
Die Bundeswehr im Wandel: Strukturelle Probleme und Reformnotwendigkeiten nach der Zeitenwende – Bild: Xpert.Digital
Zeitenwende gescheitert? Warum 100 Milliarden Euro die Bundeswehr nicht kriegstüchtig machen
Ist die deutsche Verteidigung tatsächlich in einem problematischen Zustand?
Nach dreieinhalb Jahren seit der von Kanzler Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende stellt sich die fundamentale Frage, ob die deutschen Streitkräfte trotz historisch hoher Investitionen tatsächlich einsatzbereit sind. Die Antwort fällt ernüchternd aus: Militärhistoriker wie Sönke Neitzel von der Universität Potsdam diagnostizieren der Bundeswehr weiterhin eine “dysfunktionale Organisation”, die sich nicht erfolgreich auf die Anforderungen moderner Kriegsführung einstellen konnte.
Das zentrale Problem liegt nicht in mangelnden finanziellen Mitteln – Deutschland gibt bereits mehr für Verteidigung aus als Frankreich -, sondern in strukturellen Defiziten, die sich über Jahrzehnte der Friedenszeit entwickelt haben. Mit dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen sollte die Bundeswehr kriegstüchtig werden, doch bisher sind die Erfolge begrenzt. Die Truppe kämpft nach wie vor mit unbemannten Systemen, Drohnendefiziten und einer schwerfälligen Bürokratie, die schnelle Anpassungen an moderne Kriegsführung verhindert.
Passend dazu:
- Militärische Balance zwischen Waffenbeschaffung, Infrastruktur und Versorgungssicherheit stimmt überhaupt nicht
Welche konkreten Strukturprobleme belasten die Bundeswehr?
Die Personalstruktur der Bundeswehr offenbart eine gravierende Schieflage, die ihre Einsatzfähigkeit fundamental beeinträchtigt. Von den etwa 180.000 Soldaten arbeiten weniger als die Hälfte im eigentlichen Kernbereich einer Armee – dem Kampf. Diese Unwucht manifestiert sich in einer kopflastigen Hierarchie: Fast jeder vierte Soldat ist Offizier, ein völlig ungewöhnliches Verhältnis für eine funktionsfähige Streitmacht.
Besonders problematisch ist das Verhältnis zwischen Führungskräften und Frontpersonal. Derzeit dienen in der Bundeswehr fast so viele Oberstleutnante wie Hauptgefreite – jeweils rund 10.000. Während des Kalten Krieges standen etwa 60 Prozent Mannschaften nur acht Prozent Offizieren gegenüber, heute hat sich dieses Verhältnis dramatisch verschlechtert. Diese “massive Unwucht” führt zu einer Organisation mit zu vielen Chefs und zu wenigen Kämpfern.
Der Wasserkopf aus Schreibtisch-Offizieren resultiert aus einer “unverhältnismäßig großen Zahl von älteren Stabsoffizieren, die seit vielen Jahren Verwaltungsaufgaben erfüllen”. Über 50 Prozent der Soldaten sind nicht im Kern der Auftragserfüllung eingesetzt, sondern in Ministerien, Stäben und Ämtern beschäftigt. Viele dieser Soldaten sind im Ernstfall kaum verwendbar, da sie zu lange aus der Truppe heraus sind, körperlich und handwerklich nicht mehr fit oder schlicht zu alt für den aktiven Dienst.
Warum versagt die Bundeswehr bei der Beschaffung moderner Waffen?
Das Versagen bei der Drohnen-Beschaffung illustriert exemplarisch die strukturellen Probleme der deutschen Streitkräfte. Während die Ukraine täglich 40 bis 45 Aufklärungsdrohnen verliert, verfügt die gesamte Bundeswehr über lediglich etwas mehr als 600 Drohnen. Deutsche Drohnenunternehmen schätzen, dass die Bundeswehr 18.000 Aufklärungsdrohnen benötigen würde, um ein Jahr gegen einen Gegner wie Russland zu bestehen.
Die Führung der Streitkräfte verbringt ihre Zeit damit, “sich in Arbeitsgruppen auszutauschen”, anstatt schnelle Entscheidungen zu treffen. Zu viele Ämter, Abteilungen und Behörden blockieren effiziente Beschaffungsprozesse. Das Beschaffungswesen gilt als Achillesferse der Bundeswehr, obwohl die Verteidigungsausgaben kontinuierlich gestiegen sind – von 32,4 Milliarden Euro 2014 auf über 46,9 Milliarden Euro 2021.
Die Bürokratie-Mentalität der Friedensarmee führt dazu, dass nicht das beste militärische Ergebnis belohnt wird, sondern der “fehlerfrei absolvierte Prozessschritt”. Niemand will Entscheidungen treffen – eine fatale Einstellung für die Landesverteidigung. Selbst bei kleinen Ausrüstungsgegenständen wie warmer Unterwäsche oder Zelten versagt das System regelmäßig.
Welche Rolle spielt die Bürokratie bei der Ineffizienz?
Die 70-jährige Friedenszeit hat die Bundeswehr zu einem trägen Verwaltungsapparat werden lassen, der für moderne Kriegsführung ungeeignet ist. Während Armeen ihre Verwaltung normalerweise im Krieg verschlanken, ist die deutsche Truppe über Jahrzehnte immer behäbiger geworden. Das Ergebnis ist eine Organisation, die sich in ziellosen Verfahren verfährt und nicht über die notwendige Haltung verfügt, diese Missstände zu ändern.
Der Bundesrechnungshof warnt vor Verschwendung und fordert Reformen bei Personalstruktur und Verwaltung. Zehntausende Dienstposten sind mit Aufgaben betraut, die für die Landes- und Bündnisverteidigung nicht benötigt werden. Als Beispiel nennt der Rechnungshof, dass rund ein Drittel aller Sekretariatsaufgaben von Feldwebeln wahrgenommen wird – eine offensichtliche Verschwendung militärischer Ressourcen.
Die Verbindung von nahezu unbegrenzten Mitteln und hohem Zeitdruck erhöht das Risiko unwirtschaftlichen Handelns. Trotz historisch hoher Budgets kann die Bundeswehr ihre Mittel nicht effektiv einsetzen: 2024 gab sie 4,36 Milliarden Euro weniger aus als geplant, während gleichzeitig fundamentale Ausrüstungsmängel bestehen.
Wie wirkt sich die Personalstruktur auf die Einsatzbereitschaft aus?
Die aktuelle Personalverteilung macht die Bundeswehr für moderne Konflikte unbrauchbar. Ende 2024 waren knapp 20 Prozent aller Dienstposten in den Laufbahnen oberhalb der Mannschaften unbesetzt, bei den Mannschaften sogar rund 28 Prozent. Gleichzeitig warten 4.006 Soldaten auf Beförderungen, weil die erforderlichen Planstellen im Haushalt fehlen.
Von den nominell 180.000 Soldaten müssten mindestens 20.000 abgezogen werden, da sie nicht mehr voll einsatzfähig sind. Die Sollstärke wird schon jetzt nicht erreicht, obwohl die Truppe für ihre Kernaufgaben personell unterbesetzt ist. Diese Personalknappheit bei gleichzeitigem Überhang in der Verwaltung zeigt die Paradoxie einer Armee, die sich nicht auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentriert.
Der Militärhistoriker Neitzel fordert daher drastische Einschnitte: 30.000 der derzeit 90.000 Unteroffiziere und Offiziere im Management müssten gehen. Der Anteil von Führung, Verwaltung und nicht truppenbezogener Unterstützung sollte auf 30 Prozent begrenzt werden. Wer nicht mehr für den Kernauftrag einsetzbar ist, soll vom Dienst freigestellt werden.
Ausgewählte Magazine: Problem erkannt, nur was passiert?
- Bundeswehr-Journal: „Das Problem steckt in der aufgeblähten Kaste der Generäle“
- Merkur: Bundeswehr laut Militärexperte „nicht lebensfähig“ – es gibt ein Hauptproblem
- Welt: „Erfolgsquote mangelhaft“ – Pistorius im Irrgarten der Aufrüstung
- ZDF: Rechnungshof warnt vor Verschwendung bei Truppe
- Frankfurter Rundschau: Zu viele Schreibtischkrieger: Militär-Experte rechnet mit Pistorius ab – Bundeswehr „nicht lebensfähig“
Was lehren die Auslandseinsätze über die Bundeswehr-Fähigkeiten?
Die Erfahrungen aus Afghanistan und Mali offenbaren die Grenzen der deutschen Streitkräfte. Der Mali-Einsatz, nach Afghanistan der größte und gefährlichste Auslandseinsatz, zeigt exemplarisch die Probleme der Bundeswehr auf. Nach zehn Jahren Präsenz in dem westafrikanischen Land ist die Sicherheitslage nicht besser geworden – im Gegenteil.
MINUSMA galt als einer der gefährlichsten UN-Einsätze weltweit, mit rund 280 getöteten Blauhelmen. Trotz der Anwesenheit von über 1000 deutschen Soldaten herrschen im Land weiterhin Chaos und Gewalt. Die Terrorgruppen haben ihre Aktivitäten sogar noch verstärkt, inspiriert durch den Erfolg der Taliban in Afghanistan.
Der Afghanistan-Einsatz endete nach 20 Jahren faktisch mit einem Scheitern. Die Bundeswehr hat versucht, diesem Versagen eine positive Deutung zu geben, indem sie behauptete, die Politik habe versagt, während das Militär seinen Auftrag erfüllt habe. Diese Selbsttäuschung verhindert eine ehrliche Analyse der strukturellen Schwächen. Die Bundeswehr wurde in “Mission Impossible” geschickt, was auch die Verantwortung der militärischen Führung aufwirft.
Passend dazu:
Welche Defizite bestehen bei modernen Kriegstechnologien?
Die technologische Rückständigkeit der Bundeswehr zeigt sich besonders deutlich im Bereich der elektronischen Kampfführung und Drohnenabwehr. Russland hat seit 2008 einen Rüstungsschwerpunkt auf elektronische Kampfführung gelegt und kann inzwischen eine tief gestaffelte elektronische Kampffront aufbauen. Systeme wie Shipovnik Aero und Pole-21 können GPS-Signale von Drohnen unterdrücken oder deren Zielkoordinaten verfälschen.
Das Gros der deutschen Drohnenflotte stammt noch aus der Phase der Anti-Terror-Kriege und ist auf intensive elektronische Kriegsführung nicht ausgelegt. Die Bundeswehr hat keine streitkräftegemeinsame Drohnen-Strategie, sondern jede Teilstreitkraft entwickelt eigene Konzepte. Während der Fokus vorrangig auf Drohnenabwehr liegt, fehlen offensive Fähigkeiten fast völlig.
Die elektronische Kampfführung der Bundeswehr konzentriert sich auf veraltete Systeme wie den Störpanzer Hummel und die Hornisse. Moderne Bedrohungen durch Satellitenkommunikation, künstliche Intelligenz und Navigation Warfare erfordern jedoch völlig neue Ansätze. Die Anpassung an diese Herausforderungen erfolgt viel zu langsam für die sich schnell verändernde Bedrohungslage.
Wie effektiv war das 100-Milliarden-Sondervermögen bisher?
Das Sondervermögen sollte die Zeitenwende einleiten, doch die Bilanz fällt gemischt aus. Bis Ende 2024 waren alle 100 Milliarden Euro gebunden, ein großer Teil bereits ausgegeben. Der überwiegende Anteil floss in eine übersichtliche Anzahl besonders teurer Geräte, Waffensysteme und Raketen.
Die Inflation zehrt jedoch erheblich an der Kaufkraft des Sondervermögens. Von nominell 100 Milliarden Euro bleiben real nur etwa 87 Milliarden übrig. Rüstungsprojekte verteuern sich oder stehen ganz in Frage, während sich Lieferengpässe häufen. Das ursprünglich geplante Investitionsvolumen wird nicht ausreichen, um die Finanzierungslücke der vergangenen Jahre vollständig aufzufangen.
Rheinmetall profitiert am stärksten von der Aufrüstung und erhielt Aufträge im Wert von 42 Milliarden Euro – fast die Hälfte des gesamten Sondervermögens. Von den rund 125 ausgewerteten großen Zeitenwende-Projekten entfallen allein 22 auf Rheinmetall. Diese Konzentration auf einen Hauptlieferanten birgt strategische Risiken für die Versorgungssicherheit.
Passend dazu:
Hub für Sicherheit und Verteidigung - Beratung und Informationen
Der Hub für Sicherheit und Verteidigung bietet fundierte Beratung und aktuelle Informationen, um Unternehmen und Organisationen effektiv dabei zu unterstützen, ihre Rolle in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken. In enger Verbindung zur Working Group Defence der SME Connect fördert er insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich Verteidigung weiter ausbauen möchten. Als zentraler Anlaufpunkt schafft der Hub so eine entscheidende Brücke zwischen KMU und europäischer Verteidigungsstrategie.
Passend dazu:
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Die strukturelle Krise der Bundeswehr
Warum scheitern Reformen an der Bundeswehr-Führung?
Die Armeeführung blockiert notwendige Strukturreformen durch ihre Beharrung auf verkrusteten Strukturen. Verteidigungsminister Pistorius hat zweifellos mehr bewegt als seine Vorgänger, aber die grundlegenden strukturellen Probleme bleiben ungelöst. Es fehlt der politische Wille für tiefgreifende Reformen – und zwar parteiübergreifend.
Die Führung der Streitkräfte verbringt zu viel Zeit in Arbeitsgruppen und organisationsübergreifenden Genehmigungsprozessen. Anstatt schnelle Entscheidungen zu treffen, werden alltägliche Probleme in Listen verwandelt und endlos diskutiert. Diese Mentalität ist das Gegenteil dessen, was moderne Streitkräfte für effektive Operationen benötigen.
Neitzel fordert daher eine “tiefgreifende Reform” von Verfahren, Strukturen und Kultur. Jeder müsse künftig an seinem Beitrag zum Erfolg der Armee gemessen werden. Vom Minister persönlich wird verlangt, nicht nur markige Zeitenwende-Reden zu halten, sondern auch konkrete Umsetzung zu betreiben. Die bisherigen Reformen von Pistorius, wie der Osnabrücker Erlass, sind nur formale Schritte ohne grundlegende Strukturveränderungen.
Passend dazu:
- Rüstungsindustrie und Dual-Use-Logistik – Neuer Jobmotor Rüstung? Rettet die Waffenindustrie jetzt die deutsche Wirtschaft?
Welche Rolle spielen politische Hindernisse bei der Reform?
Die Politik trägt erhebliche Verantwortung für den desolaten Zustand der Bundeswehr. Die SPD wird als “Sicherheitsrisiko für Deutschland” bezeichnet, insbesondere wegen ihrer Haltung zur Wehrpflicht. Obwohl im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD steht, einen “neuen attraktiven Wehrdienst” zu schaffen, blockiert der linke SPD-Flügel entsprechende Maßnahmen.
Die SPD verhinderte jahrelang die Einführung bewaffneter Drohnen, wodurch Deutschland wertvolle Jahre in der Ausbildung von Soldaten verloren hat. Diese ideologische Blockadehaltung kostet Menschenleben, da unzureichend ausgerüstete Soldaten im Ernstfall sterben würden. Die Folgen wären “sehr viele Särge”, die zurückkämen.
Politische Entscheidungsträger scheuen sich vor unpopulären Maßnahmen wie der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Deutschland benötigt jährlich 30.000 bis 40.000 Männer und Frauen für die Verteidigung, aber die Politik hofft auf Freiwilligenmodelle, die nachweislich nicht funktionieren. Ohne politischen Mut zu unpopulären Entscheidungen bleibt die Bundeswehr in ihrer dysfunktionalen Struktur gefangen.
Welche Auswirkungen hat die 70-jährige Friedenszeit auf die Streitkräfte?
Die lange Friedensperiode seit 1955 prägte die Bundeswehr fundamental negativ. Während andere Armeen durch Kriegserfahrungen ihre Strukturen immer wieder anpassten und optimierten, konnte sich in Deutschland über Jahrzehnte eine träge Bürokratie-Mentalität etablieren. Die Bundeswehr entwickelte sich zu einer Verwaltungsorganisation anstatt zu einer schlagkräftigen Streitmacht.
Diese Friedensprägung zeigt sich in der Risikoaversion der Führung. Belohnt wird nicht das beste militärische Ergebnis, sondern der “fehlerfrei absolvierte Prozessschritt”. Soldaten lernen, sich abzusichern, abzuwägen und zu verzögern, anstatt schnelle Entscheidungen zu treffen. Diese Mentalität ist für moderne Kriegsführung völlig ungeeignet.
Die Personalstruktur spiegelt diese Friedensorientierung wider: Immer mehr Soldaten wurden in Verwaltungsaufgaben gedrängt, da es keine echten militärischen Herausforderungen gab. Ältere Stabsoffiziere blieben in ihren Positionen, ohne je echte Kampferfahrung sammeln zu können. Das Ergebnis ist eine Armee, die strukturell auf Frieden ausgelegt ist, aber Krieg führen soll.
Wie sollte eine Reform der Bundeswehr konkret aussehen?
Sönke Neitzel fordert einen radikalen Kahlschlag in der Bundeswehrstruktur. Tabula Rasa bei der Organisation: Verfahren, Strukturen und Kultur müssen grundlegend reformiert werden. Der Anteil von Führung, Verwaltung und nicht truppenbezogener Unterstützung sollte auf maximal 30 Prozent begrenzt werden.
Konkret bedeutet das: 30.000 der derzeit 90.000 Unteroffiziere und Offiziere im Management müssten ihre Positionen verlassen. Überflüssige Dienstposten sind zu streichen, Offiziere ohne Bezug zum Kernauftrag abzubauen. Wer nicht mehr für die Auftragserfüllung einsetzbar ist, soll frühpensioniert werden.
In der aktiven Truppe braucht es eine Anpassung an moderne Kriegsführung: “Weniger Fußsoldaten, mehr Drohnenspezialisten”. Die Bundeswehr muss sich auf unbemannte Systeme, elektronische Kampfführung und digitale Kriegsführung ausrichten. Statt in veraltete Panzerkonzepte zu investieren, sollten die Mittel in Zukunftstechnologien fließen.
Eine streitkräftegemeinsame Drohnen-Strategie ist überfällig. Die Teilstreitkräfte dürfen nicht länger isoliert agieren, sondern müssen integrierte Konzepte entwickeln. Software-Entwicklung und technologische Innovation müssen Priorität vor traditionellen Rüstungsprojekten haben.
Welche internationale Vergleiche zeigen deutsche Defizite auf?
Im internationalen Vergleich offenbaren sich die dramatischen Schwächen der deutschen Streitkräfte. Israel kommt mit weniger als der Hälfte des deutschen Budgets aus, ohne dass jemand den israelischen Streitkräften Schwäche unterstellen würde. Dies zeigt, dass das Problem nicht mangelnde Finanzierung ist, sondern ineffiziente Strukturen.
Die Ukraine, unter Kriegsdruck stehend, revolutioniert ihre Streitkräfte in Rekordzeit. Sie ersetzt Artillerie durch Drohnen und entwickelt enge Verbindungen zwischen Verteidigungsministerium und Start-up-Szene. Innovation findet unter Kriegsbedingungen viel schneller statt als in der deutschen Friedensbürokratie.
Russland investierte seit 2008 systematisch in elektronische Kampfführung und Drohnenabwehr. Während Deutschland noch über Beschaffungsverfahren diskutiert, bauen die Russen tief gestaffelte elektronische Kampffronten auf. Diese technologische Überlegenheit würde im Ernstfall zu dramatischen deutschen Verlusten führen.
Die NATO-Partner zeigen ebenfalls größere Effizienz bei der Mittelverwendung. Deutschland gibt bereits mehr aus als andere Verbündete, erreicht aber schlechtere Ergebnisse. Dies liegt an der aufgeblähten Verwaltungsstruktur und den verkrusteten Beschaffungsprozessen.
Welche Risiken entstehen durch die aktuelle Situation?
Die strukturellen Probleme der Bundeswehr schaffen erhebliche Sicherheitsrisiken für Deutschland und seine Verbündeten. Im Falle eines Konflikts mit Russland könnte die deutsche Truppe nur “mit Anstand sterben”. Die mangelnde Ausstattung mit Drohnen, Flugabwehrsystemen und elektronischer Kampfführung würde zu extrem hohen Verlusten führen.
Die Abschreckungswirkung der NATO wird durch deutsche Schwäche unterminiert. Wenn der wirtschaftlich stärkste europäische Partner militärisch nicht leistungsfähig ist, ermutigt das potentielle Aggressoren. Putin könnte sich durch deutsche Ineffizienz zu weiteren Abenteuern ermutigt fühlen.
Innenpolitisch droht ein Vertrauensverlust in die Verteidigungsfähigkeit. Trotz historisch hoher Investitionen bleibt die Bundeswehr schwach, was zu Fragen über die Kompetenz der politischen Führung führt. Die Verschwendung von Milliarden Euro bei gleichzeitiger Schwäche könnte das Vertrauen in staatliche Institutionen erschüttern.
Die demografische Entwicklung verschärft die Personalprobleme zusätzlich. Ohne Wehrpflicht und bei schrumpfender Bevölkerung im wehrfähigen Alter wird es immer schwieriger, ausreichend Soldaten zu rekrutieren. Die Zeit für grundlegende Reformen läuft ab.
Warum ist die Zeitenwende bisher gescheitert?
Die Zeitenwende von Kanzler Scholz erwies sich als überwiegend symbolische Geste ohne substantielle Veränderungen. Zwar flossen historische Summen in die Bundeswehr, aber die grundlegenden Strukturprobleme blieben ungelöst. Geld allein kann keine dysfunktionale Organisation reparieren.
Das 100-Milliarden-Sondervermögen wurde größtenteils in traditionelle Rüstungsprojekte investiert, anstatt in Zukunftstechnologien. Fast die Hälfte ging an einen einzigen Konzern, Rheinmetall, für konventionelle Waffensysteme. Innovation und Strukturreformen blieben auf der Strecke.
Die politische Führung scheute sich vor unpopulären Maßnahmen wie der Personalreform oder der Wehrpflicht. Minister Pistorius hält zwar markige Reden über Kriegstüchtigkeit, aber tiefgreifende Strukturveränderungen bleiben aus. Die Bundeswehr ist immer noch dieselbe dysfunktionale Organisation wie vor der Zeitenwende.
Die Bürokratie erwies sich als reformresistent. Anstatt Strukturen zu verschlanken, wurden nur neue Kommandostrukturen geschaffen. Der Osnabrücker Erlass zur Bundeswehr-Reform ist hauptsächlich eine formale Reorganisation ohne grundlegende Veränderungen der Personalstruktur oder Beschaffungsverfahren.
Passend dazu:
- Verteidigungslogistik und Industrie fremdeln: Herr Pistorius, Sie sprechen mit den Falschen – wir sind bereit!
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für die deutsche Sicherheitspolitik?
Die deutsche Sicherheitspolitik muss ehrlich anerkennen, dass die Zeitenwende bisher gescheitert ist. Trotz historischer Investitionen bleibt die Bundeswehr eine dysfunktionale Organisation, die für moderne Kriegsführung ungeeignet ist. Weitere Geldausschüttung ohne Strukturreformen wird das Problem nur verschärfen.
Deutschland benötigt eine grundlegende Neuausrichtung seiner Verteidigungsstrategie. Die Personalstruktur muss radikal verschlankt werden, mit drastischen Einschnitten in der Verwaltung und einem Fokus auf Kampftruppen. Moderne Technologien wie Drohnen und elektronische Kampfführung müssen Priorität vor traditionellen Waffensystemen haben.
Politischer Mut ist für unpopuläre Entscheidungen erforderlich. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die Frühpensionierung überflüssiger Stabsoffiziere und die Reorganisation der Beschaffungsverfahren sind schmerzhaft, aber unumgänglich. Ohne diese Reformen bleibt Deutschland ein unsicherer Bündnispartner.
Die Zeit für halbherzige Maßnahmen ist abgelaufen. Die internationale Bedrohungslage verschärft sich, während Deutschland mit einer Friedensarmee in eine potentiell kriegerische Zukunft blickt. Nur eine radikale Reform kann die Bundeswehr noch retten – oder Deutschland muss akzeptieren, dauerhaft militärisch irrelevant zu bleiben.
Beratung - Planung - Umsetzung
Gerne stehe ich Ihnen als persönlicher Berater zur Verfügung.
Head of Business Development
Chairman SME Connect Defence Working Group
Beratung - Planung - Umsetzung
Gerne stehe ich Ihnen als persönlicher Berater zur Verfügung.
Sie können mit mir unter wolfenstein∂xpert.digital Kontakt aufnehmen oder
mich einfach unter +49 89 89 674 804 (München) anrufen.
Ihre Dual-Use Logistikexperten
Die Weltwirtschaft durchlebt derzeit einen fundamentalen Wandel, einen Epochenbruch, der die Grundpfeiler der globalen Logistik erschüttert. Die Ära der Hyper-Globalisierung, die durch das unerschütterliche Streben nach maximaler Effizienz und das “Just-in-Time”-Prinzip geprägt war, weicht einer neuen Realität. Diese ist von tiefgreifenden strukturellen Brüchen, geopolitischen Machtverschiebungen und einer fortschreitenden wirtschaftspolitischen Fragmentierung gekennzeichnet. Die einst als selbstverständlich angenommene Planbarkeit internationaler Märkte und Lieferketten löst sich auf und wird durch eine Phase wachsender Unsicherheit ersetzt.
Passend dazu: