Veröffentlicht am: 23. Juli 2025 / Update vom: 23. Juli 2025 – Verfasser: Konrad Wolfenstein
Insolvenz: Die Vollert Anlagenbau GmbH, Anbieter von Intralogistik-, Betonfertigteil- und Rangiersystemen, ist pleite – Bild: Xpert.Digital
Nach 100 Jahren: Deutscher Traditionsbetrieb und Maschinenbauer Vollert meldet Insolvenz an – was das jetzt bedeutet
Schock in Weinsberg: Anlagenbauer Vollert insolvent – Was wird aus den 360 Mitarbeitern?
Es ist ein Schock für die deutsche Industrielandschaft und die Region Heilbronn-Franken: Die Vollert Anlagenbau GmbH aus Weinsberg, ein weltweit anerkannter Spezialist für Anlagenbau und Intralogistik, hat Insolvenz angemeldet – und das ausgerechnet im Jahr ihres 100-jährigen Bestehens. Was nur wenige Wochen nach den Jubiläumsfeierlichkeiten wie ein Paukenschlag wirkt, ist das Ergebnis einer fatalen Kombination aus schwacher Weltkonjunktur, Verlusten bei einem Großprojekt und einer plötzlich eingeschränkten Finanzierung durch die Banken. Während der Geschäftsbetrieb unter der Aufsicht des vorläufigen Insolvenzverwalters Marc-Philippe Hornung vorerst in vollem Umfang weiterläuft und alle Aufträge plangemäß ausgeführt werden sollen, blicken die rund 360 Beschäftigten, Kunden und Lieferanten des Familienunternehmens in eine ungewisse Zukunft. Die kommenden Wochen werden entscheidend dafür sein, ob eine Sanierung gelingt und der traditionsreiche Maschinenbauer gerettet werden kann.
Wie kam es zur Insolvenzanmeldung?
Am 18. Juli 2025 stellte die Vollert Anlagenbau GmbH beim Amtsgericht Heilbronn einen Insolvenzantrag. Das Gericht ordnete daraufhin das vorläufige Verfahren an und leitete die üblichen Sicherungsmaßnahmen ein.
Was ist die Vollert Anlagenbau GmbH?
Das Weinsberger Familienunternehmen existiert seit 1925 und entwickelte sich von einer Schlosserei zu einem weltweit tätigen Anbieter von Intralogistik-, Betonfertigteil- und Rangiersystemen. Tochtergesellschaften bestehen u. a. in Brasilien, Indien, China und den USA. Im Jubiläumsjahr 2025 feiert die Firma ihr 100-jähriges Bestehen.
Wer wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und welche Rolle hat er?
Das Amtsgericht bestellte am 21. Juli 2025 Rechtsanwalt Marc-Philippe Hornung von SZA Schilling, Zutt & Anschütz zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Seine Aufgabe ist es, das Vermögen zu sichern, den Geschäftsbetrieb fortzuführen und Sanierungsoptionen zu prüfen. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich in § 22 InsO, der den Sicherungsauftrag des vorläufigen Insolvenzverwalters beschreibt. Allgemein kontrolliert ein vorläufiger Verwalter Zahlungsströme und stimmt sämtliche wesentlichen Entscheidungen mit der Geschäftsführung ab.
Welche Gründe führten zur wirtschaftlichen Schieflage?
Vollert nennt eine global schwache Nachfrage in allen Kernbranchen, insbesondere bei Betonfertigteilen, sowie Verluste aus einem Großprojekt in der Stahlindustrie als Hauptursachen. Hinzu kam eine kurzfristige Einschränkung des Bürgschaftsrahmens durch Banken, was die Liquidität unmittelbar vor Vergabe neuer Großaufträge belastete.
Wie beeinflusst die Insolvenz den laufenden Geschäftsbetrieb und bestehende Aufträge?
Geschäftsführer Hans-Jörg Vollert versicherte in einem Rundschreiben an Kunden und Partner, dass alle laufenden Aufträge wie geplant ausgeführt werden und der Betrieb ohne Unterbrechung weiterläuft. Auch der vorläufige Insolvenzverwalter bestätigte die Fortführung des Geschäftsbetriebs in vollem Umfang. Damit sollen Lieferketten intakt bleiben und Vertragsbeziehungen nicht leiden.
Was bedeutet das Verfahren für Kunden und Lieferanten?
Offene Verträge bleiben grundsätzlich wirksam. Der Insolvenzverwalter kann entscheiden, ob er sie erfüllt oder kündigt, wenn noch keine Leistungen ausgetauscht wurden. Lieferanten sollten darauf achten, nicht in Vorleistung zu gehen und Eigentumsvorbehalte konsequent nutzen. Kunden haben ein Interesse daran, vereinbarte Teil- und Schlusszahlungen erst gegen Lieferung zu leisten, um das Risiko zu minimieren.
Was bedeutet die Insolvenz für die Belegschaft?
Rund 360 Beschäftigte, davon etwa 270 am Stammsitz Weinsberg, erhalten ihre Löhne zunächst über das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit, das bis zu drei Monate abdeckt. Anspruchsgrundlage ist § 165 SGB III, wonach die Agentur das Nettoentgelt für die letzten drei Monate vor Eintritt des Insolvenzereignisses übernimmt. Kündigungen sind bislang nicht ausgesprochen worden; der vorläufige Verwalter prüft aber alle Optionen, um den Geschäftsbetrieb sozialverträglich zu sichern.
Welche rechtlichen Schritte laufen in einem Regelinsolvenzverfahren?
Nach Insolvenzantrag prüft das Gericht, ob ein Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) vorliegt. In der vorläufigen Phase schützt ein Verwalter die Masse. Deckt das Vermögen die Kosten, wird das Verfahren eröffnet. Danach entscheidet eine Gläubigerversammlung über die Fortführung, Liquidation oder einen Insolvenzplan.
Was passiert nach der Phase des vorläufigen Insolvenzverfahrens?
Endet die Prüfung positiv, eröffnet das Gericht das Hauptverfahren. Der dann bestellte (häufig identische) Insolvenzverwalter verwertet oder saniert das Unternehmen, verhandelt mit Gläubigern und kann einen Insolvenzplan vorlegen. Scheitert eine Sanierung, folgt die geordnete Verwertung. Ziel ist eine möglichst hohe Gläubigerbefriedigung und – bei erfolgreichem Plan – der Fortbestand des Betriebs.
Welche Sanierungsperspektiven stehen im Raum?
Der vorläufige Verwalter lässt verschiedene Optionen prüfen: Fortführung unter neuen Finanzierungsstrukturen, Verkauf an einen Investor oder ein Insolvenzplanverfahren, das Schulden reduziert und den Geschäftsbetrieb erhält. Aufgrund der hohen Exportquote und innovativen Produktpalette sieht die Geschäftsführung Chancen für einen Neustart, sofern frisches Kapital oder ein Käufer gefunden wird.
Wie bewerten lokale Stakeholder die Entwicklung?
Weinsbergs Bürgermeisterin bezeichnete den Insolvenzantrag als „schwarzen Tag“ für Stadt und Region und hofft auf eine tragfähige Lösung, um Arbeitsplätze zu sichern. Gewerkschaftsvertreter verweisen darauf, dass die Auftragslage eigentlich gut sei, die Finanzierung jedoch kurzfristig wegbrach.
Welche Bedeutung hat das 100-jährige Firmenjubiläum im Kontext?
Im Juni 2025 feierte Vollert sein Jubiläum noch mit Kunden und Mitarbeitern. Der Geschäftsführung zufolge hätte man die Feiern abgesagt, wenn die Bankensituation absehbar gewesen wäre. Gleichwohl betont das Unternehmen, dass ein Jahrhundert Erfahrung und ein internationales Projektportfolio als Fundament für die Sanierung dienen können.
Wie geht das Unternehmen kommunikativ vor?
Neben internen Belegschaftsversammlungen informierte die Geschäftsführung alle Kunden schriftlich über den Insolvenzantrag und die Fortführungsgarantie. Auf der Website und in sozialen Medien wirbt Vollert weiterhin mit langlebigen Anlagen und neuen Projekten, um Vertrauen zu erhalten.
Welche Lehren können Mittelständler aus dem Fall ziehen?
Der Fall zeigt, wie stark Projektgeschäft vom Vertrauen der Finanzierer abhängt. Ein temporärer Nachfrageeinbruch und Verluste aus Einzelprojekten können selbst gesunde Auftragsbestände gefährden, wenn Banken Bürgschaftslinien kürzen. Frühzeitiges Liquiditätsmonitoring, Diversifikation der Finanzierung und vorsichtige Risikoabsicherung bei Großaufträgen sind essenziell.
Wie geht es weiter?
Bis zur Gläubigerversammlung bleibt der Geschäftsbetrieb unter Aufsicht des Verwalters stabil. Findet sich ein Investor oder wird ein Insolvenzplan bestätigt, kann Vollert weiterhin als eigenständiges Unternehmen agieren. Andernfalls droht die Zerschlagung. Kunden, Lieferanten und Mitarbeitende sollten daher die nächsten Gerichtstermine und Verwalterberichte aufmerksam verfolgen.
Was können Kunden jetzt konkret tun?
- Schriftliche Bestätigung bereits erteilter Aufträge anfordern und Liefertermine eng begleiten.
- Bei Neuaufträgen Sicherungsinstrumente wie Anzahlungsbürgschaften oder Eigentumsvorbehalte einsetzen.
- Zahlungsziele prüfen und an das Insolvenzrisiko anpassen.
- Bei Fremd- oder Mitlieferanten die Abhängigkeit von Vollert-Teilen rechtzeitig bewerten.
Was sollten Beschäftigte beachten?
- Insolvenzgeld unverzüglich beantragen, falls der Verwalter dies nicht gebündelt übernimmt.
- Arbeitsvertragliche Pflichten gelten weiter; Gehaltsausfälle sind rückwirkend durch Insolvenzgeld gedeckt.
- Bei betriebsbedingten Kündigungen greift eine gesetzliche Höchstfrist von drei Monaten zum Monatsende.
- Betriebsrat und Gewerkschaft begleiten das Verfahren und können Sozialplanverhandlungen einfordern.
Welche Fristen sind für Gläubiger wichtig?
Nach Eröffnung wird eine Forderungsanmeldung nötig; die Frist setzt das Gericht fest. Wer Produkte geliefert hat, sollte Eigentumsvorbehalte unverzüglich geltend machen. Von Einzelzwangsvollstreckungen ist bis zur Entscheidung über die Eröffnung abzusehen, weil der vorläufige Verwalter Anfechtungen prüfen kann.
Kann das Unternehmen in Eigenverwaltung sanieren?
Die Geschäftsführung hat bisher kein Eigenverwaltungsverfahren beantragt. Ob ein solcher Antrag folgt, hängt vom Verwaltergutachten und der Zustimmung der Gläubiger ab. Eigenverwaltung kann Prozesse beschleunigen, verlangt aber einen belastbaren Finanz- und Sanierungsplan.
Gibt es Beispiele erfolgreicher Sanierungen in ähnlichen Fällen?
Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer haben in der Vergangenheit über Insolvenzpläne Investoren gefunden und sich neu aufgestellt. Entscheidend waren transparente Kommunikation, klare Marktpositionierung und ein tragfähiges Zukunftskonzept. Vollert setzt darauf, dass das internationale Projekt-Know-how einen vergleichbaren Investor überzeugt.
Wie lange kann ein Regelinsolvenzverfahren dauern?
Bei mittelständischen Industrieunternehmen liegt die durchschnittliche Dauer zwischen einem und drei Jahren, abhängig von Vermögensstruktur, Gläubigerzahl und Komplexität der Sanierung. Ein schneller Insolvenzplan kann den Zeitraum deutlich verkürzen.
Welche Rolle spielt der Exportanteil von 80 Prozent?
Ein hoher Exportanteil verringert die Abhängigkeit vom deutschen Markt, erhöht aber das Wechselkurs- und Projektfinanzierungsrisiko. Für die Sanierung kann das internationale Netzwerk ein Vorteil sein, wenn globale Kunden weiterhin bestellen und kurzfristig Liquidität liefern.
Was unterscheidet einen „starken“ vom „schwachen“ vorläufigen Verwalter?
Bei Vollert wurde laut Gerichtsbeschluss ein schwacher Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt eingesetzt, sodass die Geschäftsführung weiterhin operativ handeln darf, jedoch nur mit Zustimmung des Verwalters. Ein starker Verwalter würde selbstständig handeln und sämtliche Verfügungsbefugnisse übernehmen.
Retten oder Scheitern? Die entscheidenden Momente der Vollert Anlagenbau
Die Insolvenz der Vollert Anlagenbau GmbH ist ein klassisches Beispiel für die Anfälligkeit projektorientierter Mittelständler gegenüber konjunkturellen Schwankungen und Finanzierungsrisiken. Durch das vorläufige Verfahren bleibt der Betrieb zunächst stabil, alle Aufträge sollen erfüllt werden. Maßgeblich für den weiteren Verlauf sind das Gutachten des vorläufigen Verwalters, die Gläubigerentscheidung und die Fähigkeit, entweder Investoren zu gewinnen oder einen tragfähigen Insolvenzplan umzusetzen. Kunden, Lieferanten und Beschäftigte sollten die nächsten Schritte aufmerksam begleiten, aber vorerst von einer Fortführung des Geschäftsbetriebs ausgehen.
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