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China | Pekings Dilemma zwischen Export-Boom und Binnenmarkt-Stagnation: Die strukturelle Exportabhängigkeit als Wachstumsfalle

China | Pekings Dilemma zwischen Export-Boom und Binnenmarkt-Stagnation: Die strukturelle Exportabhängigkeit als Wachstumsfalle

China | Pekings Dilemma zwischen Export-Boom und Binnenmarkt-Stagnation: Die strukturelle Exportabhängigkeit als Wachstumsfalle – Bild: Xpert.Digital

Chinas bizarre Wirtschaftskrise: Warum Rekord-Exporte das Land nicht retten können

### Deflation, Immobiliencrash, Konsum-Kollaps: Gerät Pekings Planwirtschaft außer Kontrolle? ### „Verlorene Dekaden“ für China? Darum droht Peking jetzt das Schicksal Japans ### Der zweite China-Schock rollt an: Wie Peking seine Wirtschaftskrise nach Deutschland exportiert ### Wachstumsmotor stottert, Jugend ohne Job: Steuert China auf eine soziale Explosion zu? ###

Handelsüberschuss kontra schwacher Konsum: Chinas Strukturproblem – China zwischen Rekordhandel und Binnennachfrage-Kollaps

Chinas Wirtschaft sendet im Herbst 2025 zutiefst widersprüchliche Signale und offenbart eine fundamentale Krise ihres jahrzehntelang erfolgreichen Wachstumsmodells. Während das Land mit einem Handelsüberschuss von 875 Milliarden Dollar Rekorde im Export bricht, bricht die heimische Wirtschaft ein: Das Bruttoinlandsprodukt droht mit einem erwarteten Wachstum von nur 4,7 Prozent das offizielle Fünf-Prozent-Ziel zu verfehlen, der Einzelhandel stagniert, und die Immobilienkrise verschärft sich weiter.

Diese dramatische Schere zwischen boomendem Außenhandel und kollabierender Binnennachfrage ist kein Zufall, sondern das Symptom einer tiefen strukturellen Krankheit. Chinas Wirtschaftsmodell, das auf Exporten, Infrastrukturinvestitionen und einem überhitzten Immobiliensektor basierte, ist erschöpft. Der Export-Boom ist in Wahrheit eine Flucht nach vorn: Unternehmen fluten die Weltmärkte mit billigen Produkten, um ihre massiven Überkapazitäten abzubauen, und exportieren so die heimische Deflation. Das Kernproblem liegt in der chronisch schwachen Kaufkraft der eigenen Bevölkerung: Der private Konsum macht nur rund 40 Prozent der Wirtschaftsleistung aus – ein Wert, der weit unter dem globalen Durchschnitt liegt und das System instabil macht.

Für die politische Führung in Peking entsteht daraus ein gefährliches Dilemma. Sie steht unter massivem Handlungsdruck, den Übergang zu einem nachhaltigeren, konsumgetriebenen Modell zu schaffen. Doch dafür wären tiefgreifende und politisch riskante Reformen des Sozialsystems und eine Umverteilung von Vermögen notwendig. Angesichts der anhaltenden Deflation, einer tickenden Schuldenbombe bei den Lokalregierungen und einer alarmierend hohen Jugendarbeitslosigkeit droht China eine Stagnationsphase nach japanischem Vorbild – mit weitreichenden Konsequenzen für die globale Wirtschaftsordnung.

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Wenn die Wirtschaftsdaten fallen, steigt der politische Handlungsdruck – eine kapitalistische Binsenweisheit, die auch für staatliche Planwirtschaften gilt

Chinas Wirtschaft befindet sich im dritten Quartal 2025 in einer Zwickmühle, die fundamentale Konstruktionsfehler des bisherigen Wachstumsmodells offenlegt. Das Bruttoinlandsprodukt expandierte laut Umfragen mit voraussichtlich nur 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr – der schwächste Wert seit zwölf Monaten und deutlich unter der Zielmarke von fünf Prozent. Diese Verlangsamung erfolgt in einem paradoxen Umfeld: Während China Rekordexporte verzeichnet und einen Handelsüberschuss von 875 Milliarden Dollar im bisherigen Jahresverlauf 2025 akkumuliert hat, kollabiert die Binnennachfrage. Der Einzelhandel wächst im September lediglich mit drei Prozent, die Industrieproduktion expandiert nur noch um etwa fünf Prozent, und Immobilieninvestitionen fallen weiter. Diese Diskrepanz zwischen florierendem Außenhandel und stagnierender Binnenwirtschaft offenbart das zentrale Strukturproblem: Chinas Konsum macht gegenwärtig nur etwa 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, verglichen mit einem weltweiten Durchschnitt von 56 Prozent. In entwickelten Volkswirtschaften wie den USA liegt der Konsumanteil am BIP bei über 65 Prozent, in Japan und Südkorea ebenfalls deutlich höher als in China.

Diese strukturelle Schieflage ist kein Zufall, sondern Resultat jahrzehntelanger wirtschaftspolitischer Weichenstellungen. Das chinesische Wachstumsmodell basierte traditionell auf drei Säulen: exportorientierte Industrialisierung, massive Infrastrukturinvestitionen und Immobilienentwicklung. Alle drei Säulen zeigen nun gleichzeitig Ermüdungserscheinungen. Der Exportboom 2025 täuscht über die fundamentale Schwäche hinweg – er resultiert primär aus dem verzweifelten Versuch chinesischer Unternehmen, Überkapazitäten auf Weltmärkten abzusetzen, während die heimische Nachfrage einbricht. Chinas Handelsbilanzüberschuss erreichte im ersten Halbjahr 2025 Rekordniveau von 586 Milliarden Dollar, doch dieser Erfolg spiegelt nicht wirtschaftliche Stärke wider, sondern katastrophale Binnennachfrage. Die Volksrepublik exportiert ihre deflationären Tendenzen, da Erzeugerpreise seit 35 Monaten fallen und der durchschnittliche Preis chinesischer Exporte sinkt.

Die politischen Entscheidungsträger in Peking stehen damit vor einem fundamentalen Dilemma: Das bisherige Wachstumsmodell ist erschöpft, doch der Übergang zu einem konsumgetriebenen Wirtschaftsmodell nach westlichem Vorbild erfordert tiefgreifende Strukturreformen, die politische Risiken bergen. Die jüngsten Wirtschaftsdaten vom Oktober 2025 erhöhen den Druck auf die Regierung massiv. Analysten betonen einhellig, dass ohne substanzielle Konjunkturmaßnahmen zur Stimulierung des Binnenkonsums das Fünf-Prozent-Wachstumsziel verfehlt wird. Das Politbüro der Kommunistischen Partei wird voraussichtlich im Oktober zusammentreten, um über den 15. Fünfjahresplan zu beraten – ein Treffen, das angesichts der aktuellen Lage höchste Bedeutung hat. Die Erwartung an den Finanzmärkten ist eindeutig: Zusätzliche Stimulationsmaßnahmen sind nur eine Frage der Zeit. Doch die bisherigen Konjunkturpakete blieben halbherzig und enttäuschten systematisch die Erwartungen.

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Von Mao zu Xi: Die wirtschaftspolitische Genealogie der gegenwärtigen Krise

Die Wurzeln der heutigen Wirtschaftskrise reichen weit zurück in die Transformationsgeschichte der Volksrepublik. Nach dem Tod Mao Zedongs 1976 und dem Beginn der Reformära unter Deng Xiaoping ab 1978 vollzog China einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg. Die Öffnungspolitik und schrittweise Marktliberalisierung hoben Hunderte Millionen Menschen aus der Armut und katapultierten das Land zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Das chinesische Bruttoinlandsprodukt ist kaufkraftbereinigt heute etwa 25 Prozent größer als das der USA, wobei diese Zahlen durchaus umstritten sind und die tatsächliche Wirtschaftsleistung Chinas möglicherweise noch höher liegt.

Der Erfolg basierte auf einem spezifischen Entwicklungsmodell: China setzte auf exportorientierte Industrialisierung mit niedrigen Lohnkosten, massive Infrastrukturinvestitionen und technologischen Aufholprozess durch Technologietransfer und zunehmend eigene Innovationen. Die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation ab 2001 gab diesem Modell zusätzlichen Schub. Doch dieses Wachstumsmodell trug strukturelle Ungleichgewichte in sich, die lange durch hohe Wachstumsraten überdeckt wurden. Die Konsumquote Chinas blieb systematisch niedrig, während die Investitionsquote auf nicht nachhaltige Niveaus kletterte. Nach der globalen Finanzkrise 2008/2009 reagierte China mit einem massiven Konjunkturprogramm, das primär auf Infrastrukturinvestitionen und Immobilienentwicklung setzte. Diese Reaktion stabilisierte kurzfristig die Weltwirtschaft, schuf aber langfristig enorme Probleme.

Das schuldenfinanzierte Wachstumsmodell der vergangenen 15 Jahre führte zu mehreren strukturellen Verwerfungen. Erstens explodierten die Schulden der Lokalregierungen und ihrer sogenannten Finanzierungsvehikel (Local Government Financing Vehicles, LGFVs). Diese quasi-staatlichen Plattformen umgehen formale Verschuldungsgrenzen und häuften bis Ende 2024 geschätzte 60 Billionen Yuan Schulden an – zusätzlich zu offiziellen lokalen Staatsschulden von 48 Billionen Yuan. Die Gesamtverschuldung der Gebietskörperschaften erreichte 92 Billionen Yuan oder 76 Prozent der Wirtschaftsleistung, verglichen mit 62,2 Prozent 2019. Der Internationale Währungsfonds schätzt die LGFV-Schulden für 2023 auf neun Billionen Dollar. Diese Verschuldung wurde primär für Infrastrukturprojekte verwendet, deren wirtschaftlicher Ertrag oft fraglich ist. Die Einnahmen der Lokalregierungen basierten zu großen Teilen auf Landverkäufen an Immobilienentwickler – ein System, das mit dem Platzen der Immobilienblase kollabierte.

Zweitens führte die Immobilienblase zu systemischen Risiken. Der Immobiliensektor machte zeitweise über 20 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung aus. Immobilienentwickler häuften extreme Schuldenlasten an, verkauften Wohnungen, bevor diese fertiggestellt waren, und finanzierten damit weitere Projekte – ein klassisches Ponzi-Schema. Als die Regierung 2020 regulatorisch eingriff, um Überschuldung zu begrenzen, brach das System zusammen. Evergrande, Country Garden und rund 75 Prozent der größten Bauträger von 2020 sind inzwischen zahlungsunfähig. Schätzungsweise 20 Millionen unfertige Wohnungen existieren landesweit, Käufer stellten Zahlungen ein, Immobilienpreise fallen seit Jahren kontinuierlich. Im Juli 2025 fielen Neubauwohnungspreise um 0,31 Prozent, Gebrauchtimmobilien um 0,55 Prozent monatlich. Die Krise dauert nun über vier Jahre an, ohne dass eine Wende in Sicht wäre.

Drittens führte die Überbetonung von Investitionen zu massiven Überkapazitäten in zahlreichen Industrien. Mit der industriepolitischen Initiative Made in China 2025, die 2015 startete, wollte Peking das Land zu einer führenden Technologienation machen. Die Strategie zielte auf Selbstversorgungsraten von 70 Prozent bei Kernmaterialien und Komponenten in Schlüsselindustrien bis 2025. Provinzen und Städte setzten diese Vorgaben mit enormen Subventionen um – oft ohne Koordination, was zu ruinösen Überkapazitäten führte. Besonders dramatisch zeigt sich dies in der Solarindustrie: China installierte 2023 allein 216 Gigawatt Solarkapazität – das Fünfzehnfache Deutschlands. Die chinesische Solarproduktion übersteigt die Aufnahmefähigkeit des eigenen Stromnetzes und der Weltmärkte bei weitem. Ähnliche Überkapazitäten existieren in der Elektroautomobilität, Windenergie, Stahlindustrie und anderen Sektoren. Diese Überkapazitäten führen zu Preiskämpfen, die selbst chinesische Hersteller in die Verlustzone treiben.

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Anatomie einer Wirtschaftskrise: Deflation, Arbeitslosigkeit und Vertrauensverlust

Die gegenwärtige Wirtschaftslage Chinas lässt sich durch mehrere quantitative und qualitative Indikatoren präzise charakterisieren. Das BIP-Wachstum verlangsamte sich im zweiten Quartal 2025 auf 1,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, was einem annualisierten Wachstum von etwa 4,4 Prozent entspricht – unter dem Fünf-Prozent-Ziel. Für das dritte Quartal erwarten Analysten lediglich 4,5 bis 4,7 Prozent Jahreswachstum. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für 2025 insgesamt 4,8 Prozent Wachstum und für 2026 nur noch 4,2 Prozent. Einige Prognosen sehen sogar nur 4,4 Prozent für 2025. Damit droht China sein offizielles Wachstumsziel zu verfehlen, was politisch hochbrisant wäre.

Die Binnenkonjunktur zeigt auf breiter Front Schwäche. Der Einzelhandelsumsatz wuchs in den ersten fünf Monaten 2025 um fünf Prozent, für September werden nur noch drei Prozent Wachstum prognostiziert. Die Industrieproduktion expandierte im März 2025 noch mit über sieben Prozent, für September erwarten Analysten nur noch etwa fünf Prozent Zuwachs. Besonders alarmierend entwickeln sich die Investitionen: Immobilieninvestitionen schrumpften in den ersten sieben Monaten 2024 um zwölf Prozent, die Investitionstätigkeit insgesamt stagnierte im bisherigen Jahresverlauf 2025. Diese Schwäche der Investitionen ist bemerkenswert, da China traditionell stark investitionsgetrieben wuchs.

Die deflationären Tendenzen verstärken sich. Die Verbraucherpreise sanken im August 2025 um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr – erstmals seit drei Monaten wieder im negativen Bereich. Analysten hatten nur einen Rückgang um 0,2 Prozent erwartet. Im September blieben die Verbraucherpreise zwar leicht positiv, doch der deflationäre Druck ist unverkennbar. Noch dramatischer entwickeln sich die Erzeugerpreise: Sie fallen seit 35 aufeinanderfolgenden Monaten. Im August sanken sie um 2,9 Prozent, im September um 2,3 Prozent. Diese anhaltende Produzentendeflation reflektiert Überkapazitäten und schwache Nachfrage. China befindet sich de facto in einem deflationären Umfeld, was konsumhemmend wirkt, da Verbraucher Käufe aufschieben in Erwartung weiter fallender Preise.

Der Arbeitsmarkt zeigt erhebliche Spannungen, insbesondere bei jungen Menschen. Die Jugendarbeitslosigkeit für 16- bis 24-Jährige (ohne Studenten) stieg im August 2025 auf 18,9 Prozent – der höchste Stand seit Dezember 2023. Im Juli lag sie bereits bei 17,8 Prozent, nachdem sie im Juni noch 14,5 Prozent betragen hatte. Diese dramatischen Schwankungen und das hohe Niveau reflektieren strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt. Absolventen finden schwer Anstellung, da Sektoren wie Technologie, Immobilien und Bildung unter Druck stehen. Kleine und mittlere Unternehmen – wichtige Arbeitgeber junger Menschen – kämpfen mit engen Finanzierungsbedingungen. Die Gesamtarbeitslosenquote in städtischen Gebieten stieg im August auf 5,3 Prozent. Die Regierung hatte 2023 zeitweise die Veröffentlichung von Jugendarbeitslosenzahlen eingestellt, nachdem diese über 21 Prozent erreicht hatten, und die Methodik später angepasst.

Das Verbrauchervertrauen bleibt trotz Erholungstendenzen historisch niedrig. Der Primary Consumer Sentiment Index lag im Oktober 2025 zwar höher als in den Vormonaten, aber das Konsumklima ist fragil. Mehrere Faktoren hemmen den privaten Konsum systematisch: Erstens vernichtet die Immobilienkrise Vermögen, da Wohnimmobilien den Großteil des Haushaltsvermögens chinesischer Familien ausmachen. Fallende Immobilienpreise schmälern gefühlten Wohlstand und erhöhen Vorsichtssparen. Zweitens zahlen viele Haushalte Immobilienkredite vorzeitig zurück statt zu konsumieren, um Überschuldung zu vermeiden. Drittens ist das soziale Sicherungsnetz unzureichend ausgebaut, was Vorsichtssparen erzwingt. Die Rentenversicherung deckt nicht alle Bevölkerungsschichten ausreichend ab, die Gesundheitsversorgung erfordert erhebliche Zuzahlungen, Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe bleiben rudimentär. Viertens schafft die hohe Jugendarbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigungslage Zukunftsängste.

Eine kürzlich erfolgte Reform der Sozialversicherungspflicht verschärft die Situation paradoxerweise. Ab September 2025 müssen alle Arbeitgeber für sämtliche Festangestellten Sozialversicherungsbeiträge entrichten – eine Praxis, die bisher oft umgangen wurde. Diese Reform soll langfristig das soziale Netz stärken und Rentenkassen sanieren, belastet kurzfristig aber sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Kleine Unternehmen sehen ihre Kosten steigen, Beschäftigte erhalten weniger Nettolohn. In einer Phase wirtschaftlicher Schwäche verstärkt diese Reform den Druck auf Konsum und Beschäftigung, obwohl die langfristige Intention – Stärkung der sozialen Sicherheit – grundsätzlich richtig ist.

Der Immobiliensektor zeigt trotz massiver Regierungsinterventionen keine Stabilisierung. Die Regierung kündigte im Mai 2024 und wiederholt danach Maßnahmen an: Senkung der Eigenkapitalanforderungen für Erstkäufer von 20 auf 15 Prozent, Aufhebung von Untergrenzen für Hypothekenzinsen, ein 300-Milliarden-Yuan-Programm zum Aufkauf unfertiger Immobilien zur Umwandlung in Sozialwohnungen. Im November 2024 verdoppelte China das Kreditvolumen auf der sogenannten White List für Immobilienprojekte und Bauträger nahezu. Finanzierungsvolumen für unfertige Projekte wurden massiv erhöht. Dennoch fallen Preise weiter, Verkäufe brechen ein. Die Ratingagentur Fitch bezeichnet die Markterholung als fragil und abhängig von Konjunktur, Beschäftigung und Haushaltseinkommen – alles angeschlagene Faktoren. Nomura-Ökonomen warnen vor drohender Nachfragekrise in der zweiten Jahreshälfte.

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Zwischen Stagnation und Stimulus: Wie unterschiedliche Systeme auf Wachstumskrisen reagieren

Ein vergleichender Blick auf andere Volkswirtschaften und deren Umgang mit strukturellen Wirtschaftsproblemen erhellt die chinesische Situation. Besonders instruktiv sind die Fälle Japans, der USA und Deutschlands, die unterschiedliche Entwicklungsmodelle und Krisenreaktionen repräsentieren.

Japan durchlief nach dem Platzen seiner Immobilien- und Aktienblase 1990/91 drei verlorene Dekaden mit niedrigem Wachstum und Deflation. Die Parallelen zu China sind offensichtlich: Immobilienblase, hohe Verschuldung, demografischer Wandel, Deflationsrisiken. Japan reagierte mit jahrzehntelanger Niedrigzinspolitik, massiven öffentlichen Infrastrukturinvestitionen und schließlich quantitativer Lockerung durch die Zentralbank. Die Staatsschuldenquote explodierte auf über 250 Prozent des BIP. Dennoch gelang kein nachhaltiger Ausbruch aus der Wachstumsfalle. Erst in jüngster Zeit zeigt Japan wieder solideres Wachstum, getragen von Konsumnachfrage und Unternehmensinvestitionen. Das BIP wuchs im zweiten Quartal 2025 annualisiert um 2,2 Prozent. Dieser Erfolg basiert auf Strukturreformen des Arbeitsmarktes, steigenden Löhnen und verbessertem Konsumentenvertrauen. Die japanische Erfahrung lehrt: Ohne Strukturreformen verpuffen monetäre und fiskalische Stimuli; der Ausweg aus Deflation und Stagnation erfordert Jahrzehnte; demografischer Wandel erschwert konsumgetriebenes Wachstum massiv.

Die USA repräsentieren das Gegenmodell: Eine hochgradig konsumgetriebene Wirtschaft, in der private Konsumausgaben etwa zwei Drittel des BIP ausmachen. Die amerikanische Wirtschaft zeigt seit der Pandemie bemerkenswerte Resilienz. Das BIP wuchs im dritten Quartal 2024 um 2,8 Prozent, getragen primär von privaten Konsumausgaben. Diese Konsumstärke basiert auf mehreren Faktoren: relativ hohe Reallöhne, umfassendes soziales Sicherheitsnetz inklusive Arbeitslosenversicherung, entwickelter Kreditmarkt, Vermögenseffekte durch steigende Aktien- und Immobilienpreise. Allerdings erkauft sich dieses Modell Wachstum durch hohe Verschuldung: Die Privatschulden der Amerikaner erreichten Ende Juni 2024 einen Rekordstand von 13,9 Billionen Dollar, Hypothekenkredite übertrafen mit 9,4 Billionen Dollar das Vorkrisenniveau von 2008. Die Gesamtverschuldungsquote der USA liegt bei 351 Prozent des BIP. Die US-Konsumenten entsprechen mit ihrer Kaufkraft 17 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung – mehr als das gesamte BIP Chinas. Diese Konsumstärke stützt die Weltwirtschaft, ist aber langfristig fragil aufgrund hoher Verschuldung. Für China illustriert das US-Modell: Konsumgetriebenes Wachstum erfordert höhere Löhne, bessere soziale Sicherheit und funktionierenden Kreditmarkt – alles Bereiche, in denen China Nachholbedarf hat.

Deutschland wiederum repräsentiert ein exportorientiertes Modell ähnlich China, allerdings mit wesentlich höherer Konsumquote. Die deutsche Wirtschaft stagniert seit 2023 weitgehend, der IWF erwartet für 2025 nur 0,2 Prozent Wachstum und für 2026 0,9 Prozent. Deutschland leidet unter ähnlichen Problemen wie China: Schwache Binnennachfrage, strukturelle Probleme in Schlüsselindustrien (Automobil), Abhängigkeit von Exporten, demografischer Wandel. Besonders relevant ist die Entwicklung im Handel mit China: Deutsche Exporte nach China brachen in den ersten fünf Monaten 2025 um 14,2 Prozent ein, während Importe aus China um zehn Prozent stiegen. Besonders dramatisch sind die Verluste in der Automobilindustrie mit minus 36 Prozent Exporten nach China. Gleichzeitig importiert Deutschland chinesische Produkte zu sinkenden Preisen – China exportiert seine Deflation. Diese Entwicklung zeigt: Chinas Überkapazitäten und aggressive Exportstrategie destabilisieren Handelspartner; der zweite China-Schock trifft entwickelte Industrienationen hart.

Ein weiterer interessanter Vergleichsfall sind Schwellenländer wie Indien oder Brasilien, die stärker auf Binnenkonsum setzen. Indien zeigt beeindruckendes Wachstum von 6,6 Prozent 2025 und 6,2 Prozent prognostiziert für 2026. Dieses Wachstum basiert auf jüngerer Demografie, steigenden Einkommen, Industrialisierung und Infrastrukturinvestitionen. Indiens Entwicklungsmodell verschiebt sich von konsumgetriebenem Wachstum zu investitionsgetriebenem Wachstum, während China umgekehrt von Investitionen zu Konsum umschwenken müsste. Die demografische Dividende Indiens – eine junge, wachsende Bevölkerung – steht im krassen Gegensatz zu Chinas alternder Gesellschaft. Schwellenländer insgesamt wachsen 2025 mit 4,2 Prozent deutlich stärker als entwickelte Länder mit 1,6 Prozent. Der steigende Konsum in Emerging Markets ist ein Megatrend, von dem China als Exporteur profitieren könnte – wenn es seine Überkapazitätsprobleme löst und nicht durch Dumpingexporte Handelsbarrieren provoziert.

Die vergleichende Analyse offenbart Chinas Zwickmühle: Das japanische Szenario einer verlorenen Dekade droht, wenn strukturelle Reformen ausbleiben. Das US-Modell konsumgetriebenen Wachstums erfordert tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Umgestaltung, die politische Risiken birgt. Das deutsche Modell zeigt, dass Exportorientierung in einer fragmentierten Weltwirtschaft mit steigenden Handelshemmnissen an Grenzen stößt. Gleichzeitig verliert China relative Attraktivität gegenüber anderen Schwellenländern als Investitionsstandort und Wachstumsmotor.

 

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Von Überkapazitäten zu Krisen: Warum Chinas Industriepolitik scheitern könnte

Kritische Bewertung: Strukturelle Hindernisse, systemische Risiken und ideologische Schranken

Eine kritische Würdigung der chinesischen Wirtschaftssituation muss mehrere Dimensionen umfassen: ökonomische Risiken, soziale Verwerfungen, ökologische Folgekosten, geopolitische Implikationen und die Frage systemischer Reformfähigkeit.

Auf ökonomischer Ebene birgt die aktuelle Situation multiple Gefahren. Das Risiko einer Deflationsspirale nach japanischem Muster ist real. Fallende Preise hemmen Konsum und Investitionen, schmälern Unternehmensgewinne, erhöhen reale Schuldenlasten und führen zu Entlassungen – ein selbstverstärkender Abwärtsprozess. Die Erzeugerpreisdeflation seit 35 Monaten zeigt, dass dieser Prozess bereits weit fortgeschritten ist. Zweitens drohen Risiken für die Finanzstabilität durch die hohe Verschuldung von Lokalregierungen, Immobilienentwicklern und Unternehmen. Der IWF warnt, dass China am Rande einer Schulden-Deflationsfalle steht. Die Verschuldung der LGFVs und Lokalregierungen erreicht problematische Niveaus. Drittens könnten Überkapazitäten zu massivem Firmensterben führen, wie es in der Solarindustrie bereits absehbar ist. Wenn Unternehmen systematisch zu oder unter Produktionskosten verkaufen müssen, ist deren Existenz bedroht. Viertens besteht die Gefahr eskalierender Handelskonflikte durch Chinas aggressive Exportstrategie. Der Westen reagiert zunehmend mit Zöllen und Handelsbarrieren auf chinesische Dumpingexporte.

Sozial birgt die Krise erhebliches Konfliktpotenzial. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit schafft eine desillusionierte Generation. Fast jeder fünfte junge Mensch findet keine Beschäftigung, trotz oft exzellenter Ausbildung. Dieses Phänomen – hochqualifizierte Akademiker ohne adäquate Beschäftigung – ist politisch brisant. Gleichzeitig steigen soziale Ungleichheiten. Die Immobilienkrise trifft primär die Mittelschicht, die ihr Vermögen in Immobilien investiert hat und nun Wertverluste erleidet oder auf unfertigen Wohnungen sitzt. Die neuen Sozialversicherungspflichten belasten vor allem Geringverdiener und kleine Unternehmen. Das unzureichende soziale Netz erzwingt Vorsichtssparen und hemmt Konsum. Diese sozialen Spannungen könnten sich in Protesten entladen, was das politische System unter Druck setzen würde.

Ökologisch sind die Folgen ambivalent. Einerseits führt Chinas massive Expansion erneuerbarer Energien zu globalem Fortschritt bei Dekarbonisierung. Die Überkapazitäten in Solar- und Windenergie senken weltweit Kosten und beschleunigen Energiewende. Andererseits resultieren die Überkapazitäten aus verschwenderischer, unkoordinierter Industriepolitik. Ressourcen werden ineffizient allokiert, Umweltbelastungen durch Produktion sind erheblich. Die Überproduktion von Elektroautos führt zu Preiskämpfen, die Qualität und Nachhaltigkeit gefährden. Zudem basiert Chinas Energieversorgung weiterhin primär auf Kohle, was Klimaschutzbemühungen konterkariert.

Geopolitisch verschärft Chinas Wirtschaftsmodell internationale Spannungen. Der enorme Handelsüberschuss von über 875 Milliarden Dollar im bisherigen Jahr 2025 provoziert Handelspartner. Dieser Überschuss reflektiert nicht Stärke, sondern katastrophale Binnennachfrage und verzweifelte Exportstrategie. China überschwemmt Märkte mit subventionierten Produkten, was heimische Industrien bedroht. Die Reaktionen sind absehbar: Die EU verhängt Zölle auf chinesische Elektroautos, die USA drohen mit massiven Zollerhöhungen. Ein eskalierender Handelskrieg zwischen USA und China würde die Weltwirtschaft massiv belasten. Der IWF warnt vor diesem Szenario explizit. Zudem nutzt China zunehmend seine Monopolstellung bei kritischen Rohstoffen und Technologien als strategische Waffe. Exportkontrollen für Seltene Erden, Lithium, Graphit und andere Materialien verschärfen geopolitische Spannungen.

Die zentrale Frage ist, ob das chinesische System fähig ist zu den notwendigen Strukturreformen. Die Konsensansicht unter Ökonomen ist eindeutig: China muss den Binnenkonsum stärken, das soziale Netz ausbauen, Überkapazitäten abbauen und das Wirtschaftsmodell umstellen. Doch diese Reformen erfordern politische Entscheidungen, die Partikularinteressen verletzen und kurzfristig Wachstumseinbußen bedeuten. Die Stärkung sozialer Sicherheit erfordert höhere Steuern oder Abgaben. Der Abbau von Überkapazitäten bedeutet Firmenpleiten und Arbeitsplatzverluste. Die Reduzierung der Exportabhängigkeit schmälert Einnahmen exportorientierter Industrien und Regionen. Die Sanierung der Lokalregierungsfinanzen erfordert Steuerreformen und Zentralisierung, was regionale Interessen bedroht.

Bisher zeigen die Reformbemühungen wenig Durchschlagskraft. Das im November 2024 angekündigte Konjunkturpaket von zehn Billionen Yuan konzentrierte sich primär auf Umschuldung von Lokalregierungen, nicht auf Konsumstimulierung. Konkrete Zahlen zur Konsumförderung blieben aus. Die Maßnahmen wirkten eher stabilisierend als wachstumsfördernd. Das Politbüro kündigte im Dezember 2024 für 2025 eine proaktivere Fiskalpolitik und moderat lockere Geldpolitik an – den aggressivsten Stimuluston seit zehn Jahren. Doch die Umsetzung bleibt ungewiss. Bisher enttäuschten Ankündigungen systematisch, weil konkrete Maßnahmen und Zahlen fehlten. Der im März 2025 angekündigte Fokus auf Konsumstimulierung als oberste Priorität fand bisher keine substanzielle Umsetzung. Die für 2025 geplanten 300 Milliarden Yuan für Konsumsubventionen erscheinen angesichts einer Wirtschaftsleistung von über 18 Billionen Dollar bescheiden.

Ein strukturelles Problem ist die Dominanz politischer über ökonomische Rationalität. Präsident Xi Jinping betont verstärkt Sicherheitsaspekte und nationale Selbstversorgung. Die Made in China 2025-Strategie und der 14. Fünfjahresplan betonen technologische Selbstversorgung und Binnenmarktorientierung im Sinne einer Dual Circulation Strategy. Diese Strategie zielt darauf, China weniger verwundbar gegenüber externen Schocks zu machen. Doch sie läuft Gefahr, Ineffizienzen zu zementieren und Innovationsdynamik zu ersticken. Die Betonung staatlich gelenkter Industriepolitik führte zu den beschriebenen Überkapazitäten. Eine Kehrtwende würde ideologisches Umdenken erfordern.

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Zwischen kontrolliertem Wandel und schleichender Japanisierung

Die Entwicklungspfade der chinesischen Wirtschaft in den kommenden Jahren lassen sich in mehreren Szenarien skizzieren, die von unterschiedlichen Annahmen über Reformwilligkeit und externe Faktoren ausgehen.

Im optimistischen Reformszenario gelingt China ein gradueller Übergang zu einem konsumgetriebenen Wachstumsmodell. Die Regierung implementiert substanzielle Konsumstimuli: direkte Transferzahlungen an Haushalte, Ausbau des Rentensystems, verbesserte Gesundheitsversorgung, Steuererleichterungen für mittlere Einkommen. Die Immobilienkrise wird durch massive staatliche Interventionen stabilisiert: Aufkauf unfertiger Projekte, Rekapitalisierung angeschlagener Bauträger, Umwandlung leerstehenden Wohnraums in Sozialwohnungen. Die Verschuldung der Lokalregierungen wird durch Umschuldungsprogramme und Steuerreformen saniert. Überkapazitäten werden kontrolliert abgebaut durch Kartellbildung, Produktionsbeschränkungen und Fusionen. Die Handelskonflikte mit dem Westen werden durch Verhandlungen entschärft. In diesem Szenario stabilisiert sich das Wachstum bei vier bis 4,5 Prozent jährlich bis 2030, die Konsumquote steigt graduell auf 50 Prozent des BIP, die Deflationsrisiken werden gebannt, die Jugendarbeitslosigkeit sinkt. Dieses Szenario erfordert jedoch politischen Willen zu tiefgreifenden Reformen, den Peking bisher nicht demonstrierte.

Im pessimistischen Stagnationsszenario bleibt China in der Falle zwischen unzureichenden Stimuli und fehlenden Strukturreformen stecken. Die Konsumstimuli bleiben halbherzig, die strukturellen Probleme des Immobiliensektors bleiben ungelöst, die deflationären Tendenzen verstärken sich, die Verschuldung steigt weiter ohne Lösung der Tragfähigkeitsprobleme. Das Wachstum verlangsamt sich auf drei bis 3,5 Prozent jährlich, die Deflation wird chronisch, die Jugendarbeitslosigkeit bleibt hoch, soziale Spannungen nehmen zu. China durchläuft eine Phase ähnlich Japans verlorenen Dekaden: niedriges Wachstum, Deflation, demografischer Wandel, hohe Staatsschulden. Dieses Szenario erscheint gegenwärtig nicht unwahrscheinlich, da Pekings Reaktionen bisher unzureichend waren. Der IWF warnt explizit, dass China am Rande einer Schulden-Deflationsfalle steht. Das Risiko einer Japanisierung ist real.

Im Krisenszenario eskalieren die Probleme unkontrolliert. Ein Auslöser könnte sein: Kollaps weiterer großer Immobilienentwickler mit Ansteckungseffekten auf das Finanzsystem, Zahlungsausfall von Lokalregierungen oder LGFVs, eskalierende Handelskrieg mit massiven US-Zöllen und chinesischen Gegenmaßnahmen, soziale Unruhen aufgrund hoher Arbeitslosigkeit und Vermögensverlusten. In diesem Szenario rutscht China in eine Rezession, das Finanzsystem gerät unter Stress, Kapitalflucht setzt ein, der Yuan wertet stark ab. Die politische Führung reagiert mit autoritären Maßnahmen und noch stärkerer Staatslenkung, was die wirtschaftlichen Probleme verschärft. Dieses Szenario ist weniger wahrscheinlich als das Stagnationsszenario, aber nicht auszuschließen. Chinas hohe Devisenreserven von über drei Billionen Dollar, Kapitalverkehrskontrollen und staatliche Kontrolle über das Bankensystem geben der Regierung Handlungsspielraum zur Kriseneindämmung. Doch bei unkontrollierbarer Eskalation könnten diese Instrumente überfordert sein.

Das wahrscheinlichste Szenario liegt zwischen Stagnation und Reformszenario: China implementiert schrittweise stärkere Stimuli, vermeidet aber tiefgreifende Strukturreformen. Das Wachstum stabilisiert sich bei 3,5 bis vier Prozent jährlich – unter den ambitionierten Zielen, aber positiv. Die Deflationsrisiken werden eingedämmt, aber nicht vollständig beseitigt. Die strukturellen Probleme bleiben bestehen und bremsen langfristiges Wachstum. Die Jugendarbeitslosigkeit bleibt erhöht, die Konsumquote steigt nur langsam. China durchläuft eine Phase des Übergangs von schnellem zu moderatem Wachstum, ähnlich wie andere ostasiatische Länder vor ihm. Dieses Szenario bedeutet: China bleibt wichtiger Wachstumsmotor der Weltwirtschaft, aber nicht mehr der dominante; die soziale Stabilität wird gewahrt, aber Frustration bleibt; die geopolitischen Spannungen schwelen weiter ohne Eskalation oder Lösung.

Mehrere Faktoren werden die tatsächliche Entwicklung bestimmen. Erstens die US-Handelspolitik: Wie stark eskaliert der Handelskrieg? Werden tatsächlich 100 Prozent Zölle auf chinesische Waren verhängt oder bleibt es bei moderateren Maßnahmen? Zweitens die Reformwilligkeit der chinesischen Führung: Gelingt es Xi Jinping, Partikularinteressen zu überwinden und Strukturreformen durchzusetzen? Das vierte Plenum des ZK im Oktober 2025 und die Verabschiedung des 15. Fünfjahresplans 2026 werden Weichen stellen. Drittens die Entwicklung des Immobiliensektors: Stabilisiert er sich 2025 wie erhofft oder vertieft sich die Krise? Viertens die demografische Entwicklung: China altert rapide, die Erwerbsbevölkerung schrumpft, was Wachstumspotenzial strukturell begrenzt. Fünftens technologische Durchbrüche: Gelingt China der Sprung zur Technologieführerschaft in Zukunftsbereichen wie KI, was neues Wachstum generieren könnte?

Eine potenzielle Disruption könnte von außen kommen: Eine globale Rezession würde Chinas Exporte massiv belasten. Eine Eskalation im Taiwan-Konflikt würde zu Sanktionen und wirtschaftlicher Isolation führen. Ein Zusammenbruch des globalen Handels durch deglobalisierenden Protektionismus würde exportorientierte Volkswirtschaften wie China hart treffen. Umgekehrt könnte eine Deeskalation mit den USA und erfolgreiche Diversifizierung in neue Exportmärkte – Afrika, Südostasien, Lateinamerika – Chinas Position stabilisieren.

Die langfristigen Implikationen für die Weltwirtschaft sind erheblich. Ein stagniertes China bedeutet schwächeres globales Wachstum, da der bisherige Wachstumsmotor ausfällt. Gleichzeitig könnten andere Schwellenländer – insbesondere Indien – an Bedeutung gewinnen. Die globalen Lieferketten diversifizieren sich weg von China, was Ineffizienzen schafft, aber Resilienz erhöht. Der Handelskrieg fragmentiert die Weltwirtschaft in Blöcke, was Wohlfahrtsgewinne des Freihandels zunichtemacht. Für Europa und Deutschland bedeutet Chinas Schwäche einerseits Exportrückgänge, andererseits Entlastung vom Konkurrenzdruck durch chinesische Dumpingexporte.

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Strategische Implikationen: Zwischen Reformzwang und politischer Paralyse

Die Analyse der chinesischen Wirtschaftskrise führt zu mehreren Kernerkenntnissen mit weitreichenden Implikationen für unterschiedliche Akteure.

Für politische Entscheidungsträger in China ist die zentrale Einsicht: Das bisherige Wachstumsmodell ist erschöpft, ein Übergang zu konsumgetriebenem Wachstum ist unausweichlich. Die Alternative ist schleichende Japanisierung mit verlorenen Dekaden niedriger Wachstumsraten. Der Übergang erfordert tiefgreifende Strukturreformen, die kurzfristig schmerzhaft sind, aber langfristig unerlässlich. Konkret bedeutet dies: Massiver Ausbau des sozialen Sicherungsnetzes inklusive universeller Rentenversicherung, Gesundheitsversorgung und Arbeitslosenunterstützung. Steuerreformen zur Finanzierung sozialer Leistungen und Sanierung der Lokalregierungsfinanzen. Umverteilung von Einkommen und Vermögen zur Stärkung der Massenkaufkraft. Liberalisierung des Finanzsektors zur Verbesserung der Kapitalallokation. Abbau von Überkapazitäten durch kontrollierte Marktbereinigung. Neuausrichtung der Industriepolitik von quantitativer Expansion zu qualitativer Innovation. Deeskalation im Handelskrieg durch Verhandlungen und Abbau unfairer Handelspraktiken. Diese Reformagenda ist bekannt, ihre Umsetzung scheitert bisher am politischen Willen und Partikularinteressen.

Für Unternehmensführer in China und international gilt: Die Zeiten zweistelliger chinesischer Wachstumsraten sind vorbei, moderate Expansion von drei bis vier Prozent ist die neue Normalität. Strategien müssen angepasst werden. Für chinesische Firmen bedeutet dies Fokussierung auf Binnenmarkt statt Exportabhängigkeit, Qualität statt Quantität, Innovation statt Imitation, Profitabilität statt Marktanteilsjagd. Der ruinöse Preiskampf in vielen Branchen ist nicht nachhaltig. Für internationale Unternehmen ist Diversifizierung weg von China-Abhängigkeit geboten. Das gilt für Absatzmärkte wie für Lieferketten. China bleibt wichtig, aber sollte nicht mehr das dominierende Standbein sein. Das Mantra “In China, for China” gewinnt an Bedeutung: Produktion für den chinesischen Markt sollte zunehmend lokal erfolgen, während andere Regionen als Produktionsstandorte für Weltmärkte dienen.

Für Investoren ist die Bewertung ambivalent. Chinesische Aktien wie Alibaba, JD.com und PDD bieten potenziell attraktive Einstiegschancen bei niedrigen Bewertungen. Wenn die erhofften Konjunkturpakete kommen, könnten erhebliche Kurssteigerungen folgen. Doch die Unsicherheit ist hoch, und enttäuschende Konjunkturdaten sowie unzureichende Stimuli können zu weiteren Verlusten führen. Langfristig orientierte Investoren mit Risikobereitschaft können selektiv investieren, kurzfristig orientierte sollten vorsichtig sein. Diversifizierung auf andere Schwellenländer – insbesondere Indien – erscheint sinnvoll. Der Konsumtrend in Emerging Markets ist ein robuster Megatrend, aber China ist nicht der einzige und möglicherweise nicht mehr der attraktivste Profiteur.

Für europäische und deutsche Wirtschaftspolitik ergibt sich ein Dilemma. Einerseits ist China wichtigster Handelspartner mit enormen Verflechtungen. Andererseits destabilisieren chinesische Überkapazitäten und Dumpingexporte europäische Industrien. Eine robuste Handelspolitik ist erforderlich: Durchsetzung fairer Wettbewerbsbedingungen, Schutz kritischer Industrien durch Zölle wo nötig, aber Vermeidung umfassenden Protektionismus. Gleichzeitig sollte Europa eigene Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation, Investitionen und Strukturreformen stärken. Die Abhängigkeit von China bei kritischen Technologien und Rohstoffen muss reduziert werden. Diversifizierung der Handelsbeziehungen auf andere Schwellenländer ist strategisch geboten.

Für die globale Wirtschaftsordnung steht viel auf dem Spiel. Ein eskalierender Handelskrieg zwischen USA und China fragmentiert die Weltwirtschaft in Blöcke und reduziert globale Wohlfahrt. Die multilaterale Handelsordnung der WTO ist bereits schwer beschädigt, weitere Deglobalisierung droht. Gleichzeitig zeigen Chinas Probleme, dass staatlich gelenktes Wachstum an Grenzen stößt und zu Ineffizienzen führt. Die marktwirtschaftliche Ordnung mit regelbasiertem Freihandel bleibt überlegen, bedarf aber Weiterentwicklung zur Eindämmung unfairer Praktiken.

Die langfristige Bedeutung von Chinas Wirtschaftskrise geht über ökonomische Aspekte hinaus. Es geht um die Frage, ob das chinesische Modell eines autoritären Kapitalismus langfristig erfolgreich sein kann. Die gegenwärtige Krise deutet auf strukturelle Grenzen dieses Modells hin: Fehlallokation durch staatliche Lenkung, Mangel an Konsumentenrechten und sozialer Sicherheit, der den Konsum hemmt, politische Prioritäten über ökonomische Rationalität, fehlende Flexibilität bei der Anpassung an veränderte Bedingungen. Ob China diese Grenzen überwinden kann durch Reform innerhalb des bestehenden Systems oder ob fundamentalere Veränderungen notwendig sind, ist die entscheidende Frage für die kommenden Jahre. Von ihrer Beantwortung hängt nicht nur Chinas wirtschaftliche Zukunft ab, sondern auch die geopolitische Machtbalance und die Attraktivität unterschiedlicher Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle weltweit.

 

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