Veröffentlicht am: 22. April 2025 / Update vom: 22. April 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein

Die EU-Kommission untersucht Google AI Overviews auf Verstöße gegen EU-Regelungen – Bild: Xpert.Digital
EU prüft Googles KI-Suche: Risiken für Urheberrecht und Medienvielfalt
Warum Googles „KI-Übersicht“ das digitale Ökosystem verändern könnte
Die EU-Kommission prüft aktuell Googles KI-generierte Antworten in der Suche auf mögliche Verstöße gegen verschiedene europäische Regulierungen. Seit Ende März 2025 ist die Funktion “Übersicht mit KI” (international als “AI Overviews” bezeichnet) in einigen europäischen Ländern verfügbar – doch die Technologie wirft erhebliche rechtliche Fragen auf. Die Kommission untersucht insbesondere, wie die KI-generierten Zusammenfassungen mit den EU-Urheberrechtsvorschriften, Wettbewerbsregeln, Plattformverpflichtungen und Medienvielfaltssicherungen interagieren. Im Zentrum steht die Befürchtung, dass diese Technologie den Internetverkehr zu den Originalquellen reduziert und damit das bestehende digitale Ökosystem grundlegend verändert.
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Die Funktionsweise und Verbreitung von Google AI Overviews
Was sind Google AI Overviews und wie funktionieren sie?
Google AI Overviews, in Deutschland auch als “Übersicht mit KI” bezeichnet, sind KI-generierte Zusammenfassungen, die oberhalb der regulären Suchergebnisse erscheinen. Diese Funktion soll Nutzern direkte Antworten auf ihre Suchanfragen liefern, indem Informationen aus verschiedenen Quellen kombiniert und als zusammenhängender Text präsentiert werden. Die Überblicke sollen besonders bei komplexeren Suchanfragen zum Einsatz kommen, während einfachere Anfragen weiterhin mit herkömmlichen Ergebnislisten beantwortet werden.
Die KI-Antworten werden durch eine Version von Googles Large Language Model “Gemini” erstellt, das speziell für Suchaufgaben trainiert wurde. Das System greift dabei auf Googles Ranking-Mechanismen zurück und verlinkt die verwendeten Quellen in der erzeugten Zusammenfassung. Die Übersichten enthalten Links zu den Webseiten, aus denen die Informationen stammen, wobei nicht nur die Top-10-Ergebnisse berücksichtigt werden, was potenziell neue Sichtbarkeitschancen für Websites bieten könnte.
Eingeschränkte Verfügbarkeit in Europa
Während Google die AI Overviews inzwischen in mehr als 100 Ländern weltweit ausgerollt hat, bleibt die Verfügbarkeit in Europa deutlich eingeschränkt. Ende März 2025 wurde die Funktion zunächst in acht EU-Mitgliedstaaten eingeführt: Österreich, Belgien, Deutschland, Irland, Italien, Polen, Portugal und Spanien sowie in der Schweiz. Auffällig ist, dass Google die AI Overviews nicht in allen EU-Ländern bereitstellt und damit große Teile Europas zunächst außen vor bleiben.
Die verzögerte und eingeschränkte Einführung in Europa wird hauptsächlich auf die strengen EU-Regulierungen zurückgeführt. Ein Google-Vertreter erklärte, dass “die Flut von EU-Technologiegesetzen, darunter der KI-Gesetz, Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA), die Einführung innovativer Funktionen zurückhalten” und zu Bedenken hinsichtlich der Produktinnovation führen. Ähnliche Probleme hatte auch Meta bei der Einführung seines KI-Assistenten in Europa aufgrund regulatorischer Streitigkeiten im Vorjahr erlebt.
Die EU-Untersuchung der Google AI Overviews
Umfang der Prüfung durch die EU-Kommission
Die EU-Kommission hat bestätigt, dass sie derzeit die Funktionsweise der Google AI Overviews untersucht. Kommissionssprecher Thomas Regnier erklärte gegenüber der Medienseite Euractiv: “Die Kommission prüft derzeit, wie die ‘Google AI Overviews’-Funktion in der Praxis funktioniert und welche Auswirkungen sie im Rahmen der EU-Urheberrechtsvorschriften haben könnte”. Diese Untersuchung ist Teil einer umfassenderen Prüfung von Googles Suchpraktiken.
Die Kommission betrachtet nicht nur urheberrechtliche Aspekte, sondern auch “Regeln zu unlauterem Wettbewerb, Plattformverpflichtungen gemäß dem Digital Services Act (DSA) und DMA sowie den Schutz der Medienvielfalt gemäß dem European Media Freedom Act (EMFA)”.
Verbindung zur laufenden DMA-Untersuchung
Obwohl noch keine formellen Schritte im Rahmen des DSA, der Urheberrechtsrichtlinie oder des EMFA eingeleitet wurden, wird die Praxis zumindest im Rahmen der laufenden DMA-Untersuchung der Kommission bewertet. Die Kommission hat bereits vorläufig festgestellt, dass Google gegen den DMA verstößt, indem es eigene Produkte in den Suchergebnissen bevorzugt. Die vorläufigen Erkenntnisse “befassen sich nicht speziell mit AI Overviews”, da diese Funktion erst nach deren Veröffentlichung eingeführt wurde. Dennoch gelten laut Regnier “die gleichen Prinzipien”.
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Relevante EU-Vorschriften und potenzielle Verstöße
Digital Markets Act (DMA)
Der Digital Markets Act, der am 6. März 2024 in Kraft trat, zielt darauf ab, den Missbrauch von Marktmacht durch sehr große Digitalunternehmen zu verhindern. Als “Gatekeeper” eingestufte Unternehmen wie Alphabet (Google), Apple, Amazon und Meta unterliegen strengeren Auflagen als kleinere Anbieter.
Die EU-Kommission hat Google bereits vorgeworfen, gegen das Verbot der Selbstbevorzugung zu verstoßen, indem es seine eigenen Dienste in den Suchergebnissen bevorzugt behandelt. Die Kommission untersucht nun, ob die AI Overviews diese Selbstbevorzugung weiter verstärken, indem sie Nutzer weniger wahrscheinlich zu konkurrierenden Diensten führen.
Datenschutz-Grundverordnung und Digital Services Act
Auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von AI Overviews. Die DSGVO stellt hohe Anforderungen an den Umgang mit Nutzerdaten und die Transparenz bei der Nutzung von KI-Systemen. Google musste sicherstellen, dass die AI Overviews diesen Anforderungen gerecht werden, was ein Grund für die verzögerte Einführung in Europa war.
Der Digital Services Act (DSA) reguliert Intermediärsdienste, einschließlich Online-Plattformen, und legt bestimmte Verpflichtungen fest, die auch für die AI Overviews relevant sein könnten.
EU-Urheberrechtsvorschriften
Die EU-Urheberrechtsrichtlinie ist ein zentraler Aspekt der Untersuchung. Die Kommission prüft, wie die AI Overviews mit den EU-Urheberrechtsvorschriften interagieren. Da die KI-Antworten Inhalte von verschiedenen Webseiten zusammenfassen und neu präsentieren, stellt sich die Frage, ob dies die Urheberrechte der Originalquellen verletzt.
European Media Freedom Act und Schutz der Medienvielfalt
Die EU-Kommission untersucht auch, ob die AI Overviews mit den Anforderungen zum Schutz der Medienvielfalt gemäß dem European Media Freedom Act (EMFA) vereinbar sind. Nach diesem Gesetz müssen Bürger “Zugang zu einer breiten Palette von redaktionell unabhängigen Medieninhalten haben”, und Plattformbetreiber sind verpflichtet, dies zu gewährleisten.
AI Act
Der AI Act, der als erste umfassende gesetzliche Regelung für KI weltweit gilt, spielt ebenfalls eine Rolle bei der Beurteilung von Googles KI-Funktion. Das Gesetz definiert vier Risikolevels für KI-Systeme und legt je nach Risikoeinstufung unterschiedliche Anforderungen fest. Die Kommission könnte prüfen, ob die AI Overviews den Transparenz- und Sicherheitsanforderungen des AI Acts entsprechen.
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Auswirkungen und Bedenken verschiedener Interessengruppen
Auswirkungen auf Verlage und Content-Produzenten
Ein zentrales Bedenken ist die potenzielle Verringerung des Datenverkehrs zu den Originalquellen durch die AI Overviews. Verlage und unabhängige Inhaltsersteller befürchten, dass Nutzer häufig mit den KI-Übersichten zufrieden sein werden und nicht mehr auf die Originalseite klicken. Mit den ausbleibenden Klicks verlieren Website-Betreiber die Möglichkeit, mit Werbung auf ihrer eigenen Seite Geld zu verdienen – ein traditionelles Online-Geschäftsmodell, das auch durch KI-Suchen von ChatGPT, Perplexity und Microsoft Copilot herausgefordert wird.
Die Befürchtung eines Trafficverlusts scheint nicht unbegründet zu sein. Nach Angaben des SEO-Unternehmens BrightEdge wurden bei der Einführung der AI Overviews zunächst 84 Prozent der Suchanfragen mit KI-generierten Texten beantwortet, wobei dieser Anteil später auf weniger als 15 Prozent zurückging.
Qualitätsprobleme der KI-Antworten
Neben den wirtschaftlichen und rechtlichen Bedenken gibt es auch Qualitätsprobleme mit den KI-Antworten. In den USA, wo die Funktion bereits länger verfügbar ist, gab es Berichte über absurde und teilweise gefährliche Antworten, wie die Empfehlung, Käse mit Klebstoff auf eine Pizza zu kleben oder Steine zum Frühstück zu essen, um den Mineralhaushalt zu regulieren. Solche Fehlleistungen der KI verstärken die Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Sicherheit der Technologie.
Googles Position und Anpassungen
Googles Reaktion auf die Untersuchung
In Reaktion auf die Anfragen von Euractiv verwies Google auf Blogbeiträge, in denen das Unternehmen seine Sichtweise zu KI und Urheberrecht sowie seine Einhaltung des DSA, DMA und der Urheberrechtsrichtlinie darlegt. Google hat wiederholt betont, dass die AI Overviews Links zu den Quellen enthalten und damit Transparenz über die Herkunft der Informationen bieten.
Anpassungen und Sicherheitsmaßnahmen
Google betont, dass alle Suchsicherheitsmaßnahmen auch für die AI Overviews gelten, insbesondere für sogenannte “Your Money Your Life”-Websites, deren Inhalte die Sicherheit, Gesundheit und finanzielle Stabilität von Menschen sowie das Wohlbefinden der Gesellschaft beeinflussen könnten.
Das Unternehmen argumentiert zudem, dass die KI-Suche nicht in gleicher Weise halluziniert wie ein LLM oder Chatbot allein, da sie auf Webinhalte zugreift. Dennoch kann das Modell Informationen fehlinterpretieren, wie die bereits erwähnten problematischen Antworten zeigen.
Europa vs. Big Tech: Was Googles KI-Ermittlungen bedeuten
Die Untersuchung der Google AI Overviews durch die EU-Kommission unterstreicht die komplexen regulatorischen Herausforderungen, die mit dem Einsatz von KI-Technologien in zentralen digitalen Diensten verbunden sind. Die Kommission muss abwägen, ob und inwieweit die Technologie gegen verschiedene EU-Vorschriften wie den DMA, DSA, die Urheberrechtsrichtlinie, den EMFA und den AI Act verstößt.
Die Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf Verlage und Content-Produzenten, die Qualität und Sicherheit der KI-Antworten sowie die potenziellen wettbewerbsverzerrenden Effekte sind berechtigt und erfordern eine sorgfältige Prüfung. Die EU-Kommission hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie bereit ist, gegen große Technologieunternehmen vorzugehen, wenn diese gegen EU-Vorschriften verstoßen, wie die Geldstrafe von 1,84 Milliarden Euro gegen Apple zeigt.
Die weitere Entwicklung dieser Untersuchung wird nicht nur für Google, sondern für die gesamte KI- und Suchmaschinenbranche von großer Bedeutung sein und könnte richtungsweisend für die Regulierung von KI-gestützten Diensten in Europa werden.
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