Veröffentlicht am: 1. Mai 2025 / Update vom: 1. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Pünktlichkeit im Biertransport: Warsteiner erreicht 99%, während die Deutsche Bahn mit 62,5% nur davon träumen kann – Bild: Xpert.Digital
Warsteiner zeigt: So funktioniert Schienentransport mit 99 % Pünktlichkeit
Logistik im Vergleich: Warsteiners Modell als Vorbild für den Bahnverkehr
Während die Deutsche Bahn mit einer Pünktlichkeitsquote von nur 62,5 Prozent (das Jahr 2024 insgesamt) im Fernverkehr kämpft, erreicht die Warsteiner Brauerei mit ihrem eigenen Zugsystem eine beeindruckende Pünktlichkeit von nahezu 99 Prozent auf ihren Strecken nach Hamburg und München. Dieser bemerkenswerte Unterschied wirft Fragen zur Organisation des Schienengüterverkehrs auf. Die Warsteiner Gruppe, die seit 2005 ein eigenes Containerterminal am Produktionsstandort betreibt, hat ein effizientes System für den Biertransport entwickelt, das nicht nur den eigenen Bedürfnissen dient, sondern auch Logistiklösungen für Drittunternehmen anbietet. Im Gegensatz dazu leidet die Deutsche Bahn unter einer veralteten Infrastruktur, intensiver Bautätigkeit und hoher Netzauslastung, was regelmäßig zu Verspätungen führt. Der Erfolg von Warsteiner zeigt, dass effiziente Schienentransporte in Deutschland möglich sind, wenn die richtigen Bedingungen geschaffen werden.
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Der Warsteiner Zug: Ein Modell der Pünktlichkeit
Die Warsteiner Brauerei hat ein beeindruckendes Logistiksystem entwickelt, das sich durch außergewöhnliche Zuverlässigkeit auszeichnet. Mit einer Pünktlichkeitsquote von nahezu 99 Prozent auf den Strecken von Warstein nach München und Hamburg setzt das Unternehmen Maßstäbe im deutschen Schienengüterverkehr. Diese Leistung ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass der Warsteiner Zug nicht nur für den Transport von Bierprodukten eingesetzt wird, sondern auch für die Beförderung von Gütern anderer Unternehmen.
Seit 2005 verfügt die Warsteiner Gruppe am Produktionsstandort Warstein über ein eigenes Containerterminal, das als Drehscheibe für den intermodalen Verkehr dient. Mit fünf wöchentlichen Abfahrten nach Hamburg (Montag bis Freitag) bietet das Terminal eine zuverlässige Alternative zu straßengebundenen Transporten und umgeht damit typische Probleme wie Staus auf der A1 oder A2, Fahrermangel und steigende Mautkosten. Diese strategische Entscheidung für ein eigenes Terminal war Teil einer langfristigen Logistikstrategie, die heute Früchte trägt.
Motivation für Pünktlichkeit aus eingenem Interesse
Ein zentraler Erfolgsfaktor des Warsteiner Zugsystems ist die Unternehmensphilosophie. Daniel Küster, Supply Chain Director der Warsteiner Gruppe, erläutert, dass die eigene Eisenbahn-Infrastruktur essenziell sei, da neben dem Brauen von Bier auch die schnelle und bestandarme Distribution der Produkte zum Kerngeschäft gehöre. Diese Verbindung von Produktion und Logistik motiviere besonders zur Pünktlichkeit. Dabei spricht Küster die besonders hohe Priorität der Frische an: Die Produkte müssen absolut frisch bei den Kunden eintreffen, was eine intrinsische Motivation für die Effizienz der Intermodalzüge schafft. Die Frische der Biere und bierhaltigen Getränke sei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, der direkt von der Pünktlichkeit der Transporte abhängt.
Intermodalzüge sind Güterzüge, die speziell für den Transport von Ladeeinheiten wie Containern, Wechselbehältern oder Sattelaufliegern konzipiert sind, die im Rahmen des sogenannten intermodalen Verkehrs zwischen verschiedenen Verkehrsträgern – typischerweise Straße, Schiene und Schiff – befördert werden. Das zentrale Merkmal: Die transportierten Güter verbleiben während des gesamten Transports in derselben Ladeeinheit; es findet kein Umschlag der Ware selbst statt, sondern nur ein Wechsel des Transportmittels der Ladeeinheit.
Die Deutsche Bahn im Pünktlichkeitsdilemma
Im Gegensatz zum Erfolgsmodell von Warsteiner steht die Deutsche Bahn vor erheblichen Herausforderungen bezüglich der Pünktlichkeit. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache:
Aktuelle Pünktlichkeitswerte der Deutschen Bahn
Die Deutsche Bahn erreichte im März 2025 eine betriebliche Pünktlichkeit von lediglich 65,6 Prozent im Fernverkehr. Im Regionalverkehr waren die Werte mit 90,8 Prozent zwar besser, aber immer noch deutlich unter dem Niveau von Warsteiner. Bei DB Cargo, der Güterverkehrssparte der Deutschen Bahn, lag die Pünktlichkeit im Jahr 2024 bei etwa 68 Prozent.
Diese Zahlen bedeuten in der Praxis: Fast jeder dritte Fernverkehrszug und etwa jeder vierte Güterzug der Deutschen Bahn kommt mit erheblicher Verspätung an seinem Ziel an. Besonders problematisch ist, dass für die Messung der Pünktlichkeit im Güterverkehr sogar ein großzügigerer Maßstab angelegt wird – erst Verspätungen von mehr als 15 Minuten werden dort als Unpünktlichkeit gewertet.
Ursachen für die Unpünktlichkeit
Die Gründe für die schwache Pünktlichkeitsleistung der Deutschen Bahn sind vielfältig und struktureller Natur:
- Schlechter Anlagenzustand: Die überalterte und überlastete Infrastruktur führt zu einer Vielzahl von Störungen, insbesondere im Bereich des Oberbaus oder bei Altstellwerken. Täglich werden etwa 6100 Störungen im Netz verzeichnet.
- Intensive Bautätigkeit: Ein sehr hohes Bauvolumen und kurzfristige Bauplanungsprozesse belasten die betriebliche Stabilität. Besonders in hochausgelasteten Engpassnetzen führt das Baugeschehen zu kritischen Streckenauslastungen und Beeinträchtigungen der Betriebsqualität.
- Hohe Verkehrsdichte: Das Wachstum von Verkehren findet zum größten Teil in bereits stark belasteten Verkehrsknoten wie Hamburg, Frankfurt am Main oder Köln statt.
- Verfügbarkeit der Fahrzeuge: Von den rund 400 vorhandenen ICE-Zügen ist etwa ein Viertel nicht verfügbar beziehungsweise nicht einsatzfähig.
- Das deutsche Schienennetz ist seit 1994 um ca. 21 % geschrumpft, während die Transportleistung im Güterverkehr im gleichen Zeitraum um 91 % gestiegen ist.
Diese Probleme verstärken sich gegenseitig und führen zu einer systematischen Überlastung des Bahnnetzes, was wiederum zu Verspätungen führt.
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Vergleich der Systeme: Was macht Warsteiner anders?
Der auffällige Unterschied in der Pünktlichkeit zwischen Warsteiner und der Deutschen Bahn wirft die Frage auf, was das Brauereilogistiksystem anders macht. Mehrere Faktoren spielen hier eine Rolle:
Spezialisierung und Fokussierung
Während die Deutsche Bahn ein komplexes Netzwerk mit unterschiedlichsten Zugtypen, Strecken und Kunden bedient, kann sich Warsteiner auf wenige, spezialisierte Verbindungen konzentrieren. Das Terminal in Warstein bedient hauptsächlich die Strecken nach Hamburg und München, was eine effizientere Planung ermöglicht.
Integrierte Wertschöpfungskette
Für Warsteiner ist die Logistik ein integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette. Die Frische der Produkte hängt direkt von der Effizienz des Transports ab, was einen starken Anreiz für Pünktlichkeit schafft. Die Deutsche Bahn hingegen agiert als eigenständiges Unternehmen mit komplexeren Zielstrukturen.
Innovative Ansätze im intermodalen Verkehr
Der Warsteiner Zug ist Teil einer “One-Stop-Shopping-Lösung”, die Flexibilität und Effizienz kombiniert. Seit Oktober 2017 vermarktet Fr. Meyer’s Sohn exklusiv die Kapazitäten auf dem Zugsystem der Warsteiner Brauerei und hat gemeinsam mit Partnern wie der Westfälischen Landeseisenbahn GmbH die Anbindung an Hamburg stabilisiert.
Zeitpuffer und realistische Planung
Eine mögliche Erklärung für die hohe Pünktlichkeit könnte auch in der realistischen Zeitplanung liegen. Wie ein Kommentator in einem Branchenforum anmerkt: “Es ist eine Frage der Definition. […] Der Zug kann mit bspw. 5 Stunden Verspätung (lt. Fahrplan) trotzdem vor Terminierung beim Kunden sein”. Diese strategischen Zeitpuffer sind ein wesentlicher Faktor für die Zuverlässigkeit.
Die wirtschaftliche Dimension der Pünktlichkeit
Die Pünktlichkeit im Güterverkehr ist nicht nur eine Frage des Service, sondern hat erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für alle Beteiligten.
Frische Produkte und Lieferketteneffizienz
Für Warsteiner als Lebensmittelproduzent ist die Pünktlichkeit besonders kritisch. Wie ein Diskussionsteilnehmer in einem Forum anmerkt: “Der LEH [Lebensmitteleinzelhandel] nimmt Produkte nur an, wenn bei Eintreffen im Laden das Haltbarkeitsdatum/Ablaufdatum noch einen definierten Zeitraum in der Zukunft liegt. Ist dies nicht der Fall, wird die Ware bereits am Lager abgewiesen”. Verspätungen können somit direkt zu wirtschaftlichen Verlusten führen.
Ökonomische Herausforderungen für DB Cargo
Die Deutsche Bahn hingegen kämpft besonders im Güterverkehrsbereich mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. DB Cargo erwirtschaftet seit Jahren Verluste – für 2024 wird ein Verlust von bis zu 472 Millionen Euro erwartet. Die Verkehrsleistung ist mit 68,5 Milliarden Tonnenkilometern im Jahr 2024 um 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken und erreicht den niedrigsten Wert seit 2014.
Die EU-Kommission hat zudem entschieden, dass DB Cargo bis Ende 2026 profitabel wirtschaften muss, da der Ausgleich der Verluste durch den Bahn-Konzern und den Bund als Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Güterbahnen gewertet wird.
Zukunftsperspektiven für den Schienengüterverkehr
Die Erfahrungen von Warsteiner und die Herausforderungen der Deutschen Bahn zeigen verschiedene Perspektiven für die Zukunft des Schienengüterverkehrs in Deutschland auf.
Nachhaltigkeit als Treiber
Beide Unternehmen sehen im Schienengüterverkehr einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Daniel Küster von Warsteiner betont: “Je mehr Waren wir von der Straße auf die Schiene verlagern, desto besser erreichen wir unsere Umwelt- und Emissionsziele”. Dieser Nachhaltigkeitsaspekt könnte zukünftig noch an Bedeutung gewinnen.
Strukturreformen bei der Deutschen Bahn
Die Deutsche Bahn hat ein Blitzprogramm mit dem Namen “S3” vorgelegt, das bis 2027 die Pünktlichkeit der Fernzüge auf “75 bis 80 Prozent” steigern soll. Zudem plant DB Cargo im Rahmen einer Restrukturierung bis zu 2.300 Stellen abzubauen und neue Geschäftseinheiten (Stahl, Automotive, Chemie und Rohstoffe sowie Konsumgüter) zu gründen, um sich stärker auf die Kunden auszurichten und mehr Flexibilität zu erlangen.
Innovation im intermodalen Verkehr
Die 1. Warsteiner Schienenkonferenz im Jahr 2024 zeigte, dass die Brauerei weiterhin auf Innovation im Transportwesen setzt. Gemeinsam mit Partnern wie der Recht Logistik Gruppe wurden dort nachhaltige Alternativen zum Diesel-LKW vorgestellt, die in Verbindung mit dem Schienentransport eine “durchweg nachhaltige Transportkette für die Zukunft” bilden können.
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Lektionen aus dem Warsteiner-Erfolg
Die beeindruckende Pünktlichkeitsquote von 99 Prozent bei den Warsteiner Zügen demonstriert, dass zuverlässiger Schienengüterverkehr in Deutschland möglich ist. Der Erfolg basiert auf einer Kombination aus strategischen Entscheidungen, klarem Fokus auf Kernstrecken, realistischer Planung und einer engen Verbindung zwischen Produktion und Logistik.
Für die Deutsche Bahn, die mit einer deutlich niedrigeren Pünktlichkeit kämpft, bietet das Warsteiner-Modell interessante Denkanstöße. Obwohl die Komplexität und Größe der Systeme sehr unterschiedlich sind, könnte ein stärkerer Fokus auf spezialisierte Korridore und realistischere Zeitplanung auch für die DB hilfreich sein.
Die Herausforderungen im Schienengüterverkehr bleiben erheblich, doch der Fall Warsteiner zeigt, dass mit dem richtigen Ansatz auch unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen bemerkenswerte Erfolge möglich sind. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Klimaschutz immer wichtiger werden, könnte dies ein entscheidender Vorteil für die Zukunft des Gütertransports auf der Schiene sein.
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