Veröffentlicht am: 9. Dezember 2024 / Update vom: 10. Dezember 2024 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Klimaschutz im Rückwärtsgang: Warum Deutschland im internationalen Ranking abrutscht
Trotz grüner Minister: Warum Deutschland im Klimaschutz nicht vorankommt – Platz 16 statt Spitzenreiter: Ist Deutschland noch Klimavorbild?
Deutschland hat im Klimaschutzindex (Climate Change Performance Index, CCPI) von Germanwatch, dem NewClimate Institute und dem Climate Action Network zwischen 2021 und 2023 einen Rückschritt gemacht: Von Platz 13 im Jahr 2021 fiel das Land auf Platz 16 im Jahr 2023 zurück. Diese Entwicklung ist besonders bemerkenswert, da die sogenannte „Ampelkoalition“ aus SPD, Grünen und FDP im Dezember 2021 die Regierungsverantwortung übernommen hatte. Mit Steffi Lemke als Umweltministerin und Robert Habeck als Wirtschafts- und Klimaschutzminister besetzte die Koalition zwei Schlüsselpositionen mit Vertretern der Grünen, die traditionell eine starke Klimaschutzagenda verfolgen. Trotz dieser politischen Konstellation konnte Deutschland seine Position im internationalen Vergleich nicht halten.
Gründe für den Rückgang
Die Ursachen für den Rückgang Deutschlands im CCPI sind vielschichtig und betreffen mehrere Sektoren, in denen die Fortschritte als unzureichend bewertet wurden.
1. Verkehrssektor
Der Verkehrssektor stellt eines der größten Probleme dar. Die Emissionen in diesem Bereich sind in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern teilweise sogar gestiegen. Dies liegt vor allem daran, dass Deutschland nur schleppend Fortschritte bei der Elektrifizierung des Verkehrs macht. Der Ausbau der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur ist zwar ein erklärtes Ziel der Regierung, doch die Umsetzung bleibt hinter den Erwartungen zurück. Auch alternative Konzepte wie der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder die Förderung von Fahrradverkehr und Carsharing werden noch nicht konsequent genug vorangetrieben. Der Verkehrssektor bleibt ein zentraler Hemmschuh für die Klimaziele Deutschlands.
2. Erneuerbare Energien
Ein weiterer kritischer Punkt ist der schleppende Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere im Bereich der Windenergie an Land. In den Jahren vor der Regierungsübernahme durch die Ampelkoalition war der Ausbau fast zum Erliegen gekommen, unter anderem durch bürokratische Hürden und Widerstände auf lokaler Ebene. Zwar hat die neue Regierung Maßnahmen ergriffen, um den Ausbau zu beschleunigen – beispielsweise durch eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren –, doch diese Maßnahmen zeigen bisher nur begrenzte Wirkung. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist jedoch essenziell, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und die Energiewende voranzutreiben.
3. Energiekrise und fossile Brennstoffe
Die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs hat Deutschlands Klimapolitik zusätzlich belastet. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wurden neue Gasinfrastrukturprojekte vorangetrieben und Kohlekraftwerke reaktiviert – Maßnahmen, die aus klimapolitischer Sicht kritisch gesehen werden. Zwar betont die Regierung, dass diese Schritte nur temporär seien, doch sie werfen Fragen hinsichtlich der langfristigen Klimastrategie auf. Zudem wird das deutsche Klimaschutzgesetz von Experten als verwässert kritisiert, da es weniger verbindliche Vorgaben enthält als ursprünglich geplant.
4. Gebäudesektor
Auch im Gebäudesektor gibt es erhebliche Defizite. Die Sanierungsrate von Gebäuden bleibt niedrig, obwohl dieser Bereich ein großes Potenzial zur Reduktion von CO₂-Emissionen bietet. Maßnahmen wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das strengere Anforderungen an Neubauten stellt, sind zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reichen aber nicht aus. Insbesondere bei der energetischen Sanierung des Altbaubestands gibt es großen Nachholbedarf.
Positive Entwicklungen
Trotz dieser Rückschläge gibt es auch Bereiche, in denen Fortschritte erzielt wurden:
Klimapolitik
Die Ampelregierung konnte sich in der Kategorie „Klimapolitik“ verbessern und erreichte hier Platz 12 im CCPI-Ranking. Dies ist auf ambitionierte Pläne wie den beschleunigten Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie den geplanten Kohleausstieg bis 2030 zurückzuführen.
Erneuerbare Energien im Strommix
Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix konnte weiter gesteigert werden. Insbesondere Solarenergie verzeichnete ein starkes Wachstum. Diese Erfolge zeigen, dass Deutschland trotz aller Herausforderungen auf dem richtigen Weg ist – allerdings reicht dies nicht aus, um die Defizite in anderen Bereichen auszugleichen.
Vergleich mit anderen Ländern
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Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass andere Länder deutlich ambitionierter agieren als Deutschland. Dänemark, Schweden und Marokko führen das CCPI-Ranking an und setzen Maßstäbe in Sachen Klimaschutz. Diese Länder zeichnen sich durch einen konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien sowie durch innovative Ansätze zur Reduktion von Treibhausgasemissionen aus.
Deutschland liegt zwar weiterhin vor vielen anderen G20-Staaten wie Kanada oder Russland, doch der Anspruch eines Vorreiters im Klimaschutz wird derzeit nicht erfüllt. Besonders Dänemark beeindruckt mit einer klaren Strategie zur Dekarbonisierung aller Sektoren – von Energie über Verkehr bis hin zur Industrie.
Herausforderungen für Deutschland
Die aktuelle und kommende Regierung steht vor einer Reihe von Herausforderungen:
Strukturelle Probleme lösen
Die hohen Emissionen im Verkehrs- und Gebäudesektor müssen dringend gesenkt werden.
Reformen schneller umsetzen
Die bisherigen Maßnahmen zeigen noch nicht die gewünschte Wirkung; eine Beschleunigung ist notwendig.
Marktwirtschaftliche Expertise nutzen
Politischer Wille allein reicht nicht aus; es bedarf auch eines tiefen Verständnisses für wirtschaftliche Zusammenhänge und Anreize.
Die Verzögerungen bei der Umsetzung klimapolitischer Maßnahmen haben nicht nur nationale Konsequenzen: Sie beeinträchtigen auch Deutschlands Glaubwürdigkeit auf internationaler Ebene.
Es gibt noch viel zu tun
Der Rückgang Deutschlands im Klimaschutzindex zeigt deutlich: Es gibt noch viel zu tun, um die selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen und international wieder eine führende Rolle einzunehmen. Die Ampelregierung hat ambitionierte Pläne vorgelegt – darunter den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien und den Kohleausstieg bis 2030 –, doch deren Umsetzung muss schneller und effektiver erfolgen.
Die Herausforderungen sind groß: Der Verkehrssektor muss elektrifiziert werden, der Gebäudebestand energetisch saniert und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduziert werden. Gleichzeitig darf die Energiekrise nicht als Vorwand dienen, um klimapolitische Ziele zu verwässern.
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Deutschland hat das Potenzial, wieder ein Vorreiter im Klimaschutz zu werden – doch dafür sind entschlossenes Handeln und eine enge Verzahnung von Politik und Wirtschaft erforderlich. Der Weg dorthin wird kein leichter sein, aber er ist unabdingbar für eine nachhaltige Zukunft.
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