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ReArm Europe: Wie die EU mit 800 Milliarden Euro ihre Verteidigung neu aufstellt (Plan/Readiness 2030)

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Veröffentlicht am: 1. August 2025 / Update vom: 1. August 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

ReArm Europe: Wie die EU mit 800 Milliarden Euro ihre Verteidigung neu aufstellt

ReArm Europe: Wie die EU mit 800 Milliarden Euro ihre Verteidigung neu aufstellt – Bild: Xpert.Digital

Zeitenwende in Brüssel: Alle Fakten zu Europas historischer Aufrüstungsoffensive

Von der Leyens Verteidigungs-Milliarden: Wer entscheidet und wer zahlt am Ende?

Europas Sicherheitspolitik steht an einem historischen Wendepunkt. Der Krieg in der Ukraine hat eine Realität geschaffen, in der die Frage nicht mehr lautet, ob Europa mehr für seine Verteidigung tun muss, sondern wie und wie schnell. Die jahrzehntelange Friedensdividende ist aufgebraucht, und die Rufe nach strategischer Autonomie und einer robusten, glaubwürdigen Verteidigungsfähigkeit werden lauter denn je.

Inmitten dieser neuen Dringlichkeit hat die Europäische Kommission den “ReArm Europe Plan/Readiness 2030” vorgestellt – eine ambitionierte und weitreichende Initiative, die nicht weniger als die Mobilisierung von über 800 Milliarden Euro an zusätzlichen Verteidigungsinvestitionen bis zum Ende des Jahrzehnts anstrebt. Doch wie soll diese gewaltige Summe aufgebracht werden, und welche politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen hat dieser Paradigmenwechsel? Der Plan stützt sich auf ein vielschichtiges Fundament aus fünf Säulen: ein neues, durch gemeinsame Schulden finanziertes Darlehensinstrument (SAFE), eine beispiellose Lockerung der EU-Fiskalregeln für nationale Ausgaben, die flexible Umschichtung von Regionalfördermitteln, eine erweiterte Rolle für die Europäische Investitionsbank und die massive Mobilisierung von privatem Kapital.

Diese Offensive ist jedoch nicht unumstritten. Sie entfacht eine tiefgreifende Debatte über die Zukunft der Union: Wie lässt sich die notwendige Stärkung der Verteidigungsfähigkeit mit der langfristigen wirtschaftlichen Stabilität und den Schuldenregeln vereinbaren? Führt mehr Geld automatisch zu einer schlagkräftigeren, integrierten europäischen Verteidigung oder vertieft es die nationale Fragmentierung? Und welche Rolle spielt die demokratische Kontrolle durch das Europäische Parlament, wenn entscheidende Maßnahmen über Notfallklauseln beschlossen werden? Über den offiziellen Plan hinaus zirkulieren weitere, teils radikale Ideen, wie die Gründung einer eigenen “Aufrüstungsbank”, die die Debatte zusätzlich befeuern.

Der folgende umfassende Frage-Antwort-Text zerlegt diese komplexe Thematik in verständliche Teile. Er beleuchtet detailliert die einzelnen Säulen des ReArm Europe Plans, analysiert die zugrundeliegenden rechtlichen und finanziellen Mechanismen, fasst die kritischen Stimmen von Experten zusammen und ordnet die Positionen der EU-Institutionen ein. Es ist ein Leitfaden zum Verständnis einer der folgenreichsten politischen Weichenstellungen, vor denen Europa seit Jahrzehnten steht – eine Entscheidung, die die strategische, wirtschaftliche und politische Zukunft des Kontinents maßgeblich prägen wird.

Warum ist die Finanzierung der EU-Verteidigungsindustrie plötzlich ein so zentrales Thema?

Die Finanzierung der Verteidigungsindustrie der Europäischen Union ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus gerückt, doch der entscheidende Wendepunkt war zweifellos die unprovozierte Invasion der Ukraine durch Russland im Jahr 2022. Dieses Ereignis hat die sicherheitspolitische Landschaft Europas grundlegend verändert und den Debatten über Verteidigung eine neue Dringlichkeit und Dynamik verliehen. Frühere Diskussionen, die sich oft auf theoretische Konzepte der strategischen Autonomie beschränkten, wurden durch die harte Realität eines Krieges an den Grenzen der EU abgelöst. Die Notwendigkeit, nicht nur die eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken, sondern auch die Ukraine materiell und finanziell zu unterstützen, hat die Mitgliedstaaten und die EU-Institutionen zu schnellem Handeln gezwungen. Dokumente wie der Strategische Kompass 2022, der die Sicherheits- und Verteidigungsmaßnahmen der EU bis 2030 skizziert, und die Erklärung von Versailles der EU-Führer im selben Jahr spiegeln diesen Paradigmenwechsel wider. Die Erkenntnis, dass Frieden und Stabilität in Europa nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden können, hat die Verteidigungsfinanzierung von einem Nischenthema zu einer der obersten Prioritäten auf der politischen Agenda gemacht.

War dies das erste Mal, dass die EU-Mittel für die Verteidigung bereitstellte?

Nein, die Nutzung von EU-Mitteln für verteidigungsbezogene Zwecke ist kein völlig neues Phänomen, aber der Umfang und die Art der Finanzierung haben sich dramatisch verändert. Den Grundstein legte der Europäische Verteidigungsfonds (EVF), der im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021-2027 eingerichtet wurde und auf früheren Pilotprojekten und Vorbereitungsmaßnahmen aufbaute. Die rechtliche Grundlage für den EVF war Artikel 173 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der der EU Kompetenzen im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie einräumt. Dieser Ansatz umging geschickt das Verbot der Finanzierung von Operationen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen aus dem EU-Haushalt (Artikel 41 Absatz 2 AEUV), indem er sich auf die Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors konzentrierte. Auf dieser Grundlage wurden später auch spezifischere Instrumente wie das Gesetz zur Unterstützung der Munitionsproduktion (ASAP) und das Europäische Gesetz zur Stärkung der Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung (EDIRPA) verabschiedet. Diese früheren Schritte waren jedoch im Vergleich zu den heute diskutierten Summen und Mechanismen bescheiden. Sie ebneten jedoch den Weg und schufen rechtliche Präzedenzfälle für die heutige, weitaus ehrgeizigere Agenda.

Welchen breiteren politischen Kontext gibt es für die aktuellen Verteidigungsinitiativen?

Die aktuellen Initiativen sind Teil einer umfassenderen Neuausrichtung der EU. Die Europäische Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen hat Sicherheit und Verteidigung als eine Schlüsselpriorität für die Amtszeit 2024-2029 definiert. In ihren politischen Leitlinien hat von der Leyen die Verpflichtung bekräftigt, auf eine “Europäische Verteidigungsunion” hinzuarbeiten. Diese Vision geht über bloße Finanzierungsmechanismen hinaus und zielt auf eine tiefere Integration und Koordination der Verteidigungspolitiken der Mitgliedstaaten ab. Die Veröffentlichung des ReArm Europe Plans im März 2025 und die Vorarbeiten für das erste Weißbuch zur europäischen Verteidigung sind konkrete Ausprägungen dieser Strategie. Dieses Weißbuch identifiziert die Finanzierung – neben der Industrie und den Fähigkeiten – als eine der tragenden Säulen der zukünftigen EU-Verteidigung. Die Vorschläge spiegeln auch die Empfehlungen der einflussreichen Berichte von Enrico Letta zum Binnenmarkt und Mario Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit wider, die beide die Notwendigkeit betonen, bürokratische Hürden abzubauen und europäische Kapazitäten zu bündeln, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Es handelt sich also um einen konzertierten Versuch, die wirtschaftliche, industrielle und sicherheitspolitische Stärke der EU zu integrieren.

Der ReArm Europe Plan/Readiness 2030: Eine detaillierte Analyse

Was genau ist der ReArm Europe Plan/Readiness 2030?

Der ReArm Europe Plan/Readiness 2030 ist ein strategischer Vorschlag der Europäischen Kommission, der am 4. März 2025 von Präsidentin Ursula von der Leyen vorgestellt wurde. Sein übergeordnetes Ziel ist die Mobilisierung von über 800 Milliarden Euro an zusätzlichen Verteidigungsinvestitionen bis zum Jahr 2030. Der Plan ist eine direkte Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage in Europa und soll die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, ihre Verteidigungsausgaben signifikant zu erhöhen, die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken und die strategische Autonomie der EU zu fördern. Es handelt sich nicht um ein einzelnes Gesetz, sondern um ein Paket von Maßnahmen, das auf fünf zentralen Säulen ruht und verschiedene finanzielle und regulatorische Hebel nutzt, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. Der ursprüngliche Name “ReArm Europe Plan” wurde nach Bedenken einiger Mitgliedstaaten, insbesondere Italiens und Spaniens, zu “ReArm Europe Plan/Readiness 2030” erweitert, um den Fokus stärker auf die Bereitschaft und nicht nur auf die reine Aufrüstung zu legen.

Welche fünf Säulen bilden das Fundament des Plans?

Der Plan ist um fünf Schlüsselpfeiler strukturiert, die zusammenwirken sollen, um die erforderlichen Mittel zu mobilisieren und die strategischen Ziele zu erreichen:

  1. Ein neues Finanzinstrument namens “Sicherheitsmaßnahme für Europa” (Security Action for Europe, SAFE), das durch gemeinsame Schuldenaufnahme bis zu 150 Milliarden Euro an Darlehen für die gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsgütern bereitstellen soll.
  2. Die Stärkung der nationalen Verteidigungsfinanzierung durch die Aktivierung der nationalen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die den Mitgliedstaaten mehr fiskalischen Spielraum für Verteidigungsausgaben gewährt.
  3. Eine flexiblere Nutzung bestehender EU-Instrumente, insbesondere der Kohäsionsfonds, um Mittel für verteidigungsrelevante Projekte umzuschichten.
  4. Eine erweiterte Rolle und erhöhte Beiträge der Europäischen Investitionsbank (EIB) zur Finanzierung von Projekten im Bereich Sicherheit und Verteidigung.
  5. Die Mobilisierung von Privatkapital durch die Weiterentwicklung der Spar- und Investitionsunion, um eine nachhaltige Finanzierungsbasis für den gesamten Verteidigungssektor zu schaffen.

Wie wurde der Plan auf höchster politischer Ebene aufgenommen?

Auf den Sondertagungen des Europäischen Rates im März 2025 fand der Plan grundsätzliche Zustimmung bei den Staats- und Regierungschefs der EU. Sie erkannten die existenzielle Herausforderung durch den Krieg in der Ukraine an und begrüßten die Absicht der Kommission, die Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu aktivieren, um nationale Ausgaben zu erleichtern. Sie nahmen den Vorschlag für das 150-Milliarden-Euro-Darlehensinstrument SAFE zur Kenntnis und forderten den Rat auf, diesen zügig zu prüfen. Ebenso unterstützten sie die Pläne der EIB, ihre Kreditvergabe an die Verteidigungsindustrie auszuweiten. Die Staats- und Regierungschefs betonten die Dringlichkeit, alle Initiativen zur Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten zu beschleunigen und bekräftigten, dass eine stärkere EU einen positiven Beitrag zur transatlantischen Sicherheit leisten und die NATO ergänzen würde, die für die meisten EU-Mitglieder der Eckpfeiler der kollektiven Verteidigung bleibt. Gleichzeitig forderten sie die Kommission auf, weitere Optionen für neue EU-weite Finanzierungsquellen zu prüfen und die Mobilisierung privater Mittel voranzutreiben.

Wie lauten die ersten Reaktionen von Experten auf den Plan?

Die Reaktionen von Experten waren gemischt und lassen sich als “positiv, aber vorsichtig” zusammenfassen. Beispielsweise betrachtet Paul Dermine, Professor für EU-Recht, den Plan als ein wichtiges politisches Signal und einen ersten Schritt, der die Rolle der Kommission in der Verteidigungspolitik stärkt. Er warnt jedoch davor, dass der Plan weiterhin stark auf nationalen Ausgaben basiert und somit die Kernprobleme der Fragmentierung des Marktes und der mangelnden Interoperabilität nicht löst. Er argumentiert, dass die prognostizierten 800 Milliarden Euro möglicherweise nicht vollständig realisiert werden und dass ehrgeizigere Instrumente wie eine gemeinsame Kreditaufnahme nach dem Vorbild von Next Generation EU (NGEU) oder über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) nicht verfolgt wurden. Andere Experten, wie Fenella McGerty vom IISS, heben die wirtschaftlichen Risiken hervor. Sie sehen zwar die Notwendigkeit für erhöhte Ausgaben, warnen aber davor, dass eine Lockerung der Fiskalregeln und die Schaffung von außerbudgetären Fonds die langfristige Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten gefährden könnten, insbesondere angesichts bestehender finanzieller Belastungen durch den demografischen Wandel und den Klimaschutz. Der Tenor ist, dass dem politischen Signal nun praktische und gut durchdachte Maßnahmen folgen müssen, um Wirkung zu entfalten.

 

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Der ReArm Europe Plan: Neue Finanzinstrumente für Europas Verteidigung

Der ReArm Europe Plan: Neue Finanzinstrumente für Europas Verteidigung

Der ReArm Europe Plan: Neue Finanzinstrumente für Europas Verteidigung – Bild: Xpert.Digital

Säule 1: Das Darlehensinstrument SAFE

Was genau ist die “Sicherheitsmaßnahme für Europa” (SAFE)?

SAFE ist ein vorgeschlagenes neues Finanzinstrument, das als zentraler Bestandteil des ReArm Europe Plans konzipiert ist. Es sieht vor, dass die Europäische Kommission im Namen der EU bis zu 150 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten aufnimmt. Diese Mittel sollen dann in Form von langfristigen Darlehen an die Mitgliedstaaten weitergereicht werden. Der spezifische Zweck dieser Darlehen ist die Finanzierung von dringenden und großen öffentlichen Investitionen in die europäische verteidigungstechnologische und industrielle Basis (EDTIB). Konkret sollen die Mittel die gemeinsame Beschaffung von kritischen Verteidigungsgütern wie Munition, Raketen, Artilleriesystemen sowie Fähigkeiten in den Bereichen Raumfahrt, künstliche Intelligenz und Cyberabwehr ermöglichen. Das Instrument ist auf einen Zeitraum von fünf Jahren (2025-2030) angelegt und soll somit eine kurz- bis mittelfristige Anschubfinanzierung darstellen.

Auf welcher Rechtsgrundlage soll SAFE eingerichtet werden und welche prozeduralen Folgen hat das?

Die Kommission schlägt vor, SAFE auf der Grundlage von Artikel 122 AEUV einzurichten. Dieser Artikel ist ein Notfallinstrument, das es dem Rat erlaubt, auf Vorschlag der Kommission Maßnahmen zu beschließen, wenn ein Mitgliedstaat aufgrund von außergewöhnlichen Vorkommnissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder ernsthaft bedroht ist. Die entscheidende prozedurale Folge dieser Rechtsgrundlage ist, dass sie das Europäische Parlament vom regulären Gesetzgebungsprozess ausschließt; der Beschluss wird allein vom Rat gefasst. Dies war bereits bei der Einrichtung des Wiederaufbaufonds NGEU während der COVID-19-Pandemie der Fall und führte zu erheblicher Unzufriedenheit im Parlament. Als Reaktion darauf wurde ein “Haushaltsprüfungsverfahren” vereinbart, das dem Parlament zumindest eine beratende Rolle bei der Prüfung der haushaltspolitischen Auswirkungen solcher Maßnahmen einräumt, aber keine formelle Mitentscheidungsbefugnis.

Welche Bedingungen sind an die Nutzung der SAFE-Darlehen geknüpft?

Die Nutzung der Mittel ist an klare Bedingungen geknüpft, um sicherzustellen, dass die Ziele des Plans erreicht werden. Die wichtigste Bedingung ist die gemeinsame Beschaffung. Ein Projekt muss von mindestens zwei Mitgliedstaaten oder von einem Mitgliedstaat zusammen mit der Ukraine oder einem EFTA/EWR-Staat durchgeführt werden. Zudem enthält der Vorschlag eine “europäische Präferenzklausel”. Diese besagt, dass die an der Beschaffung beteiligten Auftragnehmer und ihre wichtigsten Subunternehmer ihre Infrastruktur und Produktionsstätten in einem Mitgliedstaat, einem EWR/EFTA-Staat oder in der Ukraine haben müssen. Eine weitere wichtige Bedingung ist, dass der Wert der Komponenten, die aus diesen Ländern stammen, nicht unter 65 % der geschätzten Gesamtkosten des Endprodukts liegen darf. Dies soll sicherstellen, dass das Geld primär in die Stärkung der europäischen und verbündeten Verteidigungsindustrie fließt und die Abhängigkeit von außereuropäischen Lieferketten reduziert wird.

Welche Bedenken äußern Experten speziell zum SAFE-Instrument?

Daniel Fiott vom CSDS hebt mehrere kritische Punkte hervor. Erstens wirft die Umstellung von der traditionellen EU-Verteidigungsfinanzierung, die oft auf Zuschüssen (wie beim EVF) basierte, auf ein reines Darlehensinstrument Fragen auf. Darlehen müssen zurückgezahlt werden, was für einige Mitgliedstaaten, insbesondere solche mit bereits hoher Staatsverschuldung, eine erhebliche Belastung darstellen und sie von der Teilnahme abhalten könnte. Es besteht das Risiko, dass wohlhabendere Staaten die Darlehen nicht benötigen und ärmere Staaten sie sich nicht leisten können, was die Gesamtwirkung des Instruments untergraben würde. Zweitens bleibt unklar, nach welchen Kriterien die Darlehen auf die Mitgliedstaaten verteilt werden und wie ein fairer Ausgleich zwischen den spezifischen Verteidigungsbedürfnissen der einzelnen Länder und der Unterstützung für die Ukraine gefunden werden soll. Die größte Sorge ist jedoch, dass das Instrument, wenn es nicht klug gestaltet wird, die nationale Fragmentierung in der Verteidigungsbeschaffung eher verstärkt als verringert, da jeder Mitgliedstaat versucht sein könnte, “sein” Stück vom Kuchen für die eigene nationale Industrie zu sichern, anstatt eine wirklich integrierte europäische Basis zu schaffen.

Säule 2: Lockerung der Fiskalregeln für nationale Ausgaben

Wie genau sollen die EU-Fiskalregeln für Verteidigungsausgaben gelockert werden?

Der Plan schlägt vor, den neu reformierten wirtschaftlichen Governance-Rahmen der EU zu nutzen, um den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität für Verteidigungsausgaben zu geben. Dies soll durch eine koordinierte Aktivierung der “nationalen Ausweichklausel” (National Escape Clause, NEC) geschehen. Diese Klausel ist für außergewöhnliche, länderspezifische Umstände vorgesehen, die außerhalb der Kontrolle eines Mitgliedstaats liegen und seine öffentlichen Finanzen erheblich beeinflussen. Im Gegensatz zur allgemeinen Ausweichklausel, die bei einem schweren Wirtschaftsabschwung für die gesamte EU oder Eurozone greift, kann die NEC gezielter eingesetzt werden. Bei Aktivierung würde der sogenannte “Kontrollkontomechanismus” greifen. Das bedeutet, dass zusätzliche Verteidigungsausgaben, die ein Mitgliedstaat tätigt, bei der Bewertung der Einhaltung seines Ausgabenpfades vorübergehend nicht als Belastung verbucht würden. Sie würden aber weiterhin als Vermerk geführt, um die fiskalische Transparenz zu wahren und den temporären Charakter der Ausnahme zu betonen.

Gibt es Obergrenzen oder spezifische Definitionen für diese Ausgaben?

Ja, die Kommission hat in ihrer Mitteilung Leitlinien vorgeschlagen, um Missbrauch zu verhindern und die fiskalische Nachhaltigkeit zu sichern. Die zusätzliche Flexibilität soll auf einen Betrag von bis zu 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Land und Jahr begrenzt sein. Zudem soll die Anwendung dieser Klausel auf eine maximale Dauer von vier Jahren beschränkt werden. Die Definition dessen, was als “Verteidigungsausgabe” gilt, soll auf der international anerkannten Klassifikation der Staatsfunktionen (Classification of the Functions of Government, COFOG) basieren. Diese Kategorie ist breit gefasst und umfasst nicht nur den Kauf von militärischer Ausrüstung und Infrastruktur, sondern auch Ausgaben für Dual-Use-Güter, wenn sie von den Streitkräften genutzt werden, Personalkosten, Ausbildung und Militärhilfe an andere Länder. Die Kommission schätzt, dass dieser Mechanismus in den nächsten vier Jahren zusätzliche nationale Verteidigungsausgaben von rund 650 Milliarden Euro in der gesamten EU freisetzen könnte.

Was sind die potenziellen Risiken und Nachteile dieses Ansatzes?

Experten sehen hier erhebliche Risiken. Fenella McGerty vom IISS warnt, dass eine Lockerung der Schuldenregeln zwar kurzfristig finanzielle Spielräume schafft, aber die langfristigen Schuldenprobleme vieler Mitgliedstaaten verschärfen könnte. Die öffentlichen Finanzen stehen bereits unter Druck durch alternde Bevölkerungen, steigende Gesundheitskosten und die gewaltigen Investitionen, die für die grüne Transformation notwendig sind. Zusätzliche Schulden für Verteidigung könnten die wirtschaftliche Stabilität gefährden. Ein weiteres, von Bertrand De Cordoue vom Jacques Delors Institut hervorgehobenes Risiko ist die Duplikation und Ineffizienz. Wenn jeder Mitgliedstaat seine Ausgaben individuell erhöht, ohne eine starke europäische Koordinierung und gemeinsame Beschaffung, führt dies zu einer Fortsetzung der Marktfragmentierung. Anstatt eines integrierten europäischen Verteidigungsmarktes mit interoperablen Systemen könnte das Ergebnis 27 national optimierte, aber ineffiziente und teure Rüstungsprogramme sein. Der Erfolg dieser Säule hängt also entscheidend davon ab, ob es gelingt, die nationalen Ausgaben mit europäischen strategischen Zielen zu verknüpfen.

Säule 3: Umschichtung von Kohäsionsfonds

Wie können Fonds, die für regionale Entwicklung gedacht sind, für die Verteidigung genutzt werden?

Die Idee ist, den Mitgliedstaaten zu erlauben, noch nicht gebundene Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für verteidigungsbezogene Projekte umzuschichten. Dies ist keine automatische Umwidmung, sondern eine Option, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der laufenden Halbzeitüberprüfung ihrer Kohäsionspolitik-Programme (gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2021/1060) ziehen können. Verteidigungsindustrien sind oft wichtige regionale Arbeitgeber und Innovationsmotoren. Projekte könnten daher so gestaltet werden, dass sie sowohl die Verteidigungsfähigkeit stärken als auch die regionale Entwicklung fördern, beispielsweise durch Investitionen in die Infrastruktur von Militärstandorten, in Forschungs- und Entwicklungszentren oder in die Qualifizierung von Arbeitskräften für die Verteidigungsindustrie. Die Kommission hat angekündigt, Maßnahmen vorschlagen zu wollen, um diesen Umschichtungsprozess flexibler und attraktiver zu gestalten.

Wurde die Kohäsionspolitik schon früher für Krisenreaktionen genutzt?

Ja, die Kohäsionspolitik hat sich in den letzten Jahren als ein flexibles Instrument zur Bewältigung unerwarteter Krisen erwiesen. Beispielsweise wurden nach der russischen Invasion in die Ukraine die Initiativen CARE (Kohäsionsmaßnahmen für Flüchtlinge in Europa) und FAST-CARE ins Leben gerufen. Diese ermöglichten es den Mitgliedstaaten, Kohäsionsmittel schnell und unbürokratisch für die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen sowie zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen des Krieges zu nutzen. Diese Präzedenzfälle zeigen, dass eine Umwidmung von Mitteln prinzipiell möglich ist, wenn der politische Wille vorhanden ist.

Gibt es Bedenken gegen diese Umschichtung von Mitteln?

Ja, es gibt erhebliche Bedenken, insbesondere von regionalen Vertretern und den Verfechtern der traditionellen Kohäsionspolitik. Der Europäische Ausschuss der Regionen hat in einer Stellungnahme gefordert, dass eine solche Umschichtung eng begrenzt sein und sich auf Projekte konzentrieren sollte, die den territorialen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt fördern. Dies könnte zum Beispiel die Unterstützung bestehender regionaler Verteidigungscluster sein. Die größte Sorge ist, dass die ursprünglichen Ziele der Kohäsionspolitik – die Verringerung der wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Regionen der EU – untergraben werden, wenn die Mittel zunehmend für andere nationale Prioritäten “zweckentfremdet” werden. Die Berichterstatter des Europäischen Parlaments für den nächsten MFR haben ebenfalls betont, dass der EU-Haushalt mit einer besseren Krisenreaktionsfähigkeit ausgestattet werden muss, damit die Kohäsionsfonds nicht ständig als Notfallreserve herhalten müssen und für ihre eigentlichen langfristigen Investitionsziele verwendet werden können.

Säule 4: Die Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB)

Welche Rolle spielte die EIB bisher bei der Verteidigungsfinanzierung?

Traditionell war die Rolle der EIB, der “Hausbank” der EU, bei der Verteidigungsfinanzierung stark eingeschränkt. Ihre Satzung und ihre Kreditpolitik schlossen die Finanzierung von letalen Gütern wie Waffen, Munition und rein militärischer Infrastruktur explizit aus. Sie durfte jedoch Investitionen in sogenannte “Dual-Use”-Güter finanzieren – also Technologien und Dienstleistungen, die sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen können. Beispiele hierfür sind Satellitenkommunikation, Cybersicherheitstechnologien oder fortschrittliche Materialien. Nach der russischen Invasion 2022 reagierte die EIB mit der “Strategischen Europäischen Sicherheitsinitiative” (SESI) und sagte bis zu 6 Milliarden Euro für solche Dual-Use-Projekte zu, was später auf 8 Milliarden Euro bis 2027 erhöht wurde. Dennoch blieb die Kernfinanzierung von Rüstungsgütern tabu.

Welche Änderungen wurden an der Politik der EIB vorgenommen oder vorgeschlagen?

Angesichts des enormen politischen Drucks von vielen Mitgliedstaaten hat die EIB ihre Politik signifikant gelockert. Ein entscheidender Schritt war im Mai 2024 die Abschaffung der Regel, dass Dual-Use-Projekte mehr als 50 % ihrer erwarteten Einnahmen aus ziviler Nutzung generieren müssen. Dies öffnete die Tür für Projekte mit einem stärkeren militärischen Fokus. Im März 2025 schlug die neue EIB-Präsidentin Nadia Calviño noch weitreichendere Änderungen vor. Dazu gehört die explizite Finanzierung von “nicht-tödlichen” Verteidigungsprodukten wie Grenzschutztechnologie, Anti-Jamming-Systemen oder kritischer Infrastruktur. Der wichtigste Vorschlag ist jedoch die Schaffung einer permanenten Verteidigungsfinanzierungslinie, die diesen Sektor auf die gleiche strategische Stufe wie die bisherigen Prioritäten Nachhaltigkeit und Kohäsion heben würde. Der EIB-Verwaltungsrat hat diese Erweiterung der Förderfähigkeit inzwischen gebilligt, mit dem Ziel, die Investitionen in diesem Bereich “mindestens zu verdoppeln”.

Säule 5: Mobilisierung von Privatkapital

Warum ist die Mobilisierung von Privatkapital so wichtig für den Plan?

Die öffentlichen Haushalte der EU-Mitgliedstaaten sind bereits stark belastet. Die Mobilisierung von privatem Kapital ist daher unerlässlich, um die gewaltige Finanzierungslücke im Verteidigungssektor zu schließen. Private Investoren, von Risikokapitalgebern bis hin zu großen Pensionsfonds und Banken, verwalten Billionen von Euro. Der ReArm Europe Plan zielt darauf ab, einen Teil dieses Kapitals in die europäische Verteidigungsindustrie zu lenken. Dies ist besonders wichtig für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Start-ups im Verteidigungssektor, die oft Schwierigkeiten haben, an Finanzierungen zu kommen, aber entscheidend für Innovationen sind.

Wie soll die “Spar- und Investitionsunion” dabei helfen?

Die “Spar- und Investitionsunion” ist ein langfristiges Projekt zur Vertiefung und Integration der europäischen Kapitalmärkte. Sie umfasst die Vollendung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion. Ziel ist es, einen echten Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu schaffen, in dem Kapital freier über die Grenzen fließen kann. Ein solcher integrierter Markt würde es für Unternehmen, einschließlich solcher im Verteidigungssektor, einfacher und günstiger machen, Kapital aufzunehmen. Er würde auch die Anlagemöglichkeiten für Investoren erweitern. Indem regulatorische Hürden abgebaut und grenzüberschreitende Investitionen erleichtert werden, soll die Spar- und Investitionsunion das immense private Sparvermögen der Europäer mobilisieren und es in strategische Prioritäten wie die grüne und digitale Transformation, aber eben auch in die Verteidigungsindustrie, lenken.

Welche Hindernisse stehen der privaten Finanzierung des Verteidigungssektors im Weg?

Ein wesentliches Hindernis sind die sogenannten ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung), die für viele institutionelle Investoren wie Banken und Pensionsfonds zu einem zentralen Bestandteil ihrer Anlagestrategie geworden sind. Der Verteidigungssektor wird hier oft pauschal als nicht nachhaltig eingestuft und von Investitionen ausgeschlossen. Diese Zurückhaltung, in Unternehmen zu investieren, die Waffen herstellen, ist ein erhebliches Finanzierungshemmnis. Die Herausforderung für die Politik wird darin bestehen, ein regulatorisches Umfeld zu schaffen, das diese Bedenken adressiert, möglicherweise durch eine differenziertere Betrachtung von “Verteidigung” als Beitrag zur nationalen und europäischen Sicherheit und damit als soziales Gut, ohne dabei die Grundprinzipien verantwortungsvollen Investierens zu untergraben.

 

Hub für Sicherheit und Verteidigung - Beratung und Informationen

Hub für Sicherheit und Verteidigung

Hub für Sicherheit und Verteidigung - Bild: Xpert.Digital

Der Hub für Sicherheit und Verteidigung bietet fundierte Beratung und aktuelle Informationen, um Unternehmen und Organisationen effektiv dabei zu unterstützen, ihre Rolle in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken. In enger Verbindung zur Working Group Defence der SME Connect fördert er insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich Verteidigung weiter ausbauen möchten. Als zentraler Anlaufpunkt schafft der Hub so eine entscheidende Brücke zwischen KMU und europäischer Verteidigungsstrategie.

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  • Die Working Group Defence der SME Connect – Stärkung der KMU in der europäischen Verteidigung

 

So könnte die EU ihre Verteidigungsressourcen außerhalb des Budgets stärken

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So könnte die EU ihre Verteidigungsressourcen außerhalb des Budgets stärken – Bild: Xpert.Digital

Alternative Finanzierungsideen jenseits des ReArm Europe Plans

Welche alternativen Finanzierungsmodelle werden diskutiert?

Neben den im ReArm Europe Plan enthaltenen Säulen gibt es eine Reihe weiterer Ideen, die in den politischen und Expertenkreisen diskutiert werden. Eine der prominentesten ist die Schaffung einer spezialisierten “Aufrüstungsbank” oder, in einer erweiterten Form, einer “Bank für Verteidigung, Sicherheit und Resilienz” (Defence, Security, and Resilience Bank, DSRB). Eine weitere Idee ist die direkte Erhöhung des EU-Haushalts für Verteidigung im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen. Schließlich wurde auch die Nutzung von nicht in Anspruch genommenen Darlehen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds (RRF) diskutiert, obwohl diese Option als weniger realistisch gilt.

Was ist die Idee hinter einer “Aufrüstungsbank”?

Die Idee einer “Aufrüstungsbank”, inspiriert vom Modell der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), zielt darauf ab, ein agiles und spezialisiertes Finanzierungsinstrument außerhalb der restriktiven Rahmenbedingungen der EU-Verträge und des EU-Haushalts zu schaffen. Eine solche Bank würde nicht von der EU als Ganzes, sondern direkt von den teilnehmenden Staaten mit Kapital ausgestattet und durch deren nationale Garantien abgesichert. Dies hätte mehrere Vorteile:

  1. Es würde die rechtlichen Beschränkungen des EU-Vertrags bezüglich Militärausgaben umgehen.
  2. Es würde eine freiwillige Beteiligung ermöglichen. Neutrale EU-Mitgliedstaaten wie Österreich, Irland oder Malta müssten nicht teilnehmen und hätten kein Vetorecht.
  3. Es könnte auch für Nicht-EU-Staaten wie das Vereinigte Königreich oder Norwegen offen sein, was die finanzielle Basis verbreitern und die sicherheitspolitische Kooperation in Europa stärken würde.

Diese Bank könnte zinsgünstige Darlehen für den Kauf von Rüstungsgütern und für Investitionen in die Verteidigungsindustrie vergeben und so erhebliche Mittel hebeln.

Wie unterscheidet sich die vorgeschlagene “Verteidigungs-, Sicherheits- und Resilienz-Bank” (DSRB) davon?

Die DSRB ist ein noch breiter gefasstes Konzept. Sie würde nicht nur die klassische Verteidigung finanzieren, sondern auch Investitionen in die breitere gesellschaftliche Resilienz, zum Beispiel in kritische Infrastruktur, Energiesicherheit oder den Schutz vor Cyberangriffen und Desinformation. Sie würde zinsgünstige Darlehen und Leasing-Modelle für Ausrüstung anbieten und Risiken für Geschäftsbanken absichern, um die Finanzierung insbesondere für kleinere Verteidigungsunternehmen zu erleichtern. Ein zentraler, aber umstrittener Vorschlag für die Erstfinanzierung ist die Nutzung eingefrorener russischer Zentralbankgelder oder zumindest der daraus generierten Erträge. Indem sie unabhängig von der EIB wäre, könnte sie flexibler agieren und wäre nicht deren restriktiven Kreditvergaberichtlinien unterworfen.

Wäre eine Erhöhung des EU-Haushalts eine Option?

Ja, und viele im Europäischen Parlament befürworten diesen Weg, da er die größte demokratische Kontrolle gewährleisten würde. Der EU-Verteidigungs- und Weltraumkommissar Andrius Kubilius hat vorgeschlagen, im nächsten MFR ab 2028 rund 100 Milliarden Euro für Verteidigung bereitzustellen. Dies wäre eine massive Aufstockung im Vergleich zu den derzeitigen Mitteln. Der EU-Haushalt darf zwar keine Militäroperationen finanzieren, kann aber, wie bereits praktiziert, die industrielle Basis, Forschung und Entwicklung, militärische Mobilität und Dual-Use-Projekte unterstützen. Derzeit ist der Spielraum im EU-Haushalt jedoch gleich null. Rubrik 5 “Sicherheit und Verteidigung” macht nur etwa 1,3 % der Gesamtausgaben aus. Eine signifikante Erhöhung würde harte Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten über die Gesamtgröße des Haushalts und die Prioritätenverteilung erfordern, wäre aber der transparenteste und parlamentarisch am stärksten kontrollierte Weg.

Die Position des Europäischen Parlaments

Wie ist die grundsätzliche Haltung des Europäischen Parlaments zu den Plänen?

In einer Plenardebatte im März 2025 zeigte sich eine breite Mehrheit der politischen Fraktionen im Europäischen Parlament grundsätzlich unterstützend gegenüber der Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten. Viele Abgeordnete begrüßten die Initiativen der Kommission als einen wichtigen und notwendigen Schritt in die richtige Richtung. Sie bekräftigten das langjährige Engagement des Parlaments für eine stärkere EU-Sicherheit und betonten die Notwendigkeit, die Ukraine weiterhin zu unterstützen und die strategische Autonomie der EU zu erhöhen, insbesondere angesichts der russischen Aggression und der Unsicherheiten in der transatlantischen Partnerschaft.

Welche spezifischen Bedenken und Kritikpunkte wurden vom Parlament geäußert?

Trotz der grundsätzlichen Zustimmung äußerten die Abgeordneten eine Reihe wichtiger Bedenken. Ein zentraler Kritikpunkt war die von der Kommission vorgeschlagene Rechtsgrundlage für das SAFE-Instrument, Artikel 122 AEUV. Viele Abgeordnete warnten davor, das Parlament durch die Anwendung von Notfallklauseln systematisch vom Gesetzgebungsprozess auszuschließen. Sie sehen darin eine Gefahr für die demokratische Kontrolle und Rechenschaftspflicht. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Sorge um die Finanzierungsprioritäten. Mehrere Abgeordnete warnten eindringlich davor, dass die erhöhten Verteidigungsausgaben nicht zu Lasten der Mittel für den grünen und sozialen Wandel oder für Forschung und Entwicklung gehen dürfen. Sie forderten eine ausgewogene Strategie, die Sicherheit nicht gegen andere Zukunftsaufgaben ausspielt.

Welche Forderungen stellt das Parlament für die Zukunft?

Über die Kritik hinaus formulierten die Abgeordneten klare Forderungen. Viele unterstrichen, dass der ReArm Europe Plan zwar ein Anfang sei, aber in eine langfristige, umfassende europäische Verteidigungsstrategie eingebettet werden müsse. Es reiche nicht aus, nur mehr Geld auszugeben; es müsse auch “besser und gemeinsam” ausgegeben werden. Dazu gehöre die Stärkung der gemeinsamen Beschaffung, der Abbau von Fragmentierung und die Sicherstellung des Zugangs zu kritischen Rohstoffen. Die Abgeordneten forderten die Kommission auf, ihre diplomatischen Bemühungen zu intensivieren und eine EU-Strategie zu entwickeln, die auf Investitionen und Solidarität basiert, um die europäische Souveränität nachhaltig zu sichern. Die Debatte zeigte, dass das Parlament bereit ist, eine stärkere Verteidigungspolitik zu unterstützen, aber nur unter der Bedingung, dass dies auf eine transparente, demokratisch legitimierte und strategisch durchdachte Weise geschieht.

 

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