsgeheimnis der Bundeswehr-Innovatoren
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Veröffentlicht am: 2. Oktober 2025 / Update vom: 2. Oktober 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) agiert als “Do-Tank” – Das Erfolgsgeheimnis der Bundeswehr-Innovatoren – Bild: Xpert.Digital
Innovationen in der Bundeswehr: Wie Hochtechnologie in Rekordzeit zur Truppe kommt
### Das „Tal des Todes“ der Bundeswehr: Warum geniale Erfindungen oft scheitern – und was sich jetzt ändert ### 180-Tage-Revolution: Wie eine Spezialeinheit die Bundeswehr im Rekordtempo digitalisiert ### Software statt Stahl: Der radikale Plan, der Deutschlands Verteidigung für immer verändern soll ### Deutschlands neue Waffenschmieden? Warum Tech-Startups plötzlich die Bundeswehr lieben ### Von der Idee zur Drohne in 6 Monaten: Das Erfolgsgeheimnis der Bundeswehr-Innovatoren ###
Note 1 mit Sternchen von den Soldaten: Dieser „Do-Tank“ macht die Bundeswehr wirklich fit für die Zukunft
Während die öffentliche Wahrnehmung der Bundeswehr oft von langsamer Bürokratie und veraltetem Gerät geprägt ist, arbeitet im Verborgenen eine Einheit, die diese Vorstellungen auf den Kopf stellt. Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) agiert als “Do-Tank” und verspricht, was im öffentlichen Sektor wie Science-Fiction klingt: innovative Hochtechnologie innerhalb von nur 180 Tagen von der Idee bis in die Hände der Soldaten zu bringen. Angeführt von Sven Weizenegger, fungiert dieser Hub als agile Brücke zwischen der dynamischen zivilen Tech- und Startup-Welt und den konkreten Bedürfnissen der Truppe.
Der Erfolg ist messbar: Projekte wie KI-gestützte Desinformations-Erkennung oder lebensrettende Minensuch-Drohnen sind bereits im Einsatz und erzielen bei den Soldaten eine Zufriedenheit von “einer Eins mit Sternchen”. Doch trotz dieser beeindruckenden Geschwindigkeit stößt die Revolution an eine altbekannte deutsche Mauer: das Vergaberecht. Nach dem erfolgreichen Test eines Prototyps fallen viele vielversprechende Projekte in das sogenannte „Tal des Todes“, wo die Skalierung für den breiten Einsatz an starren Beschaffungsprozessen scheitert. Dieser Kampf zwischen Innovationsgeschwindigkeit und bürokratischer Trägheit findet vor dem Hintergrund einer neuen Ära statt, in der Konzepte wie “Software Defined Defence” und eine aufstrebende deutsche DefenseTech-Szene die Zukunft der Landesverteidigung fundamental neu definieren.
Was ist der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr und welchen Auftrag hat er?
Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, kurz CIHBw, versteht sich als Change-Agent der deutschen Streitkräfte und gilt als erste militärische digitale Innovationseinheit in Europa. Seit 2020 wird dieser “Do-Tank” von Sven Weizenegger geleitet, der die Vision verfolgt, die Bundeswehr durch digitale Exzellenz und technologische Souveränität für ihren Auftrag zur Landes- und Bündnisverteidigung zu befähigen.
Der Hub fungiert als entscheidende Schnittstelle zwischen der zivilen Tech-Welt und dem militärischen System. Soldatinnen und Soldaten bringen ihre konkreten Anforderungen und Problemstellungen direkt ein, woraufhin der CIHBw gezielt nach marktreifen, meist zivilen Technologien sucht und diese in die Bundeswehr-Praxis transferiert. Das Ziel ist klar definiert: Lösungen zu entwickeln, die den militärischen Alltag vereinfachen und die Einsatzbereitschaft der Truppe stärken.
Die strategische Steuerung erfolgt direkt durch das Bundesministerium der Verteidigung, während die fachliche Führung bei der Abteilung Cyber- und Informationstechnik liegt. Formal-juristisch ist der CIHBw Teil der BWI GmbH. Diese Struktur ermöglicht es der Innovationseinheit, agil auf die immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen zu reagieren und sowohl Dual-Use- als auch rein militärische Entwicklungen voranzutreiben.
Wie funktioniert die schnelle Umsetzung von Innovationen in der Praxis?
Die beeindruckende Geschwindigkeit des Cyber Innovation Hub bei der Umsetzung von Innovationen zeigt sich in konkreten Zahlen: “Wir können innerhalb von 180 Tagen etwas auf den Hof der Soldaten stellen”, erklärt Leiter Sven Weizenegger. Diese Zeitspanne gilt als Lichtgeschwindigkeit im öffentlichen Sektor und stellt einen fundamentalen Unterschied zu herkömmlichen Beschaffungsprozessen dar.
Der Hub hat seit seiner Gründung bereits über 200 Projekte gestartet, von denen 40 aktiv in der Truppe im Einsatz sind. Diese Erfolgsquote von etwa 20 Prozent spiegelt die pragmatische Herangehensweise wider, bei der nicht jede Idee zur Vollendung gebracht werden muss. Ein bekanntes Beispiel ist ein System zur Aufdeckung von Desinformation auf Plattformen wie Telegram. Ein anderes Projekt rettet Leben bei der Minensuche durch den Einsatz von Drohnen.
Das Team des CIHBw ist bewusst interdisziplinär zusammengestellt und besteht aus Zivilisten und Soldaten. Etwa die Hälfte der Mitarbeitenden sind Reservistendienstleistende, die zeitlich begrenzte Wehrübungen ableisten. Diese Rotation bringt kontinuierlich neue Expertise in die Organisation und sorgt für eine ständige Erneuerung der Fähigkeiten. IT-, KI-, Kommunikations- sowie Startup-Experten vervollständigen das Team und bringen das notwendige Fachwissen für die schnelle Projektentwicklung mit.
Welche Rolle spielt das Feedback der Soldaten und wie wird Nutzerzufriedenheit gemessen?
Ein entscheidender Erfolgsfaktor des Cyber Innovation Hub liegt in der direkten Einbindung der Endnutzer. “Unsere Nutzerzufriedenheit liegt bei 9,5 – in Schulnoten wäre das eine Eins mit Sternchen”, betont Sven Weizenegger. Diese außergewöhnlich hohe Zufriedenheit basiert auf einem systematischen Feedback-System, das verschiedene Kanäle nutzt.
Das Feedback kommt dabei direkt aus den Reihen der Soldatinnen und Soldaten. Sie schreiben über LinkedIn, per E-Mail oder wenden sich direkt an den Hub. Diese unmittelbare Kommunikation schafft eine Vertrauensbasis und stellt sicher, dass die entwickelten Lösungen tatsächlich den Bedürfnissen der Truppe entsprechen. Der Grundsatz “Wer das Problem meldet, ist Teil der Lösung” wird konsequent umgesetzt und gilt als Erfolgsrezept des CIHBw.
Bei der Projektentwicklung und -umsetzung stehen ausschließlich die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer in der Truppe im Mittelpunkt. Alle entwickelten Projekte und Prototypen werden vor Ort bei der Truppe getestet, um sicherzustellen, dass sie im Dienstalltag tatsächlich Mehrwert bringen und die Erledigung der täglichen Arbeitsaufgaben schneller und unkomplizierter ermöglichen.
Die Soldaten bringen dabei eine besondere Qualität in die Bewertung ein. Weizenegger beobachtet: “In Tests und Gesprächen sind die Soldaten unglaublich präzise. Da wird exakt erkannt, ob hinter einer Lösung wirklich KI steckt oder nur Marketing”. Diese sachliche und präzise Herangehensweise hilft dabei, echte Innovationen von reinen Marketing-Versprechen zu unterscheiden.
Was ist das “Tal des Todes” und warum scheitert die Skalierung oft am Vergaberecht?
Der Begriff “Tal des Todes” beschreibt eine kritische Phase zwischen dem erfolgreichen Test eines Prototyps und seiner Skalierung für den breiten Einsatz. Weizenegger erklärt die Problematik eindringlich: “Wir sind in der Lage, innerhalb von 180 Tagen etwas auf den Hof der Soldaten zu stellen. Das ist Lichtgeschwindigkeit im öffentlichen Sektor. Aber danach laufen wir oft ins ‘Tal des Todes’ – wir haben etwas getestet, wissen, dass es funktioniert, aber die Skalierung scheitert am Vergaberecht”.
Im Militär- und Verteidigungssektor beschreibt das Tal des Todes die Lücke zwischen einem vielversprechenden Konzept oder Prototyp und dem Übergang in ein formales Programm oder die operative Nutzung. Die Herausforderungen umfassen die Sicherung der Finanzierung, den Nachweis des operativen Nutzens und die Anpassung an bestehende militärische Beschaffungsprozesse.
Das deutsche Vergaberecht, das eigentlich Transparenz und Wettbewerb sicherstellen soll, wird in der Praxis oft zum Hindernis für schnelle Innovation. Während der CIHBw in der experimentellen Phase sehr flexibel agieren kann, müssen größere Beschaffungen den regulären Vergabeprozessen folgen. Diese sind traditionell auf etablierte Anbieter und langwierige Verfahren ausgelegt, was der Natur schneller, iterativer Technologieentwicklung widerspricht.
Das Problem wird durch die Tatsache verschärft, dass über 20 Prozent aller öffentlichen Auftragsvergaben in 2018 nur ein einziges Angebot eingingen, obwohl europaweit ausgeschrieben wurde. Die durchschnittliche Anzahl der Angebote sank zwischen 2009 und 2018 von neun auf vier, was einem Rückgang von 54 Prozent entspricht.
Welche Reformen des Beschaffungswesens sind geplant oder bereits umgesetzt?
Die Bundesregierung hat erkannt, dass das bestehende Beschaffungssystem reformiert werden muss, um mit den Anforderungen der Zeitenwende Schritt zu halten. Im Juli 2025 verabschiedete das Kabinett den Entwurf eines Gesetzes zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr. Dieses Bundeswehr-Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz (BwPBBG) stellt eine konsequente Weiterentwicklung des ersten Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetzes dar.
Das neue Gesetz erweitert den Anwendungsbereich auf alle “Aufträge zur Deckung der Bedarfe der Bundeswehr”, nicht nur auf Militärausrüstung. Dies ist wichtig, weil für eine leistungsfähige Bundeswehr oft auch “zivile” Produkte entscheidend sein können. Zusätzlich fallen alle Baumaßnahmen und Planungsleistungen für die Bundeswehr unter das Gesetz, unabhängig davon, ob sie verteidigungs- oder sicherheitsspezifisch sind.
Inhaltlich wurde das Gesetz um wichtige Aspekte erweitert: Neben der bereits propagierten raschen Beschaffung marktverfügbarer Produkte tritt nun auch die Beschaffung innovativer Lösungen mit Blick auf die mittel- bis langfristige Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Bundeswehr. Konkrete Instrumente wie die Innovationspartnerschaft als Vergabeverfahren oder die Priorisierung funktionaler Leistungsbeschreibungen wurden festgeschrieben.
Die Möglichkeit, konkrete Vorgaben für eine Wertschöpfung in Europa zu machen, wurde ebenfalls erweitert – mit dem Ziel der Sicherstellung europäischer beziehungsweise nationaler Souveränität. Experten betonen jedoch, dass gesetzliche Regelungen alleine diese Ziele nicht erreichen können – entscheidend ist die Implementierung und Umsetzung in konkrete Beschaffungen.
Was bedeutet “Software Defined Defence” für die Zukunft der Bundeswehr?
Software Defined Defence (SDD) stellt einen fundamentalen Paradigmenwechsel in der militärischen Denkweise dar. Statt primär auf Hardware zu setzen, rückt die Software als entscheidender Faktor für militärische Überlegenheit in den Mittelpunkt. Im November 2023 veröffentlichte ein Expertenkreis aus dem Verteidigungsministerium, der Industrie und dem Bitkom ein gemeinsames Positionspapier zu diesem Thema.
Der Kern von SDD liegt in der Entkopplung von Sensoren und Effektoren, Software und Hardware sowie Daten und Anwendungen. Diese werden dann flexibel in datenzentrierten, vernetzten Systemen zusammengeführt. Anpassungen an neue Bedrohungen sollen durch Software-Updates erfolgen können, ohne physische Änderungen an der Hardware vornehmen zu müssen.
Moderne Waffensysteme sind bereits zu über 80 Prozent Software-definiert, trotzdem ist der Blick in Rüstung und Beschaffung immer noch stark auf die Hardware gerichtet. SDD soll dies ändern und die Voraussetzungen schaffen, um schnell auf sich ändernde Bedrohungen durch reine Software-Anpassungen reagieren zu können.
Das Konzept wurde in sechs Untersuchungsschwerpunkte gegliedert: Foundation@SDDBw für die IT-Basisinfrastruktur, Rapid Development & Deployment@SDDBw für agile Softwareentwicklung, KI-Methoden als Enabler, Information Security, sowie weitere Aspekte, die zusammen ein holistisches Gesamtkonstrukt bilden. Für Weizenegger ist die Vision klar: “Ich träume von einer technologischen Souveränität, die schnittstellenbasiert arbeitet. Software Defined Defence by default”.
Hub für Sicherheit und Verteidigung - Beratung und Informationen
Der Hub für Sicherheit und Verteidigung bietet fundierte Beratung und aktuelle Informationen, um Unternehmen und Organisationen effektiv dabei zu unterstützen, ihre Rolle in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken. In enger Verbindung zur Working Group Defence der SME Connect fördert er insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich Verteidigung weiter ausbauen möchten. Als zentraler Anlaufpunkt schafft der Hub so eine entscheidende Brücke zwischen KMU und europäischer Verteidigungsstrategie.
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Wie hat sich die Startup-Szene im Verteidigungsbereich entwickelt?
Jahrzehntelang ignorierte Deutschlands Startup- und Investorenszene militärische Innovationen aus Überzeugung, Bequemlichkeit oder Angst vor schlechter Presse. Diese Haltung bröckelt jedoch zusehends. Der Krieg in der Ukraine, die Rückkehr der Großmachtpolitik und die offene Abhängigkeit Europas von US-amerikanischer Verteidigungstechnologie haben ein Umdenken erzwungen.
“Wir sehen einen Run. Einerseits aus Verantwortung, andererseits, weil es valide Business Cases gibt”, beobachtet Weizenegger. Diese Entwicklung spiegelt sich in den Investitionszahlen wider: Startups wie Alpine Eagle erhielten 10,25 Millionen Euro für Drohnenabwehrtechnologie, während Arx Robotics über 50 Millionen Euro für autonome unbemannte Bodenfahrzeuge einsammelte.
Eine Bitkom-Umfrage unter 44 DefTech- und Dual-Use-Startup-Gründern zeigte jedoch auch die Herausforderungen auf: 71 Prozent halten Deutschlands aktuelle Verteidigungsfähigkeit für gering, 25 Prozent sogar für sehr gering. Alle Befragten fordern eine Verschlankung und Beschleunigung der Beschaffungsprozesse.
84 Prozent der Startups halten Reallabore für notwendig, um Innovationen zu erproben. Ebenfalls 84 Prozent plädieren für verstärkte öffentliche Investitionen in Verteidigungs-Startups. Das wichtigste deutsche DefenseTech-Startup ist mittlerweile Helsing, das sich zum wertvollsten Startup Deutschlands entwickelt hat.
Weizenegger ist dennoch realistisch: “Natürlich werden nicht 70 Drohnen-Startups überleben. Eine Konsolidierung wird kommen – aber genau das befeuert Innovation”. Er zieht dabei eine klare Grenze: “Wir sind nicht die klassische Rüstung. Unser Fokus ist die Digitalisierung; alles, was auf dem Gefechtsfeld einen Vorteil bringt”.
Welche konkreten Innovationsprojekte sind bereits im Einsatz?
Der Cyber Innovation Hub kann auf eine beeindruckende Bilanz erfolgreicher Innovationsprojekte verweisen. Von den über 200 gestarteten Projekten sind 40 bereits aktiv in der Truppe im Einsatz. Diese Projekte decken ein breites Spektrum von Anwendungen ab, die den militärischen Alltag konkret verbessern.
Ein prominentes Beispiel ist ein System zur Aufdeckung von Desinformation auf Plattformen wie Telegram. Dieses Tool hilft der Bundeswehr dabei, in der Informationsflut des digitalen Zeitalters Fakten von gezielt gestreuten Falschinformationen zu unterscheiden. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Informationskriegen stellt dies eine kritische Fähigkeit dar.
Ein weiteres lebensrettendes Projekt nutzt Drohnen für die Minensuche. Diese Technologie ermöglicht es, gefährliche Gebiete aus sicherer Entfernung zu erkunden und dabei das Leben von Soldaten zu schützen. Der Einsatz unbemannter Systeme für solche Aufgaben zeigt exemplarisch, wie zivile Technologien für militärische Zwecke adaptiert werden können.
Im Oktober 2024 präsentierte der CIHBw Verteidigungsminister Boris Pistorius neueste Entwicklungen im Bereich Drohnenabwehr. Höhepunkt war die erfolgreiche Feldübung mit einer Abfangdrohne eines Münchener Startups. Die Abfangdrohnen erwiesen sich als deutlich schneller als erwartet und konnten erfolgreich angreifende Drohnen in großer Entfernung und Höhe neutralisieren.
In Zusammenarbeit mit den Heeresaufklärern werden unter dem Motto “Explore the Unexplored” weitere Innovationsprojekte vorangetrieben. Zehn Prototypen im Bereich Software Defined Defence wurden bereits vorgestellt, die alle von Bundeswehrsoldaten selbst entwickelt wurden.
Wie wird die Balance zwischen Innovation und militärischer Sicherheit gewährleistet?
Die Herausforderung, Innovation mit den hohen Sicherheitsanforderungen des militärischen Bereichs zu vereinbaren, erfordert einen durchdachten Ansatz. Der CIHBw hat hierfür spezielle Verfahren und Strukturen entwickelt, die sowohl Geschwindigkeit als auch Sicherheit gewährleisten können.
Ein zentraler Baustein ist das Innovationslabor System Soldat in Erding, wo technische Konzepte auf militärische Realität treffen. In simulierten Einsatzlagen können Lösungen getestet, angepasst und für die spätere Nutzung optimiert werden. Dieser Ansatz ermöglicht es, Technologien nicht nur zu entwickeln, sondern sie unter realen Bedingungen auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen.
Die Projekte werden in zwei parallel laufende Formate gegliedert: Der Praxis-Track richtet sich an Teams, die in wenigen Monaten einsatznahe Prototype entwickeln können. Der Moonshot-Track bietet Raum für visionäre Frühphasenideen, die neue Denkansätze verfolgen. Beide Tracks werden durch Coaching-Angebote und direkte Rückkopplung mit Bedarfsträgern unterstützt.
Information Security spielt eine zentrale Rolle bei Software Defined Defence und wurde als eigener Untersuchungsschwerpunkt “InfoSec@SDDBw” definiert. Dies zeigt, dass Cybersicherheit von Anfang an mitgedacht wird, anstatt nachträglich hinzugefügt zu werden.
Die Nähe zur Truppe ist dabei ein entscheidender Sicherheitsfaktor. Durch die direkte Einbindung von Soldaten in die Entwicklungsprozesse wird sichergestellt, dass nur Lösungen vorangetrieben werden, die auch unter realen Einsatzbedingungen funktionieren. Die präzise Bewertung durch die Soldaten hilft dabei, echte Innovationen von oberflächlichen Versprechungen zu unterscheiden.
Welche Rolle spielt die internationale Zusammenarbeit und NATO-Kompatibilität?
Die internationale Dimension spielt eine zunehmend wichtige Rolle bei den Innovationsbemühungen der Bundeswehr. Software Defined Defence zielt explizit darauf ab, Interoperabilität innerhalb der Streitkräfte und zu Bündnispartnern auszubauen. Diese “Vernetzte Operationsführung” ist essentiell für moderne Multi-Domain-Operationen.
Das Konzept sieht vor, dass nur kompatible Systeme Deutschland im Ernstfall eine schnelle Reaktion ermöglichen. Weizenegger betont: “Für mich geht es dabei nicht nur um militärische Schlagkraft, sondern um ein kulturelles Umdenken: weg von der reinen Fehlervermeidung, hin zu einer Lernkultur”.
Die NATO erkennt in der Digitalisierung einen Weg, ihre Streitkräfte über alle Domänen – Land, Luft, See, Cyber und Weltraum – hinweg zu vernetzen. Dies ermöglicht es, Entscheidungen auf Basis besserer Daten schneller zu treffen und macht die eigenen Kräfte resilienter gegen gegnerische Überraschungen.
Praktische Beispiele für internationale Kooperation zeigen sich in gemeinsamen Innovationsformaten. Die SPECTRA-Challenge, die von der Cyberagentur, dem CIHBw und dem Innovationslabor System Soldat durchgeführt wird, sucht nach Lösungen für elektronische Bedrohungen gegen unbemannte Systeme. Solche übergreifenden Formate schaffen neue Wege der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen deutschen Institutionen.
Der NATO Innovation Fund investiert bereits in deutsche Startups wie Arx Robotics, was zeigt, dass auch auf Bündnisebene die Bedeutung von Innovationen erkannt wird. Diese finanziellen Verbindungen schaffen nicht nur Kapital, sondern auch strategische Partnerschaften, die zur Interoperabilität beitragen können.
Wie sieht die Zukunftsvision für eine digitalisierte Bundeswehr aus?
Weizeneggers Vision einer technologisch souveränen, schnittstellenbasierten Bundeswehr nach dem Prinzip “Software Defined Defence by default” zeigt den Weg in die Zukunft. Diese Transformation geht weit über die reine Technologie hinaus und erfordert einen fundamentalen kulturellen Wandel in den Streitkräften.
Der Fokus liegt auf der Schaffung modularer, wiederverwendbarer Software-Komponenten, die sich schnell austauschen und aktualisieren lassen. Dies ermöglicht es, auf neue Bedrohungen durch Software-Updates zu reagieren, ohne physische Hardware-Modifikationen vornehmen zu müssen. Verbesserungen der Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit erfolgen lageangepasst über rasche Software-Anpassungen.
Die Digitalisierung des Gefechtsfelds und die Führungsfähigkeit der Streitkräfte stehen im Zentrum des Sondervermögens Bundeswehr. Der Anteil “Führungsfähigkeit und Digitalisierung” soll einen adaptiven, sicheren und interoperablen Informations-/Kommunikationsverbund schaffen und die Führungsfähigkeit des deutschen NATO-Beitrags deutlich verbessern.
Multi-Domain-Operationen zwischen gleichwertigen Gegnern werden der Standard im Gefechtsfeld der Zukunft sein. Die Bundeswehr muss sich daher auf Operationen vorbereiten, die gleichzeitig in den Bereichen Land, Luft, See, Weltraum und Cyberspace stattfinden. Software wird dabei zur entscheidenden Komponente für die erfolgreiche Koordination und Durchführung solcher komplexen Operationen.
Weizenegger bleibt optimistisch: “Viele sind schon aufgewacht. Wichtig ist, ehrlich über Sorgen und Hoffnungen zu sprechen. Daraus kann etwas wachsen”. Seine Vision ist eine Bundeswehr, die digitaler ist, als viele heute glauben – eine Streitkraft, die durch Innovation und technologische Exzellenz ihre Aufgabe zur Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen kann.
Welche Herausforderungen bleiben bestehen und wie können sie überwunden werden?
Trotz der beeindruckenden Erfolge des Cyber Innovation Hub bleiben strukturelle Herausforderungen bestehen, die einer nachhaltigen Transformation im Wege stehen. Das Vergaberecht bleibt das “dicke Brett”, das es zu bohren gilt. Während der Hub in der Prototyping-Phase sehr agil arbeiten kann, scheitert die Skalierung oft an den starren Beschaffungsprozessen.
Weizenegger fordert “mehr Geschwindigkeit, mehr Mut und mehr Pragmatismus”. Für ihn bedeutet Innovation nicht nur, Neues zu entwickeln, sondern auch rechtzeitig zu stoppen. “Viel wichtiger als ein Endergebnis sind die Erkenntnisse. Den Mut, Projekte auch mal abzubrechen, können sich staatliche Strukturen bei Startups abschauen”. Diese Lernkultur steht im Gegensatz zur traditionellen Fehlervermeidungsmentalität der öffentlichen Verwaltung.
Die Beschaffungsmärkte zeigen besorgniserregende Trends: Die Anzahl der Bieter ist zwischen 2009 und 2018 um 54 Prozent zurückgegangen. Es gilt, den Anreiz zu erhöhen, sich um Aufträge der Bundeswehr zu bewerben, um das Instrument des wirtschaftlich sinnvollen Bieterwettbewerbs wirksam werden zu lassen.
Bitkom fordert bis 2030 mindestens 30 Leuchtturm-Kooperationen zwischen der Bundeswehr und Startups im Verteidigungs- und Dual-Use-Bereich. Der CIHBw soll mit einem substanziellen Budget ausgestattet werden, das als Finanzkorridor beim BAAINBw hinterlegt ist und die Befugnis erhalten, weitgehend eigenständig Innovationen in die Truppe zu tragen.
Die Lösung liegt in einem ganzheitlichen Ansatz: experimentelle Formate und Rahmenvertragskonstruktionen zur schnelleren Beschaffung digitaler Lösungen, agile Methoden unter Einbindung von Anbietern und Nutzern zur gemeinsamen Entwicklung von Lösungen. Innovationsbudgets können zur Dynamik und Flexibilisierung beitragen, während neue Ausschreibungs- und Vertragsmodelle es unterschiedlichen Anbietern ermöglichen, ihre Fähigkeiten effektiv zu bündeln.
Der Wandel hat bereits begonnen, aber er erfordert weiterhin politischen Willen, strukturelle Reformen und kulturellen Wandel. Nur so kann die Vision einer digitalen, innovativen und einsatzbereiten Bundeswehr Realität werden.
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Chairman SME Connect Defence Working Group
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Die Weltwirtschaft durchlebt derzeit einen fundamentalen Wandel, einen Epochenbruch, der die Grundpfeiler der globalen Logistik erschüttert. Die Ära der Hyper-Globalisierung, die durch das unerschütterliche Streben nach maximaler Effizienz und das “Just-in-Time”-Prinzip geprägt war, weicht einer neuen Realität. Diese ist von tiefgreifenden strukturellen Brüchen, geopolitischen Machtverschiebungen und einer fortschreitenden wirtschaftspolitischen Fragmentierung gekennzeichnet. Die einst als selbstverständlich angenommene Planbarkeit internationaler Märkte und Lieferketten löst sich auf und wird durch eine Phase wachsender Unsicherheit ersetzt.
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