Container-Terminals-Systeme für Straße, Schiene und Seeweg im Dual-Use-Logistik-Konzept der Schwerlast-Logistik – Experten Beratung und Lösungen
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Veröffentlicht am: 2. August 2025 / Update vom: 2. August 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Container-Terminals-Systeme für Straße, Schiene und Seeweg im Dual-Use-Logistik-Konzept der Schwerlast-Logistik – Kreativbild: Xpert.Digital
Zukunft Europas: Wie wir mit Dual-Use-Strategien unsere Lieferketten resilient machen – Die dreifache Dividende smarter Dual-Use-Logistik
Dual-Use-Container-Terminalsysteme als Rückgrat der zivilen Modernisierung und Verteidigungslogistik in Europa
In einer Welt, die von geopolitischen Verwerfungen, fragilen Lieferketten und einem neuen Bewusstsein für die Verwundbarkeit kritischer Infrastrukturen geprägt ist, erfährt das Konzept der nationalen Sicherheit eine fundamentale Neubewertung. Die Fähigkeit eines Staates, seine wirtschaftliche Prosperität, die Versorgung seiner Bevölkerung und seine militärische Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, hängt zunehmend von der Resilienz seiner logistischen Netzwerke ab. In diesem Kontext entwickelt sich der Begriff “Dual-Use” von einer Nischenkategorie der Exportkontrolle zu einer übergeordneten strategischen Doktrin. Dieser Wandel ist nicht nur eine technische Anpassung, sondern eine notwendige Antwort auf die “Zeitenwende”, die eine tiefgreifende Integration ziviler und militärischer Fähigkeiten erfordert. Dieser Artikel analysiert, wie Dual-Use-Container-Terminalsysteme für Straße, Schiene und Seeweg das Herzstück dieser neuen strategischen Symbiose bilden. Er legt dar, wie durch gezielte, verteidigungspolitisch motivierte Investitionen die längst überfällige Modernisierung der zivilen Logistikinfrastruktur vorangetrieben werden kann, während gleichzeitig ein hochleistungsfähiges, resilientes Logistiksystem für die Landes- und Bündnisverteidigung entsteht.
Neudefinition von Dual-Use: Von der Exportkontrolle zur nationalen Resilienzdoktrin
Traditionell ist der Begriff “Dual-Use” eng mit dem komplexen Feld der Exportkontrolle verknüpft. Dual-Use-Güter sind Waren, Software und Technologien, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Diese doppelte Verwendbarkeit birgt das Risiko des Missbrauchs, weshalb der Handel mit solchen Gütern strengen internationalen und nationalen Kontrollen unterliegt. Die zentrale rechtliche Grundlage in der Europäischen Union ist die Dual-Use-Verordnung (EU) 2021/821, die den Export, die Verbringung und die technische Unterstützung kontrolliert, um die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern und die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten. Für Unternehmen bedeutet der Umgang mit gelisteten Gütern einen erheblichen administrativen Aufwand, da Exporte in Drittländer in der Regel eine Genehmigung durch nationale Behörden wie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Deutschland erfordern.
Das heutige sicherheitspolitische Umfeld erzwingt jedoch eine strategische Erweiterung dieses Konzepts. Der Fokus verschiebt sich von der Kontrolle einzelner, sensibler Güter hin zur gezielten Nutzung ganzer Systeme – Verkehrsnetze, Terminals, digitale Plattformen und Lagerkapazitäten – für zivile und militärische Zwecke. Diese Entwicklung ist die direkte Konsequenz aus der Erkenntnis, dass nationale Resilienz und militärische Fähigkeiten untrennbar mit der Funktionsfähigkeit der zivilen Infrastruktur verbunden sind. Der Begriff “Double Dual-Use Logistics” (Du-Logistics²) bringt dieses neue Paradigma auf den Punkt: Er bezeichnet die doppelte Integration von Verkehrsträgern (Schiene/Straße) und Nutzergruppen (zivil/militärisch). Obwohl eine physische Infrastruktur wie ein Terminal oder eine Brücke in der Regel nicht auf den Exportkontrolllisten steht, verleiht ihr ihre Fähigkeit, militärische Kräfte und potenziell kontrollierte Rüstungs- oder Dual-Use-Güter zu transportieren, sowie ihre allgemeine Bedeutung für die Landes- und Bündnisverteidigung einen strategischen Dual-Use-Charakter.
Diese Neuausrichtung des Dual-Use-Begriffs ist mehr als eine semantische Anpassung; sie fungiert als entscheidender politischer und fiskalischer Katalysator. Deutschland steht vor zwei simultanen, gewaltigen Herausforderungen: einem seit Jahrzehnten bestehenden, massiven Investitionsstau in seiner nationalen Verkehrsinfrastruktur und der dringenden Notwendigkeit, die Bundeswehr nach der ausgerufenen “Zeitenwende” umfassend zu modernisieren. Das Sondervermögen der Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro steht in der Kritik, ohne kohärente strategische Ausrichtung verausgabt zu werden. Gleichzeitig sind die Infrastrukturdefizite, wie marode Brücken, so gravierend, dass sie die militärische Mobilität und damit die Fähigkeit Deutschlands, seine Bündnisverpflichtungen innerhalb der NATO zu erfüllen, direkt beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund wird das erweiterte Dual-Use-Konzept zu einem wirkmächtigen politischen Instrument. Es liefert die strategische Begründung, Verteidigungsmittel gezielt in nationale Infrastrukturprojekte zu lenken. Dadurch werden die Ausgaben nicht mehr als eng gefasste “militärische” Posten, sondern als breiter angelegte “nationale Resilienzprojekte” gerechtfertigt. Dieser Ansatz richtet die Interessen des Verteidigungs-, Verkehrs- und Wirtschaftsministeriums auf ein gemeinsames Ziel aus und entkräftet die Kritik an inkohärenten Ausgaben, indem er sie an einen greifbaren, gesamtstaatlich vorteilhaften Zweck bindet. So werden die massiven Investitionen sowohl politisch tragfähiger als auch strategisch fundierter.
Deutschland als zentrale Logistikdrehscheibe (“Drehscheibe Deutschland”) der NATO
Die geostrategische Lage Deutschlands im Herzen Europas, mit Grenzen zu neun Nachbarstaaten, macht es zur unverzichtbaren logistischen Drehscheibe für die NATO. Diese Rolle umfasst die Bereitstellung umfassender Unterstützung als Aufnahmeland (Host Nation Support, HNS) für alliierte Streitkräfte, die durch das Land verlegen. Das neue Streitkräftemodell der NATO (New Force Model) sieht die Fähigkeit vor, massive Truppenkontingente – potenziell bis zu 800.000 Soldatinnen und Soldaten – und deren schweres Gerät kurzfristig quer durch Europa zu bewegen, was eine immense Belastung für die deutsche Infrastruktur darstellt. Die Einrichtung des Joint Support and Enabling Command (JSEC) der NATO in Ulm, das die Aufgabe hat, militärische Bewegungen auf dem gesamten Kontinent zu koordinieren und zu sichern, zementiert diese zentrale Rolle Deutschlands weiter.
Die Funktion als “Drehscheibe” bedeutet, dass der Zustand der deutschen Infrastruktur keine rein nationale Angelegenheit mehr ist; er ist ein Eckpfeiler der kollektiven Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit der NATO. Die Fähigkeit, Streitkräfte schnell an die Ostflanke zu verlegen, ist ein entscheidendes Element glaubwürdiger Abschreckung. Jedes Versagen in der deutschen Logistik hat weitreichende Konsequenzen für das gesamte Bündnis. Übungen wie “Tapferer Schweppermann” demonstrieren eindrücklich die praktische Abhängigkeit von ziviler Infrastruktur und lokalen Unterstützungsnetzwerken, um diesen Auftrag zu erfüllen.
Dieser Auftrag erzwingt einen Paradigmenwechsel von einer Expeditions- zu einer Territoriallogistik. Über Jahrzehnte hinweg war die Logistik der Bundeswehr auf kleinere, weit entfernte Auslandseinsätze wie in Afghanistan optimiert. Die “Zeitenwende” erfordert nun eine fundamentale Neuausrichtung auf die groß angelegte Landes- und Bündnisverteidigung. Dieser Wandel macht frühere logistische Annahmen obsolet. Anstatt wenige tausend Soldaten über Monate zu verlegen, besteht die Anforderung nun darin, Hunderttausende innerhalb von Tagen oder Wochen zu bewegen. Dies erfordert eine völlig andere logistische Größenordnung und Philosophie: weg von maßgeschneiderten, autarken Systemen hin zur massenhaften Mobilisierung und Integration nationaler ziviler Kapazitäten. Aus diesem Grund sind Partnerschaften mit Unternehmen wie der Deutschen Bahn nicht länger optional, sondern missionskritisch. Das gesamte nationale Verkehrssystem wird zu einem integralen Bestandteil der Verteidigungsarchitektur.
Die ökonomische und ökologische Dividende einer Dual-Use-Strategie
Ein zentrales Argument für eine Dual-Use-Infrastruktur ist die Möglichkeit, hohe Fixkosten zwischen zivilen und militärischen Nutzern aufzuteilen. Dies führt im Vergleich zum Betrieb paralleler, redundanter Systeme zu erheblichen Kosteneinsparungen. Die Modernisierung von Schienennetzen und Terminals des Kombinierten Verkehrs (KV), um den Anforderungen für den Transport von schwerem Militärgerät (z.B. Militärische Lastenklasse MLC 80 für Panzer) zu genügen, kommt direkt dem zivilen Schwerlastverkehr zugute. Die Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf dieses ertüchtigte Schienennetz kann die CO2-Emissionen auf Langstrecken um bis zu 80 % reduzieren und ist dabei fünfmal energieeffizienter.
Daraus entsteht ein überzeugendes “Win-Win-Win”-Narrativ. Das Militär erhält die robuste Infrastruktur, die es benötigt. Die Wirtschaft profitiert von effizienteren, kostengünstigeren und zuverlässigeren Lieferketten, was die Wettbewerbsfähigkeit steigert. Die Gesellschaft profitiert von einer Entlastung der Straßen, geringerer Lärmbelästigung und einem signifikanten Beitrag zu den nationalen Klimazielen. Diese dreifache Dividende ist entscheidend, um die breite politische und öffentliche Unterstützung zu gewinnen, die für diese groß angelegten und langfristigen Investitionen erforderlich ist.
Darüber hinaus fungiert die Dual-Use-Strategie als ein Mechanismus zur Risikominimierung für die grüne Verkehrswende. Die Umstellung auf einen umweltfreundlicheren, schienenbasierten Güterverkehr steht vor erheblichen finanziellen und politischen Hürden, da die Investitionen massiv sind und sich erst langfristig amortisieren. Das Dual-Use-Argument führt eine neue, dringliche Rechtfertigung ein: die nationale Sicherheit. Indem die “grüne” Agenda (Verkehrsverlagerung auf die Schiene) mit der “Sicherheitsagenda” (militärische Mobilität) verknüpft wird, erhalten Projekte eine zweite, unmittelbarere Legitimation. Dies ermöglicht es politischen Entscheidungsträgern, auf verschiedene Fördertöpfe zuzugreifen (z.B. aus den Bereichen Verteidigung, Klima, Verkehr und EU-Mittel) und eine breitere Unterstützungskoalition zu bilden. Der Sicherheitsimperativ reduziert somit effektiv das politische und finanzielle Risiko, das mit der grünen Wende verbunden ist, und beschleunigt Projekte, die andernfalls aufgrund von Kosten oder mangelnder unmittelbarer kommerzieller Rentabilität stagnieren würden.
Modernisierung der zivilen Logistik durch verteidigungspolitische Integration
Die strategische Neuausrichtung hin zu einer Dual-Use-Logistik ist nicht nur ein theoretisches Konstrukt, sondern ein pragmatischer Mechanismus, der konkrete und messbare Vorteile für die zivile Wirtschaft generiert. Indem militärische Anforderungen und Finanzmittel als treibende Kraft für die Modernisierung der nationalen Infrastruktur genutzt werden, entsteht eine positive Rückkopplungsschleife: Die für die Verteidigungsfähigkeit notwendigen Investitionen führen direkt zu einer Steigerung der Effizienz, Resilienz und technologischen Fortschrittlichkeit des zivilen Logistiksektors. Dieser Teil des Artikels beleuchtet die konkreten Wege, auf denen diese Symbiose realisiert wird – von der Überwindung des Investitionsstaus über den technologischen Wissenstransfer bis hin zur Etablierung neuer, innovativer Partnerschaftsmodelle.
Investition als Katalysator: Überwindung des “Investitionsstaus”
Deutschland leidet unter einem chronischen Investitionsstau, der insbesondere die Verkehrsinfrastruktur betrifft. Schienennetze, Brücken und Wasserstraßen weisen einen erheblichen Modernisierungsbedarf auf, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und nun auch die militärische Mobilität des Landes einschränkt. Allein für militärisch relevante Verkehrswege wurde ein Sonderbedarf von 30 Milliarden Euro veranschlagt. Konjunkturpakete der Bundesregierung werden ebenfalls als potenzielle Finanzierungsquelle zur Beschleunigung der Flottenerneuerung der Bundeswehr identifiziert, was wiederum Spillover-Effekte für die zivile Logistik hat.
Die Anforderungen der militärischen Mobilität bieten einen wirksamen Hebel, um dringend benötigte Infrastrukturprojekte zu priorisieren und zu finanzieren. Die Notwendigkeit, schwere Kampffahrzeuge zu transportieren, erzwingt die Ertüchtigung von Brücken und Schienenstrecken auf höhere Lastenklassen wie die UIC-D4. Davon profitieren zivile Logistikunternehmen direkt, da sie anschließend ebenfalls schwerere oder überdimensionierte Güter effizienter transportieren können. Der militärische Fokus auf die Schaffung resilienter und redundanter Routen erhöht zudem die allgemeine Robustheit der zivilen Lieferketten gegenüber Störungen aller Art.
Diese Entwicklung führt zur Etablierung einer “Resilienzprämie” bei der Bewertung von Infrastrukturprojekten. Traditionell wurden solche Vorhaben primär nach ökonomischen Kennzahlen wie dem Return on Investment (ROI) oder dem Verkehrsaufkommen bewertet. Das Dual-Use-Konzept führt eine neue, nicht-finanzielle Metrik ein: den “Resilienz-Wert” oder den “Sicherheitsbeitrag”. Ein Projekt, das beispielsweise einen redundanten Ost-West-Schienenkorridor schafft, mag einen geringeren rein ökonomischen ROI aufweisen als eine weitere Nord-Süd-Verbindung. Sein Wert für die nationale und die Bündnissicherheit ist jedoch immens. Dies erzwingt eine grundlegende Änderung in der Art und Weise, wie Projekte bewertet und ausgewählt werden. Eine solche “Resilienzprämie” kann Vorhaben rechtfertigen, die nach rein wirtschaftlichen Kriterien abgelehnt würden. Dies erfordert die Entwicklung neuer, ressortübergreifender Bewertungsrahmen, die diesen Sicherheitsbeitrag quantifizieren und gewichten können, was die nationale Infrastrukturplanung von Grund auf verändert.
Technologischer Spillover (Übertragungseffekt) aus der “Logistik 4.0”
Sowohl die militärische als auch die zivile Logistik durchlaufen derzeit eine tiefgreifende Transformation, die unter dem Begriff “Logistik 4.0” zusammengefasst wird. Getrieben wird dieser Wandel durch Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) für vorausschauende Analysen und Routenoptimierung, das Internet der Dinge (IoT) für Echtzeit-Tracking, digitale Zwillinge für Simulationen und die additive Fertigung (3D-Druck) für die dezentrale Herstellung von Ersatzteilen. Die Modernisierung des ERP-Systems der Schweizer Armee auf SAP S/4HANA ist ein anschauliches Beispiel für das Bestreben, Logistikprozesse zu vereinheitlichen und zu standardisieren, um die Effizienz zu steigern, auch wenn die Sicherstellung des autarken Betriebs im Krisenfall eine besondere Herausforderung darstellt.
Obwohl der zivile Sektor in vielen Bereichen der Logistikinnovation führend ist, treiben die spezifischen Anforderungen des Militärs – insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Redundanz und Funktionsfähigkeit in umkämpften Umgebungen (z.B. bei GPS-Ausfall) – die Entwicklung in bestimmten Nischen voran. Militärische Bedürfnisse forcieren die Entwicklung robuster, sicherer Datenplattformen und Edge-Computing-Lösungen, um die Funktionalität auch bei eingeschränkter Netzwerkanbindung zu gewährleisten. Diese gehärteten Technologien und Prozesse können, sobald sie entwickelt und im Feld erprobt sind, von zivilen Akteuren übernommen werden, die ebenfalls höhere Anforderungen an die Sicherheit und Resilienz ihrer Lieferketten stellen, beispielsweise beim Transport von hochwertigen oder sensiblen Gütern.
Die militärischen Anforderungen beschleunigen somit den Wandel von einer reinen “Effizienz”-Orientierung hin zu einer “Resilienz”-Orientierung bei der zivilen Technologieadaption. Die zivile Logistik hat sich historisch auf “Just-in-Time”-Effizienz optimiert, oft auf Kosten der Widerstandsfähigkeit. Die primären Treiber der Militärlogistik sind hingegen Missionssicherheit, Schutz und Funktionsfähigkeit unter widrigsten Bedingungen. Indem das Militär zivile Technologien integriert, fordert es höhere Standards bei Sicherheit und Robustheit, etwa bei der Cybersicherheit von IoT-Geräten oder der Redundanz von Cloud-Systemen. Diese militärische Nachfrage schafft einen Markt für resilientere Versionen kommerzieller Technologien. Da globale Lieferketten durch Pandemien, geopolitische Konflikte und andere Krisen zunehmend fragiler werden, erkennt auch der zivile Sektor den wachsenden Bedarf an mehr Resilienz. Die Technologien und Standards, die zur Erfüllung der militärischen Dual-Use-Anforderungen entwickelt werden, sind daher perfekt positioniert, um diese neue zivile Nachfrage zu bedienen. Dies beschleunigt den allgemeinen Marktwandel von reiner Effizienz zu einer ausgewogenen Balance zwischen Effizienz und Widerstandsfähigkeit.
Die Bildung von Öffentlich-privaten Militärpartnerschaften (ÖPMP)
Das Logistikkommando der Bundeswehr hat mit dem Projekt “Zukunftsorientierung Kooperationen in der Logistik” eine innovative Initiative gestartet, um systematisch Partnerschaften mit der Privatwirtschaft aufzubauen. Diese Kooperationen erstrecken sich über vier zentrale Bereiche: Materialbewirtschaftung/Lagerung, logistische Unterstützung bei der Verlegung von Kräften, Instandhaltung/Fertigung und kooperative Personalmodelle. Dies beinhaltet langfristige Rahmenverträge mit Unternehmen für Dienstleistungen wie die Lagerung von Munition, den Betrieb von Rasträumen für Konvois oder sogar die “Schulter an Schulter”-Instandsetzung in Bundeswehreinrichtungen. Die Zusammenarbeit mit der Transportbranche ist dabei von essenzieller Bedeutung, steht jedoch vor Herausforderungen wie unterschiedlichen Zielvorstellungen, Fahrermangel und der vertraglichen Risikoverteilung.
Diese Public-Private-Military Partnerships (PPMP) stellen einen fundamentalen Wandel in der Beschaffung logistischer Fähigkeiten durch die Bundeswehr dar. Sie markieren den Übergang von einfachen, transaktionalen Beschaffungsvorgängen zu einer tiefen, langfristigen Integration. Für zivile Unternehmen bietet dies planbare, langfristige Einnahmequellen und die Möglichkeit, mit größerer Sicherheit in spezialisiertes Equipment und die Ausbildung von Personal zu investieren. Für die Bundeswehr bedeutet es den Zugang zur enormen Kapazität, Flexibilität und Innovationskraft des kommerziellen Sektors, die sie aus eigener Kraft niemals replizieren könnte.
Solche Partnerschaften wirken als Katalysator für ein nationales Ökosystem von Fähigkeiten und Standards. Effektive PPMPs erfordern mehr als nur Verträge; sie benötigen ein gemeinsames Verständnis von Prozessen, Standards und Qualifikationen. Zivile Fahrer müssen in militärischen Konvoiverfahren und Kommunikationssystemen geschult werden, während militärische Logistiker die kommerziellen Abläufe verstehen müssen. Dies macht die gemeinsame Entwicklung von Ausbildungscurricula und Zertifizierungen notwendig. Die Forderung nach “Baugleichheit” von Ausrüstung, wie z.B. bei Anhängern, um eine interoperable Nutzung mit militärischen Zugmaschinen zu ermöglichen, schafft de facto einen Industriestandard. Über die Zeit wird diese kollaborative Anstrengung ein nationales Ökosystem aus Logistikfachkräften und Ausrüstung schaffen, das von Natur aus dual-use-fähig ist. Dies bildet eine strategische Reserve an Fähigkeiten und Mitteln, die weitaus wertvoller und flexibler ist als jede rein militärische Reserve und die nationale Resilienz als Ganzes stärkt. Kooperative Personalmodelle, wie das mit der DHL Group, formalisieren diesen Austausch von Fachkräften und schaffen einen nahtlosen Übergang zwischen militärischem Dienst und ziviler Karriere.
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Dual-Use-Containerterminals: Schlüssel zur nachhaltigen Logistiktransformation
Analyse von Dual-Use-Container-Terminalsystemen
Das Herzstück der Dual-Use-Logistik sind die Terminals – jene kritischen Infrastrukturknoten, an denen die Verkehrsträger Straße, Schiene und Seeweg aufeinandertreffen und die Effizienz der gesamten Lieferkette bestimmt wird. Ihre Modernisierung und Ausrichtung auf die doppelte Nutzung sind entscheidend für die Realisierung der strategischen Symbiose aus ziviler Wettbewerbsfähigkeit und militärischer Einsatzbereitschaft. Dieser Teil des Artikels analysiert die spezifischen Anforderungen, technologischen Potenziale und operativen Herausforderungen von intermodalen KV-Terminals, maritimen Seehafenterminals und den wegweisenden Technologien, die ihre Leistungsfähigkeit definieren werden.
Der intermodale Knotenpunkt: Terminals des Kombinierten Verkehrs (KV)
KV-Terminals sind die entscheidenden Umschlagpunkte für die Verlagerung von standardisierten Ladeeinheiten wie Containern und Wechselbrücken zwischen Straße und Schiene. Für eine effektive Dual-Use-Fähigkeit müssen sie so ertüchtigt werden, dass sie auch schweres militärisches Gerät umschlagen können. Dies umfasst die Verstärkung von Abstellflächen und Krananlagen für höhere militärische Lastenklassen (MLC) sowie die Installation von Ro-Ro-fähigen (Roll-on/Roll-off) Rampen, die das direkte Auffahren von Panzern und Radpanzern auf Züge ermöglichen. Viele bestehende Terminals in Deutschland stoßen jedoch bereits an ihre Kapazitätsgrenzen, und das deutsche Schienennetz leidet unter einem erheblichen Investitionsstau und veralteter Signaltechnik.
Die Modernisierung von KV-Terminals ist ein Paradebeispiel für die Dual-Use-Synergie. Ein für militärische Zwecke ausgebautes Terminal – das höhere Kapazitäten, schnellere Umschlagzeiten und Schwerlastfähigkeiten bietet – wird gleichzeitig erheblich effizienter für den zivilen Güterverkehr. Dies macht die Schiene zu einer attraktiveren Option für die kommerzielle Logistik und unterstützt die angestrebte Verkehrsverlagerung. Die operative Herausforderung liegt in der Umsetzung dieser Doppelnutzung: Es müssen klare Priorisierungsmechanismen etabliert werden, die sicherstellen, dass militärische Transporte im Krisenfall bevorrechtigt abgewickelt werden können, ohne zivile Nutzer im Friedensbetrieb übermäßig zu benachteiligen.
Die Digitalisierung der Terminals ist der Schlüssel zur Lösung dieses “Priorisierungsdilemmas”. Der Kernkonflikt in einem Dual-Use-Terminal ist die Allokation knapper Ressourcen: Wer erhält Krankapazität, Gleiszugang oder Stellflächen? In einem manuellen, analogen System führt dies zu einem Nullsummenspiel, das Verzögerungen und Reibungsverluste zwischen zivilen und militärischen Nutzern provoziert. Ein vollständig digitalisiertes Terminal, das mit einem digitalen Zwilling und KI-gestützter Zeitfenstersteuerung arbeitet, kann diese Komplexität dynamisch managen. Ein solches System kann die Auswirkungen eines priorisierten Militärkonvois in Echtzeit simulieren und zivile Container automatisch umleiten und neu terminieren, um die Störungen zu minimieren. Es kann latente Kapazitäten identifizieren und die Verkehrsflüsse für beide Nutzergruppen simultan optimieren. Investitionen in die Digitalisierung, beispielsweise in einen “Smart Logistics Backbone”, dienen daher nicht nur der Effizienzsteigerung; sie sind die grundlegende Schlüsseltechnologie, die das operative Konzept der gemeinsamen Nutzung und dynamischen Priorisierung überhaupt erst realisierbar macht.
Das maritime Tor zur Welt: Seehafenterminals (Hamburg, Bremerhaven, Rostock, Wilhelmshaven)
Deutsche Seehäfen sind kritische Knotenpunkte sowohl für die nationale Wirtschaft als auch als Aufmarsch- und Umschlagpunkte für die NATO. Der Hafen Rostock wird explizit als zentrale Logistikdrehscheibe für die NATO und die Bundeswehr bezeichnet. Bremerhaven und Hamburg werden für ihre hohen Schienenverkehrsanteile und ihre Dual-Use-Fähigkeit zur Unterstützung der militärischen Mobilität hervorgehoben. Wilhelmshaven ist ein wichtiger Energieknotenpunkt (LNG) und Marinestützpunkt. Allerdings leiden alle deutschen Häfen unter einem erheblichen Investitionsdefizit, insbesondere bei “maroden Kaimauern” und der Hinterlandanbindung, was ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Fähigkeit zur Erfüllung der HNS-Aufgaben gefährdet.
Das Dual-Use-Argument wird genutzt, um eine vorgeschlagene Investition von 15 Milliarden Euro in die Modernisierung der Häfen zu rechtfertigen, die potenziell aus Verteidigungshaushalten finanziert werden könnte. Die Logik dahinter ist, dass die für die militärische Mobilität erforderlichen Investitionen – robuste Kaimauern, schwerlastfähige Lagerflächen, effiziente Schienenanbindungen – dieselben sind, die zur Steigerung der kommerziellen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenten wie Rotterdam und Antwerpen benötigt werden.
Gleichzeitig schaffen ausländische Investitionen in Terminals ein sicherheitspolitisches Dual-Use-Dilemma. Deutsche Häfen wie Hamburg haben ausländische Investitionen, wie die Beteiligung von COSCO am Container Terminal Tollerort, angestrebt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies führt jedoch zu einem erheblichen Sicherheitsrisiko. Ein Terminal mit ausländischer Beteiligung, insbesondere durch ein staatliches Unternehmen eines systemischen Rivalen wie China, birgt Risiken für seine Nutzung als sicherer militärischer Logistikhub. Die Gefahr besteht nicht zwangsläufig darin, dass die Nutzung für militärische Zwecke offen verweigert wird, sondern in subtileren Bedrohungen: Potenzial für Spionage, Datenabschöpfung aus den Terminal-Betriebssystemen und strategische Einflussnahme auf ein kritisches nationales Gut. Dies erzwingt einen schwierigen politischen Kompromiss zwischen wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit, die Investitionen erfordert, und nationaler Sicherheit, die Kontrolle verlangt. Es zeigt, dass eine umfassende Dual-Use-Strategie nicht nur die physische Infrastruktur betreffen darf, sondern auch robuste Verfahren zur Überprüfung ausländischer Investitionen und verbindliche Cybersicherheitsmandate für alle Betreiber kritischer Terminals umfassen muss.
Die technologische Front: Automatisierte Hochregallagersysteme (AHRS) und digitale Zwillinge
Konventionelle Containerterminals sind ineffizient, benötigen viel Fläche und erfordern unproduktives “Umstapeln” von Containern. Automatisierte Hochregallagersysteme (AHRS) oder Hochregallager (HRL) bieten eine revolutionäre Alternative, indem sie Container vertikal in einem dichten, automatisierten Regalsystem lagern. Dies kann die Lagerkapazität auf derselben Grundfläche verdreifachen und, was entscheidend ist, ermöglicht den direkten, planbaren Zugriff auf jeden einzelnen Container, ohne andere bewegen zu müssen. Diese Technologie ist ein Kernbestandteil der vorgeschlagenen Modernisierung deutscher Seehäfen.
Der entscheidende Vorteil von AHRS für die Dual-Use-Anwendung liegt in der Planbarkeit und Geschwindigkeit. Im kommerziellen Kontext ermöglicht dies eine hocheffiziente Just-in-Time-Logistik. Im militärischen Kontext ist es transformativ. Die Fähigkeit, in einer fest definierten, kurzen Zeit auf einen bestimmten Container mit kritischem Militärgut zugreifen zu können, unabhängig von seiner Position im Stapel, ist ein massiver operativer Vorteil gegenüber einem konventionellen Lager, wo er unter Hunderten anderer Boxen vergraben sein könnte. Diese Technologie, kombiniert mit einem digitalen Zwilling des Hafens, ermöglicht die präzise, schnelle und skalierbare Abwicklung von militärischen und zivilen Ladungsströmen.
Die AHRS-Technologie verändert die Natur strategischer Reserven von Grund auf. Traditionell verlässt sich die Militärlogistik auf dedizierte, separate Depots für strategische Vorräte an Munition und Material. Dies ist kostspielig, ineffizient und schafft große, statische und verwundbare Ziele. Mit der AHRS-Technologie wird es möglich, strategische militärische Reserven direkt in den kommerziellen Logistikfluss zu integrieren. Eine bestimmte Anzahl von Containern mit Militärgütern könnte innerhalb eines großen zivilen AHRS-Terminals gelagert werden. Da jeder Container einzeln und schnell zugänglich ist, können diese militärischen Container bei Bedarf abgerufen werden, ohne den kommerziellen Betrieb zu stören. Dieses Konzept der “verteilten, integrierten Reserven” ist weitaus resilienter (kein einzelnes, großes Ziel), effizienter (nutzt bestehende Infrastruktur) und sicherer (militärisches Gut ist “versteckt” inmitten eines massiven zivilen Systems). Es stellt einen vollständigen Paradigmenwechsel in der strategischen Bevorratung dar, der direkt durch die neue Terminaltechnologie ermöglicht wird.
Fallstudie: Die Blaupause REGIOLOG SÜD
REGIOLOG SÜD ist ein Pilotprojekt für ein modulares, automatisiertes Dual-Use-Logistiklager mit direkter Straßen- und Schienenanbindung in Südbaden. Im Friedensbetrieb dient es zivilen Zwecken wie der E-Commerce-Abwicklung und der Versorgung ländlicher Gebiete. Im Krisen- oder Verteidigungsfall kann es in ein Militärdepot zur Lagerung und Verteilung von Versorgungsgütern umfunktioniert werden. Das Projekt ist als “Blaupause” für ein zukünftiges Netzwerk solcher regionalen Dual-Use-Zentren (“ZivLog-D”) konzipiert.
REGIOLOG SÜD operationalisiert das Dual-Use-Konzept auf regionaler Ebene. Es demonstriert, wie eine modulare, skalierbare Infrastruktur aufgebaut werden kann, die im Frieden wirtschaftlich tragfähig ist und gleichzeitig kritische Kapazitäten für den Verteidigungsfall bereitstellt. Seine Schlüsselmerkmale – Modularität, Automatisierung und multimodale Anbindung – sind ein Mikrokosmos der Prinzipien, die auf das größere nationale System angewendet werden müssen. Das Projekt dient als Reallabor, um die technischen, operativen und finanziellen Modelle der Dual-Use-Logistik zu testen, bevor ein bundesweiter Rollout erfolgt.
Dieses Konzept adressiert zudem das “Letzte-Meile”-Problem der nationalen Resilienz. Großlogistik konzentriert sich oft auf die Hauptdrehkreuze wie Seehäfen und nationale Korridore. Die Widerstandsfähigkeit hängt jedoch auch von der “letzten Meile” ab – der Fähigkeit, essenzielle Güter (zivil und militärisch) in dezentrale, regionale und lokale Gebiete zu verteilen, insbesondere wenn die primären Knotenpunkte gestört sind. Ein Netzwerk regionaler Hubs, wie es das REGIOLOG SÜD-Konzept vorsieht, schafft ein dezentralisiertes, resilienteres Verteilungssystem. Im Krisenfall können diese regionalen Knoten als Pufferlager fungieren, die Versorgungsgüter näher am Bedarfsort bereithalten und die Abhängigkeit von wenigen, zentralen und verwundbaren Punkten reduzieren. Sie können sowohl dislozierte Militäreinheiten in ihrem Zuständigkeitsbereich als auch die lokale Zivilbevölkerung versorgen und erfüllen damit einen zentralen Grundsatz der Gesamtverteidigung. Dies macht das Konzept zu einem entscheidenden Baustein, um die Lücke zwischen der strategischen Logistik auf nationaler Ebene und den operativen Bedarfen auf lokaler Ebene zu schließen.
Sicherstellung des militärischen Zugriffs und der operativen Überlegenheit
Ein modernisiertes, dual-nutzbares Logistiksystem ist nur dann von strategischem Wert, wenn im Krisen- oder Verteidigungsfall der nahtlose und priorisierte Zugriff durch militärische Kräfte gewährleistet ist. Die physische Infrastruktur allein genügt nicht; sie muss durch robuste rechtliche Rahmenbedingungen, erprobte Verfahren, technologische Interoperabilität und umfassende Sicherheitskonzepte ergänzt werden. Dieser Teil analysiert die kritischen Erfolgsfaktoren und die hartnäckigen Herausforderungen, die darüber entscheiden, ob die theoretische Symbiose in der Praxis zu operativer Überlegenheit führt. Es geht um die Überwindung von bürokratischen Hürden, die Schließung von Interoperabilitätslücken und die Absicherung der gesamten Logistikkette gegen physische und digitale Bedrohungen.
Nahtloser Zugriff im Krisenfall: Von der Theorie zur Praxis
Ein funktionierendes Dual-Use-System erfordert vordefinierte rechtliche und prozedurale Rahmenbedingungen, um sicherzustellen, dass das Militär bei Bedarf auf zivile Infrastruktur und Kapazitäten zugreifen kann. Dazu gehören nationale Pläne wie der OPLAN DEU 16, Host Nation Support-Abkommen und Dienstleistungsverpflichtungsgesetze. Übungen sind von entscheidender Bedeutung, um diese Verfahren zu testen und Vertrauen zwischen militärischen und zivilen Akteuren aufzubauen. Verträge mit Privatunternehmen müssen explizit die Leistungserbringung im Verteidigungs- und Bündnisfall abdecken.
Die primäre Herausforderung besteht darin, von der Kooperation im Frieden zur Priorisierung in der Krise überzugehen. Dies erfordert klare, vorab vereinbarte Regeln und Auslösemechanismen. Wer hat die Befugnis, eine “militärische Priorität” auszurufen? Wie werden zivile Partner für Störungen entschädigt? Wie wird die Haftung geregelt, wenn zivile Güter während des militärischen Einsatzes beschädigt werden? Ohne die vorherige Klärung dieser Fragen wird der “nahtlose Zugriff” genau dann von rechtlichen und operativen Reibungsverlusten geprägt sein, wenn Geschwindigkeit am wichtigsten ist.
Dabei ist die Lücke in der “menschlichen Interoperabilität” ebenso kritisch wie die technische Lücke. Ein Großteil des Fokus liegt auf der technischen und prozeduralen Interoperabilität. Übungen wie die in Nienburg zeigen jedoch, dass die größten Hürden oft kultureller und beziehungsorientierter Natur sind. Zivile Verwaltungsbeamte und militärische Kommandeure sprechen unterschiedliche “Sprachen”, haben unterschiedliche Planungszyklen und agieren unter verschiedenen Annahmen. Der Aufbau von “menschlicher Interoperabilität” durch regelmäßige gemeinsame Schulungen, Verbindungsoffiziere und gemeinsame Planungsplattformen ist unerlässlich. Vertrauen, persönliche Beziehungen und ein gemeinsames Verständnis für die Zwänge und Fähigkeiten des jeweils anderen, die über Jahre im Frieden aufgebaut wurden, werden das wahre Schmiermittel der zivil-militärischen Zusammenarbeit in einer hochbelasteten Krise sein. Dieser “weiche” Faktor ist eine harte Voraussetzung für den Erfolg.
Die Herausforderung der Interoperabilität und des “Militärischen Schengen”
Die militärische Mobilität wird durch ein Flickenteppich nationaler Vorschriften erheblich behindert. Bürokratische Hürden wie unterschiedliche Genehmigungsanforderungen für grenzüberschreitende Transporte, unharmonisierte Zollverfahren (selbst mit Formularen wie dem Formular 302) und unterschiedliche Spurweiten bei der Eisenbahn führen zu erheblichen Verzögerungen. Die Initiative “Militärisches Schengen” zielt darauf ab, nahtlose Bewegungskorridore zu schaffen, aber der Fortschritt ist langsam. Die Interoperabilität muss auch mit NATO-Standards und verbündeten Partnern gewährleistet sein.
Ein modernisiertes deutsches Terminal ist von begrenztem Nutzen, wenn ein Militärkonvoi tagelang an der polnischen Grenze auf eine Genehmigung warten muss. Echte operative Geschwindigkeit erfordert eine durchgängige Harmonisierung. Dies ist ebenso eine politische und diplomatische Herausforderung wie eine technische, die nachhaltige Anstrengungen sowohl innerhalb der EU (z.B. über PESCO) als auch der NATO erfordert, um nationale Vorschriften anzugleichen. Die mangelnde Interoperabilität ist eine kritische Schwachstelle, die die gesamte Logik der schnellen Verstärkung untergräbt.
Inkonsistente nationale Umsetzungen von EU/NATO-Richtlinien schaffen dabei neue strategische Schwachstellen. Die EU und die NATO setzen übergeordnete Ziele für militärische Mobilität und Dual-Use. Die Umsetzung ist jedoch nationale Verantwortung, was zu ungleichmäßigem Fortschritt führt. Einige Nationen investieren stark, während andere zurückbleiben. Dies führt zu einem “Die Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied”-Problem. Ein Gegner muss nicht die stärksten Teile des Netzwerks angreifen; er kann die durch die am wenigsten vorbereiteten Nationen geschaffenen Nahtstellen und Engpässe ausnutzen. Deutschland mag beispielsweise über ein hochmodernes Terminalsystem verfügen, aber wenn ein Nachbarland seine Bahnstrecken nicht modernisiert oder seine Zollverfahren nicht gestrafft hat, ist der gesamte Korridor kompromittiert. Diese “Implementierungslücke” wird zu einer vorhersehbaren und ausnutzbaren Schwachstelle für hybride Kriegsführung oder Sabotage.
Die Sicherung der “weichen Unterseite”: Cybersicherheit und hybride Bedrohungen
Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung von Logistiksystemen schafft eine massive neue Angriffsfläche. SCADA/ICS-Systeme, die Häfen und Eisenbahnen steuern, sowie die IT-Systeme, die Logistikströme verwalten, sind Hauptziele für Cyberangriffe und Sabotage. Die Abhängigkeit von ziviler Infrastruktur, die oft in Privatbesitz ist und möglicherweise nicht über militärische Sicherheitsstandards verfügt, ist eine strategische Schwachstelle. Auch die Lieferketten für kritische Technologiekomponenten (z.B. Chips, Sensoren) stellen ein Risiko dar.
Ein Dual-Use-Terminal ist ein konzentrierter Punkt der Verwundbarkeit. Ein erfolgreicher Cyberangriff könnte sowohl militärische Verlegungen als auch zivile Lieferketten gleichzeitig lahmlegen und so einen massiven strategischen Effekt erzielen. Daher darf Cybersicherheit kein nachträglicher Gedanke sein; sie muss ein zentrales Gestaltungsprinzip für jedes Dual-Use-System sein (“Security by Design”). Dies erfordert robuste, mehrschichtige Sicherheitsarchitekturen, strenge Standards für alle öffentlichen und privaten Partner sowie regelmäßige gemeinsame Cyber-Verteidigungsübungen, an denen sowohl zivile Betreiber als auch das Militär beteiligt sind.
Die Konvergenz von IT- und OT-Sicherheit in der Dual-Use-Logistik erfordert ein neues, einheitliches Governance-Modell. Traditionell waren die Sicherheit der Informationstechnologie (IT), die Daten und Geschäftssysteme schützt, und die Sicherheit der Betriebstechnologie (OT), die physische Prozesse und industrielle Steuerungen wie Kräne und Weichen schützt, getrennte Bereiche. In einem digitalisierten, automatisierten Dual-Use-Terminal sind IT und OT tief miteinander verschmolzen. Ein Hackerangriff auf das IT-basierte Terminal Operating System (TOS) kann genutzt werden, um die OT-basierten Kräne und fahrerlosen Transportsysteme (AGVs) zu manipulieren. Diese Konvergenz verwischt die Zuständigkeitsgrenzen. Ist ein Cyberangriff auf das Kransystem eines Hafens eine Angelegenheit für den CISO des Unternehmens (IT), die Hafenbehörde (zivile Infrastruktur), das BSI (nationale Cybersicherheitsbehörde) oder das Kommando Cyber- und Informationsraum (KdoCIR) der Bundeswehr? Eine wirksame Verteidigung erfordert ein einheitliches Governance-Modell, das diese Silos aufbricht. Dies bedeutet die Schaffung integrierter zivil-militärischer Cyber-Verteidigungszentren, gemeinsamer Plattformen für den Austausch von Bedrohungsinformationen und gemeinsamer Incident-Response-Teams, die die rechtliche Befugnis und die technische Fähigkeit haben, über die Grenzen von IT/OT und Zivil/Militär hinweg zu agieren. Ohne dies wird die Reaktion auf einen Angriff fragmentiert und langsam sein.
Strategische Empfehlungen und Zukunftsausblick
Die vorangegangene Analyse hat die immense strategische Bedeutung, die technologischen Potenziale und die komplexen Herausforderungen von Dual-Use-Container-Terminalsystemen beleuchtet. Die Transformation hin zu einem integrierten, resilienten Logistiknetzwerk ist kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit für die wirtschaftliche Zukunft und die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands und Europas. Um diese Vision zu verwirklichen, bedarf es jedoch konzertierter, entschlossener und strategisch ausgerichteter Maßnahmen von Politik und Wirtschaft. Dieser letzte Teil des Artikels synthetisiert die Erkenntnisse zu konkreten, handlungsorientierten Empfehlungen und skizziert die Zukunftsvision eines Logistiknetzwerks, das als Rückgrat der europäischen strategischen Autonomie dient.
Empfehlungen für politische Entscheidungsträger
Finanzierung & Investition: Es sollte ein permanenter, ressortübergreifender “Nationaler Resilienzfonds” eingerichtet werden, der Haushaltsmittel aus den Bereichen Verteidigung, Verkehr und Wirtschaft bündelt, um eine langfristige und planbare Finanzierung für Dual-Use-Infrastrukturprojekte sicherzustellen. EU-Finanzierungsinstrumente wie die Connecting Europe Facility (CEF) Military Mobility, das SAFE-Instrument und der Europäische Verteidigungsfonds müssen aggressiv genutzt werden, wobei nationale Projekte konsequent auf die EU-Kriterien ausgerichtet werden müssen.
Regulatorische Straffung: Die Verabschiedung eines “Gesetzes zur Beschleunigung der militärischen Mobilität” (“Military Mobility Acceleration Act”) ist geboten, um einen einheitlichen nationalen Rechtsrahmen für Militärtransporte zu schaffen. Dieses Gesetz sollte Genehmigungspflichten zwischen den Bundesländern beseitigen und klare Haftungs- und Entschädigungsregelungen für private Partner festlegen. Auf EU/NATO-Ebene sollte Deutschland sich für einen verbindlichen “Militärischen Schengen”-Vertrag einsetzen, um grenzüberschreitende Verfahren zu harmonisieren und eine maximale Bearbeitungszeit von 72 Stunden für alle Genehmigungen festzuschreiben.
Governance & Sicherheit: Es sollte die Einrichtung regionaler “Dual-Use-Sicherheitscluster” angeordnet werden, die Betreiber Kritischer Infrastrukturen (KRITIS), Landes- und Bundesbehörden sowie die Bundeswehr zusammenbringen, um gemeinsame Schutz- und Reaktionspläne zu entwickeln und zu üben. Ein “Nationaler Rat für Dual-Use-Logistik” sollte eingerichtet werden, um strategische Aufsicht zu führen und Prioritäten zwischen den Ministerien abzustimmen. Strenge Cybersicherheitsstandards, die auf einem einheitlichen IT/OT-Modell basieren, müssen zur Bedingung für die Teilnahme jedes Unternehmens an der Dual-Use-Logistik gemacht werden.
Empfehlungen für die Industrie (Logistik- & Verteidigungssektor)
Strategische Neupositionierung: Unternehmen sollten proaktiv “Dual-Use-Dienstleistungsangebote” entwickeln, die militärische Anforderungen an Sicherheit und Resilienz in kommerzielle Logistiklösungen integrieren. Investitionen in die notwendigen Technologien (z.B. zertifizierte sichere Datenplattformen, Schwerlast-Equipment) und personellen Fähigkeiten (sicherheitsüberprüftes Personal, militärisch geschulte Fahrer) sind erforderlich, um ein bevorzugter Partner in PPMPs zu werden.
Kollaborative Innovation fördern: Die aktive Teilnahme an Pilotprojekten wie REGIOLOG SÜD und die Zusammenarbeit mit den Innovations-Hubs der Bundeswehr sind entscheidend. Die Bildung von Industriekonsortien zur Bewerbung auf großvolumige, langfristige PPMP-Verträge für den Betrieb ganzer Logistikknoten (z.B. Terminalbetrieb, Konvoi-Unterstützung) sollte angestrebt werden.
Entwicklung eines “Resilience as a Service”-Geschäftsmodells: Logistikunternehmen sollten über den reinen Transport und die Lagerung hinausgehen und integrierte Lösungen anbieten, die die Resilienz von Lieferketten garantieren. Dies könnte sicheres, auditierbares Tracking, zertifizierte Cybersicherheit und garantierte Kapazitäten im Krisenfall umfassen. Diese erhöhte Sicherheit kann als Premium-Dienstleistung auch an hochwertige zivile Kunden vermarktet werden.
Die Zukunftsvision: Ein resilientes europäisches Logistiknetzwerk
Der Endzustand dieser Transformation ist ein vollständig integriertes, intelligentes und resilientes europäisches Logistiknetzwerk. Dieses Netzwerk wird durch einen “Smart Logistics Backbone” charakterisiert – ein digitales Nervensystem, das automatisierte, dual-nutzbare Terminals miteinander verbindet und einen nahtlosen, echtzeitoptimierten Informations- und Güterfluss ermöglicht. In diesem System sind zivile Effizienz und militärische Effektivität keine Gegensätze mehr, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Automatisierte Hochregallager in Seehäfen ermöglichen den schnellen Zugriff auf strategische Reserven, während regionale KV-Terminals eine flexible Verteilung ins Hinterland sicherstellen.
Ein solches voll funktionsfähiges Dual-Use-Netzwerk ist ein Eckpfeiler der europäischen strategischen Autonomie. Es reduziert die Abhängigkeit von externen Akteuren, stärkt die industrielle Basis und schafft die souveräne Fähigkeit, in Krisen – sei es ein militärischer Konflikt, eine Pandemie oder eine Naturkatastrophe – entschlossen zu handeln.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Investition in Dual-Use-Container-Terminalsysteme nicht nur eine Verteidigungsausgabe oder eine verkehrspolitische Maßnahme ist. Es ist eine fundamentale, strategische Investition in die zukünftige wirtschaftliche Prosperität, die gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit und die kollektive Sicherheit Deutschlands und Europas in einer zunehmend unsicheren Welt.
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