Veröffentlicht am: 27. MĂ€rz 2025 / Update vom: 27. MĂ€rz 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Am 26. MĂ€rz 2025 verkĂŒndete US-PrĂ€sident Donald Trump Strafzölle von 25 Prozent auf alle Auto-Importe aus dem Ausland – Bild: Xpert.Digital
US-Zölle und ihre Folgen: Ein Wendepunkt fĂŒr Europas Autowirtschaft
Die Auswirkungen der 25% US-Strafzölle auf die Automobilindustrie: Ursachen, LösungsansĂ€tze und GegenmaĂnahmen
Am 26. MĂ€rz 2025 verkĂŒndete US-PrĂ€sident Donald Trump Strafzölle von 25 Prozent auf alle Auto-Importe aus dem Ausland, die am 2. April in Kraft treten sollen. Diese MaĂnahme ist ein weiterer Höhepunkt im sich verschĂ€rfenden Handelskonflikt zwischen den USA und der EuropĂ€ischen Union, wobei besonders die deutsche Automobilindustrie stark betroffen sein wird.
Passend dazu:
Das Versagen von Politik, Unternehmen und Beratern
Politische FehleinschÀtzungen und AbhÀngigkeiten
Die enge Verzahnung zwischen der deutschen Automobilindustrie und der Politik hat zu einer problematischen AbhĂ€ngigkeit gefĂŒhrt. Schon 2013 zeigte sich dies deutlich, als der damalige VDA-PrĂ€sident Matthias Wissmann in einem Brief an die Bundeskanzlerin bat, sie möge sich in BrĂŒssel gegen eine “sehr ambitionierte und in weiten Teilen unausgewogene” CO2-Regulierung einsetzen â mit dem Verweis auf die “ArbeitsplĂ€tze unserer Automobilhersteller in Deutschland”. Die Politik hat es versĂ€umt, rechtzeitig Alternativen zum US-Markt zu entwickeln und eine zu einseitige Orientierung an den Interessen der Automobilindustrie verfolgt.
Mangelnde Risikostreuung der Automobilhersteller
Die deutsche Automobilindustrie hat sich zu stark auf den Export konzentriert und den US-Markt ĂŒberproportional gewichtet. Kein anderes Land nahm so viele neue Pkw aus Deutschland ab wie die USA: Sie lagen mit einem Anteil von 13,1 Prozent an den Exporten vorn, gefolgt von GroĂbritannien und Frankreich. Diese hohe ExportabhĂ€ngigkeit macht die deutschen Hersteller besonders anfĂ€llig fĂŒr protektionistische MaĂnahmen.
Das Versagen der Unternehmensberater und Analysten
Unternehmensberater haben die geopolitischen Risiken und die Verletzlichkeit globaler Lieferketten nicht ausreichend in ihre Analysen einbezogen. Stattdessen wurde oft eine kurzfristige Gewinnoptimierung empfohlen, ohne die langfristigen Risiken angemessen zu bewerten. Die Blockade des Suezkanals durch das Containerschiff âEver Given” im Jahr 2021 hĂ€tte bereits ein deutliches Warnsignal fĂŒr die AnfĂ€lligkeit globaler Lieferketten sein mĂŒssen. Dennoch wurden keine ausreichenden Strategien zur Risikominimierung entwickelt.
In der Beratungsbranche sind FĂ€lle von Haftung wegen Falschberatung selten, obwohl sie durchaus vorkommen. Ein bekannter Fall ist die Klage des Finanzinvestors Kingsbridge Capital gegen die US-Unternehmensberatung Alix Partners ĂŒber 30 Millionen Euro Schadensersatz wegen Falschberatung im Zusammenhang mit der MĂ€rklin-Insolvenz.
Ein tiefgreifender Einschnitt in etablierte Handelsmuster: 25% Zölle auf Autoimporte in die USA – Bild: Xpert.Digital
25% US-Strafzölle könnten erhebliche Auswirkungen auf die Verbraucherpreise haben. Beispielsweise wĂŒrde der durchschnittliche Preis fĂŒr einen Kompaktwagen, der aktuell bei etwa 25.000 $ liegt, um 6.250 $ steigen. Ein Mittelklassewagen mit einem geschĂ€tzten Preis von 35.000 $ wĂŒrde um 8.750 $ teurer. SUVs könnten eine Preiserhöhung von 11.250 $ erfahren, basierend auf einem Durchschnittspreis von 45.000 $. FĂŒr Pickup-Trucks, deren aktueller Preis etwa 50.000 $ betrĂ€gt, wĂŒrde der Preiszuwachs bei 12.500 $ liegen. Elektrofahrzeuge, die derzeit im Schnitt etwa 55.000 $ kosten, könnten um 13.750 $ teurer werden. Ein Crossover-SUV mit Benzinmotor, der etwa 40.000 $ kostet, könnte eine Preissteigerung von 3.500 $ zeigen. Ein weiterer Pickup-Truck mit Ă€hnlichem Basispreis könnte PreisaufschlĂ€ge von 8.000 $ aufweisen. Full-Size-SUVs, deren Durchschnittspreis bei 60.000 $ liegt, könnten um 9.000 $ teurer werden, wĂ€hrend Kleinwagen mit einem Ausgangspreis von 25.000 $ durch eine Erhöhung von 6.200 $ betroffen wĂ€ren. Elektrofahrzeuge könnten sogar eine Preissteigerung von bis zu 12.000 $ verzeichnen. Diese geschĂ€tzten Preiserhöhungen dienen der Veranschaulichung und können je nach Modell, Herstellungsort und weiteren Faktoren variieren.
Passend dazu:
Strategien zur Vermeidung und Umgehung von Strafzöllen
Circumvention und Produktionssplitting
Eine Strategie zur Umgehung von Strafzöllen ist die sogenannte “Circumvention” oder Umgehung durch Verschleierung des Ursprungs. Dabei werden Waren so bearbeitet oder zusammengesetzt, dass sie unter gĂŒnstigere Zollbedingungen fallen. Dies kann durch verschiedene Methoden geschehen:
- Falsche Ursprungsangaben, bei denen der Ursprung in einem Zwischenland verschleiert wird
- Falsche Einreihung von Waren, sodass ein geringerer Zollsatz fÀllig ist
- Lieferung von Fahrzeugen in Einzelteilen und Zusammenbau in den USA
Diese Praktiken sind jedoch rechtlich bedenklich und können zu empfindlichen Strafen fĂŒhren, wenn sie aufgedeckt werden. Die EU fĂŒhrt regelmĂ€Ăig Kontrollen durch, um solche Umgehungen zu verhindern, und die Zollbehörden der Mitgliedstaaten sind fĂŒr die Erhebung von Zöllen verantwortlich und mĂŒssen alle erforderlichen MaĂnahmen treffen, damit die finanziellen Interessen der EU geschĂŒtzt werden.
Anstelle von rechtlich bedenklichen Praktiken wie Produktionssplitting gibt es mehrere legale Möglichkeiten fĂŒr Unternehmen, ihre Zollkosten zu optimieren und den Warenverkehr effizient zu gestalten:
- Nutzung spezieller Zollverfahren:
- Aktive Veredelung: Nicht-EU-Waren können zollfrei eingefĂŒhrt, verarbeitet und anschlieĂend wieder ausgefĂŒhrt werden.
- Passive Veredelung: EU-Waren können vorĂŒbergehend ausgefĂŒhrt und nach der Verarbeitung mit teilweiser oder vollstĂ€ndiger Zollbefreiung wieder eingefĂŒhrt werden.
- Zolllager: Ermöglicht die Lagerung von Nicht-EU-Waren ohne sofortige Zollabgaben.
- Beantragung von verbindlichen ZolltarifauskĂŒnften: Diese geben Rechtssicherheit ĂŒber die korrekte Einreihung von Waren und die anzuwendenden ZollsĂ€tze.
- Nutzung von Zollvereinfachungen: Zum Beispiel vereinfachte Anmeldeverfahren oder die Bewilligung als zugelassener Wirtschaftsbeteiligter (AEO).
- Korrekte Anwendung von PrĂ€ferenzabkommen: Nutzung von ZollvergĂŒnstigungen bei Handel mit LĂ€ndern, mit denen die EU Freihandelsabkommen hat.
- Optimierung der Lieferkette: Anpassung von Produktionsstandorten und Lieferwegen unter BerĂŒcksichtigung von Zollaspekten.
- Nutzung des Unionsversandverfahrens: Ermöglicht die Beförderung von Nicht-EU-Waren innerhalb der EU ohne sofortige Zollabgaben.
- Inanspruchnahme der RĂŒckwarenregelung: FĂŒr Waren, die aus der EU exportiert und innerhalb von drei Jahren zurĂŒckgebracht werden.
Diese legalen Methoden ermöglichen es Unternehmen, ihre Zollkosten zu optimieren und gleichzeitig alle EU-Vorschriften einzuhalten.
Nearshoring als strategische Alternative
Nearshoring bietet eine legale und nachhaltige Alternative zum traditionellen Offshoring. Im Gegensatz zum Offshoring (Verlagerung in weit entfernte LÀnder) werden beim Nearshoring Unternehmensdienstleistungen an Unternehmen mit Sitz im Ausland, aber in geografischer NÀhe ausgelagert. Dies ermöglicht:
- Ăhnliche Zeitzonen, um die Kommunikation zu erleichtern
- Schnellere Antworten und bessere Koordination
- Produktion in der NĂ€he des Zielmarktes
- Kostensenkung durch kĂŒrzere Transportwege
Die EinfĂŒhrung umfangreicher Zölle fĂŒr den Import von Waren in die USA hat erhebliche Auswirkungen auf Deutschland als Exportnation, aber Nearshoring kann helfen, diese Auswirkungen zu mildern.
Passend dazu:
- Nearshoring vs. Offshoring Lagerprozesse: Die Bedeutung von Pufferlagern fĂŒr flexible Produktionsprozesse
Reshoring: RĂŒckverlagerung der Produktion
Eine noch direktere Antwort auf Handelskonflikte ist das Reshoring â die RĂŒckverlagerung der Produktion ins Heimatland. Anstatt in LĂ€ndern mit niedrigen Löhnen zu produzieren, entscheiden sich einige Unternehmen wieder dazu, ihre Produktion zurĂŒck nach Deutschland zu holen. GrĂŒnde hierfĂŒr sind:
- Steigende Löhne in traditionellen “Billiglohn-LĂ€ndern”
- Fortschritte in der Digitalisierung und Automatisierung, die die Produktionskosten in Deutschland senken
- Wegfall der durch Offshoring verursachten zusÀtzlichen Kosten und Risiken
Pufferlager zur Risikominimierung
Pufferlager können eine wichtige Rolle bei der Absicherung gegen Unterbrechungen der Lieferkette spielen:
- Lokale Bevorratung produktionswichtiger GĂŒter
- Vermeidung von ProduktionsausfÀllen, die pro Tag teils siebenstellige UmsatzausfÀlle verursachen können
- Diese Lager mĂŒssen nicht unbedingt an logistisch optimalen Standorten angesiedelt sein
Besonders in komplexen Industrien wie der Automobilbranche sind solche Pufferlager sinnvoll, da hier die Just-in-time-Produktion besonders anfĂ€llig fĂŒr Störungen ist.
Weitere Anpassungsstrategien
Neben diesen Hauptstrategien gibt es weitere Möglichkeiten, mit denen Unternehmen auf die verÀnderte Handelspolitik reagieren können:
- Direktinvestitionen in den USA, um dort ProduktionskapazitÀten aufzubauen
- Diversifizierung der AbsatzmÀrkte, um die AbhÀngigkeit vom US-Markt zu reduzieren
- Anpassung der Produktpalette an die spezifischen Anforderungen des US-Marktes
- Strategische Allianzen mit US-amerikanischen Unternehmen
Internationale GegenmaĂnahmen und der Handelskonflikt
Die Reaktion der EuropÀischen Union
Die EU hat bereits entschiedene Reaktionen auf US-Zölle angekĂŒndigt. Die EuropĂ€ische Kommission plant in einem ersten Schritt, von April an wieder EU-Extrazölle auf die Einfuhr US-amerikanischer Produkte wie Bourbon-Whiskey, Jeans, MotorrĂ€der, Boote und Erdnussbutter zu erheben. Nach Angaben der EU-Kommission treffen die neuen US-Zölle in Höhe von 25 Prozent Exporte der EU im Gesamtwert von 26 Milliarden Euro, was etwa fĂŒnf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die USA entspricht.
Die geplanten EU-GegenmaĂnahmen sollen US-Warenexporte im gleichen Wert betreffen:
- Im ersten Schritt soll es um Waren im Wert von etwa 8 Milliarden Euro gehen
- Im zweiten Schritt dann um Waren im Wert von etwa 18 Milliarden Euro
EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen betont jedoch den Verhandlungsweg: “Es ist in niemandes Interesse, die Bande der Weltwirtschaft zu zerreiĂen”.
Globale Reaktionen und Auswirkungen
Nicht nur die EU, sondern auch andere betroffene LĂ€nder haben GegenmaĂnahmen angekĂŒndigt:
- China will die WTO (World Trade Organization) einschalten
- Kanada hat seinerseits Strafzölle angekĂŒndigt
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer geht so weit, Trumps Zollpolitik als “Terrorakt” zu bezeichnen, da sie die positiven Effekte der Globalisierung gefĂ€hrde. Der Vorsitzende beim Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht das Hin und Her mit groĂer Sorge und betont, dass die Autoindustrie ein “Paradebeispiel dafĂŒr ist, dass Globalisierung positiv ist”.
Passend dazu:
US-Strafzölle: Wie sich die deutsche Automobilindustrie anpassen muss
Die aktuellen Entwicklungen in der US-Handelspolitik stellen eine ernsthafte Herausforderung fĂŒr die globale Wirtschaft und insbesondere fĂŒr die deutsche Automobilindustrie dar. Die Strafzölle von 25 Prozent auf alle Auto-Importe werden erhebliche Auswirkungen auf die WettbewerbsfĂ€higkeit deutscher Fahrzeuge auf dem US-Markt haben.
Die Politik, Unternehmen und Berater haben in der Vergangenheit die Risiken einer zu starken ExportabhÀngigkeit und die geopolitischen VerÀnderungen unterschÀtzt. Nun sind strategische Anpassungen erforderlich, um auf diese Herausforderungen zu reagieren.
Strategien wie Nearshoring, Reshoring, Pufferlager und die rechtlich unbedenklichen Formen der Produktionsanpassung bieten Möglichkeiten, die Auswirkungen der Strafzölle zu mildern. Gleichzeitig muss die internationale Gemeinschaft gemeinsam auf eine Deeskalation des Handelskonflikts hinarbeiten, um langfristige SchĂ€den fĂŒr die Weltwirtschaft zu vermeiden.
Die Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Strukturwandel, der durch die aktuellen handelspolitischen Verwerfungen noch beschleunigt wird. Unternehmen, die flexibel und innovativ auf diese Herausforderungen reagieren, werden gestÀrkt aus dieser Krise hervorgehen.
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