Veröffentlicht am: 14. Mai 2025 / Update vom: 14. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Europas Verteidigung im Wandel – Die Rolle von KMU im Kontext des Weißbuchs “Bereitschaft 2030” – Bild: Xpert.Digital
Europäische Verteidigung und die Einbindung von KMU: Innovation und neue Technologien im Lichte des Weißbuchs 'Bereitschaft 2030'
Europas Verteidigung im Wandel – Die Rolle von KMU im Kontext des Weißbuchs “Bereitschaft 2030”
Darstellung des strategischen Kontextes und der Dringlichkeit
Die europäische Sicherheitsarchitektur befindet sich in einem fundamentalen Umbruch. Das am 19. März 2025 von der Europäischen Kommission und dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik vorgelegte “Gemeinsame Weißbuch zur europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030” (im Folgenden als “Weißbuch” bezeichnet) zeichnet das unmissverständliche Bild eines “sich rapide verschlechternden strategischen Kontextes”. Dieser Befund wird untermauert durch den hochintensiven Krieg Russlands in der Ukraine, die zunehmend aggressive Haltung autoritärer Staaten wie China, die Zunahme hybrider Bedrohungen und eine erkennbare Verlagerung des sicherheitspolitischen Fokus der Vereinigten Staaten weg von Europa. Jahrzehntelange Unterinvestitionen haben die europäische Verteidigungsbereitschaft geschwächt. Angesichts dieser tektonischen Verschiebungen in der internationalen Ordnung steht Europa vor der Wahl, diese neue Ordnung aktiv mitzugestalten oder von ihr gestaltet zu werden. Das Weißbuch argumentiert eindringlich, dass die bisherigen Anstrengungen, trotz der unbestreitbaren Vorteile von NATO und EU, nicht mehr ausreichen. Europa müsse sich “wiederbewaffnen” und “erheblich mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen”.
Passend dazu:
Vorstellung des SME Europe Working Meetings
Vor diesem ernsten Hintergrund gewinnt das Arbeitstreffen “Europäische Verteidigung und die Einbindung von KMU: Innovation und neue Technologien”, das am 20. Mai 2025 von 13:30 bis 15:00 Uhr MEZ im Brüsseler Büro von SME Europe (Rue d’Arlon 46, 1000 Brüssel) sowie online stattfinden wird, eine besondere Relevanz. Die Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft von Riho Terras MdEP, Vorsitzender der EPP SME Defence Initiative und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) des Europäischen Parlaments, steht, zielt darauf ab, eine Plattform für die Reflexion der Pläne der Europäischen Kommission im Lichte des Weißbuchs zu bieten. Im Mittelpunkt steht die Diskussion darüber, wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Verteidigungsfähigkeiten Europas durch Innovation, Investitionen und Kompetenzentwicklung stärken können.
These: Die zentrale, jedoch herausforderungsreiche Bedeutung von KMU für die Realisierung der europäischen Verteidigungsziele
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden zunehmend als unverzichtbare Akteure für die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten erkannt. Sie gelten als “wesentliche Treiber von Innovation”, insbesondere im Hinblick auf disruptive Technologien, die für die zukünftige Verteidigungsfähigkeit Europas von entscheidender Bedeutung sind. Diese Einschätzung spiegelt sich auch im Weißbuch wider, das die Notwendigkeit betont, KMU durch gezielte Initiativen wie FAST (Fund for Acceleration of Supply Chain Transformation) zu unterstützen.
Trotz dieser grundsätzlichen Anerkennung sehen sich KMU weiterhin mit erheblichen Hindernissen konfrontiert. Dazu zählen insbesondere Schwierigkeiten beim Zugang zu qualifizierten Fachkräften – vor allem in Zukunftsfeldern wie Künstliche Intelligenz (KI) und Quantentechnologie – sowie bei der Sicherung der notwendigen Finanzmittel für Wachstum und Skalierung. Das bevorstehende Arbeitstreffen von SME Europe wird sich explizit diesen Herausforderungen widmen und konkrete Lösungsansätze diskutieren.
Die zeitliche Nähe der Veröffentlichung des Weißbuchs im März 2025 und des SME Europe Events im Mai 2025 schafft eine bemerkenswerte Synergie und verleiht der Veranstaltung eine besondere Dringlichkeit. Das Weißbuch legt eine ambitionierte und zeitkritische Agenda für die europäische Verteidigung vor, die konkrete Gesetzesinitiativen und Zeitpläne beinhaltet, wie beispielsweise die Vorlage einer “Omnibus-Verordnung” bis Juni 2025 und die Verabschiedung des Europäischen Programms für die Verteidigungsindustrie (EDIP) bis Sommer 2025. Das SME Europe Event findet somit in einem entscheidenden Zeitfenster statt: zwischen der Publikation des strategischen Rahmens und den ersten wichtigen Umsetzungsfristen. Dies hebt die Bedeutung des Treffens über eine Routinediskussion hinaus. Es bietet eine unmittelbare Plattform zur kritischen Bewertung und potenziellen Beeinflussung der Implementierung jener Maßnahmen des Weißbuchs, die für KMU von direkter Relevanz sind. Die Ergebnisse und Forderungen des Events könnten somit direkten Einfluss auf die finale Ausgestaltung von Initiativen wie der genannten Omnibus-Verordnung nehmen und KMU-Vertretern eine proaktive Rolle in diesem Gestaltungsprozess ermöglichen.
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Neue Impulse für KMU: Europas Verteidigungsstrategie und ihre Chancen
Das Weißbuch “Europäische Verteidigung – Bereitschaft 2030”: Eine strategische Neuausrichtung
Kernziele des Weißbuchs: “ReArm Europe” – Europäische Bereitschaft 2030
Das zentrale und übergeordnete Ziel des Weißbuchs ist die Erreichung der vollen europäischen Verteidigungsbereitschaft bis zum Jahr 2030. Dies beinhaltet die Wiederherstellung einer glaubwürdigen Abschreckungsfähigkeit und die Sicherstellung, dass Europa entschlossen handeln kann, um seine Bürger, Interessen und Werte zu schützen. Um dieses ambitionierte Ziel zu verwirklichen, fordert das Dokument eine “massive” Steigerung der Verteidigungsinvestitionen und einen fundamentalen Wandel in der Herangehensweise Europas an Verteidigungsfragen. Es geht um nicht weniger als eine strategische Neuausrichtung unter dem Leitmotiv “ReArm Europe”.
Hauptpfeiler und Vorschläge mit KMU-Relevanz
Das Weißbuch stützt sich auf mehrere strategische Pfeiler und enthält eine Reihe konkreter Vorschläge, von denen viele direkte oder indirekte Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen haben:
Schließung kritischer Fähigkeitslücken
Das Dokument identifiziert prioritäre Bereiche, in denen Europa seine Fähigkeiten dringend verbessern muss. Dazu gehören integrierte Luft- und Raketenabwehrsysteme, fortschrittliche Artilleriesysteme (insbesondere für Präzisionsschläge über große Entfernungen), die Sicherstellung der Versorgung mit Munition und Raketen (aufbauend auf einem “Munitionsplan 2.0”), unbemannte Systeme (Drohnen) und Systeme zu deren Abwehr, militärische Mobilität sowie Fähigkeiten in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie, Cyber- und elektronische Kriegsführung (offensiv wie defensiv). Auch strategische Enabler wie strategischer Lufttransport, Nachrichtenwesen, Überwachung und Aufklärung (ISR) sowie der Schutz kritischer Infrastrukturen werden hervorgehoben. Um diese Lücken zu schließen, wird eine deutlich verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern betont, mit dem Ziel, Skaleneffekte, Interoperabilität und Effizienz zu steigern. Angestrebt wird das Ziel der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA), 35% der Beschaffungen gemeinsam durchzuführen. Die Kommission könnte auf Anfrage als zentrale Beschaffungsstelle fungieren.
Relevanz für KMU:
In diesen priorisierten Fähigkeitsbereichen eröffnen sich für KMU vielfältige Chancen, insbesondere in technologischen Nischen, als Zulieferer für komplexe Systeme und als Anbieter innovativer Komponenten und Dienstleistungen.
Stärkung der Europäischen Verteidigungsindustriebasis (EDIB)
Das Weißbuch diagnostiziert eine fragmentierte, unterinvestierte europäische Verteidigungsindustrie, die derzeit nicht in der Lage ist, in dem erforderlichen Umfang und der notwendigen Geschwindigkeit zu produzieren. Nationale Märkte seien zu klein, um die notwendige industrielle Basis zu unterhalten.
Als Lösungsansätze werden vorgeschlagen: eine “Omnibus-Verordnung” (bis Juni 2025) zur Vereinfachung und Harmonisierung von Vorschriften, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Sicherung der Lieferketten für kritische Materialien, Erleichterung des Zugangs zu Finanzmitteln (einschließlich der Berücksichtigung von ESG-Kriterien) und zur Vereinfachung des sicheren Informationsaustauschs. Weiterhin werden die Aggregation der Nachfrage durch langfristige, mehrjährige Verträge zur Schaffung von Planungssicherheit für die Industrie, die Sicherung von Lieferketten durch Identifizierung und Diversifizierung von Quellen für kritische Rohstoffe und Komponenten (z.B. Chips) sowie die Entwicklung heimischer Alternativen, die Schaffung eines echten EU-weiten Marktes für Verteidigungsgüter und die Erwägung einer “Europäischen Präferenz” bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Überprüfung der Vergaberichtlinie 2026) genannt. Ein starker Fokus liegt zudem auf der Innovationsförderung durch die Lancierung einer “Europäischen Verteidigungstechnologie-Roadmap” (zunächst für KI und Quantentechnologie), die Stärkung von EUDIS (EU Defence Innovation Scheme) und des Defence Innovation Hub der EDA sowie die Unterstützung von KMU durch Initiativen wie FAST. Schließlich wird die Notwendigkeit adressiert, Fachkräfteengpässe zu beheben und Talente für den Verteidigungssektor zu gewinnen.
Relevanz für KMU:
Die direkte Nennung von KMU-Unterstützungsinstrumenten wie FAST ist positiv. Die Omnibus-Verordnung birgt das Potenzial, bürokratische Hürden signifikant zu senken, könnte aber auch neue Komplexitäten schaffen, wenn sie nicht spezifisch auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten wird.
Massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben und Finanzhebel
Das Weißbuch skizziert fünf Säulen zur Finanzierung des “ReArm Europe”-Vorhabens. Dazu gehören:
- Ein neues Finanzinstrument namens SAFE (Sicherheit und Aktion für Europa), eine EU-Verordnung (Art. 122 AEUV), die bis zu €150 Milliarden an EU-Haushalts-gestützten Darlehen an Mitgliedstaaten für gemeinsame Beschaffungsprojekte (unter Beteiligung von mindestens zwei Ländern, wobei ein Land der SAFE-Empfänger-Mitgliedstaat ist) bereitstellen soll. Dies deckt prioritäre Fähigkeiten ab und beinhaltet eine Mehrwertsteuerbefreiung für SAFE-finanzierte Käufe.
- Die koordinierte Aktivierung der nationalen Ausnahmeklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SGP) durch die Mitgliedstaaten, um höhere Verteidigungsausgaben zu ermöglichen (potenziell 1,5% des BIP zusätzlich, was zu rund €800 Milliarden über vier Jahre führen könnte, einschließlich SAFE).
- Die Flexibilisierung bestehender EU-Instrumente, um die Umschichtung von Mitteln innerhalb der Kohäsionspolitikprogramme zugunsten von Verteidigungs- und Sicherheitsprioritäten zu ermöglichen.
- Eine erweiterte Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB), die ihren Aktionsplan für Sicherheit und Verteidigung beschleunigen, ihre jährlichen Investitionen auf €2 Milliarden (für Drohnen, Raumfahrt, Cyber usw.) verdoppeln, ihre Förderkriterien weniger restriktiv gestalten und ein übergeordnetes Politikziel für Sicherheitsinvestitionen festlegen soll.
- Die Mobilisierung von privatem Kapital durch Verbesserung des Finanzierungszugangs für Verteidigungsunternehmen (insbesondere KMU) und Klärung des Verhältnisses zwischen Verteidigungs- und Nachhaltigkeitsinvestitionszielen gemäß der Offenlegungsverordnung (SFDR). Die Kapitalmarktunion soll hierbei unterstützend wirken.
Relevanz für KMU:
KMU könnten indirekt über Hauptauftragnehmer Zugang zu SAFE-finanzierten Projekten erhalten. Direkte Chancen könnten sich durch die erweiterte EIB-Rolle und potenziell durch flexibilisierte Kohäsionsfonds ergeben. Die Klärung der SFDR ist von großer Bedeutung für die Mobilisierung privater Investitionen in KMU des Verteidigungssektors.
Passend dazu:
- Das “Military Mobility”-Konzept und ReArm Europe: Strategien zur Stärkung der europäischen Verteidigung
Spezifische Erwähnung und intendierte Rolle von KMU im Weißbuch
Das Weißbuch erkennt explizit an, dass KMU eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung disruptiver Technologien spielen. Dies wird durch den Fokus auf Zukunftsfelder wie KI und Quantentechnologie sowie den Verweis auf das KMU-spezifische Förderinstrument FAST unterstrichen. Die Beschreibung des SME Europe Events bestätigt diese Einschätzung und hebt hervor, dass KMU als “essentielle Treiber von Innovation” gelten. Laut der Event-Ankündigung sollen zwischen 2023 und 2027 bis zu €840 Millionen zur Unterstützung von KMU-Aktivitäten bereitgestellt werden. Diese Summe, die sich vermutlich auf bereits bestehende oder laufende Programme bezieht, muss im Kontext der neuen, massiven Finanzierungshebel des Weißbuchs neu bewertet und eingeordnet werden.
Die im Weißbuch formulierte Ambition einer “massiven” Steigerung von Investitionen und Produktionskapazitäten birgt jedoch eine inhärente Herausforderung für die Rolle kleiner und mittlerer Unternehmen. Das Weißbuch betont die Notwendigkeit, die fragmentierte europäische Verteidigungsindustrie zu stärken und die Produktion schnell hochzufahren. Großvolumige gemeinsame Beschaffungsprojekte, wie sie durch das SAFE-Instrument gefördert werden sollen, sowie die angestrebte Konsolidierung der Industrie begünstigen tendenziell große, etablierte Unternehmen, die über die notwendigen Kapazitäten für die Abwicklung solcher Aufträge verfügen. KMU zeichnen sich oft durch höhere Flexibilität und Innovationskraft aus, ihnen fehlen jedoch häufig die Ressourcen und die administrative Kapazität, um bei sehr großen Ausschreibungen direkt als Hauptauftragnehmer aufzutreten oder komplexe, grenzüberschreitende Konsortien anzuführen. Wenn die “massive Steigerung” der Verteidigungsproduktion primär über große Systemintegratoren erfolgt, besteht die Gefahr, dass KMU lediglich als Unterauftragnehmer mit geringen Margen fungieren oder dass der Innovationsbeitrag kleinerer, agiler Firmen durch die Dominanz großer Strukturen und deren etablierter Prozesse gebremst wird. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die im Weißbuch genannten KMU-Förderinstrumente (wie FAST und EUDIS) und die Ausgestaltung der geplanten Omnibus-Verordnung KMU nicht nur nominell berücksichtigen. Vielmehr müssen sie echte, niederschwellige Zugänge zu Finanzmitteln und Aufträgen sowie faire Wettbewerbsbedingungen im neuen Paradigma von “ReArm Europe” sicherstellen, um eine unbeabsichtigte Marginalisierung dieser wichtigen Akteure zu verhindern.
Neue Impulse für KMU: Finanzierung und Vernetzung im Verteidigungsbereich
Chancen und Herausforderungen für KMU im europäischen Verteidigungssektor
Analyse der im Weißbuch und im Event-Kontext identifizierten Hürden
Die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten unter maßgeblicher Beteiligung von KMU ist ein erklärtes Ziel. Jedoch sehen sich diese Unternehmen mit einer Reihe signifikanter Hürden konfrontiert, die sowohl im Weißbuch als auch in der Ankündigung des SME Europe Events adressiert werden:
- Finanzierungszugang: Eine der größten Herausforderungen für KMU ist die Sicherung der notwendigen Finanzmittel, um Innovationen voranzutreiben und ihre Produktion zu skalieren. Das Weißbuch erkennt dieses Problem an und schlägt Maßnahmen wie eine erweiterte Rolle der EIB und die Mobilisierung von Privatkapital durch eine Klärung der SFDR-Regularien vor.
- Fachkräftemangel: Insbesondere in Hochtechnologiebereichen wie Künstlicher Intelligenz und Quantentechnologie herrscht ein akuter Mangel an qualifizierten Fachkräften, der die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von KMU bedroht. Das Weißbuch identifiziert dies als ein Problem für die gesamte europäische Verteidigungsindustrie und fordert Maßnahmen zur Talentgewinnung und -bindung.
- Marktzugang und Komplexität: KMU leiden unter fragmentierten nationalen Märkten und oft undurchsichtigen, komplexen Beschaffungsprozessen. Das Weißbuch zielt darauf ab, einen “echten EU-weiten Markt” für Verteidigungsgüter zu schaffen und durch eine “Omnibus-Verordnung” administrative Verfahren zu vereinfachen.
- Sichtbarkeit und Vernetzung: Für viele KMU ist es schwierig, von potenziellen Auftraggebern, insbesondere großen Systemintegratoren, und internationalen Partnern wahrgenommen zu werden und sich effektiv in Wertschöpfungsketten zu integrieren.
Potenziale für KMU durch die neuen Initiativen und den strategischen Wandel
Trotz dieser Herausforderungen eröffnen die im Weißbuch skizzierten Initiativen und der generelle strategische Wandel in der europäischen Verteidigungspolitik auch erhebliche Potenziale für KMU:
- Innovationsführerschaft: In technologischen Nischen und bei der Entwicklung disruptiver Technologien (z.B. KI, Quantencomputing, Cyberabwehr, unbemannte Systeme) können KMU ihre Agilität und Spezialisierung voll ausspielen. Die angekündigte “Europäische Verteidigungstechnologie-Roadmap” könnte gezielte Forschungs- und Entwicklungsaufträge generieren, die auf die Stärken von KMU zugeschnitten sind.
- Neue Finanzierungsquellen: Gezielte Förderprogramme für KMU wie FAST und EUDIS, ein verbesserter Zugang zu Finanzierungsmitteln der EIB und potenziell ein erleichterter Zugang zu Risikokapital durch die angestrebte Klärung der SFDR-Kriterien könnten die finanzielle Basis von KMU stärken. Die im Event-Kontext genannten €840 Millionen für KMU-Aktivitäten im Zeitraum 2023-2027 stellen hierbei einen wichtigen, aber im Lichte der neuen Ambitionen möglicherweise zu ergänzenden, Ausgangspunkt dar.
- Teilnahme an größeren Programmen: KMU können als spezialisierte Zulieferer oder als Partner in Konsortien an den im Weißbuch priorisierten Fähigkeitsentwicklungsprogrammen (z.B. im Bereich Luftverteidigung, Artillerie, Drohnenabwehr) partizipieren und so von den erhöhten Verteidigungsausgaben profitieren.
- Vereinfachte Rahmenbedingungen: Sollte die geplante “Omnibus-Verordnung” die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, könnten administrative Lasten für KMU spürbar sinken und der grenzüberschreitende Marktzugang erleichtert werden.
- Fokus auf “Secure Supply Chains”: KMU, die kritische Komponenten, Materialien oder Technologien für die Verteidigungsindustrie liefern, könnten von den im Weißbuch angekündigten Maßnahmen zur Stärkung und Diversifizierung europäischer Lieferketten profitieren. Dies kann zu einer erhöhten Nachfrage und langfristigeren Geschäftsbeziehungen führen.
Ein subtiler, aber potenziell signifikanter Aspekt betrifft die Finanzierung von KMU, insbesondere jener mit Dual-Use-Technologien. Das Weißbuch strebt zwar eine Klärung der Sustainable Finance Disclosures Regulation (SFDR) hinsichtlich Verteidigungsinvestitionen an. Viele innovative Technologien, die für die Verteidigung relevant sind, wie beispielsweise KI, Cyber-Sicherheitslösungen oder fortschrittliche Materialien, besitzen jedoch auch zivile Anwendungsmöglichkeiten (Dual-Use). KMU sind in diesen Dual-Use-Bereichen oft besonders stark vertreten. Private Investoren und Banken unterliegen zunehmend strengen ESG-Richtlinien (Environment, Social, Governance) und den damit verbundenen Erwartungen ihrer Stakeholder.
Passend dazu:
- Resilienz durch Technologie: Wie Dual-Use-Konzepte die Versorgung und Deutschlands Infrastruktur sichern
Verteidigungsinvestitionen werden in diesem Kontext häufig kritisch bewertet oder pauschal ausgeschlossen. Das Weißbuch erkennt dieses Problem an und fordert eine Klärung der SFDR, was einen wichtigen Schritt darstellt. Allerdings könnte eine reine “Klärung” nicht ausreichen. Es bedarf möglicherweise einer proaktiven Positionierung und spezifischer Kriterien, die es KMU im Verteidigungssektor – insbesondere jenen mit einem klaren Dual-Use-Fokus – ermöglichen, als ESG-konform oder zumindest als “gesellschaftlich relevant” im Kontext der europäischen Sicherheitsvorsorge eingestuft zu werden. Ohne eine solche klare und positive Einordnung könnten KMU trotz der politischen Willensbekundungen im Weißbuch weiterhin von wichtigen privaten Finanzierungsquellen abgeschnitten bleiben. Dies würde ihre Skalierungs- und Innovationsfähigkeit erheblich hemmen. Das bevorstehende SME Europe Event bietet eine wichtige Plattform, um diesen Aspekt der SFDR-Klärung spezifisch aus der Perspektive von KMU zu beleuchten und entsprechende Forderungen zu formulieren.
Schlüsselinitiativen des Weißbuchs “Bereitschaft 2030” und ihre Implikationen für KMU
Schlüsselinitiativen des Weißbuchs “Bereitschaft 2030” und ihre Implikationen für KMU – Bild: Xpert.Digital
Die Schlüsselinitiativen des Weißbuchs „Bereitschaft 2030“ zeigen eine Vielzahl an Maßnahmen und deren potenzielle Auswirkungen auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) auf. Das SAFE-Instrument sieht vor, bis zu 150 Milliarden Euro in Form von EU-Krediten an Mitgliedsstaaten für gemeinsame Beschaffungsprojekte bereitzustellen und eine Mehrwertsteuerbefreiung einzuführen. Für KMU bietet sich hier die Möglichkeit, indirekt als Zulieferer in Großprojekten teilzunehmen und von steuerlichen Vorteilen in der Lieferkette zu profitieren. Gleichzeitig besteht jedoch das Risiko der Marginalisierung, falls sie nicht aktiv in Lieferketten eingebunden werden. Um KMU erfolgreich einzubeziehen, sind transparente Vergabekriterien und Mechanismen notwendig, die eine faire Beteiligung und die Weitergabe von Vorteilen sicherstellen.
Die Omnibus-Verordnung soll durch die Vereinfachung und Harmonisierung von Regeln, die Beschleunigung von Genehmigungen sowie die Sicherung von Lieferketten KMU unterstützen. Dies eröffnet Chancen wie die Reduktion bürokratischer Hürden, einen erleichterten Marktzugang und besseren Zugang zu Finanzierungen und Informationen. Ein übermäßiger Fokus auf größere Akteure könnte jedoch neue Herausforderungen schaffen. Entscheidend ist daher, frühzeitig KMU-Verbände in die Ausgestaltung einzubeziehen und die Praxistauglichkeit sicherzustellen.
Das Ziel von 35 Prozent gemeinsamer Beschaffung durch die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) bietet KMU vor allem als spezialisierte Zulieferer Möglichkeiten, Zugang zu größeren grenzüberschreitenden Projekten und Auftragsvolumen zu erhalten. Gleichzeitig müssen sie jedoch hohe Anforderungen an Kapazität und Standardisierung erfüllen, um nicht von größeren Systemintegratoren dominiert zu werden. Klare Regeln für Unterauftragsvergaben, die Förderung von KMU-Konsortien und Unterstützung bei der Standardisierung und Zertifizierung sind hier essenziell.
Die Initiative „Europäische Präferenz“ bringt die Überlegung mit sich, eine Bevorzugung von EU-Anbietern bei Ausschreibungen einzuführen. KMU könnten davon profitieren, da sie gegenüber außereuropäischen Wettbewerbern im Vorteil wären. Allerdings besteht die Gefahr von Protektionismus-Vorwürfen und Unklarheiten bei der Umsetzung. Eine transparente und faire Anwendung dieser Präferenz ist daher unerlässlich, um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU zu vermeiden.
Die erweiterte Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB) sieht eine Verdopplung der jährlichen Investitionen auf zwei Milliarden Euro vor, mit Fokus auf Drohnen, Raumfahrt, Cybertechnologien und ähnliche Bereiche. Innovative KMU, insbesondere in strategischen Sektoren, könnten so besseren Zugang zu Finanzmitteln erhalten. KMU müssen jedoch sicherstellen, dass ihre Projekte sicht- und finanzierbar sind, da der Fokus möglicherweise auf größeren Projekten liegt. KMU-spezifische Finanzierungsinstrumente und Beratungsangebote zur Antragstellung würden hier unterstützend wirken.
Die Flexibilisierung des Kohäsionsfonds ermöglicht die Umschichtung von Mitteln zugunsten von Verteidigungs- und Sicherheitsprioritäten. Insbesondere in bestimmten Regionen könnten dadurch neue Finanzierungsquellen für KMU entstehen, etwa für Projekte mit regionaler Entwicklungsperspektive. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Mittel aus anderen wichtigen Entwicklungszielen abgezogen werden. Transparente Kriterien zur Mittelverwendung und der Fokus auf KMU-Projekte mit regionalem Mehrwert sind daher entscheidend.
Schließlich soll durch die Klärung des Verhältnisses von Verteidigungs- und Nachhaltigkeitsinvestitionszielen unter der SFDR der Zugang zu privatem Kapital erleichtert werden. Dies ist besonders für KMU von Vorteil, die auf Dual-Use-Technologien setzen. Unklare Regelungen könnten jedoch bestehende Probleme verschärfen. Klare, KMU-freundliche Leitlinien, die den Beitrag von verteidigungsrelevanten KMU zur Sicherheit anerkennen, sind hier von zentraler Bedeutung.
Die Rolle der EU im Defensesektor: Perspektiven für kleine und mittlere Unternehmen
EU-Förderinstrumente und politische Maßnahmen zur Stärkung von KMU in der Verteidigung
Detaillierte Betrachtung existierender und geplanter Instrumente
Die Europäische Union verfügt bereits über eine Reihe von Instrumenten zur Förderung von Forschung, Entwicklung und industrieller Zusammenarbeit im Verteidigungssektor, und neue, ambitioniertere Maßnahmen sind im Zuge des Weißbuchs geplant. Eine zentrale Frage, die auch auf dem SME Europe Event diskutiert werden wird, ist, wie diese Programme KMU besser unterstützen können.
Europäischer Verteidigungsfonds (EVF/EDF)
Der EVF ist das Flaggschiffprogramm der EU zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Verteidigungsforschung und -entwicklung. Eine Analyse der bisherigen Förderperioden zeigt eine durchaus signifikante Beteiligung von KMU, oft als Partner in größeren Konsortien, aber auch in spezifischen, auf KMU zugeschnittenen Ausschreibungen. Dennoch berichten KMU weiterhin von Herausforderungen bei der Antragstellung, der Komplexität der Konsortienbildung und dem administrativen Aufwand.
EU Defence Innovation Scheme (EUDIS)
EUDIS wurde ins Leben gerufen, um gezielt disruptive Technologien und Innovationen von KMU und Start-ups im Verteidigungsbereich zu fördern. Das Weißbuch sieht eine Stärkung von EUDIS vor, was dessen Rolle als wichtiger Katalysator für bahnbrechende Entwicklungen aus dem KMU-Sektor unterstreicht. Das SME Europe Event wird EUDIS als eine der zentralen Unterstützungsinitiativen für KMU hervorheben.
Fund for Acceleration of Supply Chain Transformation (FAST)
Diese Initiative ist spezifisch darauf ausgerichtet, KMU bei der Modernisierung und Transformation ihrer Lieferketten zu unterstützen, um sie resilienter und wettbewerbsfähiger zu machen. Entscheidend für den Erfolg von FAST werden eine adäquate finanzielle Ausstattung und eine unbürokratische Ausgestaltung der Förderkriterien sein, die den spezifischen Bedürfnissen von KMU Rechnung tragen.
Neues SAFE-Instrument (Sicherheit und Aktion für Europa)
Das im Weißbuch vorgeschlagene SAFE-Instrument, mit einem potenziellen Volumen von bis zu €150 Milliarden an EU-Haushalts-gestützten Darlehen an Mitgliedstaaten für gemeinsame Beschaffungsprojekte, stellt einen Paradigmenwechsel in der EU-Verteidigungsfinanzierung dar. Die Mehrwertsteuerbefreiung für SAFE-finanzierte Käufe ist ein zusätzlicher Anreiz.
Für KMU ergibt sich aus der Konzeption von SAFE eine primär indirekte Zugangsmöglichkeit. SAFE ist für Kooperationsprojekte zwischen Mitgliedstaaten konzipiert, die typischerweise große Beschaffungsvolumina umfassen (“joint procurement projects involving at least two countries”). Kleine und mittlere Unternehmen sind selten die Hauptakteure oder direkten Vertragspartner in solchen Großprojekten. Ihr Zugang zu SAFE-finanzierten Aufträgen wird daher vornehmlich als Zulieferer oder Unterauftragnehmer für die größeren Konsortien erfolgen, die von den Mitgliedstaaten mit der Umsetzung der Projekte betraut werden. Dies birgt das Risiko, dass KMU in den Verhandlungen über Lieferbedingungen und Preise unter Druck geraten oder dass die finanziellen Vorteile von SAFE, wie beispielsweise günstige Kreditkonditionen für die Mitgliedstaaten oder die Mehrwertsteuerbefreiung, nicht vollständig an sie weitergegeben werden. Es bedarf daher möglicherweise spezifischer Klauseln in den SAFE-Richtlinien oder in den nationalen Umsetzungsprogrammen der Mitgliedstaaten, um eine faire und substanzielle KMU-Beteiligung sicherzustellen und einen “Trickle-Down-Effekt” der finanziellen Vorteile bis in die KMU-Ebene der Lieferkette zu gewährleisten.
Analyse der geplanten “Omnibus-Verordnung”
Die bis Juni 2025 geplante “Omnibus-Verordnung” ist eine der zentralen legislativen Initiativen des Weißbuchs zur Stärkung der EDIB. Ihre Ziele sind ambitioniert: die Vereinfachung und Harmonisierung von Regeln, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (z.B. für Produktionsstätten oder Exporte), die Sicherung von Lieferketten für kritische Güter, die Erleichterung des Finanzierungszugangs für Verteidigungsunternehmen und die Schaffung sicherer Kanäle für den Informationsaustausch.
Für KMU birgt diese Verordnung ein enormes Potenzial zur Erleichterung ihrer Geschäftstätigkeit, insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext. Wenn sie gut umgesetzt wird, könnten langwierige und kostspielige administrative Prozesse verschlankt werden. Allerdings besteht auch das Risiko, dass eine schlecht ausgestaltete Verordnung zu neuer Bürokratie führt oder die spezifischen Bedürfnisse und Kapazitäten von KMU nicht ausreichend berücksichtigt. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Perspektive von KMU und ihren Verbänden bei der Erarbeitung dieser Verordnung von Anfang an und umfassend einbezogen wird. Das SME Europe Event bietet eine zeitnahe Gelegenheit für KMU-Vertreter, ihren Input und ihre Bedenken zu formulieren, bevor die Kommission ihren Vorschlag finalisiert.
Die Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB) und die Mobilisierung von Privatkapital
Das Weißbuch sieht eine deutlich gestärkte Rolle der Europäischen Investitionsbank (EIB) bei der Finanzierung der europäischen Verteidigungsindustrie vor. Die EIB soll ihre jährlichen Investitionen im Rahmen ihres Aktionsplans für Sicherheit und Verteidigung auf €2 Milliarden verdoppeln, mit einem Fokus auf Bereiche wie Drohnen, Raumfahrt und Cyber-Sicherheit. Zudem sollen ihre Förderkriterien weniger restriktiv gestaltet werden, um auch Investitionen in ein breiteres Spektrum von Verteidigungsgütern und -technologien zu ermöglichen.
Parallel dazu zielt das Weißbuch auf die Mobilisierung von privatem Kapital ab. Ein Schlüsselelement hierfür ist die Klärung des Verhältnisses zwischen Verteidigungsinvestitionen und Nachhaltigkeitszielen gemäß der Offenlegungsverordnung (SFDR). Diese Klärung soll den Zugang zu privatem Kapital für Verteidigungsunternehmen, insbesondere für KMU, verbessern. Wie bereits erörtert, ist hier eine differenzierte Betrachtung für Dual-Use-Technologien und eine KMU-freundliche Auslegung entscheidend.
Flexibilisierung von Kohäsionsfonds
Ein weiterer finanzpolitischer Hebel, den das Weißbuch vorschlägt, ist die Umschichtung von Mitteln aus den Kohäsionsfonds der EU zugunsten von Verteidigungs- und Sicherheitsprioritäten.
Diese Maßnahme könnte regional differenzierte Chancen, aber auch Risiken mit sich bringen. Kohäsionsfonds sind traditionell darauf ausgerichtet, regionale Ungleichheiten in der EU abzubauen und die wirtschaftliche, soziale und territoriale Kohäsion zu stärken. Die Umschichtung von Mitteln für Verteidigungszwecke könnte bedeuten, dass Regionen mit einer bestehenden oder potenziellen verteidigungsindustriellen Basis und entsprechenden KMU-Clustern von zusätzlichen Investitionen profitieren. Dies könnte in diesen Regionen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Stärkung der lokalen Wirtschaft beitragen. Andererseits birgt dieser Ansatz die Gefahr, dass Mittel von anderen wichtigen regionalen Entwicklungszielen, wie beispielsweise Bildung, Infrastruktur oder Umweltschutz, abgezogen werden. Es könnte auch zu einer Konzentration von Verteidigungsinvestitionen in bestimmten Regionen führen, während andere, die möglicherweise ebenfalls einen Beitrag leisten könnten, aber nicht über die gleiche industrielle Vorgeschichte verfügen, vernachlässigt werden oder ihnen Mittel für andere Entwicklungsbereiche entzogen werden. Um negative Effekte zu minimieren, werden klare Kriterien für die Mittelverwendung, eine transparente Vergabe und eine strenge Kontrolle entscheidend sein. Es muss sichergestellt werden, dass diese Flexibilisierung nicht zu Lasten der ursprünglichen Kohäsionsziele geht und dass KMU in allen Regionen, die einen relevanten Beitrag zur Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeiten leisten können, faire Chancen auf Unterstützung erhalten.
EU-Förder- und Unterstützungsmechanismen für KMU im Verteidigungssektor: Status Quo und Ausblick
EU-Förder- und Unterstützungsmechanismen für KMU im Verteidigungssektor: Status Quo und Ausblick – Bild: Xpert.Digital
Die EU bietet für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Verteidigungssektor verschiedene Fördermechanismen, die eine Unterstützung von Forschung, Entwicklung und Innovationen ermöglichen, aber gleichzeitig auch Herausforderungen mit sich bringen. Der Europäische Verteidigungsfonds (EVF/EDF) zielt darauf ab, grenzüberschreitende F&E-Projekte im Verteidigungsbereich zu fördern, wobei spezifische Ausschreibungen und Boni für KMU vorgesehen sind. Allerdings ist der hohe administrative Aufwand, die Komplexität der Konsortienbildung und die langen Bearbeitungszeiten eine Hürde. Das Budget für den Zeitraum 2021 bis 2027 beläuft sich auf 7,9 Milliarden Euro, und es gibt Synergien mit nationalen Förderungen sowie EUDIS-Projekten.
Das EU Defence Innovation Scheme (EUDIS) fokussiert sich auf disruptive Technologien und Innovationen, insbesondere von KMU und Start-ups. Mit Hackathons, Business-Coaching und Pilotprojektfinanzierungen bietet es sichtbare Initiativen, ist jedoch durch starken Wettbewerb und Herausforderungen bei der Skalierung nach erfolgreicher Pilotphase gekennzeichnet. EUDIS ist Teil des EVF und anderer EU-Programme und dient oft als Vorstufe für größere EVF-Projekte.
Der Fund for Acceleration of Supply Chain Transformation (FAST) unterstützt KMU bei der Modernisierung und Transformation von Lieferketten, um deren Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die genaue Ausgestaltung und das Budget stehen noch aus, jedoch wird darauf geachtet, die Kriterien KMU-freundlich zu halten. FAST soll Lieferketten stärken, die für EVF-Projekte und EDIP-Initiativen von Bedeutung sind.
Eine geplante Omnibus-Verordnung zielt darauf ab, bürokratische Hürden abzubauen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und KMU den Marktzugang zu erleichtern. Es besteht jedoch das Risiko, dass neue Komplexitäten entstehen, falls die Umsetzung nicht KMU-gerecht erfolgt. Als legislativer Rahmen wird die Verordnung kein direktes Budget bereitstellen, sondern als Unterbau für andere Förderinstrumente dienen.
Das ebenfalls geplante SAFE-Instrument ermöglicht EU-gestützte Darlehen an Mitgliedsstaaten für gemeinsame Beschaffungsprojekte. Obwohl KMU nur indirekt über Zuliefererrollen Zugang haben, könnten mögliche steuerliche Vorteile wie eine MwSt.-Befreiung weitergegeben werden. Die Abhängigkeit von Hauptauftragnehmern und die Sicherstellung fairer Bedingungen bleiben jedoch Herausforderungen. Das Volumen könnte bis zu 150 Milliarden Euro erreichen und Großprojekte finanzieren, die auf EVF- oder EDIP-Vorbereitungen basieren, sowie die Nachfrage für KMU stärken, die durch FAST unterstützt werden.
Schließlich spielt die Europäische Investitionsbank (EIB) eine erweiterte Rolle bei Investitionen in Sicherheit und Verteidigung, darunter Drohnen, Raumfahrt und Cyber-Technologien. Dies könnte KMU potenziell besseren Zugang zu Darlehen und Garantien ermöglichen, auch im Bereich Dual-Use. Allerdings liegt der Fokus der EIB oft auf größeren Projekten, was die Bankfähigkeit von KMU-Initiativen erschweren kann. Die jährlichen Investitionen sollen jedoch auf 2 Milliarden Euro verdoppelt werden. Gleichzeitig können EVF/EDF-Projekte kofinanziert und die Kapitalbedarfe von KMU, die durch EUDIS oder FAST gefördert werden, unterstützt werden.
Strategische Partner: KMU und die Europäische Verteidigungsinnovation
Innovation und neue Technologien: KMU als Treiber im Verteidigungssektor
Fokus auf KI, Quantentechnologie und andere disruptive Technologien
Die technologische Überlegenheit ist ein entscheidender Faktor für die zukünftige Verteidigungs- und Sicherheitsfähigkeit Europas. Das Weißbuch “Bereitschaft 2030” legt daher einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung und Entwicklung von Schlüsseltechnologien. Explizit priorisiert werden Künstliche Intelligenz (KI) und Quantentechnologie. Zur strategischen Steuerung dieser Entwicklungen plant die Kommission die Vorlage einer “Europäischen Verteidigungstechnologie-Roadmap”.
Parallel dazu betont die Ankündigung des SME Europe Events, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung disruptiver Technologien spielen. Gleichzeitig wird jedoch auf die erheblichen Herausforderungen hingewiesen, mit denen KMU beim Zugang zu hochqualifizierten Fachkräften in diesen spezialisierten Feldern konfrontiert sind.
Wie KMU zur Entwicklung und Implementierung beitragen können
KMU verfügen über spezifische Stärken, die sie zu wertvollen Partnern bei der Entwicklung und Implementierung neuer Verteidigungstechnologien machen:
- Agilität und Spezialisierung: Im Vergleich zu Großunternehmen können KMU oft schneller auf neue technologische Anforderungen reagieren, innovative Ideen flexibler umsetzen und hochspezialisierte Nischenlösungen entwickeln, die für größere Verteidigungssysteme von entscheidender Bedeutung sein können.
- Spin-offs und Spin-ins: KMU sind häufig Pioniere bei der Übertragung ziviler Innovationen in den militärischen Anwendungsbereich (Spin-in) und umgekehrt bei der kommerziellen Nutzung militärischer Forschungsergebnisse im zivilen Sektor (Spin-off). Dieser Dual-Use-Ansatz birgt ein erhebliches Innovationspotenzial.
- Beteiligung an Testbeds und Pilotprojekten: Im Rahmen von Initiativen wie EUDIS und der geplanten Technologie-Roadmap können KMU an Testumgebungen (Testbeds) und Pilotprojekten teilnehmen, um ihre Technologien unter realitätsnahen Bedingungen zu erproben, zu validieren und zur Marktreife zu führen.
Bedeutung der “Europäischen Verteidigungstechnologie-Roadmap”
Die angekündigte “Europäische Verteidigungstechnologie-Roadmap” wird ein wichtiges Instrument sein, um klare Prioritäten für die Technologieentwicklung im europäischen Verteidigungssektor zu setzen. Sie soll Investitionen bündeln und die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf die strategisch wichtigsten Bereiche konzentrieren. Für KMU ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese Roadmap nicht nur Großprojekte für etablierte Hauptauftragnehmer definiert, sondern auch spezifische Möglichkeiten, Förderfenster und Ausschreibungen für kleinere Unternehmen vorsieht. Nur so kann das Innovationspotenzial der KMU effektiv für die europäischen Verteidigungsziele mobilisiert werden.
Die gleichzeitige Betonung von disruptiver Innovation, die oft von agilen KMU vorangetrieben wird, und der Notwendigkeit, sichere und resiliente Lieferketten aufzubauen, kann für KMU ein Spannungsfeld erzeugen. Disruptive Innovation bedeutet per definitionem, etablierte Prozesse, Technologien und manchmal auch Lieferantenstrukturen in Frage zu stellen und durch völlig neue Ansätze zu ersetzen. Dies ist eine Kernkompetenz innovativer KMU. Auf der anderen Seite kann die Forderung nach “sicheren Lieferketten” und die Notwendigkeit, die Produktion schnell hochzufahren, dazu führen, dass öffentliche Auftraggeber und große Systemintegratoren auf bewährte, standardisierte Komponenten und etablierte, oft größere Lieferanten setzen, um Risiken hinsichtlich Lieferzuverlässigkeit und Qualität zu minimieren. Ein KMU mit einer bahnbrechenden, aber möglicherweise noch nicht in Großserien erprobten oder umfassend zertifizierten Technologie könnte Schwierigkeiten haben, die für langfristige Lieferverträge und die Integration in komplexe Verteidigungssysteme erforderliche Produktionsreife, Zertifizierung und nachgewiesene Resilienz seiner Lieferketten darzulegen. Es besteht somit die Gefahr, dass der legitime Fokus auf “sichere Lieferketten” und schnelle Skalierbarkeit die Bereitschaft dämpft, die mit wirklich disruptiven KMU-Technologien verbundenen (Anfangs-)Risiken einzugehen. Die EU-Programme wie EUDIS und FAST sowie die Ausgestaltung der Technologie-Roadmap müssen daher Mechanismen enthalten, die nicht nur die reine Erfindung und frühe Entwicklung, sondern auch die Reifmachung, Zertifizierung, Standardisierung und Integration disruptiver KMU-Technologien in größere Verteidigungssysteme und deren Lieferketten aktiv unterstützen. Dies könnte beispielsweise durch spezielle Förderlinien für die industrielle Skalierung von KMU-Innovationen oder durch die Schaffung von “Sandboxes” geschehen, in denen neue Technologien unter erleichterten Bedingungen erprobt und für den Einsatz qualifiziert werden können.
Dialog zwischen Politik und KMU: Lösungsansätze für den Verteidigungssektor
Das Event “Europäische Verteidigung und die Einbindung von KMU”: Erwartungen und Implikationen
Analyse der Agenda und der Schlüsselakteure des Events
Das Arbeitstreffen “Europäische Verteidigung und die Einbindung von KMU: Innovation und neue Technologien” am 20. Mai 2025 ist strategisch günstig terminiert und prominent besetzt, was auf seine Bedeutung als Plattform für den Dialog zwischen Politik, Industrie und KMU hinweist.
- Die Eröffnung durch Riho Terras MdEP, Vorsitzender der EPP SME Defence Initiative und stellvertretender Vorsitzender des SEDE-Ausschusses, wird voraussichtlich die politische Perspektive des Europäischen Parlaments und der Europäischen Volkspartei (EPP) auf die Rolle von KMU in der europäischen Verteidigung darlegen und die Notwendigkeit ihrer stärkeren Einbindung unterstreichen.
- Der Hauptvortrag von Guillaume De La Brosse, Leiter der Einheit für Verteidigungspolitik und Innovation bei der Europäischen Kommission, wird von besonderem Interesse sein. Von ihm wird erwartet, dass er die Pläne der Kommission zur Umsetzung des Weißbuchs erläutert und konkret darlegt, wie KMU in diese Pläne eingebunden und von den neuen Initiativen profitieren können. Seine Ausführungen werden als direkte Reaktion der Exekutive auf die im Weißbuch formulierten Ziele und Maßnahmen interpretiert werden.
- Die anschließenden Stellungnahmen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und Vertretern des Wirtschaftssektors werden eine wichtige Gelegenheit bieten, vielfältige Perspektiven, Erfahrungen und konkrete Forderungen, insbesondere aus Sicht der KMU, in die Diskussion einzubringen. Hier können spezifische Herausforderungen und Lösungsansätze aus der Praxis adressiert werden.
- Die Moderation durch Horst Heitz, Generalsekretär von SME Europe of the EPP, wird sicherstellen, dass die Diskussion fokussiert auf die Belange und Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen bleibt.
Welche konkreten Schritte und Diskussionen sind zu erwarten?
Angesichts der Agenda und der aktuellen verteidigungspolitischen Entwicklungen ist zu erwarten, dass sich die Diskussionen auf dem Event auf folgende Kernbereiche konzentrieren werden:
- Praktische Umsetzung der KMU-Fördermaßnahmen: Eine detaillierte Erörterung der im Weißbuch genannten und bestehenden Förderinstrumente wie EDF, EUDIS und insbesondere des neuen FAST-Instruments. KMU-Vertreter werden voraussichtlich ihre Erwartungen hinsichtlich Zugänglichkeit, Bürokratieaufwand und Wirksamkeit dieser Instrumente äußern.
- Einschätzungen zur “Omnibus-Verordnung” und zum SAFE-Instrument: Aus KMU-Sicht werden die potenziellen Auswirkungen dieser weitreichenden Initiativen bewertet. Es ist mit konkreten Vorschlägen zu rechnen, wie diese Instrumente KMU-freundlich ausgestaltet werden können.
- Lösungsansätze für Fachkräftemangel und Finanzierungszugang: Die Teilnehmer werden voraussichtlich bewährte Praktiken und neue Ideen diskutieren, wie KMU dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften begegnen und ihren Zugang zu Finanzmitteln verbessern können.
- Forderungen an die Politik: Das Event wird als Plattform dienen, um klare politische Forderungen an die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten zu formulieren, die auf eine nachhaltige Verbesserung der Rahmenbedingungen für KMU im Verteidigungssektor abzielen.
Wie das Event zur besseren Integration von KMU beitragen kann
Das SME Europe Event hat das Potenzial, auf mehreren Ebenen einen positiven Beitrag zur besseren Integration von KMU in die europäische Verteidigungslandschaft zu leisten:
- Direkte Feedback-Schleife: Als eine der ersten Fachveranstaltungen nach der Veröffentlichung des Weißbuchs bietet das Treffen eine unmittelbare Gelegenheit für KMU und ihre Vertreter, Feedback zu den Plänen der Kommission und des Parlaments zu geben. Dieses Feedback kann in die laufende Ausgestaltung der neuen verteidigungspolitischen Initiativen einfließen.
- Vernetzung: Die Veranstaltung bringt KMU mit hochrangigen politischen Entscheidungsträgern, Vertretern der EU-Institutionen und potenziellen Partnern aus der Industrie zusammen und fördert so den Aufbau wichtiger Netzwerke.
- Formulierung konkreter Empfehlungen: Durch die Bündelung der Expertise und der Anliegen der Teilnehmer können auf dem Event konkrete und praxisnahe Empfehlungen erarbeitet werden, die als Grundlage für politische Initiativen und für die strategische Ausrichtung von KMU dienen können.
Die hochrangigen politischen Ziele und die Ankündigungen massiver Finanzierungsströme, wie sie im Weißbuch “Bereitschaft 2030” dargelegt werden, treffen auf dem SME Europe Event auf die gelebte Realität der kleinen und mittleren Unternehmen. Diese sind tagtäglich mit sehr spezifischen Problemen konfrontiert, wie dem Zugang zu qualifiziertem Personal, der Sicherung von Finanzierung und dem Umgang mit bürokratischen Hürden. Das Weißbuch präsentiert eine Top-Down-Vision für “ReArm Europe”, die mit ambitionierten Zielen und Instrumenten ausgestattet ist. KMU hingegen operieren typischerweise Bottom-Up und müssen sich diesen konkreten, operativen Herausforderungen stellen. Das Event bringt diese beiden Ebenen – die strategische Vision und die operative Realität – zusammen. Die Ausführungen von Guillaume De La Brosse für die Europäische Kommission werden an den Reaktionen der Wirtschaftsvertreter und den geschilderten Erfahrungen der KMU gemessen werden. Sollten die im Weißbuch vorgeschlagenen Lösungen, wie beispielsweise das FAST-Instrument oder die Omnibus-Verordnung, die tatsächlichen Bedürfnisse der KMU nicht adressieren oder gar neue Hürden schaffen, wird dies auf dem Event unweigerlich zur Sprache kommen. Die Veranstaltung fungiert somit als wichtiger “Realitätscheck” für die Ambitionen des Weißbuchs. Sie kann dazu beitragen, frühzeitig Warnsignale zu senden, potenzielle Fallstricke zu identifizieren und Korrekturvorschläge zu erarbeiten. Ziel muss es sein, die Kluft zwischen der strategischen Vision und der operativen Umsetzbarkeit für KMU zu überbrücken und sicherzustellen, dass die “ReArm Europe”-Strategie die KMU nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis als unverzichtbare Akteure mitnimmt und fördert.
Fachkräfte, Fördermittel, Innovation: Erfolgsstrategien für KMU im Verteidigungssektor
Empfehlungen für politische Entscheidungsträger und KMU
Konkrete Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Rahmenbedingungen für KMU
Für politische Entscheidungsträger (EU-Ebene und Mitgliedstaaten):
- KMU-freundliche Ausgestaltung der “Omnibus-Verordnung”: Die frühzeitige und kontinuierliche Konsultation von KMU-Verbänden und einzelnen KMU bei der Erarbeitung der Verordnung ist unerlässlich. Es sollte ein “KMU-Test” für alle vorgeschlagenen Maßnahmen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass sie die spezifischen Bedürfnisse und Kapazitäten kleinerer Unternehmen berücksichtigen und nicht zu unverhältnismäßiger Bürokratie führen.
- Transparenter und niederschwelliger Zugang zu SAFE-Mitteln: Es müssen Mechanismen geschaffen werden, die KMU einen fairen Zugang zu den durch SAFE finanzierten Projekten ermöglichen. Dies könnte durch die Festlegung von Quoten für die KMU-Beteiligung bei Hauptauftragnehmern, durch die Förderung von KMU-geführten Konsortien für spezifische Teilprojekte oder durch direkte Fördertöpfe für KMU, die innovative Beiträge zu den SAFE-Prioritäten leisten, geschehen. Die Vorteile der MwSt.-Befreiung sollten nachweislich an KMU in der Lieferkette weitergegeben werden.
- Stärkung von EUDIS und FAST: Diese KMU-spezifischen Instrumente müssen mit ausreichenden und planbaren Budgets ausgestattet werden. Die Antrags- und Berichtsverfahren sollten so unbürokratisch und schnell wie möglich gestaltet sein. Der Fokus sollte auf der Förderung von echter Innovation und der schnellen Markteinführung neuer Technologien liegen.
- Gezielte Programme zur Fachkräftegewinnung und -qualifizierung: In Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen, Industrieverbänden und regionalen Entwicklungsagenturen sollten spezifische Programme aufgelegt werden, um Fachkräfte für die Bedarfe von KMU im Verteidigungssektor aus- und weiterzubilden, insbesondere in Hochtechnologiefeldern wie KI, Quantentechnologie und Cybersicherheit. Dies könnte Stipendien, duale Studiengänge und spezialisierte Weiterbildungsmodule umfassen.
- Schnelle und klare Umsetzung der SFDR-Klärung: Die angekündigte Klärung bezüglich der Behandlung von Verteidigungsinvestitionen unter der SFDR muss zügig erfolgen und klare, praxistaugliche Leitlinien für Investoren und Finanzinstitute bieten. Dabei muss besonders darauf geachtet werden, dass KMU und Unternehmen mit Dual-Use-Technologien nicht benachteiligt werden, sondern ihr Beitrag zur europäischen Sicherheit anerkannt wird. Gegebenenfalls sind spezifische Leitlinien für Dual-Use-Investitionen notwendig.
- Etablierung einer zentralen Anlaufstelle (“Single Point of Contact”): Für KMU, die im komplexen Verteidigungssektor Fuß fassen oder ihre Aktivitäten ausweiten wollen, wäre eine zentrale Beratungs- und Informationsstelle auf EU- oder nationaler Ebene hilfreich. Diese könnte Unterstützung bei der Navigation durch Förderprogramme, bei der Partnersuche und bei regulatorischen Fragen bieten.
Strategische Ratschläge für KMU zur Nutzung der neuen Chancen
- Proaktive Information und Vorbereitung: KMU sollten sich aktiv und frühzeitig über die neuen Förderinstrumente (EDF, EUDIS, FAST, SAFE-Beteiligungsmöglichkeiten), die geplante Omnibus-Verordnung und die Technologie-Roadmap informieren und ihre Strategien entsprechend anpassen.
- Netzwerkbildung und Konsortien: Die Bildung von nationalen und grenzüberschreitenden Konsortien und Netzwerken mit anderen KMU, Forschungseinrichtungen und auch größeren Unternehmen ist oft unerlässlich, um an größeren Ausschreibungen teilnehmen zu können und die notwendige kritische Masse zu erreichen.
- Fokus auf Spezialisierung und Innovation: KMU sollten ihre Stärken in Nischenmärkten und bei der Entwicklung innovativer Lösungen in den vom Weißbuch priorisierten Fähigkeits- und Technologiebereichen (z.B. KI, Quanten, Cyber, Drohnen, spezialisierte Komponenten) ausspielen.
- Investition in Kompetenzen: Der Aufbau und die Weiterentwicklung der für Zukunftsfelder wie KI, Quantentechnologie und Cybersicherheit benötigten internen Kompetenzen sind entscheidend. Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen können hierbei unterstützen.
- Klare Kommunikation des Wertbeitrags: KMU sollten selbstbewusst ihren spezifischen Wertbeitrag zur europäischen Sicherheit, technologischen Souveränität und industriellen Basis kommunizieren. Dies ist sowohl gegenüber potenziellen Auftraggebern als auch gegenüber Finanzierern wichtig.
- Nutzung von Plattformen zur Interessenvertretung: Veranstaltungen wie das SME Europe Event sollten aktiv genutzt werden, um sich mit politischen Entscheidungsträgern und anderen Akteuren zu vernetzen, eigene Anliegen vorzubringen und an der Gestaltung der Rahmenbedingungen mitzuwirken.
Passend dazu:
Auf dem Weg zu einer resilienten und innovativen europäischen Verteidigungsunion unter Einbeziehung der KMU
Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse
Die Analyse des “Gemeinsamen Weißbuchs zur europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030” und der damit verbundenen Implikationen für kleine und mittlere Unternehmen im europäischen Verteidigungssektor führt zu mehreren zentralen Erkenntnissen:
- Das Weißbuch markiert einen unübersehbaren Paradigmenwechsel in der europäischen Verteidigungspolitik. Angesichts eines sich rapide verschlechternden strategischen Umfelds zielt es auf eine massive Steigerung der europäischen Verteidigungsbereitschaft und -ausgaben ab. Dies hat weitreichende finanzielle, industrielle und technologische Implikationen.
- Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden im Weißbuch und in den begleitenden politischen Diskussionen explizit als Innovatoren und wichtige Bestandteile der Europäischen Verteidigungsindustriebasis (EDIB) anerkannt. Ihre Agilität, Spezialisierung und Fähigkeit zur Entwicklung disruptiver Technologien werden als essenziell für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Europas angesehen.
- Trotz dieser Anerkennung stehen KMU weiterhin vor signifikanten Herausforderungen, insbesondere beim Zugang zu Finanzmitteln, qualifizierten Fachkräften und komplexen Beschaffungsmärkten. Diese Hürden müssen aktiv adressiert werden, um das volle Potenzial der KMU zu heben.
- Die im Weißbuch skizzierten neuen EU-Instrumente (wie SAFE und FAST), die geplante Omnibus-Verordnung und die verstärkte Rolle der EIB bieten erhebliche Chancen für KMU. Gleichzeitig bergen sie jedoch auch Risiken einer unbeabsichtigten Marginalisierung, insbesondere wenn die Maßnahmen primär auf große Systemintegratoren zugeschnitten sind oder wenn die spezifischen Bedürfnisse von KMU bei der Ausgestaltung nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Die zukünftige Rolle von KMU in der europäischen Verteidigung
Die erfolgreiche Integration von kleinen und mittleren Unternehmen ist kein Nebenaspekt der europäischen Verteidigungsagenda, sondern eine kritische Voraussetzung für das Gelingen der “ReArm Europe”-Strategie und den Aufbau einer widerstandsfähigen, innovativen und wettbewerbsfähigen europäischen Verteidigungsunion. KMU sind nicht nur Lieferanten von Komponenten, sondern oft die Keimzellen für jene technologischen Durchbrüche, die Europa benötigt, um seine sicherheitspolitischen Ziele zu erreichen und seine technologische Souveränität zu wahren.
Ein kontinuierlicher und strukturierter Dialog zwischen politischen Entscheidungsträgern auf EU- und nationaler Ebene, der Großindustrie und den KMU ist entscheidend für den Erfolg. Veranstaltungen wie das bevorstehende Arbeitstreffen von SME Europe spielen hierbei eine wichtige Rolle, indem sie eine Plattform für Austausch, Feedback und die gemeinsame Entwicklung von Lösungen bieten.
Die Stärkung der KMU im Verteidigungssektor wird nicht nur die Sicherheit Europas erhöhen. Sie wird, wie auch das Weißbuch in seiner Schlussfolgerung andeutet, positive Spill-over-Effekte auf Innovation, Wirtschaftswachstum und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze in der gesamten Europäischen Union haben. Der Weg zu einer echten Europäischen Verteidigungsunion, die auf Stärke und Einheit beruht, führt über die konsequente Einbindung und Förderung ihrer agilsten und innovativsten Akteure: der kleinen und mittleren Unternehmen. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, inwieweit die ambitionierten Pläne des Weißbuchs in konkrete, KMU-wirksame Maßnahmen umgesetzt werden können.
Beratung - Planung - Umsetzung
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Head of Business Development
Chairman SME Connect Defence Working Group
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