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EDIRPA: Raketen, Panzer, Munition: Der Trick, warum 20 EU-LÀnder jetzt plötzlich gemeinsam Waffen einkaufen

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Veröffentlicht am: 17. Juli 2025 / Update vom: 17. Juli 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

EDIRPA: Raketen, Panzer, Munition: Der Trick, warum 20 EU-LÀnder jetzt plötzlich gemeinsam Waffen einkaufen

EDIRPA: Raketen, Panzer, Munition: Der Trick, warum 20 EU-LĂ€nder jetzt plötzlich gemeinsam Waffen einkaufen – Bild: Xpert.Digital

Die neue „Buy European“-Strategie, mit der die EU ihre eigene RĂŒstungsindustrie schĂŒtzt

EDIRPA: Analyse eines europÀischen Instruments zur StÀrkung der Verteidigungsindustrie

Die EuropĂ€ische Union nutzt mit dem EDIRPA-Programm einen cleveren finanziellen Anreiz, um eine langjĂ€hrige SchwĂ€che zu beheben: die fragmentierte Beschaffung von RĂŒstungsgĂŒtern. Anstatt selbst als KĂ€ufer aufzutreten, ermutigt dieses kurzfristige Programm die Mitgliedstaaten, sich in Gruppen zusammenzuschließen und gemeinsam VerteidigungsgĂŒter wie Raketenabwehrsysteme oder Munition zu erwerben. Das KalkĂŒl dahinter ist klar: Gemeinsame Großbestellungen sparen Geld, verbessern die militĂ€rische Zusammenarbeit durch kompatible Systeme und stĂ€rken die europĂ€ische Industrie. Dabei ist EDIRPA nicht der Marktplatz selbst, sondern vielmehr die Belohnung fĂŒr den gemeinsamen Einkauf – denn die EU erstattet den kooperierenden LĂ€ndern einen Teil der aufwĂ€ndigen Verwaltungskosten als Bonus.

EDIRPA ist ein kurzfristiges Anreizprogramm, das genau das fördert: Kooperation beim Kauf von Munition oder Raketenabwehr. Der Trick dabei: Die LĂ€nder, aktuell sind 20 an fĂŒnf Projekten beteiligt, kaufen und bezahlen die Waffen weiterhin selbst. Die EU belohnt ihre Zusammenarbeit jedoch, indem sie einen Teil der Verwaltungskosten erstattet. EDIRPA ist also kein gemeinsamer Waffenshop, sondern ein Bonusprogramm, das den Mehraufwand fĂŒr die Koordination belohnt und so Europas Verteidigung schlagkrĂ€ftiger machen soll.

Strategischer Kontext und historische Einordnung

Was ist der geopolitische Auslöser fĂŒr die Schaffung von EDIRPA und wie hat der Krieg in der Ukraine die europĂ€ische Verteidigungspolitik verĂ€ndert?

Die Schaffung des Gesetzes zur StĂ€rkung der europĂ€ischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung (EDIRPA) ist eine direkte und unmittelbare Folge der tiefgreifenden VerĂ€nderung der europĂ€ischen Sicherheitsarchitektur, die durch die groß angelegte Invasion der Ukraine durch Russland am 24. Februar 2022 ausgelöst wurde. Dieses Ereignis fungierte als geopolitischer Schock und „Wendepunkt“, der die EuropĂ€ische Union zwang, ihre jahrzehntelange Haltung in der Verteidigungspolitik grundlegend zu ĂŒberdenken. Der EuropĂ€ische Rat forderte umgehend konkrete Maßnahmen, um auf die neue Bedrohungslage zu reagieren, was die EuropĂ€ische Kommission veranlasste, eine Reihe von Notfallinstrumenten vorzuschlagen, darunter EDIRPA, um die europĂ€ische Verteidigungsindustrie gezielt zu stĂ€rken.

Die zentrale Erkenntnis aus den ersten Monaten des Krieges war die „RĂŒckkehr des industriellen Krieges“. Die Art und das Ausmaß des Konflikts, geprĂ€gt von hoher IntensitĂ€t, massivem Materialverschleiß und einem enormen Verbrauch an Munition, legten die Unvorbereitetheit der meisten europĂ€ischen StreitkrĂ€fte und ihrer industriellen Basis schonungslos offen. Die europĂ€ische Verteidigungsindustrie war ĂŒber Jahrzehnte auf eine „handwerkliche Fertigung“ in Friedenszeiten ausgerichtet, die auf die Herstellung hochkomplexer Systeme in kleinen StĂŒckzahlen spezialisiert war, nicht aber auf die fĂŒr einen Großkonflikt erforderliche industrielle Massenproduktion. Diese strukturelle SchwĂ€che fĂŒhrte zu einer akuten Krise, da die Mitgliedstaaten versuchten, die Ukraine zu unterstĂŒtzen und gleichzeitig ihre eigenen, schnell schwindenden LagerbestĂ€nde wieder aufzufĂŒllen.

Vor diesem Hintergrund wurde das Hauptziel von EDIRPA und verwandten Initiativen klar definiert: die „dringendsten und kritischsten VerteidigungsbedĂŒrfnisse“ der EU-Mitgliedstaaten zu adressieren. Der Fokus lag auf der Schließung von FĂ€higkeitslĂŒcken, die durch die massive UnterstĂŒtzung der Ukraine und die neue Bedrohungslage an der Ostflanke der EU besonders deutlich geworden waren.

Dieser Prozess markiert einen fundamentalen Wandel im strategischen Denken der EU. Die Politik verlagerte sich von einem primĂ€ren Fokus auf Krisenmanagement und ExpeditionseinsĂ€tze hin zu den Erfordernissen der territorialen Verteidigung und der FĂ€higkeit, einen hochintensiven Konflikt zu fĂŒhren. Strategische Dokumente wie die EuropĂ€ische Verteidigungsindustriestrategie (EDIS) formulieren diesen Paradigmenwechsel explizit und zielen darauf ab, die europĂ€ische Verteidigung strukturell neu aufzubauen und die UnterstĂŒtzung fĂŒr die Ukraine auf eine nachhaltige Basis zu stellen.

Obwohl der Krieg in der Ukraine der unmittelbare Auslöser fĂŒr EDIRPA war, muss das Instrument als Reaktion auf eine tief verwurzelte, chronische Krankheit des europĂ€ischen Verteidigungssektors verstanden werden. Die SchwĂ€chen – Fragmentierung, Unterfinanzierung und mangelnde Kooperation – waren seit Jahrzehnten bekannt und gut dokumentiert. Der Krieg hat diese Probleme nicht geschaffen, sondern sie auf brutale und unbestreitbare Weise offengelegt und damit den politischen Willen zum Handeln erzwungen. Die Konzeption von EDIRPA als kurzfristiges Notfallinstrument unterstreicht diesen Charakter: Es ist eine reaktive Maßnahme zur Behandlung der akuten Symptome einer langjĂ€hrigen strukturellen Krankheit.

Welche strukturellen SchwÀchen der europÀischen Verteidigungsindustrie und -kooperation bestanden bereits vor 2022, die EDIRPA zu beheben versucht?

Die Schaffung von EDIRPA war nicht nur eine Reaktion auf den Krieg in der Ukraine, sondern auch der Versuch, tiefgreifende und seit langem bestehende strukturelle Defizite im europĂ€ischen Verteidigungssektor anzugehen. Diese SchwĂ€chen haben die FĂ€higkeit der EU, als kohĂ€renter Sicherheitsakteur zu agieren, ĂŒber Jahrzehnte untergraben.

  1. Chronische Unterinvestitionen: Nach dem Ende des Kalten Krieges profitierten die europĂ€ischen Staaten von einer „Friedensdividende“, die zu drastischen KĂŒrzungen der Verteidigungshaushalte fĂŒhrte. Diese Phase der Unterinvestition war lang und tiefgreifend. Die EuropĂ€ische Kommission schĂ€tzt, dass die Mitgliedstaaten zwischen 2006 und 2020 zusĂ€tzlich 1,1 Billionen Euro fĂŒr Verteidigung ausgegeben hĂ€tten, wenn sie das NATO-Ziel von 2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) konsequent eingehalten hĂ€tten. Dieses Defizit fĂŒhrte zur Atrophie wichtiger militĂ€rischer FĂ€higkeiten, zu veralteter AusrĂŒstung und zu gefĂ€hrlich niedrigen LagerbestĂ€nden an Munition und Ersatzteilen.
  2. Durchdringende Fragmentierung: Der europĂ€ische Verteidigungsmarkt ist kein Binnenmarkt, sondern ein Mosaik aus 27 nationalen MĂ€rkten, die oft durch regulatorische und protektionistische Barrieren voneinander abgeschottet sind. Diese Fragmentierung fĂŒhrt zu massiver Ineffizienz: unnötige Doppelungen bei Forschung, Entwicklung und Produktion, eine Vielzahl konkurrierender Waffensysteme fĂŒr dieselben Aufgaben und eine daraus resultierende mangelnde InteroperabilitĂ€t zwischen den StreitkrĂ€ften der Mitgliedstaaten. Obwohl EU-Richtlinien zur Vergabe von VerteidigungsauftrĂ€gen existieren, werden diese hĂ€ufig durch die Berufung auf nationale Sicherheitsinteressen (Artikel 346 AEUV) umgangen, um die heimische Industrie zu schĂŒtzen.
  3. Die „Kosten des Nicht-Europa“: Die wirtschaftlichen Folgen dieser mangelnden Zusammenarbeit sind immens. Eine Studie des EuropĂ€ischen Parlaments aus dem Jahr 2013 bezifferte die jĂ€hrlichen Kosten durch Doppelarbeit und Ineffizienz auf rund 26 Milliarden Euro. JĂŒngere Analysen gehen von noch höheren potenziellen Einsparungen aus, die zwischen 24,5 und 75,5 Milliarden Euro pro Jahr liegen, wobei einige SchĂ€tzungen sogar von bis zu 120 Milliarden Euro ausgehen. Ein Bericht aus dem Jahr 2025 schĂ€tzt die „Kosten des Nicht-Europa“ im Verteidigungsbereich auf 17 bis 58 Milliarden Euro jĂ€hrlich. Dieses Geld wird faktisch durch mangelnde Koordination verschwendet.
  4. Scheitern der gemeinsamen Beschaffung: Trotz klarer politischer Ziele, die im Rahmen der EuropĂ€ischen Verteidigungsagentur (EDA) und der StĂ€ndigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) festgelegt wurden, ist die gemeinsame Beschaffung von RĂŒstungsgĂŒtern die Ausnahme geblieben. Das Ziel, 35 % der Beschaffungsvorhaben gemeinschaftlich durchzufĂŒhren, wurde bei weitem verfehlt; der Anteil sank zuletzt sogar auf 18 %. Dies ist ein klares Indiz fĂŒr einen fortbestehenden „verteidigungsindustriellen Nationalismus“, bei dem nationale Interessen und die Sicherung heimischer ArbeitsplĂ€tze Vorrang vor kollektiver Effizienz und militĂ€rischer EffektivitĂ€t haben.

Die Geschichte der europĂ€ischen Verteidigungsintegration ist geprĂ€gt von diesem Spannungsfeld. Initiativen wie die gescheiterte EuropĂ€ische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) 1954, aber auch die schrittweise Etablierung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), der EDA (2004) und PESCO (2017) schufen zwar wichtige Grundlagen, konnten das Kernproblem der Fragmentierung jedoch nie ĂŒberwinden.

EDIRPA verkörpert die fundamentale Spannung zwischen der wirtschaftlichen Logik der Integration und dem politischen Primat der nationalen SouverĂ€nitĂ€t in der Verteidigung. Die ökonomischen Argumente fĂŒr eine engere Zusammenarbeit sind ĂŒberwĂ€ltigend und durch zahlreiche Studien belegt. Sie verspricht Effizienz, InteroperabilitĂ€t und ein besseres Preis-Leistungs-VerhĂ€ltnis. Die politische RealitĂ€t ist jedoch, dass Verteidigung ein Kernattribut nationaler SouverĂ€nitĂ€t bleibt. Die Mitgliedstaaten zögern, die Kontrolle ĂŒber ihre StreitkrĂ€fte und ihre Verteidigungsindustrie abzugeben. EDIRPA wurde als Kompromiss konzipiert, der diese Spannung navigiert. Das Instrument schreibt keine gemeinsame Beschaffung vor und schafft keine supranationale Beschaffungsagentur. Stattdessen nutzt es den EU-Haushalt, um einen finanziellen Anreiz zu bieten – die Erstattung von Verwaltungskosten –, um die freiwillige Zusammenarbeit zwischen souverĂ€nen Staaten zu fördern. Dieser Ansatz, der darauf abzielt, nationales Verhalten durch finanzielle Anreize mit einem gemeinsamen europĂ€ischen Ziel in Einklang zu bringen, ohne die nationalen Kompetenzen anzutasten, ist eine klassische Methode der EU. Er versucht, die wirtschaftlich rationale Wahl (Kooperation) auch politisch schmackhaft zu machen.

EDIRPA – Das Instrument im Detail

Was sind die Kernziele, das Budget und die Laufzeit von EDIRPA?

EDIRPA wurde als gezieltes, kurzfristiges Instrument konzipiert, um auf die durch den Krieg in der Ukraine verschÀrften Herausforderungen zu reagieren. Seine Architektur spiegelt die Dringlichkeit der Lage und die Notwendigkeit wider, schnell greifbare Ergebnisse zu erzielen.

Kernziele

Die Ziele von EDIRPA sind vierfach und adressieren sowohl die Nachfrage- als auch die Angebotsseite des europÀischen Verteidigungsmarktes:

  • Förderung der Zusammenarbeit: Das primĂ€re Ziel ist es, die Mitgliedstaaten zur Kooperation bei der gemeinsamen Beschaffung von VerteidigungsgĂŒtern zu bewegen, um die dringendsten und kritischsten Bedarfe zu decken.
  • StĂ€rkung der industriellen Basis (EDTIB): Durch die BĂŒndelung der Nachfrage soll die europĂ€ische verteidigungstechnologische und industrielle Basis (EDTIB) gestĂ€rkt werden. GebĂŒndelte GroßauftrĂ€ge bieten der Industrie die notwendige Planungssicherheit, um in den Ausbau ihrer ProduktionskapazitĂ€ten zu investieren.
  • Erhöhung der InteroperabilitĂ€t: Die gemeinsame Beschaffung identischer Systeme durch mehrere StreitkrĂ€fte fĂŒhrt automatisch zu einer höheren militĂ€rischen InteroperabilitĂ€t, was die FĂ€higkeit zur DurchfĂŒhrung gemeinsamer Operationen verbessert.
  • Effizienzsteigerung: Durch die Nutzung von Skaleneffekten bei Großbestellungen soll ein besseres Preis-Leistungs-VerhĂ€ltnis fĂŒr die nationalen Verteidigungshaushalte erzielt werden.
Budget und seine Reduzierung

Das endgĂŒltige Budget von EDIRPA belĂ€uft sich auf 300 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt. Dieser Betrag wird durch einen Beitrag Norwegens von rund 10 Millionen Euro ergĂ€nzt, das als assoziiertes Land am Programm teilnimmt.

UrsprĂŒnglich war fĂŒr das Instrument ein deutlich höheres Budget von 500 Millionen Euro vorgesehen. Die KĂŒrzung auf 300 Millionen Euro erfolgte, weil Mittel zugunsten des Gesetzes zur UnterstĂŒtzung der Munitionsproduktion (ASAP) umgewidmet wurden. Diese Umverteilung ist bezeichnend: Sie zeigt eine politische PrioritĂ€tensetzung in Echtzeit, bei der die unmittelbare Krise auf der Angebotsseite – der akute Mangel an ProduktionskapazitĂ€ten fĂŒr Munition – als noch dringlicher eingestuft wurde als das strukturelle Problem der Koordination auf der Nachfrageseite. WĂ€hrend EDIRPA die BĂŒndelung der Nachfrage adressiert, zielt ASAP direkt auf die Steigerung der Produktion ab. Angesichts der dramatischen Lage an der ukrainischen Front, wo der Mangel an Artilleriegranaten zu einem entscheidenden Faktor wurde, entschied sich die EU, den unmittelbarsten Engpass in den Produktionslinien zuerst zu beheben.

Laufzeit

EDIRPA ist explizit als kurzfristiges und temporĂ€res Instrument konzipiert. Es trat am 27. Oktober 2023 in Kraft und seine Laufzeit ist bis zum 31. Dezember 2025 begrenzt. Diese kurze Dauer unterstreicht seinen Charakter als Notfallmaßnahme, die als BrĂŒcke zu einer dauerhafteren Lösung dienen soll.

Wie funktioniert der Finanzierungsmechanismus von EDIRPA genau und was sind erstattungsfĂ€hige “Verwaltungskosten”?

Der Finanzierungsmechanismus von EDIRPA ist der Kern seiner Funktionsweise und wurde bewusst so gestaltet, dass er politische HĂŒrden umgeht und gleichzeitig maximale Anreize fĂŒr Kooperation schafft.

Mechanismus der Kostenerstattung

Entscheidend ist, dass EDIRPA nicht die VerteidigungsgĂŒter selbst finanziert. Die Kosten fĂŒr Panzer, Raketen oder Munition werden weiterhin vollstĂ€ndig von den nationalen Haushalten der beschaffenden Mitgliedstaaten getragen. Stattdessen erstattet die EU den beteiligten Staaten einen Teil der Kosten, die durch die KomplexitĂ€t einer gemeinsamen Beschaffung entstehen. Das Instrument kompensiert die „zusĂ€tzlichen Verwaltungskosten“, die anfallen, wenn drei oder mehr LĂ€nder einen komplexen multinationalen Vertrag aushandeln, anstatt einfach national zu beschaffen.

ErstattungssÀtze

Die Höhe der Erstattung ist gestaffelt, um bestimmte politische Ziele zu fördern:

  • Der Standard-Erstattungssatz betrĂ€gt bis zu 15 % des geschĂ€tzten Werts des gemeinsamen Beschaffungsvertrags.
  • Ein Bonus-Anreiz erhöht diesen Satz auf bis zu 20 %, wenn die Beschaffung nachweislich kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oder Midcap-Unternehmen zugutekommt. Dies soll sicherstellen, dass nicht nur die großen RĂŒstungskonzerne von den AuftrĂ€gen profitieren.
Definition von „Verwaltungskosten“

Obwohl die EDIRPA-Verordnung keine abschließende Liste enthĂ€lt, orientiert sich die Definition an der allgemeinen EU-Praxis. Verwaltungskosten umfassen Ausgaben fĂŒr „allgemeines Management, Aufsicht, Koordination, Evaluierung und Berichterstattung“. Im Kontext einer multinationalen RĂŒstungsbeschaffung können dies konkret sein:

  • Personalkosten fĂŒr Projektmanager und Koordinatoren, die die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien steuern.
  • Kosten fĂŒr Rechtsberatung zur Gestaltung komplexer internationaler VertrĂ€ge.
  • Reisekosten fĂŒr Koordinierungstreffen zwischen den beteiligten Nationen.
  • Kosten fĂŒr die Entwicklung gemeinsamer technischer Spezifikationen und Anforderungen.
  • Kosten fĂŒr die gemeinsame Evaluierung von Angeboten und die VertragsĂŒberwachung.

Diese Kosten fallen bei einer einfachen nationalen Beschaffung nicht oder nur in weitaus geringerem Maße an. EDIRPA subventioniert also gezielt den Mehraufwand, der durch Kooperation entsteht.

Der Hebeleffekt

Die wahre StĂ€rke des Instruments liegt in seinem enormen wirtschaftlichen Hebeleffekt. Die 300 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt haben die fĂŒnf ausgewĂ€hlten Projekte dazu veranlasst, Beschaffungen im Gesamtwert von ĂŒber 11 Milliarden Euro zu tĂ€tigen. Dies entspricht einem Hebel von mehr als 36:1. Es zeigt, dass ein relativ kleiner finanzieller Anreiz aus BrĂŒssel ausreicht, um ein Vielfaches an nationalen Investitionen zu mobilisieren, indem die HĂŒrden fĂŒr die Zusammenarbeit gesenkt werden.

Dieser Finanzierungsmechanismus ist ein politisch kluger Kompromiss. Er ist darauf ausgelegt, den Prozess der Zusammenarbeit zu subventionieren, nicht das Produkt der Verteidigung. Die direkte Finanzierung nationaler RĂŒstungskĂ€ufe aus dem EU-Haushalt wĂ€re politisch Ă€ußerst heikel und wĂŒrde auf den Widerstand einiger Mitgliedstaaten stoßen. Eine der grĂ¶ĂŸten HĂŒrden fĂŒr die freiwillige Zusammenarbeit sind jedoch die hohen Transaktionskosten – der zusĂ€tzliche administrative, rechtliche und politische Aufwand, der erforderlich ist, um die Beschaffungsprozesse mehrerer LĂ€nder zu synchronisieren. EDIRPA zielt geschickt auf genau diese HĂŒrde ab. Indem die EU anbietet, einen Teil dieser „Kosten der KomplexitĂ€t“ zu ĂŒbernehmen, verringert sie die Reibung und macht die Entscheidung fĂŒr eine Kooperation fĂŒr die nationalen Verteidigungsministerien leichter zu rechtfertigen. Dies ermöglicht es der EU, ihr strategisches Ziel – die Förderung eines gemeinsamen Verteidigungsmarktes – zu erreichen, indem sie als Vermittler und Förderer agiert, anstatt als direkter KĂ€ufer. Es ist eine Subvention fĂŒr das „Wie“ (die Kooperation), nicht fĂŒr das „Was“ (die Waffe) – eine subtile, aber entscheidende Unterscheidung, die das Instrument politisch tragfĂ€hig macht.

Welche Teilnahmevoraussetzungen mĂŒssen erfĂŒllt sein, und welche Bedeutung hat insbesondere die 65%-Komponenten-Ursprungsregel?

Um Zugang zu EDIRPA-Mitteln zu erhalten, mĂŒssen die Beschaffungsvorhaben strenge Kriterien erfĂŒllen, die darauf abzielen, die strategischen Ziele der EU zu gewĂ€hrleisten. Diese Bedingungen betreffen sowohl die Zusammensetzung der KĂ€ufer als auch die Herkunft der Lieferanten und Produkte.

Teilnahmevoraussetzungen fĂŒr die Finanzierung
  • Konsortium aus Mitgliedstaaten: Eine gemeinsame Beschaffung muss von einem Konsortium aus mindestens drei EU-Mitgliedstaaten durchgefĂŒhrt werden. Norwegen kann als assoziiertes Land ebenfalls teilnehmen.
  • Standort der Auftragnehmer: Die Hauptauftragnehmer und ihre wesentlichen Unterauftragnehmer mĂŒssen in der EU oder einem assoziierten Land (Norwegen) ansĂ€ssig sein und dort ihre geschĂ€ftsfĂŒhrenden Strukturen haben.
  • Kontrollklausel: Ein entscheidendes Kriterium ist, dass diese Unternehmen nicht der Kontrolle eines nicht-assoziierten Drittlandes oder einer nicht-assoziierten Drittland-EntitĂ€t unterliegen dĂŒrfen. Diese Klausel soll sicherstellen, dass die finanziellen und strategischen Vorteile des Programms innerhalb der europĂ€ischen Verteidigungsbasis verbleiben und nicht an Unternehmen beispielsweise in den USA, dem Vereinigten Königreich oder China abfließen.
Die 65%-Komponenten-Ursprungsregel

Diese Regel ist das industrie- und sicherheitspolitische HerzstĂŒck von EDIRPA und hat weitreichende Implikationen.

  • Anforderung: Damit ein Verteidigungsprodukt im Rahmen eines EDIRPA-geförderten Projekts beschafft werden kann, mĂŒssen mindestens 65 % der Komponenten des Endprodukts, gemessen am Wert, aus der EU oder assoziierten LĂ€ndern (Norwegen) stammen.
  • Zweck: Die Regel ist ein klares Bekenntnis zum Prinzip „Buy European“. Sie soll sicherstellen, dass die steigenden europĂ€ischen Verteidigungsausgaben direkt zur StĂ€rkung der EDTIB beitragen. Dies fördert die strategische Autonomie der EU, indem es AbhĂ€ngigkeiten von externen Lieferketten reduziert und die technologische und industrielle SouverĂ€nitĂ€t Europas festigt.
  • Kontext: Diese Vorschrift ist eine direkte Reaktion auf den seit langem beobachteten Trend, dass europĂ€ische LĂ€nder einen erheblichen Teil ihrer Verteidigungsbudgets fĂŒr RĂŒstungsgĂŒter aus Nicht-EU-LĂ€ndern, insbesondere aus den USA, ausgeben. Die Regel soll diesen Mittelfluss umlenken und in die europĂ€ische Industrie investieren.

Die 65%-Ursprungsregel ist somit weit mehr als eine technische Vorschrift; sie ist ein bewusster Akt der Industriepolitik, der die Spannung zwischen dem Ziel der strategischen Autonomie der EU und der traditionell engen transatlantischen Verteidigungskooperation kristallisiert. Das strategische Ziel der EU ist der Aufbau einer autarken und wettbewerbsfĂ€higen Verteidigungsindustrie (EDTIB), um AbhĂ€ngigkeiten zu verringern. Ein Hauptrisiko, das identifiziert wurde, besteht darin, dass ein Anstieg der europĂ€ischen Verteidigungsausgaben in erster Linie der bereits dominanten US-Verteidigungsindustrie zugutekommen und damit das Ziel der EU untergraben wĂŒrde. Die 65%-Regel ist das primĂ€re politische Instrument innerhalb von EDIRPA, um diesen Abfluss zu verhindern und die Mittel nach innen zu lenken. Sie fungiert als Schutzbarriere fĂŒr die EDTIB.

Dies schafft jedoch ein potenzielles Konfliktfeld. Die Regel könnte erstklassige oder leichter verfĂŒgbare Systeme von wichtigen NATO-VerbĂŒndeten wie den USA oder dem Vereinigten Königreich von der Beschaffung ausschließen. Sie kann in Washington und London als protektionistisch wahrgenommen werden und erschwert die Beschaffung fĂŒr europĂ€ische Hauptauftragnehmer, die auf globale Lieferketten angewiesen sind. Diese Regel ist daher eine politische GrundsatzerklĂ€rung, die das langfristige industrielle Ziel der europĂ€ischen Autonomie priorisiert, selbst auf die Gefahr kurzfristiger Beschaffungsreibung und politischer Spannungen mit strategischen Partnern.

 

Hub fĂŒr Sicherheit und Verteidigung - Beratung und Informationen

Hub fĂŒr Sicherheit und Verteidigung

Hub fĂŒr Sicherheit und Verteidigung - Bild: Xpert.Digital

Der Hub fĂŒr Sicherheit und Verteidigung bietet fundierte Beratung und aktuelle Informationen, um Unternehmen und Organisationen effektiv dabei zu unterstĂŒtzen, ihre Rolle in der europĂ€ischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stĂ€rken. In enger Verbindung zur Working Group Defence der SME Connect fördert er insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationskraft und WettbewerbsfĂ€higkeit im Bereich Verteidigung weiter ausbauen möchten. Als zentraler Anlaufpunkt schafft der Hub so eine entscheidende BrĂŒcke zwischen KMU und europĂ€ischer Verteidigungsstrategie.

Passend dazu:

  • Die Working Group Defence der SME Connect – StĂ€rkung der KMU in der europĂ€ischen Verteidigung

 

Der geheime Plan zur europĂ€ischen Verteidigungsstrategie - Raketen, Panzer, Munition: Der große RĂŒstungssprung der EuropĂ€ischen Union

Die EDIRPA-Projekte – Konkrete Umsetzung

Am 14. November 2024 genehmigte die EuropĂ€ische Kommission die Finanzierung von fĂŒnf grenzĂŒberschreitenden Projekten, die das gesamte EDIRPA-Budget von 300 Millionen Euro ausschöpfen. Jedes Projekt erhĂ€lt eine Förderung von 60 Millionen Euro. Diese Projekte sind die konkrete Manifestation der EDIRPA-Ziele und decken die als am dringendsten identifizierten FĂ€higkeitsbereiche ab: Luft- und Raketenabwehr, gepanzerte Plattformen und Munition. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick ĂŒber die ausgewĂ€hlten Vorhaben.

Überblick der im Rahmen von EDIRPA geförderten Projekte
Überblick der im Rahmen von EDIRPA geförderten Projekte

Überblick der im Rahmen von EDIRPA geförderten Projekte – Bild: Xpert.Digital

Im Rahmen des EDIRPA-Programms werden fĂŒnf bedeutende Verteidigungsprojekte gefördert, die die militĂ€rische Zusammenarbeit zwischen verschiedenen europĂ€ischen Staaten stĂ€rken. Die Projekte umfassen zwei Luft- und Raketenabwehrsysteme, zwei Munitionsvorhaben und eine Plattform fĂŒr gepanzerte Fahrzeuge. Jedes Projekt erhĂ€lt eine EU-Förderung von 60 Millionen Euro, wobei der geschĂ€tzte Gesamtwert der Beschaffung ĂŒber 11 Milliarden Euro liegt.

Das MISTRAL-Projekt konzentriert sich auf Luftverteidigung sehr kurzer Reichweite und vereint neun LĂ€nder, darunter Frankreich, Belgien und DĂ€nemark. Das JAMIE-Projekt ergĂ€nzt dies mit Luftverteidigung mittlerer Reichweite und umfasst sechs LĂ€nder wie Deutschland und Österreich. FĂŒr bodengestĂŒtzte MobilitĂ€t sorgt das CAVS-Projekt mit dem Patria 6×6 Gepanzerten Fahrzeug, an dem Finnland, Lettland, Schweden und Deutschland beteiligt sind.

Die Munitionsprojekte CPoA 155mm und HE 155mm komplettieren das Vorhaben mit der Beschaffung verschiedener und hochexplosiver 155-mm-Artilleriemunition, wobei LÀnder wie die Niederlande, Italien, DÀnemark und Estland involviert sind. Diese koordinierten Beschaffungsinitiativen unterstreichen die wachsende militÀrische Kooperation innerhalb Europas.

Quelle: Zusammenstellung basierend auf Daten der EuropĂ€ischen Kommission. Der geschĂ€tzte Gesamtwert bezieht sich auf den kombinierten Wert aller fĂŒnf Projekte.

Welche fĂŒnf Projekte wurden im Rahmen von EDIRPA genehmigt und welche Mitgliedstaaten sind beteiligt?

Die Auswahl der fĂŒnf Projekte spiegelt die dringendsten FĂ€higkeitslĂŒcken wider, die durch den Krieg in der Ukraine offengelegt wurden. Insgesamt sind 20 Mitgliedstaaten an diesen Vorhaben beteiligt, was die breite Akzeptanz des Instruments unterstreicht. FĂŒr einige LĂ€nder ist es die erste Teilnahme an einem gemeinsamen europĂ€ischen Beschaffungsprojekt, was die Rolle von EDIRPA als Katalysator fĂŒr eine vertiefte Zusammenarbeit hervorhebt.

Die Projekte im Einzelnen:

Luft- und Raketenabwehr
  • MISTRAL-Projekt: Dieses Vorhaben unterstĂŒtzt die gemeinsame Beschaffung von Mistral-3-Luftverteidigungssystemen mit sehr kurzer Reichweite. Beteiligt sind neun Mitgliedstaaten: Frankreich, Belgien, Zypern, Estland, Spanien, Ungarn, Slowenien, RumĂ€nien und DĂ€nemark.
  • JAMIE-Projekt (Gemeinsame Initiative zur Luft- und Raketenabwehr in Europa): Im Rahmen dieses Projekts werden IRIS-T-SLM-Luftverteidigungssysteme mittlerer Reichweite gemeinsam beschafft. Die sechs teilnehmenden Staaten sind Deutschland, Slowenien, Bulgarien, Österreich, Estland und Lettland.
Gepanzerte Fahrzeuge

CAVS-Projekt: Dieses Projekt fördert die Beschaffung des Gemeinsamen Gepanzerten Fahrzeugsystems (CAVS), eines modernen geschĂŒtzten 6×6-Mannschaftstransporters, der auf der Plattform des finnischen Herstellers Patria basiert. Die vier beteiligten Nationen sind Finnland, Lettland, Schweden und Deutschland.

Munition
  • CPoA 155mm-Projekt (Gemeinsame Beschaffung von Munition): Hierbei handelt es sich um die gemeinsame Beschaffung verschiedener Arten von 155-mm-Artilleriemunition. Sechs LĂ€nder kooperieren in diesem Projekt: die Niederlande, Italien, Polen, Litauen, DĂ€nemark und Kroatien.
  • HE 155mm-Projekt: Dieses Projekt konzentriert sich speziell auf die Beschaffung von hochexplosiver 155-mm-Artilleriemunition. Die vier Teilnehmer sind Deutschland, DĂ€nemark, die Niederlande und Estland.

Das Portfolio der EDIRPA-Projekte ist eine direkte und pragmatische Reaktion auf die militĂ€rischen Lehren, die aus dem hochintensiven Konflikt in der Ukraine gezogen wurden. Der Krieg wird von Artillerieduellen und der stĂ€ndigen Bedrohung aus der Luft durch Raketen, Drohnen und Flugzeuge dominiert. Folglich sind die dringendsten Bedarfe, die von MilitĂ€rplanern identifiziert wurden, eine mehrschichtige Luftverteidigung und eine nachhaltige Versorgung mit Artilleriemunition. Die EDIRPA-Projekte bilden diese PrioritĂ€ten exakt ab: zwei Projekte fĂŒr Munition, zwei fĂŒr Luftverteidigung und eines zur WiederauffĂŒllung der BestĂ€nde an gepanzerten Fahrzeugen, die durch Spenden an die Ukraine dezimiert wurden. Dies zeigt, dass EDIRPA keine theoretische, von oben verordnete industriepolitische Übung ist, sondern eine von der Bedrohungslage getriebene Initiative, bei der die Projektauswahl von den unmittelbaren und greifbaren RealitĂ€ten der modernen KriegsfĂŒhrung an der Ostflanke Europas diktiert wird.

Was sind die technischen Spezifikationen der im Rahmen von EDIRPA beschafften Luft- und Raketenabwehrsysteme MISTRAL 3 und IRIS-T SLM?

Die beiden im Rahmen von EDIRPA geförderten Luftverteidigungsprojekte beschaffen Systeme, die unterschiedliche, sich aber ergĂ€nzende Rollen in einer modernen, mehrschichtigen Luftverteidigungsarchitektur spielen. MISTRAL 3 ist ein System fĂŒr den Nahbereichsschutz, wĂ€hrend IRIS-T SLM den mittleren Entfernungsbereich abdeckt.

Technischer Vergleich der Luftverteidigungssysteme MISTRAL 3 und IRIS-T SLM
Technischer Vergleich der Luftverteidigungssysteme MISTRAL 3 und IRIS-T SLM

Technischer Vergleich der Luftverteidigungssysteme MISTRAL 3 und IRIS-T SLM – Bild: Xpert.Digital

Der technische Vergleich zwischen den Luftverteidigungssystemen MISTRAL 3 und IRIS-T SLM zeigt interessante Unterschiede in ihren Leistungsmerkmalen. MISTRAL 3, hergestellt von MBDA in Europa, ist ein Luftverteidigungssystem sehr kurzer Reichweite mit einer maximalen Reichweite von etwa 8 km und einer Dienstgipfelhöhe von circa 6 km. Es erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von Mach 2,71 und verfĂŒgt ĂŒber einen passiven Infrarot-Bildsuchkopf im “Fire-and-forget”-Modus. Sein Gefechtskopf wiegt ungefĂ€hr 3 kg und enthĂ€lt hochexplosive Wolfram-Splitter.

Im Vergleich dazu ist das IRIS-T SLM von Diehl Defence ein Luftverteidigungssystem mittlerer Reichweite mit deutlich grĂ¶ĂŸeren FĂ€higkeiten. Es kann Ziele bis zu 40 km Entfernung und in einer Höhe von 20 km bekĂ€mpfen, wobei es eine Geschwindigkeit von rund Mach 3 erreicht. Das System nutzt ein GPS/INS-Lenksystem mit Datenlink und einem terminalen IIR-Suchkopf. Sein Gefechtskopf ist mit 11,4 kg deutlich schwerer und ebenfalls hochexplosiv.

WÀhrend MISTRAL 3 primÀr zum Objektschutz und zur Verteidigung mobiler Einheiten gegen tief fliegende Bedrohungen wie Hubschrauber, Drohnen und Kampfflugzeuge konzipiert ist, eignet sich IRIS-T SLM zur Bereichsverteidigung gegen Flugzeuge, Marschflugkörper und Drohnen auf mittlere Distanz.

Quelle: Zusammenstellung basierend auf Herstellerangaben und Fachanalysen.

Das MISTRAL-3-System, hergestellt vom europĂ€ischen Konsortium MBDA, ist fĂŒr den unmittelbaren Schutz von Truppen und wichtigen Einrichtungen konzipiert. Als “Fire-and-forget”-System kann der SchĂŒtze nach dem Abfeuern sofort die Stellung wechseln, was die ÜberlebensfĂ€higkeit im Gefecht erhöht. Sein fortschrittlicher Infrarot-Bildsuchkopf ermöglicht es ihm, auch Ziele mit geringer thermischer Signatur wie kleine Drohnen oder anfliegende Raketen zu erfassen und ist sehr widerstandsfĂ€hig gegen bekannte Gegenmaßnahmen.

Das IRIS-T-SLM-System von Diehl Defence bietet Schutz in einem deutlich grĂ¶ĂŸeren Raum. Es kann eine ganze Region oder einen strategischen Standort wie eine Stadt oder einen LuftwaffenstĂŒtzpunkt verteidigen. Im Gegensatz zum rein passiven MISTRAL 3 nutzt der IRIS-T-SL-Lenkflugkörper wĂ€hrend der Anflugphase eine Kombination aus GPS-Navigation und Datenlink-Updates vom Bodenradar, bevor sein eigener IIR-Suchkopf im Endanflug das Ziel autonom erfasst. Dies ermöglicht den Angriff auf Ziele weit außerhalb der Sichtweite des StartgerĂ€ts und eine hohe Treffgenauigkeit auch gegen schnelle und wendige Ziele.

Die gemeinsame Beschaffung beider Systeme durch verschiedene LĂ€ndergruppen im Rahmen von EDIRPA ist strategisch sinnvoll, da sie den Aufbau einer robusten, mehrschichtigen Luftverteidigung fördert, die fĂŒr die Abwehr des breiten Spektrums moderner Luftbedrohungen unerlĂ€sslich ist.

Was sind die technischen Merkmale des Gemeinsamen Gepanzerten Fahrzeugsystems (CAVS) und welche Rolle spielt es in der europÀischen Verteidigung?

Das Gemeinsame Gepanzertes Fahrzeugsystem (CAVS) ist ein Paradebeispiel fĂŒr eine erfolgreiche europĂ€ische Kooperation im Bereich der Landsysteme und eines der fĂŒnf durch EDIRPA geförderten Projekte. Das Programm basiert auf der 6×6-Plattform des finnischen Unternehmens Patria.

Technische Spezifikationen des Patria 6×6 (CAVS)
Technische Spezifikationen des Patria 6x6 (CAVS)

Technische Spezifikationen des Patria 6×6 (CAVS) – Bild: Xpert.Digital

Der Patria 6×6 ist ein moderner RadschĂŒtzenpanzer aus finnischer Produktion, der fĂŒr vielseitige militĂ€rische EinsĂ€tze konzipiert wurde. Das Fahrzeug wird von Patria hergestellt und kann in PartnerlĂ€ndern gemeinsam gefertigt werden. Es bietet Platz fĂŒr eine Besatzung von zwei bis drei Mann sowie acht bis zehn aufgesessene Infanteristen. Mit einer Maximalmasse von 24 Tonnen und einer hydropneumatischen Federung ausgestattet, misst der Panzer 7,5 Meter in der LĂ€nge, 2,9 Meter in der Breite und 2,5 Meter in der Höhe.

Der Panzer verfĂŒgt ĂŒber einen STANAG 4569 Level 2 Panzerschutz, der bei Bedarf auf Level 4 aufgerĂŒstet werden kann. Angetrieben wird er von einem Scania Dieselmotor mit 294 kW (394 PS), der dem Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von ĂŒber 100 km/h auf der Straße und 8 km/h im Wassereinsatz ermöglicht. Die Reichweite betrĂ€gt circa 700 Kilometer.

Ein besonderes Merkmal des Patria 6×6 ist seine hohe ModularitĂ€t. Das Fahrzeug kann flexibel fĂŒr verschiedene Rollen konfiguriert werden, darunter Mannschaftstransport, MörsertrĂ€ger und FĂŒhrungsfahrzeug. Diese Vielseitigkeit macht ihn zu einem wertvollen Einsatzmittel fĂŒr moderne StreitkrĂ€fte.

Quelle: Zusammenstellung basierend auf Herstellerangaben und Fachanalysen.

Die strategische Rolle des CAVS-Programms geht ĂŒber die technischen Daten des Fahrzeugs hinaus. Es wurde von Finnland und Lettland initiiert und spĂ€ter von Schweden und Deutschland erweitert. Dies macht es zu einem Musterbeispiel fĂŒr eine schrittweise wachsende, bedarfsorientierte europĂ€ische RĂŒstungskooperation. Das Ziel ist die Entwicklung und Beschaffung eines gemeinsamen, modernen und hochmobilen gepanzerten Fahrzeugsystems, das verschiedene veraltete Systeme in den nationalen StreitkrĂ€ften ersetzen kann, wie zum Beispiel den deutschen TPz Fuchs.

Die Vorteile eines solchen gemeinsamen Programms sind vielfÀltig:

  • Kosteneffizienz: GrĂ¶ĂŸere Bestellmengen fĂŒhren zu niedrigeren StĂŒckkosten.
  • InteroperabilitĂ€t: Die beteiligten Nationen nutzen dieselbe Plattform, was die gemeinsame Ausbildung, Wartung und Logistik sowie den Einsatz im BĂŒndnisfall erheblich vereinfacht.
  • Industrielle Zusammenarbeit: Das Programm beinhaltet die Einrichtung von Produktions- und WartungskapazitĂ€ten in den PartnerlĂ€ndern (z. B. in Lettland), was den Technologietransfer und die StĂ€rkung der nationalen Verteidigungsindustrien fördert.

Die Förderung durch EDIRPA unterstreicht die politische Bedeutung dieses Kooperationsmodells als Vorbild fĂŒr zukĂŒnftige europĂ€ische RĂŒstungsprojekte im Landbereich.

Welche Arten von 155-mm-Artilleriemunition werden in den Projekten CPoA und HE 155mm beschafft und warum ist diese Munition so kritisch?

Die 155-mm-Artillerie hat sich im Ukraine-Krieg als das entscheidende Waffensystem auf dem Schlachtfeld erwiesen. Der Konflikt ist von intensiven Artillerieduellen geprĂ€gt, die zu einem bisher unvorstellbaren Munitionsverbrauch fĂŒhren. SchĂ€tzungen zufolge verschießen beide Seiten Zehntausende Granaten pro Tag. Dieser immense Verbrauch hat die LagerbestĂ€nde in ganz Europa und den USA rapide geleert und eine massive LĂŒcke zwischen Bedarf und ProduktionskapazitĂ€t offenbart. Die WiederauffĂŒllung dieser BestĂ€nde und der Hochlauf der Produktion haben daher fĂŒr alle NATO- und EU-Staaten höchste PrioritĂ€t. EDIRPA adressiert diesen kritischen Bedarf mit gleich zwei Projekten.

Die beiden Projekte sind komplementÀr angelegt, um den Bedarf umfassend zu decken:

CPoA 155mm (Gemeinsame Beschaffung von Munition): Dieses Projekt, an dem die Niederlande, Italien, Polen, Litauen, DĂ€nemark und Kroatien beteiligt sind, zielt auf die „gemeinsame Beschaffung verschiedener Arten von 155-mm-Artilleriemunition“ ab. Dieser breite Ansatz deutet darauf hin, dass ein ganzes Portfolio an Munitionstypen beschafft wird. Dazu gehören wahrscheinlich:

  • Standard-Hochexplosivgeschosse (HE): Der am hĂ€ufigsten verwendete Munitionstyp fĂŒr allgemeine Zwecke.
  • Reichweitengesteigerte Geschosse (Extended Range): Varianten mit einem speziellen Boden (Boat Tail, BT) oder einem Gasgenerator (Base Bleed, BB), der den Luftwiderstand verringert und die Reichweite von ca. 25-30 km auf ĂŒber 40 km erhöht.
  • Rauch- und Leuchtgeschosse: Zur Tarnung eigener Truppenbewegungen oder zur nĂ€chtlichen Gefechtsfeldbeleuchtung.

HE 155mm: Dieses Projekt unter der FĂŒhrung Deutschlands, an dem auch DĂ€nemark, die Niederlande und Estland teilnehmen, ist spezifischer ausgerichtet. Es konzentriert sich auf die Beschaffung von „hochexplosiver 155-mm-Artilleriemunition“. Dies adressiert den grĂ¶ĂŸten und dringendsten Bedarf, nĂ€mlich die WiederauffĂŒllung der BestĂ€nde an Standard-Sprenggranaten, die den Hauptteil des Verbrauchs ausmachen.

Beide Projekte verfolgen ein doppeltes Ziel. Zum einen soll der unmittelbare Bedarf der StreitkrĂ€fte durch die Beschaffung großer Mengen an Granaten gedeckt werden. Zum anderen, und das ist strategisch ebenso wichtig, soll durch die BĂŒndelung der Nachfrage ein starkes und langfristiges Signal an die europĂ€ische Verteidigungsindustrie gesendet werden. Unternehmen wie Rheinmetall, BAE Systems oder die tschechoslowakische Gruppe (CSG) erhalten dadurch die notwendige Planungssicherheit, um in den Ausbau bestehender und den Bau neuer Produktionsanlagen zu investieren und so die FertigungskapazitĂ€ten dauerhaft zu erhöhen.

 

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Bewertung, Kritik und Zukunftsaussichten

Wie wird die Wirksamkeit von EDIRPA von Experten, Politikern und Think Tanks bewertet? Was sind die Hauptkritikpunkte?

Die Bewertung von EDIRPA fĂ€llt in Fachkreisen ambivalent aus. Einerseits wird das Instrument fĂŒr sein Design und seinen konzeptionellen Erfolg gelobt, andererseits wird seine tatsĂ€chliche Wirkung aufgrund seines begrenzten Umfangs als marginal eingeschĂ€tzt.

Positive Aspekte

Unbestritten ist der bemerkenswerte Hebeleffekt des Programms. Mit einem Einsatz von 300 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt konnte eine gemeinsame Beschaffung im Wert von ĂŒber 11 Milliarden Euro angestoßen werden. Zudem hat EDIRPA erfolgreich 20 Mitgliedstaaten zur Kooperation bewegt, von denen einige zum ersten Mal an einem solchen Vorhaben teilnehmen. In dieser Hinsicht hat EDIRPA seinen Zweck als Anreiz- und Koordinierungsinstrument und als „Proof of Concept“ erfĂŒllt.

Hauptkritikpunkte

Der ĂŒbergreifende Konsens unter Experten ist jedoch, dass EDIRPA kein „Game-Changer“ fĂŒr die europĂ€ische VerteidigungsfĂ€higkeit ist. Die Kritik konzentriert sich auf mehrere Kernpunkte:

  • Ein MissverhĂ€ltnis der GrĂ¶ĂŸenordnungen: Der Hauptkritikpunkt ist das unzureichende Budget. 300 Millionen Euro an Anreizen werden als „spĂ€rlich“ oder „symbolisch“ angesehen, wenn man sie den jĂ€hrlichen nationalen Verteidigungsausgaben von ĂŒber 300 Milliarden Euro und dem geschĂ€tzten Investitionsstau von ĂŒber einer Billion Euro gegenĂŒberstellt. Ein so geringer Betrag ist nicht ausreichend, um das Beschaffungsverhalten der großen Mitgliedstaaten grundlegend zu verĂ€ndern oder die massiven strukturellen Probleme zu lösen.
  • Mangelnder politischer Wille der Mitgliedstaaten: Kritiker wie die GrĂŒnen-Europaabgeordnete Hannah Neumann sehen das Problem weniger im Design der EU-Instrumente als im „mangelnden Engagement“ der Mitgliedstaaten fĂŒr eine echte Zusammenarbeit. Verteidigungspolitik bleibt oft eine DomĂ€ne des „nationalen Narzissmus“, in der die Mitgliedstaaten weiterhin auf dem RĂŒstungsmarkt miteinander konkurrieren, anstatt gemeinsam zu beschaffen.
  • Fortbestehende strukturelle Fragmentierung: FĂŒhrende Think Tanks wie das Centre for European Reform (CER) und Bruegel weisen darauf hin, dass Initiativen wie EDIRPA die grundlegenden Probleme nicht lösen. Der europĂ€ische Verteidigungsmarkt bleibt fragmentiert, nationaler Protektionismus grassiert, und es gibt nach wie vor keinen echten Binnenmarkt fĂŒr VerteidigungsgĂŒter. EDIRPA setzt Anreize, Ă€ndert aber nicht die grundlegenden Strukturen.

Zusammenfassend lĂ€sst sich sagen, dass EDIRPA als Instrument prinzipiell gut konzipiert ist, seine Wirkung jedoch durch seine Kurzfristigkeit und vor allem durch sein winziges Budget im VerhĂ€ltnis zum Ausmaß des Problems stark begrenzt wird. Es ist ein erfolgreiches Pilotprojekt, aber keine strukturelle Lösung.

Der primĂ€re Wert von EDIRPA liegt daher möglicherweise nicht in seinem direkten materiellen Beitrag zur europĂ€ischen VerteidigungsfĂ€higkeit, sondern vielmehr in seiner politischen und symbolischen Rolle als erfolgreicher „Proof of Concept“. Die materielle Wirkung von 300 Millionen Euro an Anreizen auf einen Markt von ĂŒber 300 Milliarden Euro pro Jahr ist, wie Kritiker zu Recht betonen, marginal. EDIRPA hat jedoch erfolgreich gezeigt, dass die EU in diesem Bereich handlungsfĂ€hig ist, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, ein solches Instrument zu nutzen (was die Beteiligung von 20 LĂ€ndern beweist), und dass der Hebelmechanismus funktioniert (mit einem Multiplikator von ĂŒber 36). Dieser Erfolg schafft politisches Momentum. Er liefert der EuropĂ€ischen Kommission eine konkrete, positive Fallstudie, um ein wesentlich grĂ¶ĂŸeres und dauerhaftes Nachfolgeprogramm zu rechtfertigen. EDIRPA kann daher als strategisches Sprungbrett betrachtet werden. Seine wichtigste Errungenschaft ist es, das Konzept der EU-geförderten gemeinsamen Beschaffung politisch zu entmystifizieren und zu validieren, was es politisch einfacher macht, fĂŒr das weitaus grĂ¶ĂŸere und strukturell angelegte EuropĂ€ische Verteidigungsindustrieprogramm (EDIP) zu argumentieren.

Wie fĂŒgt sich EDIRPA in die Landschaft anderer EU-Verteidigungsinitiativen wie dem EuropĂ€ischen Verteidigungsfonds (EVF/EDF) und ASAP ein?

Um die Rolle von EDIRPA vollstĂ€ndig zu verstehen, muss es im Kontext der anderen zentralen verteidigungspolitischen Instrumente der EU betrachtet werden: dem EuropĂ€ischen Verteidigungsfonds (EDF) und dem Gesetz zur UnterstĂŒtzung der Munitionsproduktion (ASAP). Diese drei Instrumente sind komplementĂ€r und decken unterschiedliche Phasen der verteidigungsindustriellen Wertschöpfungskette ab.

Vergleich der EU-Verteidigungsinstrumente: EDF, ASAP und EDIRPA
Vergleich der EU-Verteidigungsinstrumente: EDF, ASAP und EDIRPA

Vergleich der EU-Verteidigungsinstrumente: EDF, ASAP und EDIRPA – Bild: Xpert.Digital

Der EuropĂ€ische Verteidigungsfonds (EDF), das Gesetz zur UnterstĂŒtzung der Munitionsproduktion (ASAP) und EDIRPA sind drei bedeutende Initiativen im Bereich der europĂ€ischen Verteidigungsindustrie, die jeweils unterschiedliche, aber komplementĂ€re Ziele verfolgen. Der EDF konzentriert sich primĂ€r auf die Förderung kollaborativer Forschung und Entwicklung fĂŒr zukĂŒnftige FĂ€higkeiten und positioniert sich dabei im upstream-Bereich. Mit einem Budget von etwa 8 Milliarden Euro fĂŒr den Zeitraum 2021-2027 ist er Teil des mehrjĂ€hrigen Finanzrahmens und lĂ€sst sich analog mit dem Entwerfen eines Bauplans vergleichen.

Das ASAP-Gesetz hingegen zielt darauf ab, die industrielle Produktion von Munition und Raketen hochzufahren. Mit 500 Millionen Euro ausgestattet, fokussiert es sich auf den midstream-Bereich der Wertschöpfungskette und kann metaphorisch als Bau einer Fabrik verstanden werden. Als kurzfristige Notfallmaßnahme ist es bis Mitte 2025 befristet.

EDIRPA wiederum konzentriert sich auf die downstream-AktivitĂ€ten und schafft Anreize fĂŒr die gemeinsame Beschaffung dringend benötigter GĂŒter. Mit einem Budget von 300 Millionen Euro und einer Laufzeit bis Dezember 2025 gleicht es einer Sammelbestellung. Der Mechanismus sieht die Erstattung von Verwaltungskosten an Konsortien von Mitgliedstaaten vor.

Zusammengenommen bilden diese drei Initiativen eine umfassende Strategie zur StĂ€rkung der europĂ€ischen VerteidigungsfĂ€higkeiten, von der Forschung ĂŒber die Produktion bis hin zur gezielten Beschaffung.

Quelle: Zusammenstellung basierend auf Dokumenten der EuropÀischen Kommission und Analysen.

EuropÀischer Verteidigungsfonds (EDF)

Der EDF ist das langfristige, strategische Instrument der EU zur Förderung von Innovation. Er wurde bereits 2021, vor der Eskalation des Ukraine-Krieges, ins Leben gerufen und zielt darauf ab, die nÀchste Generation von Verteidigungstechnologien durch die Finanzierung gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu entwickeln. Er ist im mehrjÀhrigen Finanzrahmen (MFR) der EU verankert und hat eine Laufzeit von sieben Jahren.

Gesetz zur UnterstĂŒtzung der Munitionsproduktion (ASAP)

ASAP ist, wie EDIRPA, eine direkte Reaktion auf den Krieg. Es ist ein kurzfristiges Notfallinstrument, das ein spezifisches Problem auf der Angebotsseite löst: den Mangel an ProduktionskapazitĂ€ten fĂŒr Munition und Raketen. ASAP gewĂ€hrt Herstellern direkte finanzielle UnterstĂŒtzung, um ihre Produktionslinien zu erweitern und EngpĂ€sse bei kritischen Komponenten wie Sprengstoffen und Treibladungspulver zu beseitigen.

EDIRPA

EDIRPA ergĂ€nzt ASAP, indem es das Problem auf der Nachfrageseite angeht. WĂ€hrend ASAP die Produktion ankurbelt, sorgt EDIRPA dafĂŒr, dass die Mitgliedstaaten ihre Bestellungen bĂŒndeln. Dies schafft nicht nur Effizienz, sondern gibt der Industrie auch die fĂŒr Investitionen notwendige Planungssicherheit durch große, planbare AuftrĂ€ge.

Das Trio aus EDF, ASAP und EDIRPA stellt einen evolutionĂ€ren Lernprozess fĂŒr die EU dar. Es zeigt den Übergang von einem Vorkriegsfokus auf langfristige Forschung und Entwicklung (EDF) zu einer Kriegslogik, die die gesamte Verteidigungswertschöpfungskette adressiert: entwickeln (EDF), produzieren (ASAP) und beschaffen (EDIRPA). Der EDF wurde 2021 mit dem langfristigen Ziel ins Leben gerufen, die nĂ€chste Generation von Verteidigungstechnologie zu entwickeln. Der Krieg schuf jedoch einen unmittelbaren Bedarf an vorhandener Technologie in riesigen Mengen, fĂŒr den der EDF nicht konzipiert war. Die EU entwickelte daraufhin schnell zwei neue, gezielte Notfallinstrumente: ASAP zur Behebung des industriellen Engpasses auf der Angebotsseite und EDIRPA zur Lösung des Problems der fragmentierten Nachfrage. Diese Abfolge zeigt, wie die EU ihr politisches Instrumentarium in Echtzeit anpasst. Sie bewegte sich von einem auf Friedenszeiten ausgerichteten, F&E-fokussierten Ansatz zu einem krisengesteuerten, ganzheitlichen Ansatz, der den gesamten industriellen Zyklus abdeckt. Diese Entwicklung legte den Grundstein fĂŒr ein einziges, integriertes Programm wie EDIP.

Was ist das EuropĂ€ische Verteidigungsindustrieprogramm (EDIP) und wie soll es die Logik von EDIRPA nach 2025 fortfĂŒhren und erweitern?

Das EuropĂ€ische Verteidigungsindustrieprogramm (EDIP) ist die vorgeschlagene langfristige Nachfolgelösung fĂŒr die kurzfristigen Notfallinstrumente EDIRPA und ASAP. Es wurde im MĂ€rz 2024 von der EuropĂ€ischen Kommission als Teil der umfassenderen EuropĂ€ischen Verteidigungsindustriestrategie (EDIS) vorgestellt und soll die LĂŒcke schließen, die entsteht, wenn die Notfallmaßnahmen 2025 auslaufen.

Ein struktureller Ansatz fĂŒr die Zukunft

Im Gegensatz zu den reaktiven Notfallinstrumenten zielt EDIP darauf ab, die UnterstĂŒtzung fĂŒr die europĂ€ische Verteidigungsindustrie dauerhaft im EU-Rahmen zu verankern. Es soll die Logik der angebotsseitigen Förderung (wie bei ASAP) und der nachfrageseitigen Anreize (wie bei EDIRPA) unter einem einzigen, kohĂ€renteren Dach zusammenfĂŒhren und erweitern. Ziel ist es, von der Krisenreaktion zu einer strukturellen, vorausschauenden Politik ĂŒberzugehen.

Budget und Zeitrahmen

Der ursprĂŒngliche Vorschlag fĂŒr EDIP sieht ein Budget von 1,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt fĂŒr den Zeitraum 2025 bis 2027 vor. Dies wird als BrĂŒckenfinanzierung bis zum Beginn des nĂ€chsten mehrjĂ€hrigen Finanzrahmens (MFR) im Jahr 2028 betrachtet, in dem ein deutlich höheres Budget fĂŒr Verteidigung erwartet wird.

Kernziele von EDIP

EDIP baut auf den Erfahrungen mit seinen VorgÀngern auf und erweitert deren Ziele:

  • StĂ€rkung der WettbewerbsfĂ€higkeit und ReaktionsfĂ€higkeit der EDTIB.
  • Sicherstellung der VerfĂŒgbarkeit und Versorgung mit VerteidigungsgĂŒtern durch den Aufbau von ProduktionskapazitĂ€ten.
  • Fortsetzung der Förderung der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Beschaffung zwischen den Mitgliedstaaten.
  • Ein neues, wichtiges Element ist die gezielte Förderung der Zusammenarbeit mit der Ukraine, um den Wiederaufbau und die Modernisierung ihrer eigenen Verteidigungsindustrie zu unterstĂŒtzen.

EDIP stellt den Versuch der EU dar, ihre neu gefundene Rolle in der Verteidigungsindustriepolitik zu institutionalisieren. Es soll die Ad-hoc-Notfallmaßnahmen von 2023 in ein permanentes Merkmal der institutionellen und budgetĂ€ren Architektur der Union umwandeln. WĂ€hrend EDIRPA und ASAP als temporĂ€re Reaktionen auf eine unvorhergesehene Krise geschaffen wurden, signalisiert der Vorschlag fĂŒr EDIP die Anerkennung der Kommission, dass sich das Sicherheitsumfeld dauerhaft verĂ€ndert hat und dass die Probleme der industriellen KapazitĂ€t und der Beschaffungsfragmentierung eine permanente, strukturelle Lösung erfordern, nicht nur vorĂŒbergehende Korrekturen. Indem die Kommission ein eigenes mehrjĂ€hriges Programm mit einer eigenen Haushaltslinie vorschlĂ€gt, versucht sie, die EU-Verteidigungsindustriepolitik aus dem Bereich des „Krisenmanagements“ in den Bereich des „EU-KerngeschĂ€fts“ zu ĂŒberfĂŒhren. Dieser Übergang von EDIRPA/ASAP zu EDIP ist daher von großer Bedeutung: Er markiert die beabsichtigte Verlagerung von einer reaktiven zu einer proaktiven und strategischen langfristigen Rolle der EU bei der Gestaltung der europĂ€ischen Verteidigungslandschaft.

 

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