Chinas Stromnetz: Die Kluft zwischen Ausbau und Netzkapazität – Herausforderung bei der Netzintegration erneuerbarer Energien
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Veröffentlicht am: 19. Mai 2025 / Update vom: 19. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Chinas Stromnetz: Die Kluft zwischen Ausbau und Netzkapazität – Herausforderung bei der Netzintegration erneuerbarer Energien – Bild: Xpert.Digital
Stromnetz am Limit: Die Herausforderung der erneuerbaren Energien in China
Energieverschwendung trotz Rekorde: Chinas Ausbau der Solar- und Windkraft
China hat sich als globaler Vorreiter im Ausbau erneuerbarer Energien positioniert, steht jedoch vor erheblichen Herausforderungen bei der Integration dieser Kapazitäten in sein nationales Stromnetz. Trotz rekordverdächtiger Installationen von Solar- und Windkraftanlagen wird ein bedeutender Anteil des erzeugten grünen Stroms abgeregelt – also nicht ins Netz eingespeist – weil die Netzinfrastruktur mit dem rapiden Ausbau nicht Schritt halten kann. Diese Diskrepanz führt zu erheblicher Energieverschwendung und bremst den effektiven Übergang zu einem nachhaltigeren Energiesystem. Die chinesische Regierung hat dieses Problem erkannt und entwickelt verschiedene Strategien, um die Netzintegration zu verbessern, darunter massive Investitionen in Ultrahochspannungsleitungen, Anpassungen der Abregelungsquoten und die Förderung von Energiespeichertechnologien.
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Der beispiellose Ausbau erneuerbarer Energien in China
China hat in den letzten Jahren einen beispiellosen Ausbau seiner Wind- und Solarkapazitäten erlebt. Das Land führt die globale Entwicklung an und baut doppelt so viele Kapazitäten wie der Rest der Welt zusammen. Allein in den ersten sieben Monaten des Jahres 2023 installierte China fast 100 Gigawatt neue Solarkapazität und übertraf damit bereits den Rekord des gesamten Jahres 2022. Bis Ende 2023 erreichte die installierte Photovoltaik-Kapazität knapp 610 Gigawatt, wobei mehr als ein Drittel davon allein in diesem Jahr hinzukam.
Die Wachstumsdynamik setzte sich auch 2024 fort. In den ersten neun Monaten des Jahres wurden bereits 200 Gigawatt Wind- und Solaranlagen installiert, mit einer Prognose von insgesamt 250 bis 300 Gigawatt für das gesamte Jahr. Dieses explosive Wachstum übertrifft die bisherigen Durchschnittswerte von 100 bis 130 Gigawatt pro Jahr zwischen 2020 und 2022 deutlich. Global Energy Monitor schätzt, dass China bis Ende 2024 problemlos eine installierte Wind- und Solarkapazität von 1.200 Gigawatt erreichen könnte – sechs Jahre vor dem von Präsident Xi Jinping gesetzten Ziel.
Die Ambitionen Chinas im Bereich der erneuerbaren Energien werden besonders deutlich durch die geplanten “Mega-Wind- und Solarbasen”. Die erste Welle dieser Großprojekte mit einer Gesamtkapazität von 97 Gigawatt wurde bereits 2021 angekündigt und ging größtenteils wie geplant 2023 in Betrieb. Für die zweite und dritte Welle sind weitere 503 Gigawatt geplant, die zwischen 2025 und 2030 ans Netz gehen sollen.
Das Problem der Abregelung: Verschwendung erneuerbarer Energie
Trotz dieser beeindruckenden Zahlen steht China vor einem grundlegenden Problem: Ein erheblicher Teil der erzeugten erneuerbaren Energie wird nicht genutzt. Dieses Phänomen wird als “Abregelung” oder “Curtailment” bezeichnet – ein Prozess, bei dem Elektrizitätsproduzenten daran gehindert werden, ihren erzeugten Strom in das Verteilungsnetz einzuspeisen.
Die Geschichte der Abregelung in China reicht bis in die Mitte der 2010er Jahre zurück. Damals erreichten die Abregelungsraten in einigen Provinzen alarmierende 40 bis 50 Prozent, was bedeutet, dass fast die Hälfte der potenziell erzeugbaren erneuerbaren Energie ungenutzt blieb. Um diesem Problem entgegenzuwirken, führten die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) und die Nationale Energiebehörde (NEA) im Jahr 2018 eine Obergrenze für Abregelungen von 5 Prozent ein. Diese Regelung besagte, dass die Nutzungsraten von Solar- und Windkraftprojekten in bestimmten chinesischen Provinzen nicht unter 95 Prozent fallen dürfen.
Die Durchsetzung dieser Politik hatte jedoch unbeabsichtigte Folgen: Sie führte zu strengen Beschränkungen für den Umfang erneuerbarer Energieprojekte, insbesondere in Regionen mit hohen Abregelungsquoten. Die Genehmigung und Entwicklung neuer Projekte wurde stark eingeschränkt, da viele Projekte Schwierigkeiten hatten, eine Baugenehmigung zu erhalten.
Im Jahr 2024 zeichnet sich eine bedeutende Änderung dieser Politik ab. Die NEA und die State Grid Corporation of China (SGCC) erwägen, die zulässige Abregelungsquote von 5 auf 10 Prozent zu erhöhen. Diese Verdopplung der erlaubten Abregelungsrate ist ein Eingeständnis, dass das Netzintegrationsproblem weiterhin besteht und kurzfristig nicht vollständig gelöst werden kann.
Ursachen für die mangelnde Netzintegration
Die Hauptursache für die mangelnde Integration erneuerbarer Energien in China liegt in der geografischen Diskrepanz zwischen Erzeugung und Verbrauch. Die besten Bedingungen für Wind- und Solarenergie finden sich in den nordwestlichen und nördlichen Provinzen Chinas, wo große Solar- und Windkraftanlagen dominieren. Der Großteil der Stromnachfrage konzentriert sich jedoch in den industrialisierten Ballungsräumen und Industriezentren an der Ostküste – etwa 70 Prozent des Stroms in China werden im Südosten nachgefragt.
Diese Situation stellt eine enorme Herausforderung dar, da die Produktionsstätten bis zu 3.000 Kilometer von den Hauptverbrauchszentren entfernt liegen. Über solche großen Distanzen ist der Stromtransport ohne spezialisierte Infrastruktur ineffizient, da die Verluste zu hoch sind. Ein anschauliches Beispiel für dieses Problem ist der größte Windpark der Welt in Ulanqab (Innere Mongolei). Obwohl Teile dieses Kraftwerks mit einer Kapazität von sechs Gigawatt bereits 2020 fertiggestellt wurden, war im Frühjahr 2023 nur eine einzige Windturbine an das Netz angeschlossen.
Ein weiteres strukturelles Problem ist das Ungleichgewicht zwischen den Investitionen in erneuerbare Energieerzeugung und dem Netzausbau. Während China rekordverdächtige Summen in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert, bleiben die Investitionen in das Stromnetz vergleichsweise gering. Die Netzinvestitionen in China waren in den Jahren 2021 bis 2023 weitgehend stabil im Vergleich zum Zeitraum 2018 bis 2020 – trotz des exponentiellen Wachstums bei den erneuerbaren Energien.
Hinzu kommt, dass der chinesische Strommarkt nach wie vor sehr unflexibel ist. Der Stromhandel über Provinzgrenzen hinweg wird durch politische Interessen und bürokratische Hürden behindert, was die effiziente Verteilung erneuerbarer Energie zusätzlich erschwert.
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Balanceakt der Energiewirtschaft: Kohle und Erneuerbare in China im Vergleich
Politische Maßnahmen und Investitionen zur Problemlösung
Die chinesische Regierung hat das Problem erkannt und arbeitet an verschiedenen Lösungsansätzen. Ein Schlüsselelement ist der Ausbau des Ultrahochspannungsnetzes (UHV), das den effizienten Transport von Strom über große Entfernungen ermöglicht. China ist in diesem Bereich weltweit führend und investiert massiv in diese Technologie.
Die ersten Pilotprojekte für großangelegte Wind- und Solaranlagen in Chinas westlichen Regionen wurden bereits Anfang der 2000er Jahre initiiert. Diese sollten einerseits lokale Regionen elektrifizieren, in denen viele Haushalte noch ohne Stromversorgung waren, und andererseits den industrialisierten Südosten mit Strom versorgen.
Die beiden staatlichen Netzbetreiber, State Grid und China Southern Grid, haben Milliarden-Investitionsziele in Rekordhöhe angekündigt, um die Netzinfrastruktur zu verbessern. Die erste Hochspannungsleitung von einem erneuerbaren Energieprojekt im nördlichen Ningxia in die Provinz Hunan im Südosten wurde im Juni 2023 begonnen. Nach Expertenschätzungen könnte der Bau dieser Leitung bereits 2025 abgeschlossen sein.
Insgesamt wird China im Jahr 2024 schätzungsweise mehr als 80 Milliarden Euro in den Ausbau seines Stromnetzes investieren. Dies ist zwar eine beträchtliche Summe, reicht jedoch nicht aus, um mit dem rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt zu halten. Experten von Agora Energiewende empfehlen, dass die Investitionen in das Stromnetz an die rekordhohen Investitionen in die erneuerbare Stromerzeugung angepasst werden sollten.
Innovative Ansätze zur verbesserten Netzintegration
Neben dem Netzausbau verfolgt China auch innovative Ansätze zur besseren Integration erneuerbarer Energien. Ein bemerkenswerter Ansatz ist die Einbindung von Elektrofahrzeugen ins Stromnetz. Im Januar 2024 hat die chinesische Regierung Umsetzungsrichtlinien zur Verbesserung der Interaktion von Elektroautos und Plug-in-Hybriden mit dem Stromnetz veröffentlicht.
Das Programm sieht vor, bis 2025 ein nationales technisches Standardsystem für die Fahrzeug-Netz-Interaktion und einen Tarifmechanismus für das bidirektionale Laden zu etablieren. Bis 2030 soll das gesteuerte bidirektionale Laden dann im großen Stil aufgebaut werden, mit dem Ziel, dass Elektrofahrzeuge “Dutzende Millionen Kilowatt an bidirektionaler Flexibilität zur Regulierungskapazität für das Stromsystem bereitstellen”.
Auch Batterietausch-Stationen, die in China weit verbreitet sind, sollen zur Netzstabilität beitragen. Der E-Auto-Hersteller Nio hatte beispielsweise bereits 2022 damit begonnen, Akkutausch-Stationen zu testen, die Strom ins Netz zurückspeisen können.
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Die Doppelstrategie: Kohle und Erneuerbare Energien
Ein bemerkenswerter Aspekt der chinesischen Energiepolitik ist, dass trotz des massiven Ausbaus erneuerbarer Energien gleichzeitig die Kohlekraft weiter ausgebaut wird. Im Jahr 2024 stieg die Bautätigkeit für Kohlekraftwerke auf 94,5 Gigawatt – den höchsten Stand seit 2015. Zudem genehmigte das Land 66,7 Gigawatt neue Kohlekraftwerkskapazität, wobei die Genehmigungen besonders in der zweiten Jahreshälfte zunahmen.
Diese parallele Strategie wirft Fragen zur langfristigen Energietransformation Chinas auf. Anstatt Kohle zu ersetzen, wird saubere Energie auf ein bestehendes System mit fossilen Brennstoffen aufgesetzt, was den beabsichtigten Übergang zu einem auf erneuerbaren Energien basierenden Stromsektor erschwert. Mehr als 75 Prozent der neu genehmigten Kohlekraftwerkskapazitäten im Jahr 2024 wurden von Kohlebergbauunternehmen oder Energiekonzernen mit Kohleaktivitäten finanziert, was die Dominanz der Kohle auch dann verstärkt, wenn die Marktgrundlagen einen Ausbau nicht rechtfertigen.
Dennoch zeigen sich auch positive Entwicklungen: Der Ausbau erneuerbarer Energien hat dazu beigetragen, den Anteil der Kohleverstromung in China im Mai 2024 auf ein Rekordtief von 53 Prozent zu drücken. Dies deutet darauf hin, dass trotz der parallel laufenden Strategien die erneuerbaren Energien langsam an Bedeutung gewinnen.
Chinas Balanceakt: Netzintegration und der Weg zur grünen Zukunft
Die Herausforderungen bei der Netzintegration werden China nicht davon abhalten, weiterhin massiv in erneuerbare Energien zu investieren. Laut S&P Global Ratings wird die Expansion erneuerbarer Energien in China trotz der projizierten steigenden Abregelungsraten fortgesetzt. Die Analysten erwarten, dass die Betreiber “durch den Schmerz hindurchgehen müssen, bis die Knoten im Übergangsprozess geglättet sind”.
Lösungen für das Curtailment-Problem werden entwickelt, darunter weitere Investitionen in Übertragungstechnik und Speicherlösungen, aber die Umsetzung wird Zeit in Anspruch nehmen. Für die Betreiber bedeutet dies, dass sie selektiver werden und Investitionen in Regionen mit günstigeren lokalen Stromrichtlinien und besserem Angebot-Nachfrage-Verhältnis priorisieren müssen.
Chinas Erfahrungen mit der Netzintegration erneuerbarer Energien haben globale Bedeutung. Als weltweit größter Emittent von Treibhausgasen und gleichzeitig führendes Land beim Ausbau erneuerbarer Energien könnte Chinas Erfolg oder Misserfolg bei der Integration dieser Energien entscheidenden Einfluss auf die globalen Klimaschutzbemühungen haben.
Die Kluft überbrücken
Die mangelnde Netzintegration erneuerbarer Energien in China stellt eine bedeutende Herausforderung für die Energiewende des Landes dar. Trotz beeindruckender Fortschritte beim Ausbau von Wind- und Solarkapazitäten bleibt das Problem der Abregelung bestehen und führt zu erheblicher Energieverschwendung. Die geografische Diskrepanz zwischen Energieerzeugung und -verbrauch, unzureichende Investitionen in das Stromnetz und ein unflexibler Strommarkt sind die Hauptursachen für diese Herausforderung.
Die chinesische Regierung erkennt diese Problematik und ergreift verschiedene Maßnahmen, darunter massive Investitionen in das Ultrahochspannungsnetz, eine Anpassung der Abregelungsquoten und innovative Ansätze wie die Integration von Elektrofahrzeugen ins Stromnetz. Gleichzeitig wird die parallele Strategie des Ausbaus von Kohlekraftwerken fortgesetzt, was Fragen zur langfristigen Transformation aufwirft.
Der Wettbewerb zwischen Kohle und erneuerbaren Energien verschärft sich, wobei insbesondere im vierten Quartal 2024 die Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie zunehmend eingeschränkt wurde. Um eine erfolgreiche Energiewende zu gewährleisten, wird China die Investitionen in sein Stromnetz deutlich erhöhen und den Markt flexibler gestalten müssen. Nur so kann das Land das volle Potenzial seiner beeindruckenden erneuerbaren Energiekapazitäten ausschöpfen und einen wirksamen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten.
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