Veröffentlicht am: 8. Mai 2025 / Update vom: 8. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Das “Military Mobility”-Konzept und ReArm Europe: Strategien zur StĂ€rkung der europĂ€ischen Verteidigung – Kreativbild: Xpert.Digital
Europas strategische Autonomie: Military Mobility und ReArm Europe im Fokus
EuropÀische Sicherheitspolitik: Zwei wegweisende Initiativen
Im Angesicht wachsender geopolitischer Herausforderungen hat die EuropĂ€ische Union zwei bedeutende Initiativen entwickelt: Das “Military Mobility”-Konzept und den ReArm Europe-Plan. Beide Programme sind entscheidende Bausteine fĂŒr die Verbesserung der europĂ€ischen VerteidigungsfĂ€higkeit und spiegeln den Wandel in der sicherheitspolitischen Ausrichtung der EU wider. Diese Initiativen haben besonders seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine an Bedeutung gewonnen und zielen darauf ab, Europas strategische Autonomie zu stĂ€rken.
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Military Mobility: Grundlagen und Entwicklung
Military Mobility bezeichnet das Ziel, die zĂŒgige und nahtlose Bewegung von militĂ€rischem Personal, Material und militĂ€rischen Mitteln innerhalb und auĂerhalb der EU sicherzustellen. Dieses Konzept umfasst die Vereinfachung, Standardisierung und Beschleunigung von Verfahren sowie die Modernisierung von Verkehrsinfrastruktur, um Truppen und Material schneller grenzĂŒberschreitend verlegen zu können.
Die EU-Initiative wurde als eines der ersten Projekte im Rahmen der StĂ€ndigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) gestartet. Das unter der Koordination der Niederlande stehende Projekt unterstĂŒtzt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vereinfachung und Standardisierung grenzĂŒberschreitender militĂ€rischer Transportverfahren.
AktionsplÀne und Implementation
Im Anschluss an einen ersten EU-Aktionsplan zur militĂ€rischen MobilitĂ€t im Jahr 2018 veröffentlichten die Kommission und der Hohe Vertreter und VizeprĂ€sident am 10. November 2022 gemeinsam einen zweiten Aktionsplan zur militĂ€rischen MobilitĂ€t (Aktionsplan 2.0), der sich auf den Zeitraum 2022-2026 erstreckt. Der Aktionsplan 2.0 baut auf den Erfolgen des ersten Aktionsplans auf und enthĂ€lt 38 MaĂnahmen: 29 MaĂnahmen auf EU-Ebene und neun, die an die Mitgliedstaaten gerichtet sind.
Die militĂ€rische MobilitĂ€t erhielt angesichts des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der Probleme, mit denen die StreitkrĂ€fte in der EU konfrontiert sind, eine besondere Bedeutung. Der Strategische Kompass fĂŒr Sicherheit und Verteidigung, den der EuropĂ€ische Rat im MĂ€rz 2022 billigte, umfasste das Ziel fĂŒr die Mitgliedstaaten, “einen ehrgeizigen ĂŒberarbeiteten Aktionsplan” zu vereinbaren, um “neue Verpflichtungen” zu berĂŒcksichtigen “mit dem Ziel, die militĂ€rische MobilitĂ€t deutlich zu verbessern und erheblich in sie zu investieren”.
TeilnehmerlÀnder und Kooperationen
Am Military Mobility-Projekt beteiligen sich nahezu alle EU-Mitgliedstaaten sowie Kanada, Norwegen und die Vereinigten Staaten. Die TeilnehmerlĂ€nder umfassen Deutschland, Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ăsterreich, Polen, Portugal, RumĂ€nien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern.
Das Projekt ist zudem ein Beispiel fĂŒr die Bedeutung der EU-NATO-Kooperation, die hier bereits gut funktioniert. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen ist ein wesentlicher Aspekt der Initiative.
Konkrete MaĂnahmen und Projekte
Die EuropĂ€ische Kommission unterstĂŒtzt Projekte zur militĂ€rischen MobilitĂ€t mit erheblichen finanziellen Mitteln. Mit den drei Ausschreibungen in den Jahren 2021, 2022 und 2023 wurde der fĂŒr Military Mobility im Rahmen der Connecting Europe Facility (CEF) 2021-2027 vorgesehene Betrag von 1,69 Milliarden Euro ausgeschöpft. Insgesamt werden 95 Projekte in 21 Mitgliedstaaten der EuropĂ€ischen Union mit 1,74 Milliarden Euro unterstĂŒtzt.
Ein konkretes Beispiel ist die jĂŒngste Finanzierung von 38 zusĂ€tzlichen Projekten zur militĂ€rischen MobilitĂ€t mit einem Budget von 807 Millionen Euro. Diese Projekte sollen wichtige Verkehrsinfrastrukturen in der EU aufrĂŒsten, damit sie eine doppelte Nutzung – sowohl fĂŒr zivile als auch fĂŒr Verteidigungstransporte – ermöglichen.
Deutschland, die Niederlande und Polen haben zudem die Einrichtung eines grenzĂŒberschreitenden Musterkorridors fĂŒr den militĂ€rischen Verkehr von Westen nach Osten angekĂŒndigt. Deutschland engagiert sich auĂerdem als Koordinator im PESCO-Projekt “Network of LogHubs”, das den Aufbau eines europĂ€ischen Logistik-Netzwerks zum Ziel hat, um AusrĂŒstung, Material und Munition zu lagern und fĂŒr Transporte vorzubereiten.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Der Transport von militĂ€rischem Personal und Material ĂŒber Grenzen hinweg erfordert auch innerhalb der EuropĂ€ischen Union und des Schengenraums Genehmigungsverfahren. Durch die geltende Rechtslage und unterschiedlich geregelte ZustĂ€ndigkeiten sind grenzĂŒberschreitende Transporte komplex und zeitaufwendig. Die praktische Umsetzung des Vorhabens setzt die Beantwortung einer ganzen Reihe komplexer, vielfach juristischer Fragen, und deren Harmonisierung zwischen den teilnehmenden Staaten voraus.
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ReArm Europe: Europas Antwort auf verÀnderte Sicherheitsanforderungen
Entstehung und strategische Ausrichtung
EU-KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen hat den EU-Staats- und Regierungschefs vor der auĂerordentlichen Sitzung des EuropĂ€ischen Rates im MĂ€rz 2025 einen Vorschlag zur AufrĂŒstung Europas, den “ReArm Europe”-Plan, skizziert. Von der Leyen betonte die Dringlichkeit der Situation: “Wir leben in der bedeutsamsten und gefĂ€hrlichsten Zeit. Wie ernsthaft die Bedrohungen sind, denen wir gegenĂŒberstehen, muss ich nicht erst erörtern.”
Der ReArm Europe-Plan stellt eine ambitionierte Initiative dar, um die europĂ€ische VerteidigungsfĂ€higkeit zu stĂ€rken und langfristig strategische AbhĂ€ngigkeiten zu reduzieren. Ziel ist es, strukturelle LĂŒcken zu schlieĂen und Europas strategische Autonomie zu stĂ€rken, um die AbhĂ€ngigkeit von externen Sicherheitsgarantien zu verringern.
Finanzielle Mechanismen und Instrumente
Mit “ReArm Europe” stellte die EU-KommissionsprĂ€sidentin eine Initiative vor, die bis zu 800 Milliarden Euro fĂŒr den Ausbau und die Modernisierung der europĂ€ischen Verteidigung mobilisieren soll. Diese Summe setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen:
1. Die Aktivierung der Ausweichklausel im StabilitĂ€ts- und Wachstumspakt erlaubt es EU-Mitgliedsstaaten, Schulden aufzunehmen, ohne Defizitverfahren ausgesetzt zu sein. Langfristig sollen mindestens 1,5% des BIP in den Verteidigungssektor flieĂen, was bis zu 650 Milliarden Euro an zusĂ€tzlichen Mitteln innerhalb von vier Jahren bedeuten könnte.
2. Ein zentrales Element ist ein neues, zweckgebundenes Finanzinstrument namens “Security Action for Europe” (SAFE), das mit bis zu 150 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. SAFE wird die europĂ€ische Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffungen unterstĂŒtzen, an denen mindestens zwei LĂ€nder beteiligt sein mĂŒssen.
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Das White Paper fĂŒr europĂ€ische Verteidigung
Die EuropĂ€ische Kommission hat am 19. MĂ€rz 2025 in Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter fĂŒr AuĂen- und Sicherheitspolitik das “White Paper for European Defence â Readiness 2030” veröffentlicht. Das White Paper bildet den Rahmen fĂŒr die ReArm Europe-Initiative und skizziert die notwendigen MaĂnahmen zur Wiederbewaffnung Europas und zum Aufbau einer starken und wettbewerbsfĂ€higen Verteidigungsindustriebasis.
Das White Paper identifiziert sieben kritische FĂ€higkeitslĂŒcken in den StreitkrĂ€ften der Mitgliedstaaten: (i) Luft- und Raketenabwehr; (ii) Artillerie; (iii) Munition; (iv) Drohnen und Anti-Drohnen-Systeme; (v) Infrastruktur zur UnterstĂŒtzung der militĂ€rischen MobilitĂ€t; (vi) kĂŒnstliche Intelligenz und elektronische KriegsfĂŒhrung; und (vii) “strategische BefĂ€higer” wie strategischer Lufttransport und Tankflugzeuge.
Verbindung zwischen Military Mobility und ReArm Europe
Die Infrastruktur zur UnterstĂŒtzung der militĂ€rischen MobilitĂ€t wird im White Paper explizit als eine der kritischen FĂ€higkeitslĂŒcken identifiziert, die durch den ReArm Europe Plan geschlossen werden sollen. Dies unterstreicht die enge Verbindung zwischen beiden Initiativen und zeigt, dass Military Mobility als integraler Bestandteil der umfassenderen europĂ€ischen Verteidigungsstrategie betrachtet wird.
Das White Paper schlĂ€gt Lösungen zur Verbesserung der militĂ€rischen MobilitĂ€t, der Bevorratung und der Grenzsicherheit vor, insbesondere entlang der östlichen Grenzen der EU. Zudem betont es die Notwendigkeit einer tieferen Integration mit dem Verteidigungssektor der Ukraine und unterstreicht Europas Engagement fĂŒr eine langfristige SicherheitsunterstĂŒtzung.
Zusammenhang und Synergien beider Initiativen
Die enge Verbindung zwischen Military Mobility und ReArm Europe zeigt sich in mehreren Aspekten. Beide Initiativen zielen darauf ab, die europÀische VerteidigungsfÀhigkeit zu stÀrken und strategische Autonomie zu fördern. Military Mobility konzentriert sich auf die operativen Aspekte der Truppenbewegung und Logistik, wÀhrend ReArm Europe einen umfassenderen Ansatz zur StÀrkung der europÀischen Verteidigungsindustrie und -kapazitÀten verfolgt.
Die im Rahmen von Military Mobility durchgefĂŒhrten Infrastrukturprojekte könnten durch die finanziellen Mechanismen des ReArm Europe Plans zusĂ€tzliche UnterstĂŒtzung erhalten. Dies wĂŒrde die Synergien zwischen beiden Initiativen weiter verstĂ€rken.
Gemeinsame strategische Ziele
Beide Initiativen spiegeln das zunehmende Bewusstsein fĂŒr die Notwendigkeit einer stĂ€rkeren europĂ€ischen Verantwortung im Bereich der Verteidigung wider. Sie sind Ausdruck des Bestrebens der EU, ihre strategische Autonomie zu stĂ€rken und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit der NATO zu vertiefen.
Die militĂ€rische MobilitĂ€t und der ReArm Europe Plan sind komplementĂ€re Elemente einer umfassenderen Strategie zur StĂ€rkung der europĂ€ischen Sicherheitsarchitektur. WĂ€hrend Military Mobility die operativen Grundlagen fĂŒr schnelle und effiziente Truppenbewegungen schafft, stellt ReArm Europe die finanziellen und industriellen Mittel bereit, um die identifizierten FĂ€higkeitslĂŒcken zu schlieĂen.
Zwischen Herausforderung und Chance: Die EU auf dem Weg zur strategischen SelbststÀndigkeit
Das Military Mobility-Konzept und der ReArm Europe-Plan stellen bedeutende Schritte in der Entwicklung einer kohĂ€renteren und leistungsfĂ€higeren europĂ€ischen Verteidigungspolitik dar. Beide Initiativen sind Ausdruck des wachsenden Bewusstseins fĂŒr die Notwendigkeit, die VerteidigungsfĂ€higkeiten der EU zu stĂ€rken und mehr Verantwortung fĂŒr die eigene Sicherheit zu ĂŒbernehmen.
Die erfolgreiche Umsetzung beider Initiativen wird wesentlich davon abhĂ€ngen, inwieweit die EU-Mitgliedstaaten bereit sind, ihre nationalen Interessen zugunsten eines gemeinsamen europĂ€ischen Ansatzes in der Verteidigungspolitik zu ĂŒberwinden. Die Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren, die Harmonisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel werden dabei entscheidende Faktoren sein.
Angesichts der aktuellen geopolitischen Herausforderungen, insbesondere des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, haben diese Initiativen eine besondere Dringlichkeit erlangt. Ihre erfolgreiche Umsetzung könnte einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit und StabilitÀt in Europa leisten und die strategische Autonomie der EU stÀrken.
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Chairman SME Connect Defence Working Group
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