Agri-Photovoltaik / AgriPV: Geeignet für kleinere Anlagen – EEG-Novelle – Stärkere Förderung der Agriphotovoltaik
Veröffentlicht am: 17. Oktober 2022 / Update vom: 6. August 2023 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Agri-Photovoltaik als Chance
Agri-Photovoltaik oder AgriPV ist die Bezeichnung für Photovoltaikanlagen, die auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden. Die Stromerzeugung aus AgriPV-Anlagen kann einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten und die CO2-Emissionen reduzieren.
Die bisherige Förderung der Photovoltaik durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reicht jedoch nicht aus, um den weiteren Ausbau der Photovoltaik zu beschleunigen.
Um den Ausbau der Photovoltaik weiter zu beschleunigen, hat die Bundesregierung eine EEG-Novelle vorgelegt, mit der die Förderung der Photovoltaik deutlich erhöht wird. Zudem soll die Förderung künftig stärker an den Ausbau der erneuerbaren Energien insgesamt gekoppelt werden.
Der Photovoltaik-Standort Deutschland profitiert durch die Nutzung agrarischer Flächen für die Errichtung von Solaranlagen. Die jüngste Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stärkt mit der Senkung der Schwellenwerte für die Förderung die Wirtschaftlichkeit von AgriPV-Anlagen. Zusammen mit den steigenden Strompreisen, dem hohen Anspruch der Verbraucher an nachhaltige Energieerzeugung und den positiven Erfahrungen aus anderen Ländern bietet sich für landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland eine interessante Investitionsmöglichkeit.
Agri-Photovoltaik: bessere Chancen für kleinere Anlagen und hoch aufgeständerte Systeme
Der Deutsche Bauernverband (DBV), das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl begrüßen vor dem Hintergrund der 2023 in Kraft tretenden EEG-Novelle in einem gemeinsamen Positionspapier die stärkere Förderung der Agri-Photovoltaik – kurz Agri-PV – im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Durch die Gesetzesnovelle ist es zukünftig möglich, im Rahmen der Regelausschreibungen des EEG eine Einspeisevergütung für Strom aus PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erhalten. Um der noch jungen Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, sei weiterhin eine zielgerichtetere Förderung hoch aufgeständerter Agri-PV und Vereinfachungen der Genehmigungsverfahren für den Bau von Agri-PV-Anlagen nötig.
Das Potenzial der Technologie ist groß: Würden die in Deutschland bis 2030 geplanten Freiflächenanlagen von 80.000 Hektar zur Hälfte als hoch aufgeständerter Agri-PV errichtet, könnten damit im Durchschnitt circa 30.000 Terawattstunden Strom jährlich erzeugt werden. »Agri-PV kann zukünftig sicherlich ein wichtiger Baustein für die Energiewende werden. Viele Landwirtinnen und Landwirte sehen in Agri-PV eine gute Möglichkeit, erneuerbare Energien mit Landwirtschaft zu vereinen,« sagt Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des DBV. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die auch kleinere Agri-PV-Anlagen wirtschaftlich attraktiv machen und den Landwirtschaftsbetrieben ermöglichen, sie selbst zu betreiben.«
Der DBV, das Fraunhofer ISE und die Hochschule Kehl empfehlen daher, dass auch hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen, die nach EEG nicht ausschreibungspflichtig sind, eine Technologieprämie erhalten können. Vor der Ausschreibungspflicht befreit sind grundsätzlich Anlagen mit weniger als ein Megawatt Nennleistung, im Falle von Bürgerenergiegesellschaften liegt die Grenze sogar bei 6 Megawatt Nennleistung.
Insbesondere kleine Anlagen ermöglichen, dass Landwirtschaftsbetriebe selbst Eigentümer und Betreiber der Anlagen sein können. Die notwendigen Investitionen können von ihnen leichter gestemmt werden.
Ein weiteres Hindernis für die Ausschöpfung des vollen Potenzials von Agri-PV stellt die unklare Rechtslage in Bezug auf die Genehmigungsverfahren dar. »Da Agri-PV-Anlagen im Außenraum gebaut werden, ist in aller Regel die Aufstellung eines Bebauungsplans durch die örtliche Kommune notwendig. Oft muss hierfür zunächst der Flächennutzungsplan geändert werden. Diese Verfahren nehmen enorm viel Zeit in Anspruch und verzögen damit den Markthochlauf der Agri-PV,« sagt Prof. Dr. Michael Frey, Professor für Rechts- und Kommunalwissenschaften an der Hochschule Kehl. Um den Ausbau von Erneuerbaren Energien voranzubringen, empfehlen der DBV, das Fraunhofer ISE und die Hochschule Kehl, kleinere Anlagen, die in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zum landwirtschaftlichen Betrieb stehen oder der gartenbaulichen Erzeugung dienen, zu privilegieren. Diese Art von Anlagen ist für eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Betrieben attraktiv, um den schnellen Einstieg in Agri-PV zu realisieren
Für große hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen besteht im Rahmen der Regelausschreibungen des EEG zukünftig zusätzlich ein Anspruch auf eine Prämie in Höhe von 1,2 Cent pro Kilowattstunde, um die Mehrkosten für die aufwändigere Unterkonstruktion zu berücksichtigen. »Wir begrüßen eine spezielle Förderung hoch aufgeständerter Anlagen, weil diese besondere Synergien versprechen, wie zum Beispiel Schutz vor Hagel, Starkregen oder auch zu viel Sonne«, sagt Max Trommsdorff, Gruppenleiter Agri-Photovoltaik am Fraunhofer ISE. Zweifel bestehen jedoch an der Effizienz und Zielgenauigkeit einer fixen Prämie. »Die aktuell stark schwankenden Stahlpreise machen es praktisch unmöglich, die Mehrkosten für die Unterkonstruktion hoch aufgeständerter Anlagen exakt vorherzusagen. Nach unserer Einschätzung wären deshalb eigene Zuschlagsvolumina für hoch aufgeständerte Agri-PV geeigneter als eine fixe Prämie im Rahmen der EEG-Ausschreibungen.» Dadurch könne eine Überförderung vermieden und ein nennenswerter Ausbau hoch aufgeständerter Agri-PV-Anlagen sichergestellt werden.
In der im Januar 2023 in Kraft tretenden Novelle des EEG wurden in Deutschland bereits wichtige Rahmenbedingungen für den zukünftigen Markthochlauf der Agri-Photovoltaik auf den Weg gebracht. So ist es zukünftig möglich, im Rahmen der Regelausschreibungen des EEG eine Einspeisevergütung für Strom aus PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erhalten. Gleichzeitig soll bezüglich der EU-Direktzahlungen ab 2023 ein gesetzlicher Anspruch auf 85 Prozent der flächenbezogenen Zahlungen bestehen.
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Positionspapier, Oktober 2022 - DBV, des Fraunhofer ISE und der Hochschule Kehl
1. Wichtige Weichen wurden gestellt
Das Ziel, Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 zu erreichen, erfordert einen zügigen und massiven Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland. Gleichzeitig steigt der Bedarf, landwirtschaftliche Kulturen vor zunehmenden Extremwetterereignissen wie Hagel, Trockenphasen und zu hohen Temperaturen zu schützen. Eine Möglichkeit, diesen Herausforderungen zu begegnen, stellt eine Doppelnutzung von Landflächen durch hoch aufgeständerte Agri-Photovoltaik (Agri-PV) dar. Bei einer solchen Bewirtschaftung der Fläche unter den PV-Modulen kann die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche erhalten bleiben und gleichzeitig könnte die PV-Leistung in Deutschland signifikant ausgebaut werden. Auch bodennahe Agri-PV, die einen Anbau zwischen den Modulen zulässt, verbessert die Effizienz der Landnutzung.
Mit der jüngsten Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG 2023) wurden in Deutschland bereits wichtige Rahmenbedingungen für einen Markthochlauf der Agri Photovoltaik auf den Weg gebracht. So ist es zukünftig möglich, im Rahmen der Regelausschreibungen des EEG eine finanzielle Förderung für Strom aus PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erhalten, soweit die landwirtschaftliche Nutzung auf der Fläche durch die Anlage nicht nennenswert eingeschränkt wird. Für hoch aufgeständerte Anlagen mit einer Bewirtschaftung unter den PV-Modulen besteht zusätzlich ein Anspruch auf eine Prämie, um die Mehrkosten für die aufwändigere Unterkonstruktion zu berücksichtigen. Bezüglich der EU-Direktzahlungen soll ab 2023, ein gesetzlicher Anspruch auf 85 Prozent der flächenbezogenen Zahlungen bestehen.
Zudem ist die Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Agri-PV zu nennen. Der Deutsche Bauernverband (DBV), das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, und die Hochschule Kehl begrüßen ausdrücklich, dass die Vertreterinnen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nunmehr beschlossen haben, den Grundbesitz mit Photovoltaik Anlagen, die den Anforderungen der DIN SPEC 91434 als Agri-PV der Kategorie I oder II erfüllen, dem landwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen. Durch den Erlass vom 15. Juli 2022 (BStBl. 1 2022, S.1226) wird die Akzeptanz bei den Landwirten erhöht, wodurch die Flächenakquise vereinfacht und die Energiewende vorangetrieben wird.
Obgleich der bisherigen Weichenstellungen zum Ausbau der Agri-PV in Deutschland sehen alle drei Institutionen weiterhin dringenden Korrektur- und Handlungsbedarf, um das hohe Potenzial der Agri-PV zeitnah zu heben und Fehlentwicklungen vorzubeugen. Dies betrifft im Wesentlichen die Förderung hoch aufgeständerter Agri-PV im EEG und die Vereinfachungen der Genehmigungsverfahren für den Bau von Agri-PV-Anlagen.
2. Korrekturbedarf im EEG 2023 bei der Förderung hoch aufgeständerter Agri-PV
Eine wichtige Errungenschaft stellt nach Einschätzung des DBV, des Fraunhofer ISE und der Hochschule Kehl die Abgrenzung von hoch aufgeständerten zu bodennahen Agri-PV-Systemen im neuen EEG dar, da sich sowohl die Kosten als auch die Synergiepotenziale und Anwendungsgebiete beider Systeme wesentlich unterscheiden. Durch die Einführung der Technologieprämie im EEG in Höhe von 1,2 Cent pro Kilowattstunde werden nun grundsätzlich die Mehrkosten und die besonderen Synergiepotenziale hoch aufgeständerter Systeme berücksichtigt.
Allerdings bestehen seitens des DBV, des Fraunhofer ISE und der Hochschule Kehl erhebliche Zweifel, ob die Höhe der Technologieprämie auskömmlich für einen nennenswerten Ausbau hoch aufgeständerter Anlagen ist. Durch einen zu hohen Kostendruck können Innovationen und Vielfalt beim Markthochlauf verhindert und die landwirtschaftliche Produktion aus dem Auge verloren werden. Vor allem stark gestiegene Stahlpreise erhöhten in den letzten Jahren die Kosten für die Aufständerung.
Zielführender als eine starre Prämie wäre in den Regelausschreibungen des EEG aus Sicht des DBV, des Fraunhofer ISE und der Hochschule Kehl die Einführung eines dedizierten Segments für hoch aufgeständerte Anlagen. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass ein nennenswerter Zubau hoch aufgeständerter Agri-PV-Anlagen auch tatsächlich stattfindet.
3. EEG-Förderung auch für kleine Anlagen ermöglichen
Aktuell ist im EEG 2023 eine spezielle Förderung hoch aufgeständerter Agri-PV nur im Rahmen der Regelausschreibungen vorgesehen. Nichtausschreibungspflichtige Anlagen unter einem MWP erhalten hingegen nur den Regelsatz der gesetzlichen Einspeisevergütung, der aktuell sogar unterhalb der mittleren Zuschläge für große, ausschreibungspflichtige Anlagen liegt.
Dieser Regelsatz wird für den Bau hoch aufgeständerter Systeme in den meisten Fällen nicht auskömmlich sein. Ob Gleiches gilt für Anlagenkombinationen im Rahmen der Innovationsausschreibungen des EEG gilt, ist unklar. Hier sollte zeitnah Rechtssicherheit geschaffen werden.
Um die gesellschaftliche Akzeptanz beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu erhalten, spielt die Teilhabe der lokalen Bevölkerung eine wichtige Rolle. Dazu gehört auch, dass Landwirtschaftsbetriebe die Möglichkeit erhalten, selbst Eigentümer und Betreiber von Agri PV-Anlagen zu werden. Es erscheint jedoch deutlich wahrscheinlicher, dass örtliche Landwirtschaftsbetriebe die notwendigen Investitionen von kleinen Anlagen (im Bereich einiger 100 kWp) stemmen können als im Falle großer Anlagen (1 MWp und mehr). Mit einer Förderung auch kleinerer Agri-PV-Anlagen können so die Akzeptanz vor Ort erhöht und die Hürden für den Einstieg in Agri-PV gesenkt werden.
Nach Auffassung des DBV, des Fraunhofer ISE und der Hochschule Kehl sollten hoch aufgeständerte Anlagen sowohl in der gesetzlichen Einspeisevergütung als auch im Rahmen der Regelausschreibungen des EEG eine Aussicht auf eine angemessene Förderung erhalten. Dies könnte entweder über ein separates Kontingent oder über eine auskömmliche Technologieprämie umgesetzt werden.
4. Vereinfachung der Genehmigungsverfahren
Ein weiteres Hindernis für die Ausschöpfung des vollen Potenzials der Agri-PV stellt die derzeitige Rechtslage in Bezug auf die Genehmigungsverfahren dar. Aus Sicht des DBV, des Fraunhofer ISE und der Hochschule Kehl gilt es, diese Hürden für die Errichtung von Agri-PV Anlagen abzubauen.
Typischerweise befinden sich Agri-PV-Systeme im Außenbereich. Grundsätzlich sind dort nur privilegierte Vorhaben zuzulassen, sofern öffentliche Belange diesen nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Anders als bei allen anderen erneuerbaren Energieträgern sowie Anlagen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle ist derzeit eine Privilegierung im Außenbereich für Agri-PV-Anlagen in vielen Fällen nicht möglich.
Daher ist in aller Regel die Aufstellung eines (vorhaben bezogenen) Bebauungsplans durch die örtliche Kommune von Nöten. Oft muss hierfür zunächst der Flächennutzungsplan geändert werden. Diese Verfahren nehmen meist viel Zeit in Anspruch und verzögen damit den Markthochlauf der Agri-PV.
Daher empfehlen der DBV, das Fraunhofer ISE und die Hochschule Kehl, kleinere Anlagen etwa bis 1 Hektar oder 1 Megawatt Nennleistung, die in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zum landwirtschaftlichen Betrieb stehen oder der gartenbaulichen Erzeugung dienen, nach §35 BauGB zu privilegieren. Darüber hinaus erscheinen weitere Maßnahmen zur Vereinfachung der Genehmigungsverfahren als sinnvoll wie z.B. eine Digitalisierung der Genehmigungsprozesse, sowie ein Ausbau der Fachkompetenzen in den lokalen Genehmigungsbehörden.
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