
Das Hermes-Drama: Ein deutscher Logistik-Gigant kämpft ums Überleben – Fatale Fehler und verpasste Chancen – Kreativbild: Xpert.Digital
Aufstieg und Fall des Logistikunternehmens Hermes
Vom Paket-Pionier zum Sanierungsfall: Die dramatische Geschichte des Hermes-Niedergangs
Jahrelang war der Name Hermes ein Synonym für Paketzustellung in Deutschland, ein vertrauter Anblick vor unzähligen Haustüren und oft gelobt als Testsieger bei Stiftung Warentest. Doch hinter der Fassade des einstigen Branchenpioniers verbirgt sich heute ein Unternehmen in einer tiefen, existenzbedrohenden Krise. Begonnen 1972 als innovative Alternative zur langsamen Bundespost und Vorreiter bei Dienstleistungen wie der Retourenabholung, kämpft der Logistik-Riese heute mit den Folgen fataler strategischer Entscheidungen, einer vernachlässigten Digitalisierung und einem zermürbenden Preiskampf. Die Situation ist so dramatisch, dass die Muttergesellschaft Otto Group den Wert von Hermes Germany im Konzernabschluss auf null Euro abgeschrieben hat – ein beispielloser Absturz. Diese Analyse zeichnet den Weg vom aufstrebenden Herausforderer zum Krisenfall nach, deckt die entscheidenden Fehler auf und beleuchtet, warum der Fall Hermes weit mehr ist als nur die Geschichte eines Unternehmens, sondern ein Symptom für die tiefgreifenden Herausforderungen, vor denen die gesamte deutsche Wirtschaft steht.
Wie begann die Erfolgsgeschichte von Hermes?
Die Geschichte von Hermes beginnt im Jahr 1972 mit einer strategischen Vision des Otto-Versands. Bereits in den späten 1960er Jahren hatte eine Untersuchung des Versandhandelsverbands gravierende Mängel bei der Deutschen Bundespost aufgedeckt: Die staatliche Post galt als zu langsam, zu unsicher und zu kostenintensiv. Diese Erkenntnisse blieben auch dem Unternehmer Werner Otto nicht verborgen.
Nach einer etwa fünfjährigen Planungsphase, in der der Otto-Versand ein postunabhängiges Paketverteilungssystem über mehrere Stufen entwickelt und getestet hatte, wurde am 1. Juni 1972 die Hermes Paket-Schnell-Dienst GmbH & Co. KG gegründet. Partner waren der Otto-Versand mit 70 Prozent und Werner Velbinger mit 30 Prozent, der seinen Unternehmensbereich “Paketdienst” der Werner Velbinger Organisation einbrachte, die bereits zu den führenden privaten Zustellern gehörte.
Die Alternative zum staatlichen Monopolisten konnte sich schnell etablieren. Bereits ein halbes Jahr nach der Gründung verfügte Hermes über 20 Niederlassungen in Deutschland. Das Geschäftsmodell war darauf ausgelegt, den Kunden des Otto-Versands einen besseren Lieferservice zu bieten, als dies über die damalige Deutsche Bundespost möglich war.
Welche Innovationen prägten die frühen Jahre?
Hermes zeichnete sich von Beginn an durch innovative Ansätze aus, die später zum Standard in der Branche werden sollten. 1973 wurden die Hermes-Fahrzeuge umgerüstet, um eine besonders schonende Auslieferung von Oberbekleidung als “Hängende Konfektion” zu ermöglichen. Diese Flexibilität bei der Zustellung machte sich schnell bezahlt: Im Weihnachtsgeschäft 1973 konnte Hermes bereits seine einmillionste Sendung zustellen.
Ein weiterer Meilenstein war die frühe Einführung der Retourenabholung als fester Bestandteil des Hermes-Service. Diese heute selbstverständliche Dienstleistung war damals revolutionär und unterstützte das Wachstum des Versandhandels erheblich. 1975 war Hermes nur drei Jahre nach seiner Gründung flächendeckend in Deutschland präsent und betreute mit rund 560 Mitarbeitern das gesamte Sendungsaufkommen des Otto-Versands.
Die ersten großen Expansionsschritte erfolgten bereits in den 1970er Jahren. 1976 wurde Schwab als erste Tochtergesellschaft des Otto-Versands Auftraggeber des Hermes-Versand-Service, wodurch das Sendungsvolumen um fast fünf Millionen auf 16,2 Millionen Sendungen pro Jahr anstieg.
Wie verlief die Expansion in den 1980er und 1990er Jahren?
Die 1980er Jahre markierten eine Phase der kontinuierlichen Professionalisierung. Otto führte 1986 als erstes Versandhaus in Deutschland einen 48-Stunden-Express-Service ein, der von Hermes umgesetzt wurde. Ein historischer Moment war die deutsche Wiedervereinigung: Nach der Währungsumstellung am 1. Juli 1990 war der Hermes-Paket-Schnell-Dienst der erste Paketdienst, der in der DDR flächendeckend Kunden beliefern konnte.
Die Expansion erfolgte überwiegend durch die neu gegründete Hermes Versand Service Berlin GmbH, eine provisorische Niederlassung in Coburg und fünf neue Kooperationsniederlassungen. Diese schnelle Reaktion auf die politischen Veränderungen verschaffte Hermes einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im gesamtdeutschen Markt.
Im 20. Jahr seines Bestehens konnte Hermes 1992 die 500-millionste Sendung ausliefern. Die Zahl der Depots erhöhte sich auf 64, und wichtige technische Innovationen wie die Einführung des 1-Tages-Zyklus und die Hermes eigene Zellcodierung erleichterten 1995 den Aufbau des Botensystems.
Wann begann die Digitalisierung und Modernisierung?
Die Jahrtausendwende brachte weitere wichtige Entwicklungen. Am 1. Februar 1999 wurde der erste Hermes PaketShop eröffnet, ein Konzept, das später zu einem der größten Stützpfeiler des Unternehmens werden sollte. Im Jahr 2002 feierte Hermes sein 30-jähriges Bestehen mit rund 4.000 Mitarbeitern, 10.000 Zustellpartnern und über 5.000 PaketShops.
2003 wurden die verschiedenen Hermes-Gesellschaften unter der Dachmarke “Hermes Logistik Gruppe” zusammengefasst. Im November desselben Jahres wurde das Angebot um den Privatversand von Paketen in den Shops erweitert. Die internationale Expansion begann 2006 mit dem Versand von privaten Paketen in EU-Länder und setzte sich 2007 mit der Gründung der Hermes Logistik GmbH Österreich fort.
2009 wurde aus der Hermes Logistik Gruppe die Hermes Europe. Das Unternehmen erreichte in diesem Jahr einen Umsatz von 840 Millionen Euro und bewegte 266 Millionen Sendungen. Die kontinuierliche Expansion führte dazu, dass Hermes zu diesem Zeitpunkt bereits über 14.000 Annahmestellen im deutschen Einzelhandel verfügte.
Welche Rolle spielte die technologische Entwicklung?
Hermes erkannte früh die Bedeutung technologischer Innovationen. 2010 gehörte das Unternehmen mit zehn Elektrofahrzeugen im firmeneigenen Fuhrpark zu den weltweit ersten Anwendern der KEP-Branche, die elektrisch betriebene Fahrzeuge einsetzten. Mit der Einführung der Wort-Bild-Marke WE DO! machte das Unternehmen sein umfangreiches ökologisches Engagement sichtbar, das die CO2-Emissionen pro Sendung bereits um fast 40 Prozent verringert hatte.
Im Rahmen der Expansion innerhalb Deutschlands begann die HLGD mit dem Bau einer neuen Hauptumschlagbasis in Hannover-Langenhagen, in die rund 35 Millionen Euro investiert wurden. Gleichzeitig wurde der neue Bürokomplex Hermes II in Hamburg mit einer Investition von 18 Millionen Euro fertiggestellt.
2016 wurden die beiden Gesellschaften Hermes Logistik Gruppe Deutschland GmbH und Hermes Transport Logistics GmbH zur heutigen Hermes Germany GmbH zusammengefasst. Im Rahmen eines Zukunfts- und Innovationsprogramms wurde zwischen 2016 und 2020 die Standortstruktur in ganz Deutschland umgebaut.
Wann begannen die ersten Probleme?
Trotz des scheinbaren Erfolgs zeigten sich bereits in den 2010er Jahren erste strukturelle Probleme. Die Arbeitsbedingungen in der Paketzustellung gerieten zunehmend in die Kritik. 2015 sorgte eine Reportage von Günter Wallraff über rüde Geschäftspraktiken bei GLS für Wirbel, und auch Hermes geriet wegen ähnlicher Probleme in den Fokus.
2017 berichteten Medien über das “System Hermes” und dessen Abhängigkeit von Subunternehmen. In Neuenkirchen bei Osnabrück trafen Journalisten auf junge Rumänen, die in manchen Monaten weniger als vier Euro die Stunde verdienten, obwohl sie als Paketzusteller für Hermes arbeiteten. Obwohl Hermes seit 2012 als erstes und bisher einziges großes Logistikunternehmen in Deutschland ein umfassendes Audit- und Zertifizierungssystem betreibt, zeigten solche Fälle die Grenzen der Kontrolle über Subunternehmer auf.
Die strukturellen Probleme wurden durch die Geschäftsstruktur verstärkt. Ein ehemaliger Hermes-Subunternehmer gab zu: “Das war finanziell einfach nicht drin, ich hätte nicht mehr zahlen können, auch wenn ich gewollt hätte. Ich bin ja so schon am Limit gewesen, dass ich selber gerade mal so leben konnte.” Sein Vorwurf: Hermes verlangte zwar von den Subunternehmern den Mindestlohn, doch der von Hermes gezahlte Betrag pro Paket reichte dafür nicht aus.
Wie wirkte sich die Corona-Pandemie aus?
Die Corona-Pandemie brachte zunächst einen enormen Boom für die gesamte Paketbranche. 2021 erreichte die Branche eine Rekordmenge von 4,5 Milliarden Sendungen. Die hohe Auslastung führte zu steigenden Stundenlöhnen über dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn, und die Zustelldienste machten trotzdem auskömmliche Gewinne.
Hermes profitierte von diesem Boom und erreichte zeitweise historische Spitzenwerte. Im Geschäftsjahr 2019/20 transportierten die Hermes-Unternehmen in Deutschland und Großbritannien über 760 Millionen Sendungen. Aufgrund der Pandemie verzeichneten beide Gesellschaften ein hohes Mengenwachstum, was zu einer Ausweitung der Personalkapazitäten führte.
Diese scheinbar positive Entwicklung verdeckte jedoch strukturelle Schwächen. Im Geschäftsjahr 2020/21 übernahm Advent International 25 Prozent der Anteile an der Hermes Germany GmbH sowie 75 Prozent der Anteile an der Hermes Parcelnet Limited in Großbritannien. Die Otto Group sah sich gezwungen, einen externen Partner zu suchen, um weitere Wachstumspotenziale in diesem wettbewerbsintensiven Geschäftsfeld zu erschließen.
Wer profitiert vom Niedergang? Chancen für DHL, DPD und Co.
Welche strategischen Fehler führten zum Niedergang?
Hermes machte mehrere entscheidende strategische Fehler, die zum aktuellen Niedergang beitrugen. Während Konkurrenten wie DPD, GLS oder UPS clever auf Geschäftskunden setzten, konzentrierte sich Hermes hauptsächlich auf Privatkunden. Diese Fokussierung erwies sich als fatal, da Zustellungen an Haushalte oft mehrere Anläufe erfordern, während Geschäftskunden zuverlässig erreichbar sind.
Ein weiterer gravierender Fehler war die mangelnde Digitalisierung. Hermes gilt als der am geringsten digitalisierte Zustelldienst der Branche. Während 2018 eine Hermes-Studie zur Digitalisierung von Lieferketten in der Logistikbranche veröffentlicht wurde, die aufzeigte, dass nur acht Prozent der Unternehmen eine digitalisierte Supply Chain hatten, versäumte es das Unternehmen offenbar, diese Erkenntnisse konsequent auf das eigene Geschäft anzuwenden.
Die Abhängigkeit von Subunternehmern erwies sich als weiteres strukturelles Problem. Hermes kooperiert in Deutschland mit rund 330 Subunternehmern, die täglich 90 bis 95 Prozent der Paketzustellung übernehmen. Diese Struktur führte nicht nur zu Problemen bei der Qualitätskontrolle und den Arbeitsbedingungen, sondern auch zu rechtlichen Schwierigkeiten, wie das Urteil eines britischen Arbeitsgerichts 2025 zeigte, das 15 Kurierfahrer nicht als Selbstständige, sondern als Angestellte einstufte.
Wie dramatisch ist die aktuelle Krise?
Die aktuelle Krise von Hermes ist beispiellos in der Unternehmensgeschichte. Im Geschäftsjahr 2024/25 schloss Hermes Germany mit einem Jahresfehlbetrag von 231 Millionen Euro bei einem Umsatz von 1,6 Milliarden Euro ab. Im Vorjahr lag der Fehlbetrag noch bei 63 Millionen Euro. Die Otto Group hat den Wert des Unternehmens im Konzernabschluss auf null gesetzt.
Diese dramatische Verschlechterung ist hauptsächlich auf sinkende Paketmengen zurückzuführen. Die Konsumzurückhaltung der Online-Kundschaft lässt die Bestellmengen und damit auch die Paketmengen sinken. Als Faustregel gilt in der Zustellbranche, dass zehn Prozent weniger Pakete einen Rückgang im Vorsteuergewinn um 50 Prozent bei gleicher Netzinfrastruktur bedeuten. Diese Regel trifft Hermes mit voller Wucht.
Der deutsche Paketmarkt schrumpfte 2023 erstmals seit neun Jahren, und Hermes war der größte Verlierer in diesem Rückgang. Gleichzeitig lasten steigende Energiekosten und ein gnadenloser Preiskampf auf der Bilanz. Unter den fünf großen Wettbewerbern – Deutsche Post/DHL, DPD, GLS, UPS und Hermes Germany – lassen sich kaum Preiserhöhungen durchsetzen.
Welche Maßnahmen werden ergriffen?
Hermes reagiert auf die Krise mit drastischen Sparmaßnahmen. Der Paketdienst streicht mehr als 700 Stellen und verlagert weitere Tätigkeiten an Subunternehmen. Ende 2024 beschäftigte der Paketzusteller rund 5.500 eigene Angestellte, während etwa 10.000 Zusteller über Fremdfirmen tätig waren. Zukünftig soll die Zustellung komplett von externen Fahrern übernommen werden.
Die Auswirkungen auf die verbleibenden Mitarbeiter sind dramatisch. Fahrer müssen deutlich mehr Pakete in kürzerer Zeit ausliefern. In Berlin sind 200 Sendungen am Tag keine Ausnahme mehr. Die Gewerkschaft Verdi nennt den vereinbarten Sozialplan zum Stellenabbau zwar einen Kompromiss, bezweifelt jedoch die Motivation der Beschäftigten unter diesen Bedingungen.
Im Geschäftsbericht der Otto Group steht zu lesen: “Im Segment Services bestehen insbesondere in der Logistik noch signifikante Risiken.” Als Reaktion darauf wurde im April ein Restrukturierungsprogramm bei Hermes Germany beschlossen. Doch dann folgt eine Warnung: “Aufgrund der anhaltend schwierigen Marktbedingungen besteht zudem ein Risiko, dass die Otto Group neue Turnaround-Prozesse oder Schließungen anstoßen muss.”
Gibt es Hoffnung auf eine Rettung?
Die Verkaufsgerüchte um Hermes mehren sich seit Jahren. Gespräche mit DPD verliefen ergebnislos, auch FedEx zeigte Interesse, ist jedoch anderweitig gebunden. Ein realistischer Kandidat scheint die polnische InPost-Gruppe zu sein, die bereits Mondial Relay von der Otto Group kaufte.
Branchenkenner vermuten zudem, dass vor allem chinesische Onlinehändler wie Temu oder Shein an einem Einstieg interessiert sein könnten. “Onlinehändler aus China dürften stark an einem deutschen Paketdienst interessiert sein”, betonte Branchenexperte Rico Back. Ein solcher Verkauf würde jedoch das Ende des traditionellen deutschen Paketdienstes Hermes bedeuten.
Sollte kein Verkauf zustande kommen, drohen weitere drastische Einschnitte. Ein Rückzug aus ländlichen Regionen ist wahrscheinlich, während der Fokus auf profitable Großstädte gelegt würde. Bereits jetzt kooperiert Hermes eng mit DHL und speist Sendungen in deren Netz ein – ein Eingeständnis der eigenen Schwäche.
Wie steht Hermes im Wettbewerbsvergleich da?
Trotz der aktuellen Krise hatte Hermes in der Vergangenheit durchaus Erfolge zu verzeichnen. Bei Tests der Stiftung Warentest war Hermes mehrmals Testsieger: 2004, 2010 und 2017 erhielt das Unternehmen jeweils Bestnoten. 2017 wurde Hermes von der Stiftung Warentest zum dritten Mal als Testsieger unter den Paketdiensten ausgezeichnet und erreichte mit einem weiteren Wettbewerber die Note “gut (2,4)”.
In aktuelleren Tests schneidet Hermes immer noch respektabel ab. Bei einem großen Vergleichstest 2025 war Hermes die Überraschung: schnell und zuverlässig bei der Haustürzustellung, wenn auch weniger beliebt bei den Kunden. Im Tempo-Test zwischen Sylt und dem Tegernsee war Hermes meist am schnellsten, dicht gefolgt von GLS.
Beim Marktanteil steht Hermes nach wie vor an zweiter Stelle hinter DHL. Gemessen am Paketvolumen hat DHL mit etwa 48-50 Prozent einen dominanten Marktanteil, gefolgt von Hermes mit etwa 15 Prozent. Interessant ist jedoch, dass Hermes beim Umsatz nur auf Platz 5 liegt, hinter UPS, DPD und FedEx. Dies deutet auf die Preisschwäche des Unternehmens hin.
Was bedeutet der Fall von Hermes für die Branche?
Der Niedergang von Hermes ist symptomatisch für die Herausforderungen der deutschen Wirtschaft und der Logistikbranche. Die Krise zeigt exemplarisch, wie sich strukturelle Probleme, strategische Fehler und externe Faktoren zu einer existenzbedrohenden Situation verdichten können.
Die Abhängigkeit von Subunternehmern, die jahrelang als kostengünstiges Geschäftsmodell funktionierte, erwies sich in Zeiten sinkender Margen als Schwäche. Die mangelnde Digitalisierung und der Fokus auf das preissensible Privatkundensegment verstärkten die Probleme. Gleichzeitig zeigen steigende Energiekosten, überbordende Bürokratie und ein intensiver Wettbewerbsdruck die Grenzen traditioneller Geschäftsmodelle auf.
Für die Konkurrenten bedeutet der Schwächezustand von Hermes eine Chance zur Marktanteilsgewinnung. DHL mit seiner monopolähnlichen Stellung profitiert bereits von der Umverteilung der Marktanteile. Kleinere Anbieter wie DPD und GLS können ihre Positionierung im Geschäftskundensegment weiter stärken.
Welche Lehren lassen sich ziehen?
Der Fall von Hermes illustriert mehrere wichtige Lehren für die moderne Logistikbranche. Erstens zeigt er die Bedeutung einer ausgewogenen Kundenbasis: Die einseitige Fokussierung auf Privatkunden erwies sich als strategischer Fehler, während Konkurrenten mit einer Mischung aus Privat- und Geschäftskunden erfolgreicher agierten.
Zweitens verdeutlicht die Hermes-Krise die Notwendigkeit kontinuierlicher technologischer Innovation. Die mangelnde Digitalisierung machte das Unternehmen anfällig für effizientere Konkurrenten. In einer Branche, die zunehmend von Automatisierung und datengetriebenen Prozessen geprägt ist, kann technologischer Rückstand schnell existenzbedrohend werden.
Drittens zeigt der Fall die Risiken einer zu starken Abhängigkeit von Subunternehmern. Während diese Struktur kurzfristig Kostenvorteile bieten kann, erschwert sie langfristig die Qualitätskontrolle und führt zu rechtlichen sowie reputativen Risiken.
Viertens wird deutlich, wie wichtig eine rechtzeitige strategische Neuausrichtung ist. Hermes versäumte es, sich frühzeitig auf veränderte Marktbedingungen einzustellen, und reagierte erst, als die Krise bereits weit fortgeschritten war.
Wie könnte die Zukunft aussehen?
Die Zukunft von Hermes bleibt ungewiss. Ein Verkauf an internationale Investoren oder die Integration in ein bestehendes Logistiknetzwerk sind die wahrscheinlichsten Szenarien. Die Tage des eigenständigen deutschen Paketdienstes Hermes scheinen gezählt zu sein.
Sollte das Unternehmen als eigenständige Marke überleben, würde es eine radikale Neuausrichtung benötigen. Diese könnte eine stärkere Fokussierung auf profitable Märkte, massive Investitionen in die Digitalisierung und eine grundlegende Überarbeitung der Subunternehmer-Struktur umfassen.
Für die deutsche Logistiklandschaft würde ein Verschwinden von Hermes eine weitere Konzentration des Marktes bedeuten. Die Dominanz von DHL würde sich weiter verstärken, während internationale Anbieter ihre Position ausbauen könnten. Dies hätte Auswirkungen auf die Preisgestaltung und die Vielfalt der Dienstleistungen für deutsche Verbraucher und Unternehmen.
Der Fall von Hermes steht exemplarisch für die Transformation der deutschen Wirtschaft. Traditionelle Geschäftsmodelle geraten unter Druck, während neue, oft internationale Player den Markt erobern. Die Geschichte von Hermes – vom innovativen Challenger zum krisengeschüttelten Sanierungsfall – spiegelt die Herausforderungen wider, denen viele deutsche Unternehmen in einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftswelt gegenüberstehen.
Die nächsten Monate werden zeigen, ob Hermes eine Zukunft als eigenständiges Unternehmen hat oder ob die 52-jährige Geschichte des deutschen Paketdienstes zu Ende geht. Eines ist jedoch sicher: Die Ära von Hermes als bedeutender Player im deutschen Paketmarkt neigt sich dem Ende zu, und damit verschwindet ein weiteres Stück deutscher Unternehmensgeschichte.
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