Lieferung vs. Click & Collect: Lebensmittel online kaufen – und dann?
Veröffentlicht am: 20. Juni 2016 / Update vom: 15. Juli 2021 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Lieferung vs. Click & Collect
Nach einem anstrengenden Arbeitstag noch in den Supermarkt zu müssen, um Pizza oder Pasta für das Abendessen zu kaufen, ist für viele eine nicht gerade einladende Vorstellung. Natürlich geht es inzwischen auch anders, denn vielerorts ist der Onlinekauf von Lebensmitteln bereits eine Selbstverständlichkeit. Während England und Frankreich mit hohen Zuwachsraten glänzen, stehen andere europäische Länder noch in den Startlöchern. Dazu gehört auch – noch – Deutschland, wo der Lebensmittelkauf im Web trotz hoher Steigerungszahlen noch immer ein Randphänomen darstellt. Dies kann sich jedoch schnell ändern, setzen inzwischen doch viele Lebensmittelhändler auf Onlineshop-Lösungen, um der ihnen erwachsenden E-Commerce-Konkurrenz zu begegnen.
Der Kunde honoriert diese Anstrengungen. Studien zufolge fänden über 60 Prozent der Konsumenten es praktisch, Artikel des täglichen Bedarfs online zu kaufen. Neben einer nutzerfreundlich gestalteten Webseite und konkurrenzfähigen Preisen gehören dabei reibungslos ablaufende intralogistische Prozesse zu den zentralen Erfolgsfaktoren für ein funktionierendes Online-Lebensmittelgeschäft. Doch wie sieht es mit der Zustellung der Waren aus?
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Lebensmitteltransport per LKW hat nicht nur Vorteile
Hierzulande setzen Händler wie Rewe oder Edeka vorzugsweise auf den Transport der Ware per LKW. Für den Kunden hat das den Vorteil, dass er seine bestellten Produkte direkt nach Hause geliefert bekommt und sich den Weg zum Supermarkt sparen kann. Allerdings wird er gleichzeitig mit einem der Hauptprobleme im E-Commerce-Versand konfrontiert: die Annahme der Lieferung, zu der der Empfänger zu Hause sein muss, wenn er nicht eine Ausweichadresse angegeben hat. Doch im Unterschied zu normalen Paketen kann eine Supermarktsendung nicht so einfach beim Kiosk um die Ecke abgegeben werden, da dort mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Möglichkeit besteht, temperaturempfindliche Artikel wie Milchprodukte oder gar Tiefkühlkost zwischenzulagern. Um dies zu umgehen, wird ein möglichst exakter Liefertermin für Händler und Verbraucher unumgänglich. Der wiederum verursacht beim Versender einen höheren logistischen Aufwand, der zu den ohnehin anfallenden Transportkosten hinzukommt. Hier sind es vor allem Aufwendungen für Personal (Fahrer) und Fahrzeug (LKW, Benzin), die dem Händler die Kalkulation erschweren. Denn eins ist sicher: erfolgt ein zu hoher Transportaufschlag auf die Onlinebestellung, springt der Kunde ab. Angesichts der im deutschen Lebensmittelhandel herrschenden niedrigen Margen ein Dilemma, vor dem die Händler stehen. Gleichzeitig ist dies auch ein Grund dafür, warum sich Lebensmittel-E-Commerce noch nicht durchgesetzt hat, und warum ein Big Player wie Amazon mit seinem Fresh-Lieferdienst in Deutschland noch nicht groß durchgestartet ist.
Allerdings gibt es eine Alternative, die Handel und Verbraucher von Transportkosten und Zustellungsproblematik zumindest teilweise entlastet: Click & Collect – die Onlinebestellung und spätere Abholung im Geschäft nach dem Vorbild des klassischen Drive-in-Systems.
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Drive-in – die Alternative?
Das Prinzip des Drive-ins ist einfach und vergleichbar mit dem von Burger-Ketten her bekannten Konzept: Bestellt wird im Internet, abgeholt mit dem Auto an einer vorher ausgewählten Station, wo die (Kühl)Tasche dem Fahrer nur noch übergeben wird, ohne daß dieser überhaupt noch den Laden betreten muss.
Diese Lebensmittel Drive-ins sind ein System, das immer mehr Anwender findet. So bieten in Frankreich bereits über 2.000 Drive-in-Supermärkte ihre Lebensmittel online an, die von den Käufern dann vor Ort fertig kommissioniert abgeholt werden. Eine Ähnliche Strategie verfolgt die US-Supermarktkette Walmart, die ihren Click & Collect-Service in 2016 stark ausbaut (zunächst nur in den USA).
Das Lager eines Drive-in-Supermarktes besteht zumeist aus unterschiedlichen Lagerzonen: Trocken-, Frische- und Tiefkühlzone. Die bestellten Artikel werden dann mit Hilfe von Auftragsboxen kommissioniert. Dabei werden sie entweder semi-automatisch per Förderband oder manuell von den Beschäftigten mit Trolleys von einer Zone zur nächsten transportiert.
Die fertig kommissionierten Boxen werden dann zwischengelagert, bis der Kunde die Ware abholt. Da eine Bestellung zumeist aus Produkten unterschiedlicher Güte und Haltbarkeit besteht, werden besondere Anforderungen an ihre Lagerung gestellt. So muss sichergestellt sein, dass für einzelne Artikel die Möglichkeit einer gekühlten oder gar Tiefkühllagerung vorgehalten wird.
Die eingesetzten und teils klimatisierten Lagergeräte können je nach Deckenhöhe des Lagers entweder horizontale Karusselllager oder vertikale Umlaufregale sein. Je nach Bedarf und Platz können dazu Fachbodenregale kombiniert werden.
Gesteuert werden die intralogistischen Prozesse des Drive-in-Supermarkts per Lagerverwaltungssoftware. Sobald die Software eine Bestellung erhalten hat, werden die Aufträge in die verschiedenen Lagerzonen geleitet. In Zonen mit automatisierten Lagergeräten werden die Lebensmittel abgerufen und vom Personal nach dem Ware zur Person-Prinzip an der Bedienöffnung in Empfang genommen, wo sie in den Auftragsbehälter gepackt werden. Um Pickfehler oder Wiederholungen zu vermeiden, wird die Entnahme von den Mitarbeitern jeweils per Barcodescanner bestätigt. Durch den Einsatz eines Batch-Picking und/oder Multi-User-Picking-Tools kann die Auftragsabwicklung zusätzlich beschleunigt werden.
Ist ein Auftrag fertig bearbeitet, werden die Produkte in einer Box/Tüte zwischengelagert, wobei temperaturempfindliche Artikel in einem Kühlbereich oder Lagergerät mit integrierter Klimafunktion untergebracht werden. Sobald der Kunde mit seinem Wagen beim Supermarkt vorfährt, muss er nur noch einen Belegcode an einer der beiden Parkbuchten installierten Scannerstationen einlesen, woraufhin die Ware von einem Angestellten aus dem Zwischenlager entnommen und zum Auto gebracht wird. Nachdem der Einkauf verstaut ist, kann der Kunde mit seinen Einkäufen losfahren, ohne den Wagen verlassen zu haben.
Fazit
Liegt die Drive-in-Station auf oder in der Nähe seines natürlichen Heimwegs, ergeben sich bei dem System für den Kunden kaum Zeitverluste durch den Vorgang. Und im Gegensatz zu der zeitlich nicht genau kalkulierbaren Zustellung per Fahrer kann er selbst entscheiden, wann er die Ware abholt. Sicherlich steht und fällt der Erfolg eines derartigen Systems mit einer flächendeckenden Verbreitung der Drive-in-Stationen, da Kunden für dieses Angebot keine großen Umwege in Kauf nehmen würden. Der Erfolg in Frankreich zeigt jedoch, welches Potential in dem Konzept liegt.
Für den Händler schlagen neben (einmaligen) Investitionen in das Zwischenlager und die Drive-In-Lösung vor Ort Arbeitslöhne für die in der Warenübergabe Beschäftigten zu Buche. Dafür entfallen Kosten für die logistische Infrastruktur zum Transport der Ware zum Kunden. Am Ende wird also die individuelle Kalkulation von Händler und Kunde entscheiden, welche Lösung sie jeweils für sich als vorteilhafter ansehen.
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Xpert.Digital – Konrad Wolfenstein
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