Insolvenz | Meyer Burger stellt US-Produktion ein: Krise des Schweizer Solarherstellers verschärft sich dramatisch
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Veröffentlicht am: 30. Mai 2025 / Update vom: 30. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Insolvenz | Meyer Burger stellt US-Produktion ein: Krise des Schweizer Solarherstellers verschärft sich dramatisch – Kreativbild: Xpert.Digital
Meyer Burger zieht sich aus den USA zurück: Was bedeutet das für die Solarindustrie?
Zukunft ungewiss: Meyer Burger schließt US-Werk und kündigt Mitarbeiter
Der Schweizer Solarhersteller Meyer Burger Technology AG hat am 29. Mai 2025 einen drastischen Einschnitt vorgenommen und seine Solarmodulproduktion in den USA vollständig eingestellt. Das Unternehmen, das bereits seit Jahren mit finanziellen Schwierigkeiten kämpft, sah sich aufgrund fehlender finanzieller Mittel gezwungen, den erst im Aufbau befindlichen Standort in Goodyear, Arizona zu schließen und alle 282 Mitarbeiter zu entlassen. Diese Entwicklung markiert einen weiteren schwerwiegenden Rückschlag für das traditionsreiche Unternehmen, das ursprünglich 1953 als Hersteller von Uhrenstein-Herstellungsmaschinen gegründet wurde und sich später auf die Photovoltaik-Industrie spezialisierte. Die abrupte Schließung wirft ernste Fragen über die Zukunftsfähigkeit des gesamten Unternehmens auf und könnte weitreichende Folgen für die deutschen Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt haben.
Aktuelle Produktionseinstellung und unmittelbare Folgen
Die Entscheidung zur sofortigen Stilllegung der US-Produktion traf Meyer Burger am Donnerstagabend, den 29. Mai 2025, und informierte darüber in einer offiziellen Mitteilung aus der Schweizer Zentrale in Thun. Das Werk in Goodyear, Arizona, war auf eine jährliche Produktionskapazität von 1,4 Gigawatt Heterojunction-Solarmodulen ausgelegt und befand sich noch in der Hochlaufphase. Die Produktion wurde umgehend eingestellt, und sämtliche 282 verbliebenen Mitarbeiter erhielten ihre Kündigungen. Das Unternehmen teilte mit, dass die Zukunft des Standorts völlig offen sei, was auf eine mögliche dauerhafte Schließung hindeutet.
Die Produktionsanlage in Arizona spielte eine zentrale Rolle in der internationalen Fertigungsstrategie von Meyer Burger. In dem Werk wurden die am deutschen Standort Thalheim in Sachsen-Anhalt hergestellten Solarzellen zu fertigen Solarmodulen verarbeitet. Diese Arbeitsteilung zwischen deutscher Zellenproduktion und amerikanischer Modulfertigungen sollte dem Unternehmen helfen, von den Produktionsanreizen des amerikanischen Inflation Reduction Act zu profitieren und näher am wachsenden US-Solarmarkt positioniert zu sein. Der abrupte Stopp dieser Fertigung unterbricht nicht nur diese strategische Lieferkette, sondern wirft auch Fragen über die Auslastung und Zukunft der deutschen Produktionsstandorte auf.
Finanzielle Restrukturierung und Gläubigerverhandlungen
Meyer Burger befindet sich derzeit in kritischen Gesprächen zur Restrukturierung mit einer Ad-hoc-Gruppe aus Vertretern von Anleihegläubigern. Im Zentrum der Verhandlungen stehen zwei durch die Tochtergesellschaft MBT Systems GmbH ausgegebene Wandelanleihen, die 2027 und 2029 zur Rückzahlung fällig sind und von Meyer Burger Technology AG garantiert wurden. Die finanzielle Situation des Unternehmens ist so angespannt, dass die Gläubiger bereits mehrfach Zahlungsaufschübe für ausstehende Zinszahlungen gewährt haben. Mitte Mai 2025 erhielt Meyer Burger von den Anleihengläubigern einen weiteren Aufschub für die Zinszahlungen beider Anleihen für einige Wochen, nachdem bereits zuvor drei Mal einem Aufschub zugestimmt worden war.
Die prekäre Finanzlage zeigt sich auch in den Geschäftszahlen: Für 2024 meldete Meyer Burger ein vorläufiges operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von minus 210,4 Millionen Schweizer Franken, umgerechnet etwa 226 Millionen Euro. Der Umsatz lag bei lediglich knapp 70 Millionen Franken (circa 75 Millionen Euro). Das Unternehmen räumte offen ein, dass der Fortbestand “in hohem Maße unsicher” sei und von signifikanten neuen Finanzmitteln sowie der erfolgreichen Umsetzung des Businessplans abhänge. Diese Einschätzung verdeutlicht die existenzbedrohende Dimension der aktuellen Krise.
Strategische Rückschläge und Kundenverlusten
Ein entscheidender Wendepunkt in der jüngeren Unternehmensgeschichte war der Verlust des größten Kunden im November 2024. Der amerikanische Solarentwickler D.E. Shaw Renewable Investments (DESRI) kündigte seinen Rahmenvertrag mit Meyer Burger mit sofortiger Wirkung. Dieser Fünfjahresvertrag hatte den Kauf von Solarmodulen mit einer Leistung von bis zu fünf Gigawatt vorgesehen und war ein zentrales Standbein für die Finanzierung und Auslastung des Werks in Arizona. Der Wegfall dieses Großauftrags traf das ohnehin angeschlagene Unternehmen schwer und führte zu einer Verkaufspanik an der Börse, bei der die Aktie zwischenzeitlich zwei Drittel ihres Wertes verlor.
Nach der DESRI-Kündigung versuchte Meyer Burger im Dezember 2024 mit einem gesicherten Überbrückungskredit die Lage zu stabilisieren, der die nötige Stabilität für eine Umstrukturierung und mögliche Neuverhandlungen mit DESRI gewährleisten sollte. Trotz dieser Bemühungen war das Unternehmen auch im Frühjahr 2025 weiterhin auf kurzfristige Überbrückungsfinanzierungen angewiesen, um den Liquiditätsbedarf zu decken. Die vierte Verlängerung einer Brückenfinanzierung unterstreicht die anhaltende finanzielle Instabilität des Unternehmens.
Aufgabe weiterer US-Expansionspläne
Parallel zur Schließung der Modulfertigung in Arizona gab Meyer Burger auch die Pläne für eine weitere Expansion in den USA auf. Der geplante Bau einer Solarzellenfabrik in Colorado mit einer Kapazität von zwei Gigawatt wurde gestrichen. Diese Entscheidung folgte bereits auf eine frühere Anpassung im August 2024, als die ursprünglichen Expansionspläne für die Solarzellenfabrik auf Eis gelegt wurden. Die Aufgabe dieser Projekte markiert das Ende der ambitionierten US-Strategie des Unternehmens, die darauf abzielte, signifikant von den amerikanischen Fördermaßnahmen für erneuerbare Energien zu profitieren.
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Auswirkungen auf deutsche Standorte und Arbeitsplätze
Die Schließung des US-Werks wirft ernste Fragen über die Zukunft der deutschen Standorte von Meyer Burger auf, insbesondere in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen betreibt in Thalheim in Sachsen-Anhalt eine Solarzellenproduktion, die ursprünglich die Solarzellen für die Weiterverarbeitung in Arizona lieferte. Mit dem Wegfall dieses Abnehmers ist die Auslastung und wirtschaftliche Rechtfertigung des deutschen Standorts in Frage gestellt. Bereits im April 2025 hatte Meyer Burger in Thalheim Kurzarbeit für etwa 300 Mitarbeiter eingeführt, offiziell aufgrund von Materialmangel.
Die Kurzarbeit in Thalheim betrifft Mitarbeiter, die zuvor im Schichtbetrieb rund um die Uhr gearbeitet hatten. Rechtsexperten bewerteten diese Maßnahme zunächst als temporäre Lösung zur Überbrückung wirtschaftlicher Engpässe, warnten jedoch vor einer Verschlechterung der Situation, sollte sich die Lage über mehrere Monate nicht verbessern. Mit der nun erfolgten Schließung des US-Standorts hat sich die Ausgangslage dramatisch verschlechtert, da ein wichtiger Abnehmer für die in Deutschland produzierten Solarzellen wegfällt.
Historische Entwicklung der deutschen Standorte
Die deutschen Aktivitäten von Meyer Burger gehen auf strategische Akquisitionen insolventer Solarunternehmen zurück. Das Unternehmen hatte bereits im Frühjahr 2024 die nach eigenen Angaben größte Solarmodulproduktion Europas im sächsischen Freiberg geschlossen. Diese Schließung war Teil einer ursprünglichen Strategie, die Produktion weitestgehend in die USA zu verlagern, die jedoch mangels Finanzierungsmöglichkeiten aufgegeben werden musste. Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass auch diese überarbeitete Strategie gescheitert ist und das Unternehmen nun möglicherweise vor einer umfassenden Neuausrichtung oder sogar einer Insolvenz steht.
Marktumfeld und Wettbewerbsdruck
Meyer Burger kämpft seit Jahren mit strukturellen Herausforderungen in der Solarindustrie, insbesondere mit der billigen Konkurrenz aus China und Überkapazitäten im europäischen Solarmarkt. Die chinesischen Hersteller können aufgrund von Skaleneffekten, niedrigeren Produktionskosten und staatlicher Unterstützung Solarmodule zu Preisen anbieten, die für europäische und amerikanische Produzenten schwer zu unterbieten sind. Diese Wettbewerbssituation hat in der ersten Jahreshälfte 2024 zu einem Abverkauf von Solarmodulen aus dem Lager zu Dumpingpreisen geführt, was weitere Verluste verursachte.
Zusätzlich zu den Preisproblemen führten Abschreibungen und Kosten im Zusammenhang mit dem ins Stocken geratenen Aufbau der US-Produktion zu weiteren finanziellen Belastungen. Der Umsatz des Unternehmens brach in der ersten Jahreshälfte 2024 um fast 50 Prozent auf 69,6 Millionen Schweizer Franken ein. Diese dramatische Verschlechterung der Geschäftslage verdeutlicht die Schwierigkeit, in einem zunehmend von kostengünstigen asiatischen Anbietern dominierten Markt profitabel zu operieren.
Technologische Positionierung und Produktdifferenzierung
Meyer Burger hatte versucht, sich durch die Spezialisierung auf hocheffiziente Heterojunction-Solarzellen und -module von der Konkurrenz abzuheben. Diese Technologie verspricht höhere Wirkungsgrade als herkömmliche Solarmodule und sollte eine Premiumpositionierung im Markt ermöglichen. Trotz dieser technologischen Differenzierung konnte das Unternehmen jedoch nicht die notwendige Marktdurchdringung und Profitabilität erreichen, um die hohen Investitionskosten und Betriebsausgaben zu rechtfertigen. Die gescheiterte US-Expansion zeigt, dass selbst innovative Technologie allein nicht ausreicht, um in einem preisgetriebenen Markt erfolgreich zu sein.
Zukunftsperspektiven und Übernahmeverhandlungen
Trotz der dramatischen Lage führt Meyer Burger derzeit Gespräche mit potenziellen Investoren über eine Beteiligung oder einen möglichen Verkauf des Unternehmens. Das Management arbeitet nach eigenen Angaben mit ausgewählten Interessenten zusammen, um schnellstmöglich vollständig finanzierte, verbindliche Angebote vorliegen zu haben. Diese Verhandlungen könnten die letzte Chance für das Unternehmen darstellen, eine Insolvenz zu vermeiden und eine tragfähige Zukunftsperspektive zu entwickeln.
Die Erfolgsaussichten solcher Übernahmeverhandlungen sind jedoch angesichts der prekären finanziellen Lage und der strukturellen Probleme in der Solarindustrie ungewiss. Potenzielle Investoren müssen nicht nur die bestehenden Schulden übernehmen, sondern auch erhebliche zusätzliche Investitionen tätigen, um das Unternehmen wieder wettbewerbsfähig zu machen. Die Tatsache, dass Meyer Burger seinen Jahresbericht für 2024 noch nicht vorgelegt hat – ursprünglich für den 15. April 2025 angekündigt und nun für den 31. Mai geplant – erschwert eine fundierte Bewertung der Vermögenslage für potenzielle Investoren.
Mögliche Insolvenzszenarien
Sollten die Restrukturierungsverhandlungen und Übernahmegespräche scheitern, steht Meyer Burger vor einer wahrscheinlichen Insolvenz. Experten hatten bereits im September 2024 vor einer “sehr großen Insolvenzgefahr” gewarnt und das Unternehmen nach dem Altman Z-Score im roten Bereich eingestuft. Eine Insolvenz würde nicht nur das Ende des traditionsreichen Unternehmens bedeuten, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf die verbliebenen Arbeitsplätze in Deutschland haben und die europäische Solarindustrie weiter schwächen.
Schlussfolgerungen
Die Einstellung der US-Produktion und die Entlassung von 282 Mitarbeitern markieren einen kritischen Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte von Meyer Burger. Das einst als Hoffnungsträger der europäischen Solarindustrie gehandelte Unternehmen steht nun vor existenziellen Herausforderungen, die seine Zukunftsfähigkeit grundsätzlich in Frage stellen. Die Kombination aus intensivem Preisdruck durch chinesische Konkurrenz, dem Verlust wichtiger Großkunden und wiederholten Finanzierungsproblemen hat das Unternehmen in eine Lage gebracht, aus der es möglicherweise keinen Ausweg mehr gibt.
Die Auswirkungen dieser Entwicklung reichen weit über das Unternehmen selbst hinaus und betreffen die gesamte deutsche und europäische Solarindustrie. Der mögliche Kollaps von Meyer Burger würde die Abhängigkeit Europas von asiatischen Solarherstellern weiter verstärken und die strategische Autonomie in einem wichtigen Zukunftssektor gefährden. Gleichzeitig verdeutlicht der Fall die Schwierigkeit, in einem globalisierten und stark preisgetriebenen Markt mit lokaler Produktion erfolgreich zu sein, selbst wenn innovative Technologien und staatliche Förderungen zur Verfügung stehen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob eine Rettung des Unternehmens noch möglich ist oder ob Meyer Burger als mahnendes Beispiel für die Herausforderungen der Energiewende in Europa in die Geschichte eingehen wird.
- Lagerhallen, Produktionshallen und Industriehallen mit eigener Stromquelle aus einer Photovoltaik-Dachanlage – Bild: NavinTar|Shutterstock.com
- Industrieanlage mit eigener Stromquelle aus einer Photovoltaik-Freilandanlage – Bild: Peteri|Shutterstock.com
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