Veröffentlicht am: 18. Mai 2025 / Update vom: 18. Mai 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Chinas Aufholjagd in der Künstlichen Intelligenz: Der Fall DeepSeek und die strategische Datennutzung – Bild: Xpert.Digital
Die neue KI-Weltmacht: China zieht mit den USA gleich
Die neue KI-Weltmacht: China zieht mit den USA gleich
Mit dem plötzlichen Erfolg des chinesischen KI-Unternehmens DeepSeek Anfang 2025 wurde der Welt deutlich vor Augen geführt, dass China in Sachen Künstliche Intelligenz nicht nur aufholt, sondern in manchen Bereichen bereits gleichauf mit den führenden US-Unternehmen ist. Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer gezielten Strategie, die auf massiver Datennutzung und effizienter Skalierung basiert – mit besonderen Auswirkungen auf den Gesundheitssektor und die industrielle Fertigung.
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DeepSeek: Vom unbekannten Start-up zum KI-Vorreiter
Das im Juli 2023 von Liang Wenfeng gegründete Unternehmen DeepSeek rückte Anfang 2025 mit der Veröffentlichung seines Sprachmodells DeepSeek-R1 ins internationale Rampenlicht. Das Modell übertraf in mehreren Benchmark-Tests etablierte amerikanische KI-Modelle wie OpenAIs GPT-4 und o1, insbesondere in den Bereichen Mathematik und Reasoning. Die App des chinesischen Unternehmens eroberte binnen kürzester Zeit sogar den ersten Platz der Download-Charts im US-amerikanischen App Store – vor ChatGPT.
Besonders bemerkenswert: DeepSeek erreichte diese Leistung mit deutlich geringeren Ressourcen. Das Unternehmen gibt an, sein Modell für nur etwa 6 Millionen US-Dollar trainiert zu haben – ein Bruchteil der geschätzten 100 Millionen Dollar, die OpenAI für GPT-4 ausgegeben hat. Auch der Rechenaufwand soll nur etwa ein Zehntel im Vergleich zu vergleichbaren Modellen wie Metas Llama 3.1 betragen haben.
Effiziente KI-Entwicklung trotz Handelsbeschränkungen
Dieser Effizienzvorsprung ist umso bemerkenswerter, da chinesische Unternehmen durch US-Exportbeschränkungen keinen Zugang zu den leistungsfähigsten KI-Chips haben. DeepSeek entwickelte deshalb alternative Ansätze wie “Mixture of Experts” (MoE), bei denen spezialisierte Sub-Modelle je nach Anfrage aktiviert werden – eine Architektur, die auch das europäische KI-Modell Mistral nutzt. Statt auf rohe Rechenleistung zu setzen, optimierten chinesische Entwickler ihre Software für schwächere, aber exportfähige Chips.
Diese Zwangslage erwies sich letztlich als Innovationstreiber: “Anders als viele chinesische KI-Firmen, die stark von fortschrittlicher Hardware abhängen, hat sich DeepSeek auf die Maximierung der softwaregetriebenen Ressourcenoptimierung konzentriert”, erklärt Marina Zhang, Professorin an der University of Technology Sydney.
Chinas strategischer Ansatz in der KI-Entwicklung
DeepSeeks Erfolg ist kein Einzelfall, sondern Teil einer umfassenden nationalen Strategie. Bereits 2017 veröffentlichte China seinen “New Generation Artificial Intelligence Development Plan”, der klare Ziele definiert: Bis 2025 soll das Land in Schlüsselbereichen wie autonomes Fahren, Robotik und KI-gestützter Gesundheitsversorgung zur Weltspitze aufschließen, bis 2030 die globale Führungsrolle in der KI übernehmen.
Made in China 2025 und die KI-Priorität
Die KI-Strategie ist eingebettet in den größeren Plan “Made in China 2025”, der darauf abzielt, China in die höhere Wertschöpfungskette zu führen. Dieser vom chinesischen Premierminister Li Keqiang initiierte Plan sieht vor, den inländischen Anteil an Kernkomponenten bis 2025 auf 70% zu erhöhen, mit besonderem Fokus auf High-Tech-Bereiche.
Der aktuelle Fünfjahresplan (2021-2025) und die neue “AI+”-Initiative unterstreichen die zentrale Bedeutung der KI für Chinas wirtschaftliche Zukunft. Die Initiative zielt auf die Verbindung digitaler Technologien mit Chinas industrieller Stärke und seinem riesigen Binnenmarkt ab. Beijing hat beispielsweise einen Aktionsplan veröffentlicht, der acht Maßnahmen zur Unterstützung von IT-Softwareunternehmen umfasst, die KI-Großmodelle in verschiedenen Branchen anwenden – mit Fördermitteln von bis zu 30 Millionen Yuan (etwa 3,8 Millionen Euro) pro Unternehmen.
Der Datenvorteil: Schlüssel zu Chinas KI-Aufholjagd
Ein zentraler Vorteil der chinesischen KI-Strategie liegt im Zugang zu riesigen Datenmengen. “Während westliche Länder mit hohen Hürden im Datenschutz und ethischen Vorgaben arbeiten, agiert China innerhalb eines staatlich gelenkten Rahmens, der die Nutzung sensibler Daten zur wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Priorität erklärt”, analysiert Renata Thiébaut im Handelsblatt.
Gezielte Datennutzung in der Medizin
Besonders im Bereich der Medizin und Genetik zeigt sich dieser Wettbewerbsvorteil. Die 2023 aktualisierte “Human Genetic Resources Regulation” erlaubt eine gezielte Nutzung genetischer und gesundheitsbezogener Daten unter staatlicher Kontrolle. Diese Rahmenbedingungen ermöglichen schnellere klinische Studien und effizientere Wirkstoffentwicklung.
Im chinesischen Gesundheitswesen werden bereits KI-Anwendungen wie DeepSeek eingesetzt, um Prozesse zu optimieren. Am Second Affiliated Hospital der Medizinischen Universität Fujian unterstützt DeepSeek beispielsweise die elektronische Patientenakte durch automatische Zusammenfassung von Patientendaten und Hilfe bei der medizinischen Dokumentation.
Diese Entwicklung manifestiert sich auch in konkreten Projekten wie dem 2025 eröffneten “AI Agent Hospital” in Peking. Dieses von der renommierten Tsinghua-Universität konzipierte Krankenhaus integriert KI umfassend in Design und Betrieb des Krankenhaussystems. Es soll insbesondere dem Ärztemangel in ländlichen und unterversorgten Gebieten entgegenwirken und die medizinische Entscheidungsfindung unterstützen.
Strukturelle Faktoren begünstigen den KI-Einsatz im Gesundheitswesen
Der chinesische Markt für medizinische KI profitiert von strukturellen Gegebenheiten: “In China gibt es pro Kopf betrachtet einen Mangel an Medizinern, aber einen Überfluss an IT-Ingenieuren. Medizinische Ressourcen sind in den Städten konzentriert, während sie in ländlichen Gebieten knapp sind”. Durch KI-unterstützte Telemedizin können beide Probleme gemildert werden.
Zudem ermöglicht die starke Vernetzung öffentlicher Krankenhäuser, die mehr als 80% der stationären und ambulanten Behandlungen ausmachen, das Training von KI-Modellen mit provinzweiten Datensätzen. US-amerikanische Forscher hingegen müssen mit Daten einzelner privater Kliniken arbeiten, die unter strengeren Datenschutzregeln operieren.
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Industrielle Anwendung: KI als Motor für die Fertigung
Neben dem Gesundheitswesen treibt China die KI-Integration besonders in der industriellen Fertigung voran. Die “AI+”-Strategie zielt explizit auf die Vernetzung und das Upgrade der gesamten chinesischen Industrie ab. KI soll Waren produzieren und deren Ströme lenken, was die Produktivität erheblich steigern kann.
Die 2023 gegründeten chinesischen KI-Unternehmen setzen im Gegensatz zu vielen westlichen Firmen nicht primär auf Grundlagenforschung, sondern auf Umsetzungskompetenz: “Während in den USA der Fokus nach wie vor auf Grundlagenforschung liegt, punktet China mit Umsetzungskompetenz”. Diese pragmatische Herangehensweise ermöglicht eine schnellere Integration von KI-Lösungen in bestehende Produktionsprozesse.
Wie Chinas KI eine Gratwanderung zwischen Fortschritt und Kontrolle meistert
Trotz der beeindruckenden Fortschritte steht Chinas KI-Entwicklung vor Herausforderungen. Die internationale Debatte um DeepSeek verdeutlicht die Spannungen zwischen technologischem Fortschritt und politischer Kontrolle. So verweigert DeepSeeks KI Antworten auf politisch heikle Fragen, etwa zur Rolle des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping oder zu den Tiananmen-Protesten 1989.
Diese Zensur wirft Fragen nach dem Verhältnis zwischen Privatunternehmen und staatlicher Kontrolle auf. Obwohl DeepSeek als “relativ weit weg von der chinesischen Regierung” beschrieben wird, zeigt die Präsenz des CEO Liang Wenfeng bei einem Treffen mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang die enge Verzahnung von Wirtschaft und Politik in China.
Gleichzeitig werden die jüngsten Erfolge chinesischer KI-Unternehmen in den staatlichen Medien als nationale Errungenschaften gefeiert. Diese Entwicklung hat geopolitische Dimensionen: “Eine global genutzte KI wäre ein machtvolles Tool, auch geopolitische Interessen durchzusetzen”. China steht international immer wieder wegen Desinformationskampagnen und verdeckter Einflussnahme in der Kritik.
Systemischer Wettbewerbsvorteil durch strategische Ausrichtung
Chinas rasanter Aufstieg in der KI-Entwicklung basiert auf einem systemischen Ansatz, der staatliche Planung, gezielte Datennutzung und pragmatische Umsetzung kombiniert. Der Erfolg von Unternehmen wie DeepSeek ist kein Zufall, sondern das Ergebnis dieser Strategie, die besonders im Gesundheitswesen und in der industriellen Fertigung Früchte trägt.
Die chinesische KI-Entwicklung profitiert von Skaleneffekten des großen heimischen Marktes, strategisch ausgerichteten Förderungen und einem flexibleren Umgang mit Daten. Die US-Exportbeschränkungen für KI-Chips haben paradoxerweise die Innovationsgeschwindigkeit erhöht, indem sie chinesische Unternehmen zwangen, effizientere Architekturen zu entwickeln.
Diese Entwicklung stellt westliche Technologieunternehmen und Regierungen vor neue Herausforderungen. Der globale Wettlauf um die KI-Führerschaft hat eine neue Dynamik bekommen, wobei China mit seiner zielgerichteten Strategie beweist, dass technologische Innovation nicht allein von finanzieller Stärke, sondern auch von systemischen Vorteilen und strategischer Planung abhängt.
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