Veröffentlicht am: 12. Juni 2025 / Update vom: 12. Juni 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Griechenlands Solarkrise mit PV-Anlagen : Wenn der Sonnenschein zum Problem wird – Bild: Xpert.Digital
Griechenlands Solarstrom-Dilemma: Wenn zu viel Sonnenschein zum Problem wird
Das Paradox des Solarbooms
Griechenland erlebt derzeit ein bemerkenswertes Paradox: Das Land hat seine Solarstromkapazitäten in nur wenigen Jahren auf knapp 10 Gigawatt ausgebaut, wobei allein 2,5 Gigawatt im letzten Jahr hinzukamen. Doch dieser beispiellose Erfolg bei der Energiewende führt nun zu unerwarteten Problemen. Während andere Länder um jeden Sonnenschein kämpfen, muss Griechenland seine Solaranlagen ausgerechnet dann abschalten, wenn die Sonne am stärksten scheint.
Der griechische Übertragungsnetzbetreiber sah sich im Mai 2024 wiederholt gezwungen, tausende mittelgroße Anlagen stundenweise abzuschalten – eine Notmaßnahme gegen Überlastung des Stromnetzes. Diese drastischen Maßnahmen verdeutlichen das fundamentale Problem: Der rasante Ausbau der Photovoltaik erfolgte ohne entsprechende Investitionen in Speicherkapazitäten und Netzinfrastruktur.
Konkrete Auswirkungen der Überproduktion
Osterfest 2024 als Warnsignal
Ein besonders anschauliches Beispiel für die Problematik lieferte das griechisch-orthodoxe Osterfest im Mai 2024. Als Hunderttausende Athener die Hauptstadt verließen, um das Fest auf den Inseln und in ihren Herkunftsdörfern zu verbringen, führte dies zu einem “Alarm bei den Elektrizitätswerken”. Der überschüssige Strom konnte nicht vollständig verbraucht, exportiert oder gespeichert werden, was zu massiven Abschaltungen führte.
Dramatische Zahlen der Energieverschwendung
Die Dimensionen des Problems werden durch konkrete Zahlen deutlich: Bereits 2024 mussten 860 Gigawattstunden Grünstrom abgeregelt werden – das entspricht 3,3% der gesamten erneuerbaren Stromerzeugung im gleichen Zeitraum und stellt mehr als eine Verdopplung im Vergleich zu 2023 dar. Für 2025 wird erwartet, dass dieser Wert auf 1,2 bis 1,5 TWh ansteigt.
Im April 2024 überstieg das Stromangebot an 17 Tagen die Nachfrage, wodurch negative Strompreise zur Normalität wurden. Der griechische Übertragungsnetzbetreiber musste vom 3. bis 7. Mai sogar die Stromimporte aus Italien, Albanien, Nordmazedonien und der Türkei einstellen, um den sicheren Betrieb des griechischen Stromnetzes zu gewährleisten.
Strukturelle Ursachen der Krise
Unkoordinierter Ausbau
Das Kernproblem liegt im Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Infrastruktur. Über Jahre wurden zwar immer mehr Photovoltaikprojekte genehmigt, doch gleichzeitig stockte der Ausbau von Stromspeichern und Netzkapazitäten. Inzwischen produziert das Land mehr Solarstrom, als es in Spitzenzeiten aufnehmen oder weiterleiten kann.
Netzkapazitätsprobleme
Fast ein Viertel der Hoch-/Mittelspannungs-Transformatoren des griechischen Stromnetzbetreibers weist erhebliche Kapazitätsprobleme auf. Von 453 Transformatoren haben 29 ihr thermisches Limit erreicht, 82 haben ihre Kurzschlusskapazität ausgeschöpft, und 5 Transformatoren sind in beiden Kategorien überlastet.
Fehlende Speicherkapazitäten
Die Gesamtkapazität der in Betrieb befindlichen erneuerbaren Energien beträgt bereits 15 GW, während die Kapazität des bestehenden Stromübertragungssystems auf nur 28 bis 30 GW geschätzt wird. Notwendige Speicherprojekte sind noch nicht fertiggestellt, obwohl Griechenland bis 2030 Speichersysteme mit einer Gesamtleistung von rund 8 Gigawatt installieren will.
Regierungsmaßnahmen und Lösungsansätze
Revolutionäre Tarifumstellung
Als radikale Antwort auf die Überproduktion plant das griechische Umwelt- und Energieministerium eine beispiellose Maßnahme: Der günstigere Nachtstromtarif soll künftig tagsüber zwischen 11 und 16 Uhr angeboten werden. Diese Umkehrung der traditionellen Tarifstruktur soll das Stromangebot und die Nachfrage wieder in Einklang bringen.
Förderung intelligenter Haushaltsgeräte
Das Ministerium erwägt zudem ein Subventionsprogramm für intelligente Haushaltsgeräte. Dadurch sollen Verbraucher etwa smarte Wasch- und Spülmaschinen tagsüber von der Arbeit aus per App einschalten und so den günstigeren Tarif in Anspruch nehmen können.
Batteriespeicher-Offensive
Griechenland hat mit der Veröffentlichung seiner neuen Verordnung am 13. März 2025 einen klaren Rahmen für die Integration von Batteriespeichersystemen geschaffen. Insgesamt werden 4,7 GW an Speicherkapazität freigegeben – ein deutliches Signal für die strategische Bedeutung der Energiespeicherung. Bei einer konservativen Schätzung von 200 €/kWh entspricht dies einem Marktvolumen von rund 1,9 Milliarden Euro.
Europäische Energiewende stößt an Grenzen: Das griechische Solarproblem
Europäisches Phänomen
Das griechische Problem ist kein Einzelfall. Auch in den Niederlanden testen Bürger bereits Möglichkeiten, Netzüberlastung durch gezieltes Abschalten von Solarpaneelen zu vermeiden. Im Rahmen eines Pilotprojekts schalteten Kunden ihre Solarpaneele an sonnigen Tagen zeitweise gegen Bezahlung ab, wodurch die Belastung des Stromnetzes um bis zu 57 Prozent sank.
Langfristige Ziele trotz aktueller Probleme
Trotz der aktuellen Schwierigkeiten hält Griechenland an seinen ambitionierten Zielen fest. Das Land will von heute 46 Prozent auf 80 Prozent erneuerbarer Energien bis 2030 wachsen. Bis zum anvisierten Zeitpunkt sollen 28,7 Gigawatt an erneuerbaren Energien installiert werden – fast eine Verdreifachung der momentanen Leistung.
Wirtschaftliche Bedeutung
Der Sektor der erneuerbaren Energien ist zur spektakulärsten Entwicklung geworden, die die griechische Wirtschaft in den letzten Jahren verzeichnet hat. Die geschätzten Investitionen der letzten fünf Jahre belaufen sich auf 9,5 Milliarden Euro, was die wirtschaftliche Bedeutung dieser Transformation unterstreicht.
Lehren aus der griechischen Solarkrise
Die griechische Solarkrise verdeutlicht ein fundamentales Problem der globalen Energiewende: Der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien muss von Anfang an mit dem parallel erfolgenden Aufbau von Speicherkapazitäten und Netzinfrastruktur einhergehen. Griechenlands Erfahrungen zeigen, dass selbst zu viel grüner Strom zu ernsthaften Problemen führen kann, wenn die Systemintegration vernachlässigt wird.
Gleichzeitig demonstriert das Land mit seinen innovativen Lösungsansätzen – von der Umkehrung der Tarifstruktur bis hin zur massiven Investition in Batteriespeicher – dass die Herausforderungen durchaus lösbar sind. Die griechische Solarkrise könnte somit zum Modellfall für andere Länder werden, die ähnliche Probleme bei ihrer Energiewende vermeiden wollen.
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