Antworten zur Zukunft der europäischen Start-ups: Die EU Inc. – Gegen Bürokratie und Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung
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Veröffentlicht am: 7. Oktober 2025 / Update vom: 7. Oktober 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Antworten zur Zukunft der europäischen Start-ups: Die EU Inc. – Gegen Bürokratie und Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung – Bild: Xpert.Digital
Schluss mit dem Albtraum: Wie die 'EU Inc.' 27 Rechtssysteme ersetzen und Europas Gründer befreien soll
Europa fällt zurück: Schockierende Zahlen zeigen, warum eine radikale Start-up-Reform jetzt überfällig ist
Nur acht Prozent der weltweiten Wachstumsunternehmen haben ihren Sitz in der EU, während rund 60 Prozent in Nordamerika angesiedelt sind.
Während die USA und China die globale Tech-Landschaft dominieren, droht Europa im Innovationswettlauf den Anschluss zu verlieren. Die Zahlen sind alarmierend: Deutlich weniger Risikokapital, eine geringere Dichte an Wachstumsunternehmen und ein dramatischer Rückstand bei Patentanmeldungen zeichnen das Bild eines Kontinents, der sein Potenzial nicht ausschöpft. Die Ursache ist zu einem großen Teil hausgemacht: ein fragmentierter Binnenmarkt, der Gründer zwingt, sich durch den Dschungel von 27 verschiedenen nationalen Rechtssystemen zu kämpfen, was Expansion und Investitionen unnötig verkompliziert und verteuert.
Doch eine ambitionierte Initiative könnte das Spiel grundlegend verändern: die “EU Inc.”, auch als das “28. Regime” bekannt. Die Vision ist eine einheitliche, paneuropäische Rechtsform, die es Start-ups ermöglicht, innerhalb von 24 Stunden für unter 100 Euro digital zu gründen und nahtlos in der gesamten EU zu wachsen – ohne für jedes Land eine neue Tochtergesellschaft gründen zu müssen. Angetrieben von einer mächtigen Koalition aus prominenten Gründern wie den Chefs von Personio und DeepL, Investoren und unterstützt von hochrangigen Politikern wie Mario Draghi und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, hat der Vorschlag bereits Einzug in das offizielle Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission gefunden. Es ist ein entscheidender Versuch, bürokratische Hürden abzubauen, europäisches Kapital zu mobilisieren und die technologische Souveränität des Kontinents in einer zunehmend polarisierten Welt zu sichern.
Warum ist die EU Inc. überhaupt notwendig?
Die Antwort liegt in der fragmentierten Struktur des europäischen Start-up-Marktes. Während ein Start-up aus Kalifornien problemlos in allen amerikanischen Bundesstaaten expandieren und Kapital aufnehmen kann, müssen sich europäische Gründer in 27 verschiedene Rechtssysteme einarbeiten, wenn sie EU-weit skalieren möchten.
Diese Fragmentierung hat messbare Konsequenzen. Nur acht Prozent der weltweiten Wachstumsunternehmen haben ihren Sitz in der EU, während rund 60 Prozent in Nordamerika angesiedelt sind. Die Zahlen beim Risikokapital sind noch dramatischer: Im Schnitt investieren Risikokapitalgeber in den USA rund dreimal so viel Kapital wie in Europa. Zwischen 2019 und 2024 lagen die jährlichen Risikokapitalinvestitionen in der EU bei durchschnittlich 68 Milliarden US-Dollar, verglichen mit 221 Milliarden in Amerika.
Wie sieht die aktuelle Situation für europäische Start-ups aus?
Die Zahlen zeichnen ein besorgniserregendes Bild. Deutschland, als Europas größte Volkswirtschaft, befand sich 2024 mit 22.400 Unternehmensinsolvenzen auf einem Rekordhoch – dem höchsten Stand seit 2015. Besonders alarmierend ist der Anstieg bei jungen Unternehmen: Start-ups bis zu zwei Jahren am Markt verzeichneten einen Insolvenzanstieg von fast 40 Prozent.
Die Abhängigkeit von ausländischen Investoren ist dramatisch: Jedes zweite europäische Start-up ist abhängig von US-Investoren. Auf jedes Unternehmen, das einen Lead-Investor aus Europa hat, kommt ein Unternehmen, das diesen aus den USA hat. Diese Abhängigkeit ist in anderen Regionen weniger ausgeprägt – in den USA und China agieren bei acht von zehn Finanzierungsrunden Investoren aus dem eigenen Land federführend.
Europa verliert dabei kontinuierlich Boden. Während die EU ihre F&E-Investitionen seit 2019 um 32 Prozent steigerte, erhöhten die USA ihre Ausgaben um 69 Prozent und China um 54 Prozent. Bei Patentanmeldungen im Hightech-Bereich zwischen 2019 und 2023 meldete China 1,7-mal mehr als die USA und sogar 7,6-mal mehr als Europa.
Was genau ist die EU Inc. und wie funktioniert sie?
Die EU Inc., auch als “28. Regime” bezeichnet, ist eine geplante paneuropäische Rechtsform speziell für Start-ups. Sie würde als europäische Einheits-GmbH fungieren, die parallel zu nationalen Rechtsformen wie GmbH, SARL und SRL existiert, aber überall in Europa gleichermaßen anerkannt ist.
Die Grundprinzipien umfassen vier Säulen: Erstens eine einheitliche Rechtsform nach EU-Recht, die grenzüberschreitend agieren kann, ohne in jedem Land eine eigene Tochterfirma gründen zu müssen. Zweitens ein zentrales, digitales Register für Gründung und Verwaltung online über ein EU-Register, idealerweise auf Englisch. Drittens standardisierte Investitions-Dokumente wie Term Sheets, Beteiligungsverträge und SAFE-Notes, die überall anerkannt sind. Viertens ein EU-weites Mitarbeiterbeteiligungs-Programm mit standardisierten Stock-Options für ganz Europa.
Die Vision ist ehrgeizig: Ein Start-up soll innerhalb von 24 Stunden für eine Gebühr unter 100 Euro registriert werden können, vollständig digital, ohne Notartermin und ohne Mindestkapital. Andreas Klinger, einer der Hauptinitiatoren, beschreibt das Konzept treffend als “Delaware Inc trifft Stripe Atlas trifft Y Combinator SAFE”.
Wer steht hinter der Initiative und welche Unterstützung gibt es?
Die EU Inc. Initiative wurde Ende 2024 von einer Koalition prominenter Gründer und Investoren ins Leben gerufen. Zu den Hauptinitiatoren gehören der österreichische Investor Andreas Klinger (Prototype Capital, Ex-CTO von Product Hunt), Philipp Herkelmann, Simon Schaefer und Vojtech Horna. Andreas Klinger bringt umfangreiche Erfahrung mit – er war Gründungsmitglied bei Product Hunt, VPE bei CoinList, Head of Remote bei AngelList und CTO bei On Deck.
Die Unterstützung ist beeindruckend breit: Mehr als 16.000 Personen haben die Petition unterzeichnet, darunter prominente Gründer wie Hanno Renner (Personio), Jarek Kutylowski (DeepL), Verena Pausder (Start-up-Verband) und die Gründer von Revolut und Bolt. Auch hochrangige Politiker signalisieren Unterstützung, darunter der ehemalige Zentralbankchef Mario Draghi und der ehemalige italienische Premier Enrico Letta.
Besonders bemerkenswert ist die Unterstützung durch etablierte Anwaltskanzleien wie Cooley, Orrick und Osborne Clarke, die bei der Ausarbeitung der rechtlichen Details mitwirken. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach bereits im Januar 2025 in Davos vom “28. Regime”.
Wie ist der aktuelle Stand und Zeitplan?
Die Initiative hat bereits konkrete politische Fortschritte erzielt. Im Mai 2025 wurde die EU Inc. Teil des offiziellen Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission als Teil der “EU Startup and Scaleup Strategy”. Die Kommission hat eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, mit der die Initiatoren in regelmäßigem Kontakt stehen.
Der Zeitplan ist ambitioniert aber realistisch: Im ersten Quartal 2026 soll die Europäische Kommission ihre Gesetzesvorschläge veröffentlichen. Nach Beratungen im Europäischen Rat und Parlament soll die EU Inc. 2027 in Kraft treten. Andreas Klinger hofft optimistisch: “Im besten Fall könne dann 2028 bereits die erste Firma in der neuen Gesellschaftsform gestartet werden”.
Bis Ende September 2025 lief eine öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission, bei der Stakeholder ihre Meinungen zur geplanten Initiative einbringen konnten. Die Initiatoren arbeiten parallel daran, auf Ebene der Mitgliedstaaten politische Unterstützung zu mobilisieren, um sicherzustellen, dass der finale Gesetzesvorschlag ambitioniert genug ausfällt.
Welche Rolle spielt Mario Draghis Bericht in diesem Kontext?
Mario Draghis Bericht zur Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, veröffentlicht im September 2024, bildet eine wichtige politische Grundlage für die EU Inc. Initiative. Der Bericht identifiziert die Schließung der Innovationslücke zu USA und China als zentrale Herausforderung und fordert eine neue Industriestrategie für Europa.
Draghis Analyse zeigt drastisch auf, wie Europa zurückfällt: Die Produktivität in der EU liegt weiter hinter den USA zurück und verbessert sich langsamer als in asiatischen Märkten. Der etwa 400-seitige Bericht enthält 170 Empfehlungen und schätzt, dass die digitale, soziale und nachhaltige Transformation der EU-Volkswirtschaft jährlich etwa 800 Milliarden Euro an Investitionen erfordern wird.
Draghi warnte eindringlich, dass die europäischen Regierungen “den Ernst der Lage nicht begriffen” hätten. Sein Bericht betont besonders den Abbau regulatorischer Hürden für Innovation und die Reduzierung der fragmentierten Binnenmarktstruktur als zentrale Wachstumshindernisse. Diese Diagnose deckt sich perfekt mit den Zielen der EU Inc. Initiative.
Wie reagiert die deutsche Start-up-Szene auf die Initiative?
Die Reaktion in Deutschland ist überwiegend positiv. Verena Pausder, die seit Dezember 2023 Vorstandsvorsitzende des deutschen Start-up-Verbands ist, unterstützt die Initiative aktiv. Sie betont: “Eine EU Inc. würde Hindernisse abbauen, Wachstum über Ländergrenzen hinweg ermöglichen und damit die Innovationskraft unseres Kontinents vervielfachen”.
Der deutsche Start-up-Verband, der 1.200 Mitglieder vereint, sieht die EU Inc. als Teil einer umfassenden Innovationsagenda. Pausder, die als Unternehmerin, Investorin und Co-Gründerin des FC Viktoria Berlin vielfältige Erfahrungen mitbringt, argumentiert für einen “unternehmerischen Aufbruch” für Deutschland.
Auch prominente deutsche Gründer unterstützen die Initiative. Hanno Renner, Chef des Münchener Milliarden-Start-ups Personio, fordert: “Wir müssen uns unabhängig von den USA und China machen, vor allem bei Technologieinnovationen”. Er beklagt, dass Personio aufgrund der fragmentierten europäischen Rechtslage sieben Standorte in Europa mit entsprechend vielen einzelnen Töchtern unterhalten muss.
Welche konkreten Probleme löst die EU Inc.?
Die EU Inc. adressiert mehrere fundamentale Probleme des europäischen Start-up-Ökosystems. Erstens die Komplexität der Gründung: Während in den USA Start-ups schnell und digital gegründet werden können, erfordern viele europäische Länder noch Notartermine, Mindestkapital und komplexe bürokratische Verfahren.
Zweitens die Investitionshürden: Katharina Wilhelm vom internationalen Risikokapitalgeber Index Ventures erklärt: “Viele Angel-Investoren und internationale Fonds schrecken inzwischen vor Ländern wie Deutschland zurück – schlicht wegen des hohen Aufwands und der rechtlichen Komplexität”. Investoren müssen für jedes Land separate rechtliche und steuerliche Prüfungen durchführen lassen.
Drittens die Skalierungsbarrieren: Ein Start-up aus Kalifornien kann problemlos in allen amerikanischen Bundesstaaten expandieren, während europäische Unternehmen in jedem Land separate Töchterfirmen gründen müssen. Dies verlangsamt nicht nur das Wachstum, sondern verursacht auch erhebliche Kosten und administrativen Aufwand.
Viertens die Mitarbeiterbeteiligung: Standardisierte Stock-Option-Programme sind in Europa aufgrund unterschiedlicher nationaler Regelungen schwer umsetzbar, was es schwieriger macht, Talente zu gewinnen und zu halten.
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EU Inc.: Wie eine einheitliche Rechtsform Europas Start-ups neu erfinden könnte
Welche Hindernisse und Kritikpunkte gibt es?
Trotz breiter Unterstützung gibt es auch skeptische Stimmen. Ein Hauptkritikpunkt betrifft die Komplexität der Umsetzung: Die Harmonisierung von Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht zwischen 27 Mitgliedstaaten ist ein enormes regulatorisches Unterfangen.
Einige Beobachter befürchten, dass die EU Inc. in der Praxis durch Kompromisse zwischen den Mitgliedstaaten verwässert werden könnte. Die Geschichte der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) zeigt, dass paneuropäische Rechtsformen nicht automatisch zu breiter Adoption führen, wenn sie nicht substanziell einfacher sind als nationale Alternativen.
Steuerliche Fragen bleiben komplex: Während die EU Inc. als Rechtsform harmonisiert werden soll, bleiben Besteuerung und Arbeitsrecht grundsätzlich auf nationaler Ebene. Dies könnte dazu führen, dass viele der aktuellen Probleme bestehen bleiben, auch wenn die Gesellschaftsform vereinheitlicht wird.
Zeitliche Herausforderungen sind ebenfalls relevant: Selbst bei erfolgreicher politischer Umsetzung wird es Jahre dauern, bis die ersten EU Inc. gegründet werden können. In der schnelllebigen Start-up-Welt könnte dies zu spät sein, um den aktuellen Rückstand zu USA und China aufzuholen.
Wie positioniert sich die EU-Kommission zur Initiative?
Die EU-Kommission hat die EU Inc. Initiative nicht nur aufgegriffen, sondern als zentralen Bestandteil ihrer Start-up-Strategie positioniert. Stéphane Séjourné, Exekutiv-Vizepräsident für Wohlstand und Industriestrategie, erklärt: “Unternehmen, die in Europa gegründet werden, müssen in Europa wachsen”.
Die Kommission plant ein umfassendes Maßnahmenpaket in fünf Bereichen: Förderung eines innovationsfreundlichen Umfelds, bessere Finanzierung, Unterstützung der Marktakzeptanz und Expansion, Anwerbung und Bindung von Spitzenkräften sowie leichteren Zugang zu Infrastruktur und Netzwerken.
Besonders interessant ist die “Blue Carpet”-Initiative (2025-2026), die sich auf unternehmerische Bildung, steuerliche Aspekte von Mitarbeiterbeteiligungen und grenzüberschreitende Beschäftigung konzentriert. Die Kommission will auch Fast-Track-Visa für Nicht-EU-Gründer fördern.
Das geplante “European Business Wallet” soll durch eine einheitliche digitale Identität nahtlose digitale Interaktionen mit öffentlichen Verwaltungen in der gesamten EU ermöglichen. Dies würde die Vision der EU Inc. um eine digitale Infrastruktur ergänzen.
Welche Rolle spielen internationale Investoren?
Internationale Investoren, besonders aus den USA, spielen eine entscheidende Rolle im europäischen Start-up-Ökosystem. Diese Abhängigkeit ist jedoch problematisch: US-Investoren wie Sequoia, Bessemer Ventures und Andreessen Horowitz investieren hauptsächlich in bereits etabliertere europäische Start-ups, die höhere Finanzierungssummen für ihr Wachstum benötigen.
Die Zahlen verdeutlichen das Ungleichgewicht: Über ein Viertel (27 Prozent) der Investitionen in europäische Start-ups stammen aus den USA, während europäische Investoren nur sieben Prozent des Dealvolumens in den USA ausmachen. Zwischen 2020 und 2024 kamen rund 60 Prozent der Mittel europäischer Start-ups von Investoren aus dem Ausland.
Diese Abhängigkeit birgt strategische Risiken: Externe Investoren können andere Prioritäten haben als europäische Stakeholder. Sie könnten erfolgreiche europäische Start-ups in ihre Heimatmärkte verlagern oder bei wirtschaftlichen Spannungen ihre Investitionen zurückziehen.
Die EU Inc. könnte hier Abhilfe schaffen: Standardisierte Investitions-Dokumente und vereinfachte rechtliche Strukturen würden es europäischen Investoren erleichtern, grenzüberschreitend zu investieren. Dies könnte die Entwicklung eines stärkeren paneuropäischen VC-Marktes fördern.
Wie unterscheidet sich die Situation in verschiedenen europäischen Ländern?
Die Fragmentierung Europas zeigt sich deutlich in den Länderunterschieden. Frankreich hat Deutschland als zweitgrößten Start-up-Markt Europas überholt: 2024 erhielten französische Start-ups rund 7,5 Milliarden Dollar, während deutsche Unternehmen etwa 6,7 Milliarden Dollar bekamen. Großbritannien bleibt mit 13,1 Milliarden Dollar unangefochten an der Spitze.
Diese Unterschiede spiegeln unterschiedliche regulatorische Umgebungen wider. Frankreich hat in den letzten Jahren gezielt Start-up-freundliche Reformen durchgeführt, während Deutschland mit bürokratischen Hürden kämpft. Der Brexit hat Großbritannien paradoxerweise nicht wesentlich geschadet, da London als Finanzplatz weiterhin attraktiv für internationale Investoren ist.
In Deutschland sind die strukturellen Probleme besonders ausgeprägt: Europäische Pensionsfonds investieren nur 0,01 Prozent ihres Kapitals in Risikokapitalgeber, deutlich weniger als in den USA. Im deutschsprachigen Raum ist dieser Anteil sogar rückläufig und liegt unter dem Niveau von 2016.
Die geplante zwölf Milliarden Euro schwere Win-Initiative der Bundesregierung soll neue Impulse geben, aber es wird Jahre dauern, bis das Ökosystem davon profitiert. Die EU Inc. könnte schneller wirken, da sie regulatorische statt nur finanzielle Hürden adressiert.
Welche Auswirkungen hätte die EU Inc. auf die Wettbewerbsfähigkeit?
Die EU Inc. könnte Europa dabei helfen, den Anschluss an die USA und China nicht vollständig zu verlieren. Aktuell ist der Abstand dramatisch: Der US-Markt für Venture Capital entspricht 0,7 Prozent des BIP, während die sieben Milliarden Euro deutsche Start-up-Investitionen nur etwa 0,2 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung ausmachen.
Europa hat fundamentale Stärken, die durch bessere Strukturen genutzt werden könnten: exzellente Forschungslandschaften, starken Mittelstand, Expertise in Industrieautomation und Leistungshalbleitern. Die Region ist auch führend in bestimmten Nischentechnologien und verfügt über ein BIP, das mit den USA vergleichbar ist.
Die EU Inc. könnte besonders bei Deep Tech und Robotik Vorteile bringen. Andreas Klinger argumentiert, dass Europa mit seinen Produktionsnetzwerken und Computer-Vision-Expertise eigentlich der bessere Standort für Robotik-Unternehmen wäre, wenn rechtliche und Finanzierungsbarrieren beseitigt würden.
Ein vereinheitlichtes europäisches System könnte auch die “Flucht” europäischer Gründer in die USA stoppen. Der Anteil der Europäer, die in den USA gründen, ist in den letzten Jahren auf etwa elf Prozent gestiegen. Daniel Khachab, Gründer der Gastro-Bestell-App Choco, dringt darauf, schnell zu handeln: “Ich sehe EU Inc. als Hoffnungszeichen, welches wir in diesen Zeiten benötigen, in denen alle darüber nachdenken, die EU zu verlassen”.
Welche technischen und praktischen Herausforderungen müssen gelöst werden?
Die praktische Umsetzung der EU Inc. erfordert erhebliche technische Infrastruktur. Ein zentrales EU-Register muss geschaffen werden, das mit nationalen Systemen kompatibel ist. Dies ist besonders komplex, da verschiedene Länder unterschiedliche IT-Systeme und Datenstandards verwenden.
Die Standardisierung von Investitions-Dokumenten (EUFAST) ist rechtlich anspruchsvoll. Diese Dokumente müssen mit unterschiedlichen nationalen Kapitalmarktgesetzen kompatibel sein, während sie gleichzeitig einfach und standardisiert bleiben. Internationale Anwaltskanzleien arbeiten bereits an Entwürfen, aber die finale Abstimmung mit 27 nationalen Rechtssystemen wird komplex.
KYC (Know Your Customer) und AML (Anti-Money Laundering) Prozesse müssen harmonisiert werden. Aktuell hat jedes EU-Land eigene Verfahren, was grenzüberschreitende Geschäfte erschwert. Eine einheitliche EU Inc. würde standardisierte, aber dennoch rechtskonforme Verfahren benötigen.
Die Integration mit bestehenden Banking- und Beschäftigungsplattformen ist ebenfalls herausfordernd. Start-ups müssen nahtlos mit verschiedenen nationalen Banken, Payroll-Anbietern und HR-Systemen arbeiten können, ohne die Komplexität der aktuellen Multi-Country-Setups.
Wie könnte die EU Inc. das europäische Start-up-Ökosystem transformieren?
Die EU Inc. könnte einen fundamentalen Paradigmenwechsel bewirken. Statt 27 fragmentierter nationaler Märkte entstünde ein einheitlicher europäischer Start-up-Markt mit 450 Millionen Konsumenten. Dies würde europäischen Start-ups von Beginn an eine kritische Masse bieten, die mit dem amerikanischen Markt vergleichbar ist.
Der “Flywheel-Effekt” könnte sich beschleunigen: Einfachere Gründungen führen zu mehr Start-ups, was mehr Investoren anzieht, was wiederum das Ökosystem stärkt. Andreas Klinger beschreibt dies als Lösung für systematische Nachteile, die dazu führten, dass Europa Web 2.0 aufgrund von Medien-, Sprach- und Investorenfragmentierung verlor.
Talentmobilität würde sich dramatisch verbessern. Mit standardisierten Stock-Option-Programmen könnten europäische Start-ups leichter Spitzentalente aus verschiedenen Ländern gewinnen und halten. Dies ist besonders wichtig, da Europa zwar exzellente Universitäten hat, aber viele Absolventen in die USA abwandern.
Die Kapitalmärkte könnten sich integrieren: Wenn Investoren nicht mehr für jedes Land separate Due-Diligence-Prozesse durchlaufen müssen, könnten europäische VC-Fonds effizienter grenzüberschreitend investieren. Dies würde den Kapitalfluss innerhalb Europas erhöhen und die Abhängigkeit von US-Investoren reduzieren.
Welche langfristigen strategischen Implikationen hat die Initiative?
Die EU Inc. ist mehr als nur eine regulatorische Reform – sie ist Teil einer umfassenderen Strategie für europäische technologische Souveränität. In einer Zeit, in der geopolitische Spannungen zwischen USA, China und Europa zunehmen, wird die Fähigkeit, eigene Technologie-Champions zu entwickeln, zunehmend strategisch wichtig.
Die Initiative könnte Europa dabei helfen, seine eigene “Delaware-Inc-Äquivalent” zu schaffen. Delaware zieht aufgrund seiner unternehmensfreundlichen Gesetze einen überproportionalen Anteil amerikanischer Unternehmen an. Eine erfolgreiche EU Inc. könnte ähnlich wirken und internationale Unternehmen nach Europa ziehen.
Besonders im Bereich Künstlicher Intelligenz könnte dies relevant werden. Während die EU bereits ein Drei-Milliarden-Euro-Innovationspaket für KI-Start-ups beschlossen hat, könnte die EU Inc. zusätzliche strukturelle Vorteile bieten. Europäische KI-Unternehmen könnten von strengeren EU-Datenschutzgesetzen profitieren, wenn sie gleichzeitig einfacher skalieren können.
Die Integration in die breiteren EU-Digitalpolitiken ist ebenfalls bedeutsam. Die EU Inc. fügt sich in Initiativen wie die Digitale Dekade, den Digital Services Act und die geplante KI-Verordnung ein. Gemeinsam könnten diese Regelungen Europa als Alternativstandort zu USA und China positionieren.
Die Zeitdimension ist kritisch: Wenn die EU Inc. erfolgreich ist, könnte sie Europa helfen, die nächste Technologie-Welle (Web 3.0, fortgeschrittene KI, Quantencomputing) nicht wieder zu verpassen. Scheitert sie oder kommt zu spät, könnte Europa seine Rolle als Technologie-Entwickler dauerhaft verlieren.
Die EU Inc. Initiative repräsentiert somit mehr als nur bürokratische Vereinfachung – sie ist ein Versuch, Europas Position in der globalen Innovationslandschaft fundamental zu stärken und langfristige technologische Souveränität zu sichern.
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