Veröffentlicht am: 29. Juli 2025 / Update vom: 29. Juli 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Smart Glasses: Mit seiner „Quark AI Glasses“ stößt Alibaba das Tor zur intelligenten Brille weit auf – Bild: Alibaba
Display, Super-KI und 14 Stunden Akku: Das steckt in Alibabas neuem Alleskönner
Smartphone adé? Diese Brille übersetzt, bezahlt und navigiert – ganz ohne Hände
Ab Ende 2025 will Alibaba mit den „Quark AI Glasses“ einen neuen Standard für smarte Alltagsbrillen setzen und damit Meta, Google & Co. frontal angreifen. Neben einem vollwertigen Display, starker On-Device-KI und nahtloser Einbindung ins Alibaba-Ökosystem verspricht der Konzern ein Ökosystemerlebnis, das weit über das heutige Angebot vieler Konkurrenten hinausgeht.
Aufbruchsstimmung im Reich der Mitte
Chinas Technologiebranche befindet sich seit Jahren in einer Phase der Selbstbeschleunigung. Die Regierung treibt den Aufbau strategischer Zukunftssegmente voran, darunter Halbleiter, künstliche Intelligenz (KI) und XR-Technologien (Extended Reality). Alibaba ist dabei längst kein reiner E-Commerce-Spezialist mehr. Die Gruppe investiert Milliarden in Cloud-Infrastruktur, Large-Language-Models (LLMs) und Mixed-Reality-Hardware. In dieses Bild fügen sich die Quark AI Glasses, die auf der World Artificial Intelligence Conference 2025 erstmals als „funktionierender Prototyp“ präsentiert wurden.
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Vom Pilot zum Produkt: Was steckt hinter den Quark AI Glasses?
Design-Philosophie und Formfaktor
Anders als die Ray-Ban | Meta-Smartglasses, die sich äußerlich kaum von einer Sonnenbrille unterscheiden, verfolgt Alibaba eine Hybrid-Strategie: Die Brille soll zwar leicht und modisch wirken, aber dank Heads-Up-Display echten Augmented-Reality-Mehrwert bieten. Die Ingenieure kombinieren einen monochromen Micro-OLED-Projektor in der rechten Fassung mit einem transparenten, prismenbasierten Waveguide. Dadurch werden Hinweise oder Benachrichtigungen direkt ins Sichtfeld eingeblendet, ohne das Umfeld zu verdecken.
Dual-Chip-Architektur: Snapdragon AR1+ und Alibaba-Koprozessor
Herzstück der Hardware ist Qualcomms Snapdragon AR1+ Gen 1, ein speziell für smarte Brillen entwickelter Prozessor, der lokale KI-Berechnungen (Small Language Models) ohne Cloud-Anbindung erlaubt. Alibaba ergänzt diesen Chip um einen hauseigenen Neural-Processing-Koprozessor, der Teile des Großmodells Qwen 2.5-Max in kompakter Form auf dem Gerät ausführt. Diese Kombination ermöglicht Funktionen wie Bild- und Texterkennung in Echtzeit, selbst wenn keine Datenverbindung verfügbar ist.
Smart Glasses Kernkomponenten im Überblick
Die Kernkomponenten der Smart Glasses im Überblick zeigen, dass die Quark AI Glasses einen Snapdragon AR1+ Gen 1 Prozessor mit Alibaba NPU besitzen, während die Ray-Ban ein Snapdragon AR1 Gen 1 verwenden und die Meta Smartglasses 26 % mehr Effizienz bieten sowie lokal ausführbare Modelle ermöglichen. Beim Display setzt Quark auf ein Micro-OLED mit 720p und einem Spitzenwert von 2000 Nits, Ray-Ban verzichtet ganz auf ein Display und Meta bietet ein Sichtfeld-Overlay für Navigation und Nachrichten. Die Kameras unterscheiden sich ebenfalls: Quark nutzt eine Dual-Kamera mit 12 MP und 6 MP Video plus EIS, Ray-Ban hat eine 12 MP Kamera und Meta ermöglicht 3D-Tiefenerfassung sowie Gestensteuerung. Der Audio-Bereich besteht bei Quark aus offenen Lautsprechertreibern mit einem 5-Mikrofon-Array, Ray-Ban setzt ebenfalls auf ein 5-Mikrofon-Array mit Lautsprechern, während Meta auf direktionalen Klang ohne Ohrstöpsel setzt. Bei der Akkuleistung hat Quark einen 600 mAh Akku für 14 Stunden gemischte Nutzung, Ray-Ban einen 450 mAh Akku für 8 Stunden und Meta bietet Schnellladung über ein Magnetdock. Das Gewicht der Brillen liegt bei Quark bei 49 Gramm ohne Gläser, Ray-Ban bei 48 Gramm für die Basisfassung, und Meta überzeugt durch eine leichte Bauweise trotz Waveguide-Technologie. Schließlich zeigt sich das Ökosystem: Quark integriert Alipay, Taobao, Amap und DingTalk, Ray-Ban nutzt Meta, Instagram und WhatsApp, und Meta bietet eine tiefe Integration in lokale Dienste.
Funktionen, die Alltag und Arbeit verschmelzen lassen
Freihändig kommunizieren
Die Brille blendet eingehende Anrufe in einer minimalistischen Statuszeile ein. Über ein Doppeltippen am Bügel wird der Anruf angenommen, während der Nutzer dank Knochenleitungsmikrofone seine Stimme klar übermittelt – selbst in lauten Umgebungen.
Echtzeit-Übersetzung und Transkription
Mithilfe der schlanken Ausführung von Qwen erkennt das System bis zu 30 Sprachen und zeigt übersetzte Untertitel direkt in der Linse an. Für Konferenzteilnehmer lassen sich gleichzeitig Transkripte erstellen und per DingTalk-Meeting teilen.
„Look-and-Pay“ mit Alipay
Das wohl markanteste Unterscheidungsmerkmal ist die tiefgreifende Alipay-Integration. Nutzer visieren an der Supermarktkasse einfach den QR-Code des Händlers an. Die Brille erkennt ihn, bestätigt den Betrag visuell und der Zahlungsvorgang wird mit einem kurzen Sprachbefehl ausgelöst. Dadurch entfällt das Hervorkramen des Smartphones – ein Vorgang, den Millionen chinesische Konsumenten täglich mehrmals ausführen.
Preisvergleiche und Einkaufs-Assistenz
Wird ein Produkt im Laden betrachtet, fotografiert die Brille den Barcode oder erkennt das Objekt per KI. Innerhalb von Sekunden erscheint eine Liste mit Taobao-Preisen, Display-größen und Bewertungen. Ein Wisch nach links fügt den Artikel dem digitalen Warenkorb hinzu – ein nahtloser On-to-Offline-Loop, den Meta bislang nicht anbietet.
Navigation per Amap
Wer in Shanghai zu Fuß unterwegs ist, erhält an der nächsten Kreuzung einen dezenten blauen Richtungspfeil im Sichtfeld. Abbiegehinweise werden über den Umgebungston angekündigt, ohne dass man das Smartphone aus der Tasche zieht.
Marktumfeld und Wettbewerb
Der globale Markt für AR-Brillen wird laut Markets & Markets bis 2025 zwar nur knapp 1 Milliarde US-Dollar überschreiten, soll aber bis 2030 auf fast 10 Milliarden wachsen. Analysten verweisen auf einen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von rund 59% – allerdings von niedriger Basis.
China als Zentrum
Start-ups wie Xreal und Rokid haben bereits hunderttausendfach Geräte an Entwickler und Early-Adopter verkauft, jedoch überwiegend als reines Entertainment-Zubehör. Alibaba betritt die Bühne nun mit einem massentauglichen Mainstream-Produkt, das Alltagsfälle wie Bezahlen, Übersetzen oder Navigation adressiert und so breitere Zielgruppen anzieht.
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Meta, Snap, Google: Drei Pfade im Westen
- Meta setzt auf Lifestyle und Social-Media-Features, aber ohne (noch) Display fehlt AR-Mehrwert.
- Snap liefert mit Spectacles 4 ein Experimentier-Device für Kreative, jedoch bislang ohne festen Geschäftsplan.
- Google arbeitet an Project Iris, fokussiert aber auf Enterprise-Umgebungen.
Alibaba wählt die Kombination aus Consumer-Preisbrecher und Ökosystembindung, ähnlich wie Apple beim iPhone-Start 2007.
Technologische Hintergründe
Qwen 2.5-Max: Ein kurzer Blick in den „Motorraum“
Das Open-Source-Modell Qwen ist in Benchmarks das stärkste chinesische LLM seiner Klasse und liegt bei chinesisch-sprachigen Aufgaben über GPT-4-Base. Die für die Brille angepasste Version läuft teilweise im Edge-Modus auf dem AR1+-Chip:
- Segmentierung des Sprachmodells in „Prompt-Head“ (on-device) und „Reasoning-Core“ (cloud).
- On-Device-Teil erkennt Triggersätze („Wie hoch ist der Preis…?“) und leitet nur relevante Daten in die Cloud, spart Bandbreite.
- Die Antwort kehrt in weniger als 200 ms zurück, wird in natürlichen Sätzen auf Deutsch oder Englisch ausgegeben.
Power-Management und Kühlung
Micro-Vapor-Chambers in den Bügeln leiten Hitze ab. Bei 14 h gemischter Nutzung (Musik, zwei Stunden Display, 30 Minuten Videoaufnahme) verbleiben noch 20% Reserve. Die Brille lädt per Magnet-Pogo-Pin binnen 40 Minuten von 0% auf 80%.
Datenschutz und Ethik
Chinesische Wearables stehen im Westen oft unter Generalverdacht, sensibelste Nutzerdaten an Server im Inland zurückzuspielen. Alibaba beteuert jedoch, dass Kamerabilder standardmäßig lokal verschlüsselt bleiben und nur bei aktivem Cloud-Offload an Alibaba Cloud übertragen werden. Darüber hinaus arbeitet das Unternehmen an einem „Privacy Guardian“-Chip, der ähnlich wie Apples Secure Enclave biometrische Daten isoliert.
Wirtschaftliche Bedeutung für Alibaba
Die Gruppe erwirtschaftet 2024 rund 35% ihrer Umsätze mit Cloud- und Logistik-Services; das Kerngeschäft E-Commerce stagniert. Eine vertikale Hardware-Offensive eröffnet neue Einnahmequellen: Brillen-Hardware, Pro-Lizenzen für Qwen und höhere Nutzerbindung im Handel. Langfristig winken wiederkehrende Abos für Navigation, Übersetzungspakete und Cloud-Speicher.
Herausforderungen auf dem Weg zum Massenprodukt
- Preis: Gerüchte über 399 US-Dollar Basismodell könnten in China akzeptabel sein, im Ausland jedoch auf Skepsis stoßen.
- Komfort: Obwohl 49 g leicht, fühlen sich Brillen mit Displays oft frontlastig an.
- Ökosystem-Grenzen: Außerhalb Chinas ist Alipay kaum verbreitet; ohne alternative Payment-Anbieter fehlt ein Killer-Feature.
- Regulatorik: USA und EU prüfen zunehmend streng, wie sensible Bild- und Audiodaten verarbeitet werden.
Alibaba Quark AI Glasses: Der Durchbruch für AR-Brillen in Asien und Indien?
Sollte Alibaba es schaffen, die Brille parallel in Südostasien und Indien einzuführen, wo Alipay+ bereits Partnerschaften unterhält, könnten dort hundert Millionen potenzielle Nutzer erschlossen werden. Kommt zugleich ein Entwickler-Kit für Mini-Apps („Mini-Taobao“), könnten Drittanbieter-Dienste – etwa für Fitness, Bildung oder Tourismus – entstehen.
Langfristig verschiebt sich die Schnittstelle Mensch-Computer vom Smartphone-Display ins Sichtfeld. Bereits heute testen Mediziner Operationstrainings mit AR-Overlays; Logistik-Unternehmen blenden Kommissionier-Informationen ein. Alibaba könnte mit Quark AI Glasses hier Fuß fassen und neue industrielle Abnehmer gewinnen.
Mit den Quark AI Glasses setzt Alibaba auf eine integrierte Strategie aus überzeugender Hardware-Basis, leistungsstarker Edge-KI und einem dichten Service-Geflecht. Gelingt die Umsetzung der ambitionierten Akkulaufzeit und Display-Qualität im Seriengerät, könnte die Brille Anfang 2026 in Millionen chinesischen Haushalten Einzug halten. Für den globalen Durchbruch müssen jedoch Datenschutzbedenken adressiert, Partnerschaften jenseits Alipays geschlossen und ein internationaler App-Marktplatz aufgebaut werden. Gelingt dies, könnte die Quark-Brille Meta, Snap und Google in Zugzwang bringen – und den Alltagstück „Brille“ endgültig in ein persönliches KI-Portal verwandeln.
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