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Analyse der Sicherheit und Resilienz von Schienen- und Straßeninfrastruktur gegenüber Sabotage und Anschlägen

Analyse der Sicherheit und Resilienz von Schienen- und Straßeninfrastruktur gegenüber Sabotage und Anschlägen

Analyse der Sicherheit und Resilienz von Schienen- und Straßeninfrastruktur gegenüber Sabotage und Anschlägen – Bild: Xpert.Digital

Das Bahn-Paradox: Warum unser sicherstes Verkehrsmittel bei Sabotage zur Zielscheibe wird

Eine grundlegende Sicherheitsbewertung der Verkehrsträger – Warum die Bahn trotz aller Schwachstellen unverzichtbar ist

Wie sicher sind Schiene und Straße im allgemeinen Vergleich, und warum ist diese Unterscheidung wichtig für die Debatte über Sabotagesicherheit?

Die grundlegende Sicherheitsbewertung von Verkehrsträgern im Normalbetrieb bildet den Ausgangspunkt für jede weiterführende Analyse der Anfälligkeit gegenüber vorsätzlichen Störungen. Statistisch gesehen ist der Schienenverkehr das mit Abstand sicherste Landverkehrsmittel in Deutschland und Europa. Daten der Allianz pro Schiene zeigen, dass das Risiko, bei einer Fahrt im Personenkraftwagen (Pkw) tödlich zu verunglücken, in Deutschland 52-mal höher ist als bei einer Reise mit der Bahn. Das Risiko, eine schwere Verletzung zu erleiden, ist im Auto sogar 137-mal höher. Im europäischen Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2022 starben 0,07 Bahnreisende pro eine Milliarde Personenkilometer; in Deutschland lag dieser Wert mit 0,03 noch deutlich darunter. Diese herausragende Sicherheitsbilanz ist das Resultat hoher technischer Standards, der systemimmanenten Spurgebundenheit, einer zentralisierten Steuerung durch Fahrdienstleiter und technischer Systeme, die menschliches Versagen weitgehend ausschließen, wie die Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) und die Linienförmige Zugbeeinflussung (LZB).

Diese hohe Betriebssicherheit, die sich auf die Abwehr von Unfällen durch technisches oder menschliches Versagen bezieht, darf jedoch nicht mit der Sicherheit gegen vorsätzliche, böswillige Angriffe wie Sabotage oder Terrorismus gleichgesetzt werden. Die Sabotagesicherheit beschreibt die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit eines Systems gegen gezielte Störungsversuche. Die Dringlichkeit dieser Debatte wurde durch Ereignisse wie die Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines und den gezielten Angriff auf das Kommunikationsnetz der Deutschen Bahn im Oktober 2022 unterstrichen. Diese Vorfälle haben die Verwundbarkeit kritischer Infrastrukturen (KRITIS) in den Fokus der nationalen Sicherheit gerückt.

Die vorliegende Analyse untersucht daher die strukturellen, technologischen und operativen Eigenschaften von Schienen- und Straßeninfrastruktur, um deren jeweilige Anfälligkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Sabotage zu bewerten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Überprüfung der Thesen, dass die Schiene leichter zu überwachen und schneller zu reparieren sei. Dabei zeigt sich ein Paradoxon: Die Mechanismen, die die Bahn im Normalbetrieb extrem sicher machen – zentrale Steuerung, komplexe Signaltechnik, einheitliche Kommunikationsnetze – entpuppen sich bei einem gezielten Angriff als konzentrierte Schwachstellen. Ein Saboteur muss nicht den physisch robusten Zug angreifen, sondern das Nervensystem, das dessen Sicherheit erst garantiert. Das Straßennetz hingegen, das durch seine dezentrale Natur und die Freiheit individueller Akteure im Alltag gefährlicher ist, weist eine höhere strukturelle Resilienz gegenüber lokalen Ausfällen auf, da es keine vergleichbaren zentralen Achillesfersen besitzt.

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Strukturelle Unterschiede und ihre Implikationen für die Sicherheit

Worin liegen die fundamentalen strukturellen Unterschiede zwischen dem Schienen- und dem Straßennetz, und wie prägen diese die Anfälligkeit für Anschläge?

Die grundlegenden Unterschiede in der Netzwerkarchitektur von Schiene und Straße definieren ihre jeweiligen Stärken und Schwächen im Kontext der Sabotagesicherheit. Das Schienennetz ist als lineares, hierarchisch-zentralisiertes System konzipiert. Züge sind spurgebunden, folgen festen, von Stellwerken und Leitstellen vorgegebenen Routen und können nicht eigenmächtig ausweichen. Diese Struktur ermöglicht eine hohe Effizienz und Sicherheit im Regelbetrieb. Im Gegensatz dazu ist das Straßennetz ein dezentrales, stark vermaschtes Netzwerk, das eine enorme Flexibilität bei der Routenwahl und eine hohe Redundanz durch unzählige alternative Verbindungen bietet.

In Bezug auf die Kapazität ist die Schiene dem Straßenverkehr weit überlegen. Auf einer gleich breiten Verkehrsspur von 3,5 Metern kann die Bahn stündlich bis zu 30-mal mehr Menschen befördern als der Pkw (40.000 bis 60.000 gegenüber 1.500 bis 2.000). Auch im Güterverkehr ist die Schiene für den Transport großer Mengen über lange Distanzen deutlich effizienter und kostengünstiger.

Der Zugang zu den Systemen ist ebenfalls fundamental verschieden. Das Schienennetz ist ein weitgehend geschlossenes System. Der Zugang zu kritischen Anlagen wie Gleisen, Stellwerken oder Wartungseinrichtungen ist streng reglementiert und kontrolliert. Das Straßennetz hingegen ist per Definition ein offenes, für jedermann frei zugängliches System, was eine umfassende Zugangskontrolle praktisch unmöglich macht. Die folgende Tabelle fasst diese strukturellen Merkmale und ihre Implikationen für die Sicherheit zusammen.

Vergleichende Analyse der Sicherheits- und Resilienzmerkmale von Schienen- und Straßeninfrastruktur

Vergleichende Analyse der Sicherheits- und Resilienzmerkmale von Schienen- und Straßeninfrastruktur – Bild: Xpert.Digital

Die vergleichende Analyse der Sicherheits- und Resilienzmerkmale von Schienen- und Straßeninfrastruktur zeigt deutliche Unterschiede. Die Schieneninfrastruktur ist durch eine lineare, hierarchische und zentralisierte Netzwerkstruktur gekennzeichnet, während die Straßeninfrastruktur vermascht und dezentralisiert aufgebaut ist. Kritische Knotenpunkte bei der Schieneninfrastruktur sind Stellwerke, Kabelkanäle, Kommunikationszentralen, Brücken und Tunnel, bei der Straßeninfrastruktur dagegen hauptsächlich Brücken und Tunnel. Die Überwachbarkeit der Schieneninfrastruktur ist hoch, da sie eine konzentrierte und klar definierte Infrastruktur besitzt, im Gegensatz zur Straßeninfrastruktur, die aufgrund ihres weitläufigen und offenen Netzes nur gering überwacht werden kann. Hinsichtlich der Redundanz und Umleitungsfähigkeit weist die Schieneninfrastruktur eine geringe Flexibilität auf, da nur wenige Ausweichstrecken vorhanden sind und diese von der Weichendichte abhängen, während die Straßeninfrastruktur mit vielen alternativen Routen über untergeordnete Netze eine hohe Umleitungsfähigkeit bietet. Der Zugang zur Schieneninfrastruktur ist gut kontrolliert, was bei der Straßeninfrastruktur kaum der Fall ist, da sie meist offen und öffentlich zugänglich ist. Die Reparatur ist bei der Schieneninfrastruktur komplex und erfordert spezialisiertes Material und Personal, während die Straßeninfrastruktur eine variable Komplexität aufweist, die von einfachen Asphaltreparaturen bis hin zu komplexem Brückenneubau reicht. Typische Sabotageziele unterscheiden sich ebenfalls: Bei der Schieneninfrastruktur stehen Kommunikations- und Signalkabel sowie Stellwerke im Fokus, während bei der Straßeninfrastruktur physische Zerstörungen an kritischen Bauwerken wie Brücken und Tunneln üblich sind.

Inwieweit hat die Investitionspolitik der letzten Jahrzehnte die Verwundbarkeit der beiden Systeme beeinflusst?

Die Investitionspolitik der vergangenen Jahrzehnte hat die strukturellen Schwächen der Schieneninfrastruktur aktiv verstärkt und ihre Verwundbarkeit gegenüber Störungen und Sabotage signifikant erhöht. Zwischen 1995 und 2018 gaben 30 untersuchte europäische Länder insgesamt 1,5 Billionen Euro für den Ausbau ihres Straßennetzes aus, während in die Schieneninfrastruktur nur 930 Milliarden Euro flossen. Deutschland weist hier eine besonders große Diskrepanz auf: Im selben Zeitraum wurden hierzulande mehr als doppelt so hohe Summen (110 % mehr) in Straßen investiert als in die Schiene. Dieser Trend setzte sich fort; von 1995 bis 2021 beliefen sich die Investitionen in Straßen auf 329 Milliarden Euro, verglichen mit nur 160 Milliarden Euro für die Schiene.

Diese chronische Unterfinanzierung hatte direkte physische Konsequenzen für das Netz. Während das deutsche Autobahnnetz seit 1995 um 18 % (über 2.000 km) wuchs, schrumpfte das Schienennetz für Personen- und Güterverkehr zwischen 1995 und 2020 um 15 %, von rund 45.100 km auf 38.400 km. Kein anderes europäisches Land hat in diesem Zeitraum mehr Bahnstrecken stillgelegt. Dieser Rückbau umfasste nicht nur Nebenstrecken, sondern auch den Abbau von Weichen, Überholgleisen und Parallelstrecken im Hauptnetz.

Die direkten Folgen dieser Politik sind eine drastisch reduzierte Redundanz und Resilienz des Schienennetzes. Fällt eine Hauptstrecke durch einen Sabotageakt oder eine technische Störung aus, gibt es oft keine oder nur unzureichende Ausweichrouten. Die geringere Dichte an Weichen pro Streckenkilometer in Deutschland im Vergleich zu Ländern wie der Schweiz oder Österreich schränkt die betriebliche Flexibilität zur Umleitung von Zügen massiv ein. Hinzu kommt ein erheblicher Sanierungsstau, der das Netz zusätzlich schwächt. So ist beispielsweise ein Drittel aller Eisenbahnbrücken über 100 Jahre alt und sanierungsbedürftig. Die Investitionspolitik hat somit die systemische Verwundbarkeit der Schiene direkt erhöht, indem sie ihre Fähigkeit zur Kompensation von Ausfällen systematisch geschwächt hat, was im klaren Widerspruch zu den politischen Zielen einer Verkehrsverlagerung steht.

Analyse der physischen Verwundbarkeit und Sabotageakte

Welche konkreten Schwachstellen weisen Schienen- und Straßeninfrastrukturen für physische Sabotageakte auf?

Die physischen Schwachstellen von Schienen- und Straßeninfrastruktur unterscheiden sich fundamental und spiegeln ihre jeweilige Systemarchitektur wider. Beim Schienennetz konzentrieren sich die kritischsten Punkte auf zentralisierte Komponenten, die für den sicheren Betrieb unerlässlich sind. An vorderster Stelle stehen hier Kabelkanäle, die eine Vielzahl von Kommunikations- und Steuerungskabeln bündeln, insbesondere die Glasfaserkabel für das digitale Zugfunksystem GSM-R und die Signaltechnik. Ein gezielter Angriff auf diese Kabel an strategisch wichtigen, oft abgelegenen und unbewachten Stellen kann den Zugverkehr überregional lahmlegen. Weitere zentrale Schwachstellen sind die Stellwerke, die als Gehirn des Bahnbetriebs Weichen und Signale steuern, sowie die Oberleitungen, deren Beschädigung den elektrischen Zugbetrieb zum Erliegen bringt. Kritische Ingenieurbauwerke wie Brücken und Tunnel stellen ebenfalls verwundbare Nadelöhre dar. Die Komplexität dieser Systeme bedingt, dass Täter oft spezifisches Wissen benötigen, um mit geringem Aufwand maximale Störungen zu verursachen.

Im Straßennetz sind die primären Ziele für physische Sabotage große und schwer ersetzbare Bauwerke wie Brücken und Tunnel. Ihre Zerstörung kann verheerende Folgen haben und wichtige Verkehrsachsen für lange Zeit unterbrechen. Aufgrund der vermaschten Netzstruktur führen solche Angriffe jedoch meist zu regional begrenzten Ausfällen, da der Verkehr auf zahlreiche andere Straßen ausweichen kann. Das Straßennetz selbst, also die Fahrbahndecke, ist gegen eine großflächige Lahmlegung durch Sabotage relativ robust, es sei denn, es werden an strategischen Engpässen massive Zerstörungen vorgenommen oder Blockaden errichtet. Historisch gesehen zielten Anschläge auf die Schiene oft auf die grobe Zerstörung von Gleisen oder die Sprengung von Brücken ab. Moderne Sabotageakte sind subtiler und richten sich vermehrt gegen die technologischen Kontroll- und Kommunikationssysteme.

Was lehren uns vergangene Sabotageakte, wie der Vorfall im Oktober 2022, über die Taktiken von Angreifern und die Reaktionsfähigkeit des Bahnsystems?

Die Sabotageakte der jüngeren Vergangenheit liefern präzise Einblicke in die Taktiken von Angreifern und die Verwundbarkeit der Bahninfrastruktur.

Die Fallstudie vom Oktober 2022 ist hierfür exemplarisch. In einer koordinierten Aktion durchtrennten Unbekannte an zwei weit voneinander entfernten Orten – in Herne (Nordrhein-Westfalen) und Berlin-Karow – gezielt Glasfaserkabel des für den Zugfunk essenziellen GSM-R-Netzes. Durch die Wahl der beiden Standorte wurden sowohl das Hauptsystem als auch das redundante Backup-System ausgeschaltet, was auf detaillierte Kenntnisse der Bahninfrastruktur hindeutet. Die Folge war ein rund dreistündiger, kompletter Stillstand des Fern- und Regionalverkehrs in weiten Teilen Norddeutschlands, da die Kommunikation zwischen Zügen und Leitstellen unterbrochen war. Obwohl Ermittlungen später auch die Möglichkeit eines zufälligen Zusammentreffens von Kupferdiebstählen in Betracht zogen, demonstrierte der Vorfall die extreme Anfälligkeit des zentralen Kommunikationssystems.

Eine weitere Fallstudie ist der Brandanschlag auf einen Kabelkanal zwischen Düsseldorf und Duisburg. Hier platzierten Täter eine Zündvorrichtung in einem Kabeltunnel und legten so eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen Deutschlands lahm. Die Reparaturarbeiten verzögerten sich, da bei den Arbeiten weitere beschädigte Kabel entdeckt wurden. Der Vorfall, zu dem sich eine linksextremistische Gruppe bekannte, führte zu massiven Zugausfällen und Verspätungen im Fern- und Nahverkehr.

Diese Ereignisse haben eine intensive Debatte über den unzureichenden Schutz kritischer Infrastrukturen in Deutschland ausgelöst. Sie machten deutlich, dass die bisherigen Sicherheitskonzepte nicht auf solche gezielten, intelligenten Angriffe ausgelegt waren. Als Reaktion darauf haben Bund und Deutsche Bahn ein Maßnahmenpaket mit 63 Punkten entwickelt, um den Schutz von Bahnanlagen zu verbessern. Die Vorfälle offenbarten, dass die Resilienz des Systems neu bewertet und eine umfassende Sicherheitsarchitektur implementiert werden muss.

Wie unterscheidet sich die Zugangskontrolle zu kritischen Anlagen bei der Bahn im Vergleich zum prinzipiell offenen Straßennetz?

Die Konzepte zur Zugangskontrolle sind bei Schiene und Straße fundamental verschieden. Das Bahnsystem ist als geschlossenes System konzipiert, dessen kritische Bereiche strengen Zugangsbeschränkungen unterliegen. Das Betreten des Gleisbereichs ist grundsätzlich verboten und nur autorisiertem Personal zur Ausführung spezifischer Aufgaben nach vorheriger Unterweisung gestattet. Es gelten detaillierte Sicherheitsvorschriften, wie das Tragen von Warnkleidung und das Beachten von Warnsignalen, die primär dem Arbeitsschutz dienen. Der Zugang zu hochsensiblen Bereichen wie Stellwerken ist ebenfalls stark reglementiert. Die DB Sicherheit GmbH ist für den physischen Schutz von Bahnhöfen, Gleisanlagen und Betriebswerken zuständig und setzt dafür Sicherheitspersonal ein. Ein modernes Instrument zur Zugangskontrolle ist der elektronische Befähigungsausweis (ElBa), eine mobile App, mit der die Qualifikationen von Personal auf Baustellen digital überprüft werden, was die Sicherheit erhöht und Betrug erschwert.

Trotz dieser umfassenden Regelungen besteht eine “Illusion der Kontrolle”. Die Sabotageakte der Vergangenheit haben gezeigt, dass diese Protokolle in der Praxis umgangen werden können, da sie eher auf die Steuerung des regulären Betriebs und den Schutz von Mitarbeitern ausgelegt sind als auf die Abwehr entschlossener externer Angreifer. Die schiere Ausdehnung des Netzes von über 38.000 Kilometern macht eine lückenlose physische Bewachung unmöglich. Die Angriffe im Oktober 2022 fanden an abgelegenen, unbewachten Streckenabschnitten statt, wo massive Betondeckel von Kabelschächten kein unüberwindbares Hindernis darstellten.

Das Straßennetz hingegen ist als öffentlicher Raum konzipiert und daher prinzipiell für jedermann frei zugänglich. Physische Zugangskontrollsysteme wie Poller oder Schranken werden nur sehr punktuell eingesetzt, um spezifische Zonen wie Fußgängerbereiche oder verkehrsberuhigte Bereiche zu sichern. Eine flächendeckende Zugangskontrolle des Straßennetzes ist weder möglich noch beabsichtigt.

Beide Verkehrsträger fallen unter die Gesetzgebung für Kritische Infrastrukturen (KRITIS), die Betreiber zur Umsetzung von Mindestsicherheitsstandards verpflichtet. Diese Regulierungen zielen jedoch primär auf die Betreiber von Anlagen und deren IT-Sicherheit ab und können die grundsätzliche Offenheit des Straßennetzes oder die geografische Weitläufigkeit des Schienennetzes nicht aufheben.

 

Ihre Dual-Use Logistikexperten

Dual-Use Logistikexperten - Bild: Xpert.Digital

Die Weltwirtschaft durchlebt derzeit einen fundamentalen Wandel, einen Epochenbruch, der die Grundpfeiler der globalen Logistik erschüttert. Die Ära der Hyper-Globalisierung, die durch das unerschütterliche Streben nach maximaler Effizienz und das “Just-in-Time”-Prinzip geprägt war, weicht einer neuen Realität. Diese ist von tiefgreifenden strukturellen Brüchen, geopolitischen Machtverschiebungen und einer fortschreitenden wirtschaftspolitischen Fragmentierung gekennzeichnet. Die einst als selbstverständlich angenommene Planbarkeit internationaler Märkte und Lieferketten löst sich auf und wird durch eine Phase wachsender Unsicherheit ersetzt.

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Moderne Sensorik und Mensch-Maschine-Konzepte zur Verkehrssicherheit im Vergleich

Überwachung und Prävention: Ein technologischer und personeller Vergleich

Welche Überwachungstechnologien werden eingesetzt, um die Sicherheit von Schiene und Straße zu gewährleisten, und wie effektiv sind sie?

Die Überwachungsstrategien für Schiene und Straße sind auf die jeweiligen Systemanforderungen zugeschnitten und technologisch vielfältig. Im Schienenverkehr ist die Überwachung mehrschichtig und dient sowohl der Betriebssicherheit als auch der Gefahrenabwehr. Zur betrieblichen Steuerung gehören traditionelle Systeme wie Signale, Gleismagnete (PZB) und die Linienzugbeeinflussung (LZB), die Züge überwachen und im Notfall automatisch abbremsen können. Zunehmend werden innovative Technologien wie verteilte faseroptische Sensoren (DFOS) entlang von Gleisen und an Brücken installiert, um in Echtzeit Dehnungen, Vibrationen oder Rissbildungen zu detektieren. Zur Abwehr von Kriminalität und zur Aufklärung von Vorfällen wird massiv in Videoüberwachung (CCTV) an Bahnhöfen und in Zügen investiert; bis Ende 2024 soll jeder größere Bahnhof in Deutschland mit moderner Videotechnik ausgestattet sein. Ergänzend werden Drohnen, teils mit Wärmebildkameras, zur Inspektion schwer zugänglicher Streckenabschnitte eingesetzt. Zukünftige Züge werden zudem mit einem umfassenden Sensor-Setup aus Kameras, Lidar und Radar zur Umfeldwahrnehmung ausgestattet, was eine Voraussetzung für das automatisierte Fahren ist.

Die Überwachung im Straßenverkehr konzentriert sich primär auf die Optimierung des Verkehrsflusses und die Durchsetzung von Verkehrsregeln. Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA) nutzen Sensoren wie Induktionsschleifen, Infrarotsensoren oder Videokameras, um Verkehrsdaten zu erfassen und darauf basierend dynamisch Geschwindigkeitsbegrenzungen, Warnhinweise oder Umleitungsempfehlungen zu schalten. Intelligente Bildverarbeitungssysteme dienen der automatischen Kennzeichenerkennung für Maut- und Geschwindigkeitskontrollen. Eine systematische Überwachung des weitläufigen Straßennetzes auf Sabotageakte findet jedoch nicht statt.

Die Effektivität dieser Technologien ist differenziert zu bewerten. Videoüberwachung an Bahnhöfen und in Zügen kann nachweislich zur Aufklärung von Straftaten beitragen und das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöhen. Ihre präventive Wirkung gegen geplante Sabotageakte an abgelegenen Orten ist jedoch gering, da Täter solche überwachten Bereiche meiden können. Infrastruktur-Sensorik wie DFOS kann Schäden frühzeitig erkennen und melden, aber den eigentlichen Sabotageakt nicht verhindern.

Welche Rolle spielt das Personal – von Lokführern bis zu Sicherheitsteams – bei der Gewährleistung der Sicherheit, und wie unterscheiden sich die Protokolle zwischen Bahn und Straße?

Das Personal spielt in beiden Systemen eine entscheidende, aber unterschiedlich ausgestaltete Rolle. Im Schienenverkehr ist die Sicherheit durch ein System geteilter, aber klar definierter Verantwortlichkeiten geprägt. Lokführer durchlaufen strenge psychologische und physische Eignungstests sowie eine umfassende Ausbildung, die regelmäßige Schulungen in Simulatoren für den Umgang mit Störfällen und Notfallsituationen umfasst. Während der Fahrt stehen sie in ständigem Kontakt mit den Leitstellen und werden durch technische Systeme wie die Sicherheitsfahrschaltung (Sifa), die alle 30 Sekunden bedient werden muss, überwacht. Das Zugpersonal, bestehend aus Zugbegleitern und den Sicherheitsteams der DB Sicherheit, ist für die Sicherheit der Fahrgäste, die Durchsetzung des Hausrechts und die Deeskalation bei Konflikten geschult. Die Präsenz von Sicherheitspersonal an Bahnhöfen und in Zügen wird als wichtige Maßnahme zur Erhöhung der objektiven und subjektiven Sicherheit kontinuierlich ausgebaut.

Im Straßenverkehr liegt die Verantwortung hingegen fast ausschließlich beim einzelnen Fahrer. Berufskraftfahrer von LKW und Bussen müssen zwar gesetzliche Vorschriften wie Lenk- und Ruhezeiten einhalten und regelmäßige Fahrzeugkontrollen durchführen. Es gibt jedoch keine zentrale Instanz, die jede einzelne Fahrt in Echtzeit überwacht und steuert. Moderne Fahrzeuge sind mit einer Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen ausgestattet, wie Notbremsassistenten, Spurhalteassistenten oder Abstandstempomaten, die die Sicherheit signifikant erhöhen, aber die ultimative Kontrolle und Verantwortung verbleibt beim Fahrer. Für Busfahrer gelten zusätzliche Protokolle zur Gewährleistung der Fahrgastsicherheit, wie die Anschnallpflicht und Verhaltensregeln im Bus. Der fundamentale Unterschied liegt somit in der Systemarchitektur: Die Bahn setzt auf ein redundantes Mensch-Maschine-System mit zentraler Überwachung, während die Straße auf die dezentrale Verantwortung des Individuums, unterstützt durch Fahrzeugtechnik, setzt.

Wie wird die Cybersicherheit in den zunehmend digitalisierten Steuerungs- und Leitsystemen beider Verkehrsträger adressiert?

Die fortschreitende Digitalisierung stellt beide Verkehrsträger vor erhebliche Cybersicherheits-Herausforderungen. Bei der Bahn führt die Einführung von Technologien wie dem European Train Control System (ETCS) und Digitalen Stellwerken (DSTW) zwar zu Effizienz- und Kapazitätssteigerungen, eröffnet aber gleichzeitig neue Angriffsvektoren. Bislang waren die kritischen Systeme der Leit- und Sicherungstechnik (LST) relativ gut geschützt, da sie auf proprietären, isolierten (“air-gapped”) und oft veralteten Technologien basierten, die für externe Angreifer schwer zugänglich waren. Bisherige Cyberangriffe auf die Bahn zielten daher meist auf weniger kritische “Komfortfunktionen” wie Webseiten, Fahrgastinformations- oder Bezahlsysteme. Mit der Umstellung auf standardisierte, IP-basierte Netzwerke (z.B. für FRMCS/5G) zur Steigerung der Interoperabilität und Leistungsfähigkeit verschwimmt diese Trennung. Diese Standardtechnologien sind gut dokumentiert und anfällig für bekannte Hacking-Tools, was die Eintrittsbarriere für Angreifer senkt. Als Reaktion darauf entwickeln Unternehmen wie Siemens Mobility ganzheitliche Cybersicherheitslösungen für den gesamten Lebenszyklus von Schienenfahrzeugen, und Forschungsprojekte wie HASELNUSS arbeiten an hardwarebasierten Sicherheitsplattformen speziell für die Bahn. Dennoch wird der allgemeine Cybersecurity-Reifegrad des Eisenbahnsektors von Experten als noch nicht ausreichend bewertet.

Im Straßenverkehr sind intelligente Verkehrssysteme (IVS), insbesondere Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA), ein potenzielles Ziel für Cyberangriffe. Eine Kompromittierung dieser Systeme könnte zu manipulierten Geschwindigkeitsanzeigen, falschen Warnungen oder gezielt herbeigeführten Staus führen. Die nationale Cybersicherheitsstrategie für Deutschland sowie europäische Richtlinien wie die NIS-2-Richtlinie und die IVS-Richtlinie schaffen einen rechtlichen Rahmen, der Betreiber kritischer Verkehrsinfrastrukturen zur Implementierung höherer Sicherheitsstandards verpflichtet. Allerdings gelten einige der technischen Regelwerke und Algorithmen, die in bestehenden VBA zum Einsatz kommen, als veraltet und entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik, was ein zusätzliches Risiko darstellt. Beide Systeme stehen somit vor dem Dilemma, dass die für die Zukunft notwendige Modernisierung und Digitalisierung inhärent neue und komplexe Sicherheitsrisiken schafft, die proaktiv adressiert werden müssen.

 

Hub für Sicherheit und Verteidigung - Beratung und Informationen

Hub für Sicherheit und Verteidigung - Bild: Xpert.Digital

Der Hub für Sicherheit und Verteidigung bietet fundierte Beratung und aktuelle Informationen, um Unternehmen und Organisationen effektiv dabei zu unterstützen, ihre Rolle in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken. In enger Verbindung zur Working Group Defence der SME Connect fördert er insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich Verteidigung weiter ausbauen möchten. Als zentraler Anlaufpunkt schafft der Hub so eine entscheidende Brücke zwischen KMU und europäischer Verteidigungsstrategie.

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Schnelle Reparatur nach Anschlägen: Vorteile der Schieneninfrastruktur

Resilienz und Wiederherstellung nach einem Störfall

Wie bewerten Experten die These, dass die Schiene nach einem Anschlag schneller reparierbar ist als die Straße?

Die These, die Schieneninfrastruktur sei generell schneller reparierbar, muss differenziert betrachtet werden, da die Reparaturdauer entscheidend von der Art und dem Ausmaß des Schadens abhängt.

Bei Schäden an der operativen Infrastruktur der Bahn, wie den bei Sabotageakten häufig betroffenen Kabelsträngen, ist die Reparatur ein hochspezialisierter Prozess. Techniker müssen die zerstörten Kabel, die sich über Dutzende von Metern erstrecken können, vollständig austauschen und anschließend aufwändige Tests und Messungen durchführen, bevor die Strecke wieder sicher in Betrieb genommen werden kann. Wie die Vorfälle in Düsseldorf und Norddeutschland zeigten, können diese Arbeiten von mehreren Stunden bis zu mehreren Tagen andauern. Die Deutsche Bahn unterhält mit der DB Bahnbau Gruppe einen 24/7-Notfallservice, der auf solche Havarien spezialisiert ist und bundesweit schnell eingreifen kann. Die Reparatur von Gleisen, Weichen oder Signalen kann, verglichen mit großen Straßenbauprojekten, oft schneller erfolgen, da die Komponenten standardisiert und die Prozesse etabliert sind.

Ganz anders stellt sich die Situation bei der Straßeninfrastruktur dar, insbesondere bei Schäden an großen Ingenieurbauwerken. Während ein einfaches Schlagloch oder eine beschädigte Fahrbahndecke relativ schnell instand gesetzt werden kann, ist die Reparatur oder der Neubau einer beschädigten oder zerstörten Brücke ein extrem komplexes, teures und langwieriges Unterfangen, das Monate oder sogar Jahre in Anspruch nehmen kann. Hier sind aufwändige statische Berechnungen, langwierige Aushärtungsprozesse für Beton und die komplexe Integration der Baumaßnahmen in den fließenden Verkehr erforderlich. Die regelmäßige Bauwerksprüfung nach DIN 1076 dient zwar der Früherkennung von Schäden, kann aber die Dauer einer Reparatur nach einem plötzlichen Zerstörungsereignis nicht verkürzen.

Im Fazit lässt sich sagen: Bei Schäden an der “laufenden” Infrastruktur (Kabel, Gleise, Signale) ist die Schiene tendenziell schneller wiederherstellbar. Bei katastrophalen Schäden an zentralen “Kunstbauten” wie Brücken oder Tunneln sind beide Systeme massiv und für sehr lange Zeit betroffen.

Wie unterscheiden sich die Konzepte für Umleitungen und die Aufrechterhaltung des Betriebs bei Störungen im Schienen- und Straßennetz?

Die Fähigkeit, Störungen durch Umleitungen zu kompensieren, ist einer der fundamentalsten Unterschiede zwischen Schienen- und Straßennetz und ein zentraler Aspekt ihrer jeweiligen Resilienz.

Das Schienennetz bietet systembedingt nur sehr begrenzte Umleitungsmöglichkeiten. Diese hängen direkt von der Dichte des Netzes und der Verfügbarkeit von Weichen und Parallelstrecken ab. Aufgrund des jahrzehntelangen Rückbaus ist die Redundanz im deutschen Netz gering, insbesondere im Vergleich zur Schweiz oder Österreich. Bei der Sperrung einer Hauptstrecke müssen Züge daher oft weiträumig umgeleitet werden, was zu erheblichen Verspätungen und Kapazitätsengpässen auf den Ausweichrouten führt, oder sie enden vorzeitig an einem Bahnhof, von wo aus ein Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen organisiert wird. Die hohe Auslastung des Netzes verschärft dieses Problem, da freie Kapazitäten für Umleitungsverkehr kaum vorhanden sind. Die Deutsche Bahn informiert Fahrgäste über digitale Kanäle wie die DB Navigator App oder die Webseite, wobei die Informationen aufgrund der dynamischen Lage oft kurzfristig aktualisiert werden.

Das Straßennetz verfügt demgegenüber über eine hohe natürliche Redundanz. Seine vermaschte Struktur bedeutet, dass bei der Sperrung einer Hauptverkehrsader, wie einer Autobahn, in der Regel eine Vielzahl von Ausweichrouten über Bundes-, Landes- und Kreisstraßen zur Verfügung steht. Moderne Verkehrsmanagementzentralen nutzen diese Flexibilität aktiv. Mithilfe von Verkehrsbeeinflussungsanlagen, insbesondere dynamischen Wegweisern mit integrierter Stauinformation (dWiSta), wird der Verkehr gezielt und großräumig auf weniger belastete Alternativstrecken gelenkt, um Staus zu vermeiden oder zu minimieren. Dieses Konzept der aktiven Netzsteuerung macht das Straßensystem inhärent resilienter gegenüber lokalen Ausfällen. Die auf Effizienz optimierte, aber ausgedünnte Schieneninfrastruktur ist im Vergleich dazu ein fragiles System, in dem lokale Störungen schnell zu kaskadierenden, netzweiten Auswirkungen führen können.

Welche übergeordneten Strategien verfolgt Deutschland zur Stärkung der Resilienz seiner kritischen Verkehrsinfrastrukturen?

Angesichts der erkannten Verwundbarkeiten hat Deutschland begonnen, übergeordnete Strategien zur Stärkung der Resilienz seiner kritischen Infrastrukturen zu implementieren. Im Juli 2022 verabschiedete die Bundesregierung die “Deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen”. Diese verfolgt einen umfassenden All-Gefahren-Ansatz, der von Naturkatastrophen bis zu Terrorismus und Sabotage reicht, und definiert Resilienz als eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die eine enge Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft erfordert.

Ein zentrales legislatives Instrument zur Umsetzung dieser Strategie ist das KRITIS-Dachgesetz. Es schafft erstmals bundeseinheitliche Mindeststandards für den physischen Schutz und die Resilienz von Betreibern kritischer Infrastrukturen und verpflichtet diese zu entsprechenden Maßnahmen sowie zur Meldung von Sicherheitsvorfällen an die zuständigen Bundesbehörden.

Zur besseren Koordination wurde auf Regierungsebene der “Gemeinsame Koordinierungsstab Kritische Infrastruktur” (GEKKIS) eingerichtet. Dieses Gremium soll ressortübergreifend Lagebilder erstellen, Herausforderungen identifizieren und bei akuten Vorfällen als Krisenstab fungieren.

Speziell für den Verkehrssektor wurden nach den Sabotageakten konkrete Maßnahmen eingeleitet. Bund und Deutsche Bahn haben ein gemeinsames Paket zum besseren Schutz von Bahnanlagen entwickelt. Dieses umfasst den verstärkten Einsatz von Video- und Sensortechnik an neuralgischen Punkten, eine erhöhte Präsenz von Sicherheitskräften der Bundespolizei und der DB Sicherheit sowie den gezielten redundanten Ausbau besonders kritischer Kabelverbindungen, um einzelne Ausfallpunkte zu reduzieren. Parallel wird die Cybersicherheit durch die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie gestärkt, die mehr Unternehmen zu höheren IT-Sicherheitsstandards verpflichtet.

Synthese und weitere Vorteile des Schienenverkehrs

Welche weiteren, über die reine Sabotagesicherheit hinausgehenden Vorteile bietet der Schienenverkehr, die für eine gesamtgesellschaftliche Bewertung relevant sind?

Neben der Debatte um Sabotagesicherheit bietet der Schienenverkehr eine Reihe von fundamentalen Vorteilen, die für eine gesamtgesellschaftliche Bewertung der Verkehrsträger von entscheidender Bedeutung sind. An erster Stelle steht der Umwelt- und Klimaschutz. Der Schienenverkehr ist signifikant umweltfreundlicher als der Straßenverkehr. Jede Tonne Fracht, die auf der Schiene statt auf der Straße transportiert wird, verursacht 80 bis 100 Prozent weniger CO2-Emissionen. Angesichts der Tatsache, dass der Verkehrssektor als einziger Sektor in der EU seine Emissionen seit 1995 nicht senken konnte, ist die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene ein zentraler Hebel für den Klimaschutz.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die überlegene Flächeneffizienz. Eine einzige Bahnstrecke kann auf der gleichen Breite ein Vielfaches an Personen oder Gütern transportieren als eine Autobahnspur. Konkret können auf einer 3,5 Meter breiten Trasse bis zu 30-mal mehr Menschen pro Stunde per Bahn als per Pkw befördert werden, was den Flächenverbrauch in dicht besiedelten Regionen drastisch reduziert.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist ebenfalls eine differenzierte Betrachtung notwendig. Während der Lkw-Transport auf kurzen Strecken oft als flexibler und kostengünstiger wahrgenommen wird, verursacht der Straßenverkehr massive externe Kosten durch Unfälle, Staus, Lärm und Umweltverschmutzung. Diese Kosten werden nicht vollständig von den Verursachern, sondern von der Allgemeinheit getragen. Der Schienenverkehr weist hier eine deutlich positivere Gesamtbilanz auf.

Schließlich ist der bereits eingangs erwähnte Aspekt der Sicherheit im Normalbetrieb ein unschätzbarer Vorteil. Die im Vergleich zum Auto um ein Vielfaches geringere Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall getötet oder schwer verletzt zu werden, rettet jedes Jahr Leben und vermeidet menschliches Leid sowie hohe Folgekosten für das Gesundheitssystem.

Verteidigungslogistik im Kriegsfall: Der strategische Vorteil des Verteidigers

Die Bedeutung der schnellen Vorhut

Bei einem Kriegseinsatz kommt der schnellen Vorhut eine entscheidende strategische Bedeutung zu. Diese ersten Einheiten müssen innerhalb von 48 bis 72 Stunden an der Ostflanke einsatzbereit sein, um die initialen Verteidigungslinien zu etablieren. Die NATO hat diese Erkenntnis in ihrer Enhanced Forward Presence (EFP) bereits umgesetzt, bei der multinationale Kampfverbände dauerhaft an der Ostflanke stationiert sind.

Die Panzerbrigade 45 in Litauen demonstriert beispielhaft diese Vorhut-Funktion: Mit modernster Ausrüstung wie dem Kampfpanzer Leopard 2A8 und dem Schützenpanzer Puma S1 stellen deutsche Streitkräfte sicher, dass die erste Versorgung der Ostflanke mit Verteidigungsmaterial gewährleistet ist. Diese schnelle Reaktionsfähigkeit wird durch vorpositionierte Ausrüstung und Munition unterstützt, wodurch kritische Zeit beim Aufbau der Verteidigungslinien gewonnen wird.

Der schnelle Aufbau von Verteidigungslinien

Der Erfolg der Verteidigung hängt maßgeblich vom raschen Aufbau robuster Verteidigungslinien ab. Die baltischen Staaten haben bereits damit begonnen, mobile Panzersperren und befestigte Verteidigungsanlagen an den Grenzen zu Kaliningrad und Belarus zu installieren. Diese Maßnahmen folgen dem Prinzip der “Defense in Depth” – einer mehrschichtigen Verteidigungsstrategie, die verschiedene Hindernisse und Verteidigungsebenen schafft.

Die Zeitfaktoren sind dabei kritisch: Während der Verteidiger seine Stellungen vorbereiten und verstärken kann, muss der Angreifer unter Zeitdruck und ohne Ortskenntnisse operieren. Der Verteidiger nutzt diese Zeit zur:

  • Errichtung von Sperranlagen und Hindernissen
  • Vorbereitung von Kampfstellungen
  • Anlage von Munitions- und Versorgungsdepots
  • Etablierung gesicherter Kommunikationslinien

Aufbau und Ausbau des sicheren Nachschubs

Nach der initialen Verteidigungsphase verlagert sich der Fokus auf den Aufbau eines nachhaltigen und sicheren Nachschubsystems. Das Logistikkommando der Bundeswehr mit seinen 18.000 Angehörigen ist speziell für diese Aufgabe strukturiert. Die Verteidigungslogistik profitiert dabei von mehreren entscheidenden Vorteilen:

Etablierte Infrastruktur

Der Verteidiger kann auf bestehende Verkehrswege, Lagerhallen, Depots und Kommunikationsnetze zurückgreifen. Deutschland als “Drehscheibe” der NATO-Logistik verfügt über ein dichtes Netzwerk von 80 Logistikstandorten.

Geschützte Versorgungslinien

Im eigenen Territorium operiert die Logistik in einem relativ sicheren Umfeld, geschützt durch die eigenen Frontverteidigungskräfte. Dies ermöglicht:

  • Kontinuierliche Materialzuführung ohne ständige Bedrohung
  • Nutzung ziviler Transportkapazitäten und Infrastruktur
  • Redundante Versorgungswege durch bekannte Alternativrouten
Dezentrales Logistiknetzwerk

Moderne Militärlogistik setzt auf verteilte, kleine Versorgungspunkte statt großer, verwundbarer Depots. Dieses “logistische Netzwerk” mit vielen Knotenpunkten erhöht die Resilienz erheblich.

Die Herausforderungen des Angreifers

Im Gegensatz dazu sieht sich der Angreifer mit enormen logistischen Herausforderungen konfrontiert:

Fehlende Infrastruktur

Der Angreifer muss in feindlichem Territorium operieren, wo ihm weder sichere Verkehrswege noch geschützte Lagereinrichtungen zur Verfügung stehen. Jede Brücke, jede Straße könnte vermint oder zerstört sein.

Verwundbare Nachschublinien

Die Versorgungslinien des Angreifers sind ständigen Angriffen ausgesetzt – durch Artillerie, Drohnen, Spezialkräfte oder Partisanen. Die Erfahrungen aus der Ukraine zeigen, wie verwundbar lange Nachschublinien sind.

Zeitdruck und Ressourcenverbrauch

Der Angreifer steht unter erheblichem Zeitdruck, da jeder Tag ohne Fortschritt seine Ressourcen erschöpft und dem Verteidiger Zeit zur Verstärkung gibt. Die Faustregel besagt, dass ein Angreifer eine dreifache Überlegenheit benötigt, um erfolgreich zu sein.

Der strategische Vorteil der Heimatverteidigung

Die militärische Theorie, insbesondere Clausewitz, betont die inhärenten Vorteile des Verteidigers:

  • Vertrautheit mit dem Gelände: Ortskenntnisse ermöglichen optimale Stellungswahl und Bewegungsfreiheit
  • Vorbereitete Stellungen: Zeit zur Anlage von Befestigungen und Hindernissen
  • Innere Linien: Kürzere Wege für Verstärkungen und Nachschub
  • Unterstützung der Bevölkerung: Zugang zu lokalen Ressourcen und Informationen

Die moderne Verteidigungslogistik verstärkt diese traditionellen Vorteile durch:

  • Digitale Vernetzung und Echtzeitinformationen
  • Vorausschauende Wartung und KI-gestützte Bedarfsprognosen
  • Integration ziviler und militärischer Logistikkapazitäten

Was ist das Fazit im Sicherheitsvergleich zwischen Schiene und Straße im Kontext von Sabotage und Anschlägen?

Die Verteidigungslogistik genießt entscheidende systemische Vorteile gegenüber der Angriffslogistik. Während der Verteidiger in einem sicheren, bekannten Umfeld mit etablierter Infrastruktur operiert, muss der Angreifer alle logistischen Herausforderungen unter feindlichem Druck und ohne lokale Unterstützung bewältigen. Die moderne NATO-Strategie mit ihrer Enhanced Forward Presence und dem Fokus auf schnelle Reaktionsfähigkeit nutzt diese Vorteile optimal aus. Deutschland als logistische Drehscheibe der NATO demonstriert, wie durchdachte Verteidigungslogistik zur Abschreckung beiträgt und im Ernstfall den entscheidenden Unterschied machen kann.

Eine abschließende Bewertung der Sicherheit von Schiene und Straße gegenüber Sabotage ergibt ein komplexes und ambivalentes Bild ohne einfachen Sieger. Beide Systeme weisen spezifische, strukturbedingte Stärken und Schwächen auf.

Die Schiene profitiert von ihrer zentralisierten und kontrollierten Natur, die eine gezielte und technologisch fortschrittliche Überwachung ermöglicht. Ihre überragende Sicherheit im Normalbetrieb ist unbestritten, im Verteidigungsfall nach oben genannten Szenario ebenfalls. Die Zentralisierung schafft jedoch auch kritische Knotenpunkte und “einzelne Ausfallpunkte”, insbesondere im Kommunikations- und Steuerungsnetz. Diese machen das System anfällig für gezielte Sabotageakte, die mit relativ geringem Aufwand weitreichende, kaskadierende Ausfälle im gesamten Netz verursachen können. Die jahrzehntelange politische und finanzielle Vernachlässigung hat diese systemische Verwundbarkeit durch den Abbau von Redundanzen und einen erheblichen Sanierungsstau noch verschärft. Das Problem lässt sich jedoch relativ zeitnah beheben.

Die Straße ist durch ihre dezentrale, vermaschte und offene Netzwerkstruktur inhärent resilienter gegenüber lokalen Störungen. Ein einzelner Anschlag, selbst auf ein kritisches Bauwerk wie eine Brücke, führt selten zu einem überregionalen Kollaps, da der Verkehr auf zahlreiche Alternativrouten ausweichen kann. Gleichzeitig macht diese Offenheit eine umfassende Überwachung unmöglich und führt im Alltagsbetrieb durch die Vielzahl individueller, fehlbarer Akteure zu einer weitaus höheren Unfall- und Opferzahl.

Die schnellere Reparierbarkeit der Schiene ist bei entsprechenden Modernisierungsmaßnahmen der Peripherie einhaltbar. Sie trifft auf Schäden an der laufenden Infrastruktur wie Kabeln oder Gleisen zu, wo standardisierte Prozesse eine relativ zügige Instandsetzung ermöglichen. Bei der Zerstörung von Großbauwerken wie Brücken oder Tunneln (Großangriff des Gegners ohne oder schwache Verteidigungslinien) sind jedoch beide Verkehrsträger für sehr lange Zeiträume massiv beeinträchtigt, was aber auch im gleichen Maße die Straße betrifft.

Der Schutz der Schiene vor Sabotage hängt somit entscheidend von zukünftigen strategischen Investitionen ab. Diese müssen über die reine Installation von Kameras und Sensoren hinausgehen und vor allem auf die Stärkung der Netzresilienz abzielen. Dies bedeutet den gezielten Ausbau von Redundanzen durch mehrgleisige Strecken, zusätzliche Weichen und alternative Kabelführungen sowie die physische und digitale Härtung kritischer Infrastrukturkomponenten. Die jüngste sicherheitspolitische Debatte und die eingeleiteten Maßnahmen von Bund und Bahn deuten auf ein beginnendes Umdenken hin. Die Transformation des bestehenden, auf Effizienz getrimmten, aber fragilen Systems in ein wahrhaft resilientes Netz bleibt jedoch eine immense, kostspielige und langfristige Aufgabe.

 

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