
Amerikas Schuldenkrise und die Versuchung des finanzpolitischen Tabubruchs: Die faktische Enteignung der Gläubiger – Bild: Xpert.Digital
Das 'Mar-a-Lago Accord': Faktische Teilenteignung ausländischer Gläubiger
Wenn die US-Supermacht ihre Gläubiger enteignen will
Die Vereinigten Staaten stehen vor einer der größten finanzpolitischen Herausforderungen ihrer Geschichte. Ende September 2024 erreichte die Staatsverschuldung etwa 35,5 Billionen US-Dollar, bis Oktober 2025 ist sie bereits auf knapp 38 Billionen US-Dollar angestiegen. Dies entspricht mittlerweile rund 123 Prozent der amerikanischen Wirtschaftsleistung, einem Niveau, das selbst die Schuldenlast am Ende des Zweiten Weltkriegs übertrifft. Diese dramatische Entwicklung vollzieht sich in einem Tempo, das selbst erfahrene Finanzexperten beunruhigt. Allein innerhalb weniger Monate hat sich der Schuldenstand um mehr als eine Billion Dollar erhöht, eine Summe, die noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar erschien.
Was diese nackten Zahlen noch besorgniserregender macht, ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Dynamik verschlechtert. Zwischen 2021 und heute haben sich die jährlichen Zinsausgaben der Vereinigten Staaten mehr als verdoppelt, von rund 533 Milliarden Dollar auf deutlich über 1,16 Billionen Dollar. Das bedeutet konkret, dass der amerikanische Staat täglich etwa drei Milliarden Dollar allein für den Schuldendienst aufwendet. Erstmals in der Geschichte des Landes übersteigen diese Zinszahlungen sogar die gesamten Verteidigungsausgaben, jene Ausgabenkategorie, die traditionell als unantastbar gilt und den militärischen Anspruch der globalen Vormachtstellung untermauert.
Das Congressional Budget Office prognostiziert eine noch drastischere Entwicklung für die kommenden Jahre. Bis zum Jahr 2035 soll die öffentlich gehaltene Staatsverschuldung von derzeit etwa 30 Billionen auf 52 Billionen Dollar ansteigen, was einer Schuldenquote von 118 Prozent der Wirtschaftsleistung entsprechen würde. Die Zinsausgaben werden nach diesen Schätzungen von aktuell 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 3,9 Prozent im Jahr 2034 klettern und damit die historischen Höchststände der späten achtziger und frühen neunziger Jahre deutlich übertreffen. Diese Projektionen basieren allerdings auf der Annahme, dass die Zinsen langfristig moderat bleiben und die Federal Reserve ihr Inflationsziel von zwei Prozent dauerhaft erreicht. Beide Annahmen sind angesichts der strukturellen Defizite und der politischen Unwilligkeit zu Konsolidierungsmaßnahmen höchst unsicher.
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Der perfide Plan und sein Erfinder
In diesem bedrohlichen Szenario hat sich ein ökonomischer Berater einen Namen gemacht, dessen Ideen die internationale Finanzwelt aufhorchen lassen. Stephen Miran, ein 41-jähriger Ökonom mit akademischem Pedigree von Boston University und Harvard, wo er unter dem renommierten Ökonomen Martin Feldstein promovierte, hat im November 2024 ein Papier veröffentlicht, das die Grundlage für das bildet, was als Mar-a-Lago Accord bezeichnet wird. Miran, der während der ersten Amtszeit Trumps bereits als Berater im Finanzministerium tätig war und danach bei der Investmentgesellschaft Hudson Bay Capital Management arbeitete, wurde von Trump zum Vorsitzenden des Council of Economic Advisers ernannt und sitzt seit August 2025 auch im Federal Reserve Board of Governors.
Das von Miran entworfene Konzept trägt den klangvollen Namen nach Trumps Residenz in Florida und orientiert sich in seiner Rhetorik an historischen Präzedenzfällen wie dem Plaza Accord von 1985 oder dem Bretton Woods Agreement von 1944. Doch während jene Abkommen tatsächlich multilaterale Koordinationsversuche zur Stabilisierung des internationalen Währungssystems darstellten, handelt es sich beim Mar-a-Lago Accord um etwas fundamental anderes: einen Plan zur Entlastung des amerikanischen Staatshaushalts durch faktische Teilenteignung ausländischer Gläubiger.
Der Kern der Idee ist bestechend einfach und zugleich verstörend. Ausländische Regierungen, die derzeit erhebliche Mengen an amerikanischen Staatsanleihen halten, sollen durch politischen und wirtschaftlichen Druck dazu bewegt werden, ihre kurz- bis mittelfristigen Anleihen gegen sogenannte Century Bonds einzutauschen. Diese hundertjährigen Anleihen würden deutlich niedriger verzinst als die aktuellen Papiere, was die jährliche Zinslast der USA substanziell senken würde. Das Angebot an die Gläubiger ist dabei eine kaum verhüllte Erpressung: Wer seine Anleihen freiwillig umtauscht, erhält niedrigere Zölle oder besseren Zugang zum amerikanischen Binnenmarkt. Wer sich weigert, muss mit Handelssanktionen und dem möglichen Ausschluss vom lukrativsten Markt der Welt rechnen.
Die Illusion der Freiwilligkeit
Was Miran und seine Anhänger als marktwirtschaftliches Arrangement darstellen, wäre in der Realität nichts anderes als ein Zahlungsausfall durch die Hintertür. Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff, einer der weltweit führenden Experten für Staatsschuldenkrisen, brachte es in einem Gespräch für den Podcast der Financial Times auf den Punkt: Das sei ein Zahlungsausfall, ein Default. Wenn ein Land seinen Gläubigern erklärt, dass es die vereinbarten Konditionen nicht mehr einhalten wird und stattdessen neue, deutlich ungünstigere Bedingungen diktiert, dann handelt es sich juristisch und ökonomisch um einen Schuldenschnitt, unabhängig davon, wie dieser verpackt wird.
Die historische Forschung zur Umstrukturierung von Staatsschulden zeigt eindeutig, dass das entscheidende Kriterium für einen Default nicht die nominelle Reduktion der Schulden ist, sondern die Verringerung des Barwerts aus Sicht der Gläubiger. Bei griechischen Staatsanleihen etwa, die 2012 umstrukturiert wurden, betrug der sogenannte Haircut je nach Berechnungsmethode zwischen 59 und 65 Prozent. Bei zypriotischen Anleihen im Jahr 2013 lag er bei durchschnittlich 36 Prozent. Diese Schuldenschnitte wurden zwar formal als freiwillig bezeichnet, doch wurde erheblicher politischer und regulatorischer Druck ausgeübt, um die betroffenen Banken und institutionellen Anleger zur Teilnahme zu bewegen.
Was Miran für amerikanische Staatsanleihen vorschlägt, würde nach derselben Logik funktionieren. Ausländische Zentralbanken würden ihre bestehenden Anleihen, die möglicherweise in wenigen Jahren fällig werden und mit marktüblichen Zinsen von drei bis vier Prozent verzinst sind, gegen hundertjährige Papiere mit Verzinsungen deutlich unter zwei Prozent tauschen müssen. Der Barwertverlust für die Gläubiger wäre immens und würde sich über Jahrzehnte akkumulieren. Rechnet man mit einer Diskontrate von vier bis fünf Prozent, wie sie für Staatsanleihen mit solider Bonität üblich ist, würde der Haircut für viele betroffene Anleihen bei 40 bis 60 Prozent liegen.
Die geopolitische Dimension der Schuldenfalle
Die Verwundbarkeit der Vereinigten Staaten durch ihre Abhängigkeit von ausländischen Gläubigern ist beträchtlich. Mehr als 30 Prozent der im freien Umlauf befindlichen amerikanischen Staatsanleihen befinden sich in den Händen ausländischer Investoren, was einem Volumen von etwa neun Billionen Dollar entspricht. An der Spitze der Gläubiger stehen Japan mit Beständen von rund 1,15 Billionen Dollar und China mit etwa 730 Milliarden Dollar. Großbritannien, Luxemburg, Belgien, die Schweiz und die Cayman-Inseln halten gemeinsam weitere erhebliche Summen. Interessanterweise sind viele dieser Finanzzentren weniger eigenständige Investoren als vielmehr Durchlaufstationen für internationale Kapitalströme, da dort große Verwahrstellen wie Euroclear und Clearstream ansässig sind.
Japan befindet sich dabei in einer besonders heiklen Position. Das Land hat über Jahrzehnte hinweg amerikanische Staatsanleihen akkumuliert, teils aus Gründen der Währungsstabilität, teils als Ausdruck der engen sicherheitspolitischen Bindung an Washington. Diese Bestände sind für japanische institutionelle Investoren, insbesondere Pensionsfonds und Versicherungen, von enormer Bedeutung, da sie deren Portfolios balancieren und vorhersagbare Renditen sichern. Ein erzwungener Umtausch in niedrig verzinste Century Bonds würde erhebliche Verluste verursachen und könnte das gesamte japanische Finanzsystem destabilisieren. Zudem würde eine solche Maßnahme die Allianz zwischen den beiden Ländern auf eine harte Probe stellen, gerade zu einem Zeitpunkt, in dem Japan als Gegengewicht zu China in der Region unverzichtbar ist.
China hingegen hat in den vergangenen Jahren bereits begonnen, seine Bestände an amerikanischen Staatsanleihen zu reduzieren. Die chinesischen Reserven sind auf den niedrigsten Stand seit 2008 gefallen, was teilweise strategische Überlegungen zur Diversifizierung widerspiegelt, teilweise aber auch das Misstrauen gegenüber der amerikanischen Finanzpolitik. Peking hat massiv in Gold investiert und versucht, alternative Währungskanäle aufzubauen, um seine Abhängigkeit vom Dollar zu verringern. Die Androhung eines erzwungenen Schuldenschnitts würde diesen Prozess nur beschleunigen und könnte andere Länder ermutigen, ebenfalls ihre Dollarreserven abzubauen.
Das Triffin-Dilemma im 21. Jahrhundert
Die Problemstellung, die Miran zu lösen vorgibt, ist keineswegs neu. Bereits in den sechziger Jahren beschrieb der belgisch-amerikanische Ökonom Robert Triffin das fundamentale Dilemma einer Reservewährung. Ein Land, dessen Währung als globale Leitwährung dient, muss der Welt ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen, um den internationalen Handel zu ermöglichen. Dies erfordert strukturell Handelsbilanzdefizite, da das Land mehr importieren muss, als es exportiert, um die Nachfrage nach seiner Währung zu befriedigen. Gleichzeitig untergraben diese permanenten Defizite langfristig das Vertrauen in die Währung und die Fähigkeit des Landes, seine Schulden zu bedienen.
Miran argumentiert, dass die Vereinigten Staaten genau in dieser Falle gefangen sind. Die globale Nachfrage nach Dollar und dollardenominierten sicheren Anlagen, insbesondere Staatsanleihen, führt zu einer strukturellen Überbewertung des Dollars. Diese Überbewertung macht amerikanische Exporte teurer und Importe billiger, was die industrielle Basis des Landes ausgehöhlt hat. Gleichzeitig erlaubt der Status als Reservewährung den USA, sich nahezu unbegrenzt im Ausland zu verschulden, da die Nachfrage nach Treasuries unelastisch ist. Dieses exorbitante Privileg, wie es einst formuliert wurde, hat jedoch seinen Preis: Die amerikanische Industrie wurde geschwächt, die Abhängigkeit von ausländischem Kapital ist gewachsen, und die Schuldenlast droht, untragbar zu werden.
Die moderne Variante des Triffin-Dilemmas ist jedoch komplexer als die ursprüngliche Formulierung. In den sechziger Jahren ging es um die Golddeckung des Dollars und die Frage, ob die USA genügend Gold besaßen, um alle im Umlauf befindlichen Dollars einzulösen. Dieses Problem wurde 1971 durch die Aufhebung der Goldkonvertibilität gelöst. Heute geht es nicht mehr um Gold, sondern um das Vertrauen in die Fähigkeit und Bereitschaft der USA, ihre Schulden ordnungsgemäß zu bedienen. Mirals Neuformulierung besteht darin, dass die Kosten des Reservewährungsstatus unverhältnismäßig stark von der amerikanischen Industrie und den amerikanischen Arbeitern getragen werden, während die Vorteile sich auf das Finanzsystem konzentrieren.
Kritiker dieser Sichtweise, darunter Ökonomen wie Michael Bordo und Robert McCauley, weisen darauf hin, dass die aktuelle Situation weniger mit einem systemischen Dilemma zu tun hat als mit amerikanischer fiskalischer Verantwortungslosigkeit. Die USA könnten ihre Doppeldefizite, das Haushaltsdefizit und das Leistungsbilanzdefizit, durchaus reduzieren, wenn sie bereit wären, ihre Ausgaben zu senken und ihre Einnahmen zu erhöhen. Das Problem ist nicht die Rolle des Dollars als Reservewährung per se, sondern die Tatsache, dass die USA diese Rolle nutzen, um exzessive Konsumausgaben zu finanzieren, anstatt produktive Investitionen zu tätigen.
Die historischen Parallelen und ihre Grenzen
Die Befürworter des Mar-a-Lago Accord verweisen auf zwei historische Präzedenzfälle: das Bretton Woods Agreement von 1944 und den Plaza Accord von 1985. Beide Vereinbarungen werden als Beispiele für erfolgreiche internationale Koordination zur Neuordnung des Währungssystems angeführt. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich jedoch fundamentale Unterschiede, die eine einfache Übertragung auf die heutige Situation unmöglich machen.
Das Bretton Woods System etablierte den Dollar als zentrale Reservewährung, gebunden an Gold zu einem festen Kurs von 35 Dollar pro Unze. Alle anderen Währungen wurden zu festen Wechselkursen an den Dollar gekoppelt. Dieses System funktionierte, solange die Vereinigten Staaten eine dominante wirtschaftliche Position innehatten und die Welt Vertrauen in die Stabilität des Dollars hatte. Es brach 1971 zusammen, als die USA ihre Goldreserven nicht mehr ausreichten, um alle Dollar zu decken, und Nixon die Goldkonvertibilität aufhob. Bretton Woods war also letztlich ein Beispiel für das Scheitern eines festen Währungssystems angesichts struktureller Ungleichgewichte.
Der Plaza Accord von 1985 versuchte, den überbewerteten Dollar durch koordinierte Interventionen der G5-Staaten zu schwächen. Innerhalb von zwei Jahren fiel der Dollar um 40 Prozent gegenüber dem Yen und der D-Mark. Kurzfristig erreichte diese Intervention ihr Ziel: Der Dollar schwächte sich ab, und das amerikanische Handelsbilanzdefizit begann sich zu verringern. Langfristig jedoch waren die Folgen ambivalent. In Japan trug die rasche Aufwertung des Yen zur Entstehung der Vermögenspreisblase der späten achtziger Jahre bei, deren Platzen die berüchtigten verlorenen Jahrzehnte einleitete. Die amerikanischen Handelsungleichgewichte kehrten wenige Jahre später zurück, da die strukturellen Ursachen, niedrige Sparquoten und hohe Staatsausgaben, nicht adressiert wurden.
Was den Mar-a-Lago Accord von beiden historischen Beispielen fundamental unterscheidet, ist die Einseitigkeit und der erpresserische Charakter. Bretton Woods und der Plaza Accord waren multilaterale Vereinbarungen, die, bei allen Machtasymmetrien, zumindest formal auf gegenseitigem Einvernehmen beruhten. Der Mar-a-Lago Accord hingegen wäre ein Diktat der USA an ihre Gläubiger, untermauert durch die Drohung wirtschaftlicher Sanktionen. Dies würde nicht nur das internationale Währungssystem destabilisieren, sondern auch das Vertrauen in amerikanische Finanzmärkte fundamental erschüttern.
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Gläubigererpressung und Reservewährung: Warum Vertrauen zählt
Die Rolle der Zölle im geopolitischen Schachspiel
Ein zentraler Bestandteil von Mirals Strategie ist der massive Einsatz von Zöllen als Druckmittel und Einnahmequelle. Trump hat dieses Instrument bereits in seiner zweiten Amtszeit extensiv genutzt. Der von ihm als Liberation Day bezeichnete zweite April 2025 markierte den Beginn einer neuen Ära protektionistischer Handelspolitik. An diesem Tag traten umfassende reziproke Zölle in Kraft, die sich gegen praktisch alle Handelspartner der USA richten. Für die Europäische Union wurden Zölle von 20 Prozent verhängt, für China 34 Prozent, für Japan 24 Prozent. Ein Basiszoll von mindestens zehn Prozent gilt für alle anderen Länder.
Die Logik hinter dieser Zollpolitik ist mehrschichtig. Einerseits sollen die Zölle direkte Einnahmen generieren, die zur Finanzierung des Staatshaushalts beitragen. Andererseits sollen sie amerikanische Unternehmen dazu bewegen, ihre Produktion zurück in die USA zu verlagern, was Arbeitsplätze schaffen und die industrielle Basis stärken würde. Drittens dienen die Zölle als Verhandlungsmasse: Länder, die bereit sind, ihre Treasury-Bestände umzuschichten oder andere amerikanische Forderungen zu erfüllen, können auf niedrigere Zölle hoffen.
Miran argumentiert, dass Zölle nicht notwendigerweise inflationär wirken, wenn der Dollar sich als Reaktion aufwertet. Eine stärkere Währung würde importierte Güter billiger machen und damit den Preiseffekt der Zölle ausgleichen. Diese Theorie der currency offset ist jedoch höchst umstritten. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass Unternehmen Zollkosten in der Regel an Konsumenten weitergeben, was die Preise erhöht. Eine gleichzeitige Aufwertung des Dollars würde zwar Importe verbilligen, aber auch amerikanische Exporte verteuern und damit die Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächen. Das Nettoresultat wäre höchst unsicher und könnte sowohl zu Inflation als auch zu Rezession führen.
Die Vorstellung, dass durch hohe Zölle eine umfassende Reindustrialisierung der USA ausgelöst werden könnte, erscheint ebenfalls zweifelhaft. Zwar haben sich unter der Biden-Administration die Bauinvestitionen im verarbeitenden Gewerbe zwischen 2020 und 2024 nahezu vervierfacht, doch war dies primär das Ergebnis massiver staatlicher Subventionsprogramme wie dem Inflation Reduction Act und dem Chips and Science Act. Trump hat viele dieser Programme gestoppt oder gekürzt und setzt stattdessen ausschließlich auf Zölle. Ob Unternehmen tatsächlich zurückkehren, ist fraglich. Der Aufbau neuer Produktionsstätten dauert Jahre, erfordert massive Investitionen und steht in Konkurrenz zu etablierten Standorten in Asien und Europa, die über ausgebildete Arbeitskräfte, effiziente Lieferketten und moderne Infrastruktur verfügen.
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Die Erosion des Dollar als Reservewährung
Eine der größten Gefahren des Mar-a-Lago Accord liegt in seiner potenziellen Wirkung auf den Status des Dollars als globale Reservewährung. Dieser Status ist das Fundament der amerikanischen Finanzhegemonie und ermöglicht es den USA, sich zu niedrigen Zinsen zu verschulden, Sanktionen effektiv durchzusetzen und geopolitischen Einfluss auszuüben. Doch dieser Status ist keineswegs naturgegeben oder unantastbar. Er beruht auf dem Vertrauen internationaler Investoren in die Stabilität, Liquidität und Rechtssicherheit amerikanischer Finanzmärkte.
Die Daten zeigen bereits einen schleichenden Rückgang der Dollar-Dominanz. Der Anteil des Dollars an den weltweiten Devisenreserven ist von etwa 70 Prozent im Jahr 2000 auf rund 57 Prozent im Jahr 2024 gesunken. Dieser Rückgang beschleunigt sich seit der zunehmenden Verwendung des Dollars als wirtschaftspolitische Waffe. Die Sanktionen gegen Russland nach der Invasion der Ukraine, die zum Einfrieren von etwa 300 Milliarden Dollar an russischen Zentralbankreserven führten, haben vielen Ländern vor Augen geführt, wie verwundbar sie sind, wenn sie ihre Reserven in Dollar halten. Als Reaktion diversifizieren Zentralbanken weltweit ihre Reserven, kaufen massiv Gold und experimentieren mit alternativen Währungen für den bilateralen Handel.
Die Androhung eines erzwungenen Schuldenschnitts durch den Mar-a-Lago Accord würde diesen Prozess dramatisch beschleunigen. Wenn die USA signalisieren, dass sie bereit sind, die Rechte ihrer Gläubiger zu ignorieren und durch politischen Druck ungünstige Konditionen zu erzwingen, dann werden rationale Investoren ihre Allokation in amerikanischen Assets überdenken. Alternative Anlageformen, insbesondere Gold, europäische und japanische Staatsanleihen sowie zunehmend auch chinesische Renminbi-Assets, würden attraktiver. Der scheinbare Vorteil kurzfristiger Zinseinsparungen würde durch langfristig höhere Refinanzierungskosten mehr als kompensiert, da die USA ohne den Reservewährungsstatus deutlich höhere Risikoprämien zahlen müssten.
Martin Wolf, der angesehene Chefökonom der Financial Times, hat diese Dynamik treffend beschrieben. Die exzessive Schuldenpolitik in Kombination mit den dreisten Planspielen zur Gläubigererpressung sei Gift für die Stabilität der Weltfinanzmärkte. Das Vertrauen in den Dollar, einst berechtigt, sei heute fahrlässig. Diese Einschätzung wird von einer wachsenden Zahl internationaler Beobachter geteilt. Selbst traditionelle Verbündete der USA beginnen, ihre Abhängigkeit vom Dollar kritisch zu hinterfragen.
Die ökonomische Realität hinter den politischen Versprechungen
Die fundamentale Schwäche des Mar-a-Lago Accord liegt darin, dass er ein strukturelles Problem durch einen einmaligen Trick zu lösen versucht. Die amerikanischen Schuldenprobleme sind nicht das Ergebnis zu hoher Zinsen, sondern chronischer Haushaltsdefizite. Selbst wenn es gelingen sollte, die Zinskosten durch den erzwungenen Umtausch in Century Bonds kurzfristig zu senken, würde dies nichts an der Tatsache ändern, dass die USA Jahr für Jahr deutlich mehr ausgeben, als sie einnehmen.
Das strukturelle Haushaltsdefizit der Vereinigten Staaten liegt seit Jahren bei fünf bis sechs Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Haupttreiber sind steigende Sozialausgaben, insbesondere für Medicare und Social Security, sowie die wachsenden Zinszahlungen. Die Einnahmen decken nicht einmal die Hälfte der Ausgaben für diese Bereiche. Ohne tiefgreifende Reformen, entweder durch Leistungskürzungen oder Steuererhöhungen, wird sich an dieser Dynamik nichts ändern. Trump hat jedoch keinerlei Absicht, solche unpopulären Maßnahmen zu ergreifen. Im Gegenteil, seine Steuersenkungen und Ausgabenversprechen werden die Defizite weiter vergrößern.
Das Congressional Budget Office rechnet damit, dass die Haushaltsdefizite über das kommende Jahrzehnt durchschnittlich bei 5,6 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen werden. Dies entspricht kumulierten neuen Schulden von etwa 22 Billionen Dollar. Selbst wenn die Zinslast durch den Mar-a-Lago Accord temporär gesenkt würde, wären die USA gezwungen, kontinuierlich neue Schulden aufzunehmen. Diese neuen Schulden müssten jedoch zu Marktkonditionen emittiert werden, und angesichts des massiven Vertrauensverlusts durch die Gläubigererpressung wären die Zinsen deutlich höher als heute. Der vermeintliche Vorteil des Accords würde sich also rasch verflüchtigen.
Zudem ignoriert der Plan die dynamischen Effekte auf die Wirtschaft. Eine massive Zollerhöhung, wie sie Trump durchgesetzt hat, verteuert Importe und erhöht die Produktionskosten für amerikanische Unternehmen, die auf importierte Vorprodukte angewiesen sind. Dies führt entweder zu höheren Verbraucherpreisen, was die Kaufkraft senkt und das Wachstum bremst, oder zu Gewinneinbußen bei Unternehmen, was Investitionen und Beschäftigung belastet. Beides reduziert die Steuereinnahmen und verschlimmert die Haushaltssituation. Die erhofften Zolleinnahmen könnten durch sinkende Einkommensteuer- und Körperschaftsteuereinnahmen mehr als kompensiert werden.
Das Risiko eines globalen Finanzschocks
Die vielleicht größte Gefahr des Mar-a-Lago Accord liegt in seinem Potenzial, einen globalen Finanzschock auszulösen. Der amerikanische Treasury-Markt ist mit einem Volumen von etwa 37 Billionen Dollar der größte und liquideste Anleihenmarkt der Welt. Er dient als Benchmark für die Bewertung unzähliger anderer Wertpapiere und ist integraler Bestandteil des globalen Finanzsystems. Eine Erschütterung dieses Marktes hätte weitreichende Konsequenzen weit über die USA hinaus.
Wenn die Ankündigung eines erzwungenen Schuldenschnitts zu einem plötzlichen Vertrauensverlust führt, könnten Investoren versuchen, ihre Treasury-Bestände abzustoßen. Ein solcher Ausverkauf würde die Kurse der Anleihen massiv einbrechen lassen und die Renditen in die Höhe treiben. Steigende Treasury-Renditen wiederum würden die Refinanzierungskosten für Unternehmen und Haushalte erhöhen, die Aktienmärkte unter Druck setzen und eine Rezession auslösen. In einer hochgradig vernetzten Weltwirtschaft würden sich diese Schocks rasch auf andere Länder übertragen.
Historische Erfahrungen mit Staatsschuldenkrisen zeigen, dass das Zeitfenster zwischen der ersten Ankündigung eines Problems und dem vollständigen Vertrauensverlust sehr kurz sein kann. Die griechische Schuldenkrise 2010 eskalierte innerhalb weniger Wochen, nachdem bekannt wurde, dass die fiskalische Lage des Landes deutlich schlechter war als offiziell kommuniziert. Die russische Finanzkrise 1998 überraschte viele Beobachter durch ihre Heftigkeit und Geschwindigkeit. Auch wenn die Vereinigten Staaten nicht mit Griechenland oder Russland vergleichbar sind, zeigen diese Beispiele, dass selbst große Volkswirtschaften nicht immun gegen plötzliche Vertrauenskrisen sind.
Die Federal Reserve würde in einem solchen Szenario vor einem unlösbaren Dilemma stehen. Einerseits müsste sie eingreifen, um den Treasury-Markt zu stabilisieren, was massive Anleihenkäufe erfordern würde. Andererseits würde dies die Geldmenge stark ausweiten und Inflationsrisiken schaffen, gerade zu einem Zeitpunkt, in dem die Inflation durch die Zollpolitik ohnehin unter Aufwärtsdruck steht. Die Glaubwürdigkeit der Zentralbank, die in den vergangenen Jahrzehnten mühsam aufgebaut wurde, würde untergraben. Die Fähigkeit der Fed, durch Zinsänderungen die Wirtschaft zu steuern, würde deutlich eingeschränkt.
Die politische Ökonomie des Scheiterns
Aus politökonomischer Perspektive offenbart der Mar-a-Lago Accord ein fundamentales Versagen des amerikanischen politischen Systems. Die Vereinigten Staaten sind unfähig geworden, notwendige aber unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Statt das Haushaltsdefizit durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen anzugehen, wird nach vermeintlichen Abkürzungen gesucht, die das Problem lösen sollen, ohne dass die Wähler Opfer bringen müssen. Der Versuch, internationale Gläubiger zu enteignen, ist der verzweifelte Versuch, die Kosten der eigenen fiskalischen Verantwortungslosigkeit zu externalisieren.
Diese Strategie ist nicht nur moralisch fragwürdig, sondern auch ökonomisch kurzsichtig. Vertrauen ist die Grundlage funktionierender Finanzmärkte. Einmal zerstörtes Vertrauen lässt sich nur sehr schwer und langsam wieder aufbauen. Die kurzfristigen Vorteile eines erzwungenen Schuldenschnitts würden durch langfristige Nachteile bei weitem überwogen. Die USA würden ihre privilegierte Position im internationalen Finanzsystem aufs Spiel setzen, ohne die strukturellen Probleme zu lösen, die zur Schuldenkrise geführt haben.
Trump selbst scheint diese Risiken entweder nicht zu verstehen oder bewusst zu ignorieren. Seine wiederholten Aussagen, Zölle seien eine wunderbare Sache und könnten alle Probleme lösen, zeugen von ökonomischer Naivität oder Populismus. Die Erfahrung aus seiner eigenen Geschäftstätigkeit, in der er wiederholt Gläubiger durch Insolvenzen und Umschuldungen unter Druck gesetzt hat, scheint seine Herangehensweise an die Staatsfinanzen zu prägen. Was in der Privatwirtschaft bei einzelnen Unternehmen möglich sein mag, funktioniert jedoch nicht für die größte Volkswirtschaft der Welt, die das Fundament des globalen Finanzsystems bildet.
Das Scheitern ist programmiert, und die Folgen werden verheerend sein. Wenn die USA den Weg der Gläubigererpressung tatsächlich einschlagen, wird dies das Ende ihrer finanziellen Hegemonie markieren. Die Welt wird sich vom Dollar abwenden, nicht weil es bessere Alternativen gibt, sondern weil das Risiko zu groß geworden ist. In einem multipolaren Währungssystem ohne klare Leitwährung wird globale wirtschaftliche Koordination schwieriger, Transaktionskosten werden steigen, und die Anfälligkeit für Finanzkrisen wird zunehmen. Die USA werden als größter Verlierer aus dieser Entwicklung hervorgehen, denn sie verlieren ihr exorbitantes Privileg, während sie mit denselben strukturellen Problemen konfrontiert bleiben, die sie in diese Situation gebracht haben.
Die einzig tragfähige Lösung läge in einer umfassenden fiskalischen Konsolidierung, kombiniert mit strukturellen Reformen zur Steigerung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Dies würde jedoch politischen Mut, langfristiges Denken und die Bereitschaft erfordern, unpopuläre Wahrheiten auszusprechen. Stattdessen setzt die aktuelle Administration auf Illusionen, Erpressung und Protektionismus. Die Geschichte wird diese Entscheidungen als eine der größten selbstverschuldeten ökonomischen Katastrophen der Neuzeit bewerten.
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