Veröffentlicht am: 20. Mai 2025 / Update vom: 20. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Transportleistung mit dem Schienengüterverkehr – Effizienz, Sicherheit und Klimaschutz: 1.404 Tonnen Güterzug vs. 52 LKW – Bild; Xpert.Digital
90 % CO₂-Ersparnis: Warum die Schiene die bessere Wahl ist - Mehr Schiene, weniger CO₂
Schienengüterverkehr: Nachhaltige und resiliente Alternative für den Warentransport
Der Schienengüterverkehr etabliert sich zunehmend als tragende Säule einer nachhaltigen Logistiklandschaft. Die ökologischen, wirtschaftlichen und sicherheitsrelevanten Vorteile des Gütertransports auf der Schiene sind vielfältig und untermauern seine Bedeutung für eine zukunftsfähige Transportwirtschaft. Diese Analyse beleuchtet die verschiedenen Aspekte, die für eine verstärkte Nutzung der Schiene im Güterverkehr sprechen.
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Ökologische Vorteile des Schienengüterverkehrs
Der Transport von Waren auf der Schiene bietet signifikante Umweltvorteile im Vergleich zum konventionellen Straßengüterverkehr. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Ein Güterzug verursacht pro Tonne und Kilometer nur ein Viertel so viel Kohlendioxid wie ein Lkw. Genauer betrachtet emittiert der Schienengüterverkehr lediglich 15,2 g Treibhausgase pro Tonnenkilometer, während es beim Lkw-Transport 100,2 g/tkm sind.
Diese Umweltbilanz wird durch konkrete Praxisbeispiele bestätigt. Erste Testtransporte des Bio-Obst- und -Gemüseimporteurs Lehmann Natur zeigen, dass durch die Verlagerung von der Straße auf die Schiene für den Großteil der Strecke rund 65 Prozent der CO₂-Emissionen eingespart werden konnten. Im Vergleich zwischen reinem Lkw-Transport und kombiniertem Verkehr können je nach Verbindung sogar bis zu 90 Prozent weniger CO₂ freigesetzt werden.
Der Anteil des Schienengüterverkehrs an den gesamten Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors beträgt lediglich 0,84 Prozent, obwohl er für 18,5 Prozent der deutschen Güterverkehrsleistung verantwortlich ist. Bereits ein einziger Prozentpunkt höherer Marktanteil auf der Schiene bedeutet eine jährliche Einsparung von 644.000 Tonnen CO₂ gegenüber dem Lkw-Transport.
Kapazität und Effizienz im Schienengüterverkehr
Ein entscheidender Vorteil des Schienengüterverkehrs liegt in seiner überlegenen Transportkapazität. Ein einzelner Güterzug kann bis zu 52 Lkw ersetzen, was sowohl das Klima als auch die Straßen erheblich entlastet. Diese erhebliche Transportleistung wird durch die beeindruckende Größe und Kapazität moderner Güterwagen ermöglicht.
Die Deutsche Bahn AG verfügt nach eigenen Angaben über circa 78.000 eigene Güterwagen unterschiedlicher Bauart. Einige dieser Wagen können eine Länge von bis zu 20 Metern erreichen und mit 60 Tonnen an Gütern beladen werden. Besonders die gedeckten, großräumigen Schiebewandwagen, die in der Praxis häufig zum Einsatz kommen, bieten einen Laderaum von 160 m³ und können 24 bis 56 Europaletten aufnehmen.
Kurzum, die durchschnittliche Ladekapazität eines LKW beträgt etwa 27 Tonnen. Ein Güterzug, der 52 LKW ersetzen kann, übernimmt hier eine Transportleistung von etwa 1.404 Tonnen!
Diese hohe Transportkapazität führt zu positiven Skaleneffekten, da die Fixkosten auf eine größere Warenmenge verteilt werden können, was die Wirtschaftlichkeit des Schienentransports steigert, besonders auf längeren Strecken.
Elektrifizierung und Energieeffizienz
Der Schienengüterverkehr zeichnet sich durch seine fortschrittliche Elektrifizierung aus. Bereits heute werden 97 Prozent des Schienengüterverkehrs mit elektrischem Strom abgewickelt. Dieser Strom stammt zu einem wachsenden Anteil aus erneuerbaren Energien – laut Umweltbundesamt bereits zu 41,4 Prozent, mit steigender Tendenz.
Elektrifizierungsgrad des Schienennetzes
- Aktuell sind etwa 62 % des deutschen Bundesschienennetzes elektrifiziert.
- as bedeutet: Nur rund zwei Drittel der gesamten Streckenlänge verfügen über eine Oberleitung und können von Elektroloks befahren werden.
- Bis 2030 sollen laut Koalitionsvertrag 75 % der Strecken elektrifiziert sein (Koalitionsvertrag 2025 zwischen CDU, CSU und SPD).
Anteil der elektrisch erbrachten Verkehrsleistung
- 97 % der Transportleistung im Schienengüterverkehr werden elektrisch erbracht.
- Das heißt: Fast alle Güterzüge, gemessen an der transportierten Menge und Entfernung (Tonnenkilometer), fahren mit Strom.
Hauptverkehrsachsen sind elektrifiziert
Die wichtigsten und am meisten genutzten Strecken (Hauptachsen, Korridore, internationale Verbindungen) sind fast vollständig elektrifiziert. Hier findet der Großteil des Güterverkehrs statt.
Nebenstrecken sind meist nicht elektrifiziert
Die nicht-elektrifizierten Strecken sind überwiegend Nebenstrecken mit geringem Verkehrsaufkommen. Sie machen zwar einen großen Teil der Streckenlänge aus, aber nur einen kleinen Teil der Transportleistung.
Beispiel zur Veranschaulichung
- Streckenlänge: 62 % elektrifiziert → bezieht sich auf das gesamte Netz.
- Transportleistung: 97 % elektrisch → bezieht sich auf die tatsächlich gefahrenen Tonnenkilometer.
Die Schiene punktet zusätzlich mit hervorragender Energieeffizienz. Durch den deutlich verringerten Rollwiderstand – Stahlräder auf Stahlschienen verursachen weniger Reibung als gummibereifte Fahrzeuge auf Asphalt – kann die Antriebsenergie wesentlich effizienter in Bewegungsenergie umgesetzt werden. Dies führt zu einem signifikanten Energievorteil: Je nach Transportgut und Entfernung sind bereits heute Energieeinsparungen pro Tonnenkilometer bis zu 75 Prozent möglich.
Über den Brennerpass beispielsweise benötigen Diesel-Lkw beinahe viermal so viel Energie pro Tonnenkilometer wie Güterzüge. Nach Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels wird dieser Unterschied sogar auf das Sechsfache ansteigen.
Wirtschaftliche Betrachtung und externe Kosten
Bei der wirtschaftlichen Bewertung verschiedener Transportmittel müssen auch die externen Kosten berücksichtigt werden – jene Folgekosten, die nicht vom Verursacher getragen werden. Eine Studie des Schweizer Beratungsunternehmens Infras zeigt: Während der Lkw 4,46 Cent pro Tonnenkilometer an ungedeckten Folgekosten verursacht, sind es beim Schienengüterverkehr nur 2,04 Cent pro Tonnenkilometer.
Diese externen Kosten entstehen unter anderem durch Lärm, Natur- und Landschaftsschäden, Klimafolgen sowie Unfälle. Der größte Kostenblock beim Lkw sind die Klimafolgen, gefolgt von vor- und nachgelagerten Prozessen wie der Herstellung und Verschrottung des Fahrzeugs und der Straßen sowie der Produktion des Kraftstoffs.
Die Verkehrsverlagerung auf die Schiene erweist sich somit als wirtschaftlich sinnvoll, insbesondere wenn die gesamtgesellschaftlichen Kosten in die Betrachtung einbezogen werden. Bei einer Elektrifizierung von 1.728 km Strecke bzw. 2.395 km Gleisen könnte nach üblichen Berechnungen des Bundesverkehrswegeplans ein jährlicher Nutzen von 1,67 Mrd. Euro generiert werden.
Resilienz und Sicherheit
Der Schienengüterverkehr bietet erhebliche Vorteile in Bezug auf Resilienz und Sicherheit. Das Unfallrisiko auf der Schiene ist im Vergleich zur Straße rund 40-mal geringer, was zu einer signifikant niedrigeren Ausfallquote von Versandgütern führt. Bei den wenigen Unfällen auf der Schiene ist zudem das Risiko eines Totalverlustes geringer als bei Unfällen im Straßenverkehr.
Auch das Diebstahlrisiko ist beim Bahntransport deutlich reduziert. Güterwagen im Gleisbett sind für potenzielle Diebe schwerer zugänglich und insbesondere schwieriger zu entladen als parkende Lkw.
In Krisenzeiten zeigt sich die besondere Stärke des Schienengüterverkehrs. Ob während des Corona-Lockdowns, bei Grenzschließungen, beim Brexit oder angesichts geopolitischer Konflikte – der Schienengüterverkehr erweist sich als robustes Rückgrat für resiliente Lieferketten. Eine verbesserte Netzresilienz durch gezielte Elektrifizierung könnte jährlich 3,68 Milliarden Tonnenkilometer Fracht für die Schiene sichern, selbst wenn Hauptstrecken wegen Störungen oder Unterhaltsarbeiten ausfallen.
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Herausforderungen und Entwicklungspotenziale
Trotz der vielfältigen Vorteile steht der Schienengüterverkehr vor erheblichen Herausforderungen. Die Elektrifizierung des Schienennetzes schreitet nur langsam voran. Aktuell sind 62 Prozent des Bundesschienennetzes elektrifiziert, bis 2030 sollen es laut Koalitionsvertrag 75 Prozent sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Elektrifizierung jedoch achtmal so schnell vorangetrieben werden wie bisher.
Die vielen Baustellen auf den Schienen haben den Güterverkehr teilweise erheblich beeinträchtigt. Es fehlt an geeigneten Ausweichrouten, um trotz Bauarbeiten leistungsfähig zu bleiben. Das vom Bundesverkehrsministerium angekündigte Elektrifizierungsprogramm zur Schaffung von Alternativstrecken ist unzureichend: Von 173 untersuchten Strecken sollen lediglich zwei Ausweichstrecken mit einer Länge von 143 Streckenkilometern elektrifiziert werden.
Eine weitere Herausforderung stellt der notwendige Vor- und Nachlauf mit Lkw dar. Da viele Unternehmen keine direkte Schienenanbindung haben, muss die Ware häufig umgeladen werden. Zudem benötigt der Zugtransport in der Regel einen Tag länger als der reine Lkw-Transport, was für zeitsensible Güter ein Nachteil sein kann.
Vom Straßentransport zur Schiene: Chancen und Herausforderungen im Güterverkehr
Der Schienengüterverkehr bietet ein enormes Potenzial für eine nachhaltige und resiliente Transportwirtschaft. Mit seinen ökologischen Vorteilen, seiner überlegenen Kapazität und den wirtschaftlichen Stärken kann er einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Die Klimaschutzziele im Verkehrssektor sind ohne eine verstärkte Nutzung der Schiene kaum zu erreichen.
Die politischen Ziele sind ambitioniert: Der Anteil der Schiene am Modal Split soll bis 2030 auf 25 Prozent angehoben werden. Um dies zu verwirklichen, sind jedoch erhebliche Investitionen in die Infrastruktur notwendig. Der Deutschlandtakt, der Fahrpläne für den Güterverkehr in die Gesamtfahrpläne integriert, kann die Transportzeiten verkürzen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Die Resilienz des Schienennetzes muss durch weitere Elektrifizierungen und die Schaffung von Ausweichrouten gestärkt werden. Nur ein widerstandsfähiges Netz kann die Anforderungen eines wachsenden Schienengüterverkehrs erfüllen und zuverlässige Transportketten gewährleisten.
Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Gebot. Die geringeren externen Kosten, die höhere Energieeffizienz und die Skaleneffekte machen den Schienengüterverkehr zu einer nachhaltigen und zukunftsweisenden Alternative für den Warentransport von morgen.
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